SXEU31 DWAV 261800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 26.07.2021 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
Weiterhin Gewitter bis hin zum Unwetter, vor allem im Nordosten durch heftigen
Starkregen, im Süden und Osten durch größeren Hagel und (schwere) Sturmböen.
Wahrscheinlich erst am Donnerstag, abgesehen vom äußersten Südosten, Entspannung
in Sicht.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 12 UTC

Aktuell … liegt Deutschland an der Vorderseite eines Langwellentroges, der
durch einen Höhenkeil über Skandinavien flankiert wird. Vom mittleren
Nordatlantik stößt ein Kurzwellentrog nach Süden vor und regeneriert den
Langwellentrog, der das bislang wetterbestimmende Höhentief in seine Zirkulation
einbezieht. Dieses wandelt sich somit in einen Teiltrog um. Unterm Strich ändert
sich an der südwestlichen Strömung der vergangenen Tage nicht allzu viel. Diese
wird durch eben diesen Teiltrog zyklonaler und steilt sogar noch etwas auf.
Jedoch wird der Teiltrog von Kaltluftadvektion überlaufen, so dass sich die
Hebung in Grenzen hält und vor allem auf den Nordosten Deutschlands beschränkt.
Dort (sowie weiter im Norden bis nach Schleswig-Holstein ausgreifend) sind
Gewitter am wahrscheinlichsten. CAPE erreicht in diesen Gebieten bis 1500 J/kg
und der Flüssigwassergehalt 30 bis nach Nordosten hin 40 mm, so dass dort die
Gefahr unwetterartiger Entwicklungen (vor allem durch heftigen Starkregen; auch
mehrstündige Ereignisse sind nicht auszuschließen) gegeben ist. Von
Schleswig-Holstein bis zur unteren Oder, wo CAPE die höchsten Werte erreicht,
können auch größere Hagelansammlungen auftreten. Für Großhagel ist die Scherung
nicht hinreichend.
Noch nicht ganz ausgestanden ist die Situation auch Süden und im Südosten, d.h.
im südwestlichen Mittelgebirgsraum, im Alpenvorland und bis etwa zum Inn. Dort
erreichen CAPE und der Gehalt an niederschlagbarem Wasser nicht so hohe Werte
wie im Nordosten, aber die Schichtung ist ebenfalls sehr labil, auch etwas mehr
(hochreichende) Scherung ist vorhanden, so dass dort auch größerer Hagel nicht
ausgeschlossen werden kann. Aus dem Schweizer Mittelland heraus können dann
wieder Superzellen auf das Alpenvorland übergreifen und sich nach Osten
verlagern, wie es an den Vortagen auch bereits der Fall war. Dabei besteht in
den Abendstunden die Gefahr einer Verclusterung.
In den anderen Gebieten setzt sich eine eher gemäßigtere Luftmasse durch. Dort
ist die Schichtung weniger labil (aber auch noch nicht stabil!), die Luftmasse
ist mit einem Flüssigwassergehalt zwischen 25 und 30 mm nicht mehr so feucht, so
dass dort trotz der ausgeprägteren Zyklonalität die Unwettergefahr deutlich
geringer ist als in den zuerst genannten Gebieten. Zudem verlagern sich die
Konvektionszellen rasch, so dass Starkregen etwas in den Hintergrund tritt und
dafür mehr Fokus auf Sturmböen zu legen ist.

In der Nacht zum Dienstag wird der Trog, der aus dem bislang wetterbestimmenden
Höhentief hervorging, nordwärts gesteuert und erreicht ausgangs der Nacht den
Nordosten. Dies geht langsamer vonstatten als anhand weiter zurückliegender
Modellläufe zu sehen war. Das steuernde Höhentief liegt dann bei Island. Der von
diesem Tief ausgehende „neue“ Trog greift auf die Biskaya über. Da sich aber in
diese Strömung über Mitteleuropa kaum noch kurzwellige Anteile eingelagert sind,
fehlt dann die Hebung, um weitere konvektive Umlagerungen auszulösen. Damit
sollte erst einmal Ruhe einziehen.
Eine Ausnahme stellt noch der Nordosten dar, da diese Gebiete noch längere Zeit
an der Trogvorderseite verbleiben. Hebung löst dort bis weit in die erste
Nachthälfte hinein Gewitter aus, die Starkregen bis in den Unwetterbereich
bringen können. Auch in Alpennähe, wo sich noch Reste feuchtlabiler Luft halten,
wird die Konvektion wahrscheinlich erst in der zweiten Nachthälfte zum Erliegen
kommen. Bis dahin sind noch Unwetter vor allem durch heftigen und teils
mehrstündigen Starkregen vorstellbar.
Im Süden und Südosten kann sich dort, wo es zuvor viel geregnet hatte, flacher
Nebel bilden. In den anderen Gebieten kommt zwar etwas Gradient zustande, der
zwar nicht für Windböen reicht, aber die Nebelneigung gering hält.

Dienstag … verlagert sich das Höhentief vom Raum Island südwärts. Der von
diesem Tief ausgehende Trog schwenkt von der Bretagne zu den Benelux-Staaten und
bis in den Nordwesten Deutschlands reichend, was die südwestliche Strömung über
Deutschland andauern lässt. Vorher läuft noch ein kurzwelliger Anteil nach
Nordosten ab. Gleichzeitig weitet sich der Trog noch etwas in Richtung
Mitteleuropa aus. Mit dem Ergebnis, dass sich eine gemäßigtere Luftmasse (mit
einem Flüssigwassergehalt zwischen 25 und 30 mm und CAPE meist unter 500 J/kg)
auch in den anderen Gebieten (abgesehen vielleicht vom äußersten Südosten und in
der ersten Tageshälfte auch dem Nordosten) durchsetzt. Mit geringer
Wahrscheinlichkeit können im äußersten Nordosten bis zum frühen Nachmittag noch
einmal Gewitter bis in den Unwetterbereich hinein (vor allem mit heftigem
Starkregen um 30 l/m²) auftreten, aber zur tagesgangsbedingt aktivsten Zeit
setzt sich auch dort eine gemäßigtere Luftmasse durch. Auch am Alpenrand halten
sich noch Reste feuchtlabiler Luft, so dass dort bis weit in den Abend hinein
noch einmal konvektive Umlagerungen zu erwarten sind. Für Unwetter (durch
heftigen Starkregen, größeren Hagel und (schwere) Sturmböen) sollte es nur noch
am östlichen Alpenrand reichen, wenngleich hierfür die Wahrscheinlichkeit
gegenüber den Vortagen deutlich verringert ist. Auf eine Unwetter-Vorabinfo
könnte demnach sowohl für den Nordosten noch für den Alpenrand verzichtet
werden.
Bedingt durch die Annäherung des Troges und den durch den ablaufenden
kurzwelligen Anteil zustande kommenden Hebungsantrieb entwickeln sich auch im
Westen vermehrt Gewitter. Allerdings ist die Luftmasse dort aufgrund der Nähe
zum Trog gemäßigter, auch verlagern sich diese Gewitter rascher, so dass es kaum
für Starkregen bis in den Unwetterbereich reichen sollte.
Weite Teile Deutschlands profitieren noch von kompensierendem Absinken, das
zwischen dem nordostwärts schwenkenden Kurzwellentrog und dem weiteren, auf
Ostfrankreich übergreifenden Trog zustande kommt. Somit sind dort konvektive
Umlagerungen unwahrscheinlich. Auflockerungen und auch längere sonnige
Abschnitte sind im Nordosten und Osten am ehesten zu erwarten. Dies lässt in
diesen Gebieten die Temperatur auf Werte um 28 Grad steigen, wogegen sonst 20
bis 26 Grad erreicht werden.

In der Nacht zum Mittwoch verlagert sich das Höhentief weiter südwärts in
Richtung Irland und nimmt nachfolgend ungefähr die Position des zuvor
wetterbestimmenden Höhentiefs ein. Kurzwellige, nach Nordosten ablaufende
Sekundärtröge lassen von Südwesten und Westen her bis auf die Mitte übergreifend
die Niederschlagstätigkeit erneut aufleben, wobei diese Niederschläge anfangs
noch von Gewittern begleitet sind, aber aufgrund der von Westen her einsetzenden
Stabilisierung in schauerartigen Regen übergehen. Problematisch ist die sehr
ausgeprägte niedertroposphärische wie auch hochreichende Scherung, als Szenario
wäre auch die Passage einer sehr organisierten Gewitterlinie vorstellbar. Mit
Passage dieser Struktur können (schwere) Sturmböen einhergehen. Starkregen bis
in den Unwetterbereich hinein oder auch größerer Hagel sollten nicht auftreten.
Da die Richtungsscherung jedoch nur schwach ausgeprägt ist, sind rotierende
Strukturen eher unwahrscheinlich.
Im Norden und Osten sollte dagegen die Konvektion (sofern welche zustande kam)
in sich zusammenfallen. Die Nebelneigung ist insgesamt nur gering.

Mittwoch … nimmt das über den Britischen Inseln liegende Höhentief eine
unsymmetrische Form an. Ein von diesem Höhentief ausgehender und nach Nordosten
schwenkender Kurzwellentrog lässt die Schauertätigkeit bis hin zu Gewittern
zunächst im Nordwesten und später auch in den nördlichen und nordöstlichen
Landesteilen aufleben. Diese Gebiete gelangen unter die diffluente
Trogvorderseite und zudem an den linken Ausgang des Jets, was in Verbindung mit
einer ausgeprägten Scherung (sowohl niedertroposphärisch als auch hochreichend)
für einen hohen Organisationsgrad spricht. Allerdings ist die Richtungsscherung
nur gering, so dass die Wahrscheinlichkeit für rotierende Strukturen
hochreichender Konvektion gering ist. Zudem sind diese Aussagen mit
Unsicherheiten behaftet, die aus der Prognoseunschärfe resultieren, was die
Passage dieses Troges betrifft. Hier hatten am Vortag die Modelle noch ein
anderes Szenario geboten.
Generell legt der Gradient zu, was dem sich allmählich über Nordengland hinweg
in die mittlere Nordsee verlagernden Zentraltief geschuldet ist. Gestützt durch
den Tagesgang können dann im Nordwesten, Westen und in Teilen der Mitte in
freien Lagen Windböen und im Bergland stürmische Böen auftreten.
In den Süden und Südosten gelangt trogvorderseitig noch einmal ein Schwall
Subtropikluft aus dem südfranzösischen Raum. Dort lebt die Konvektion auf, wobei
dann bei einem Flüssigwassergehalt zwischen 25 und (nach Südosten hin) 35 mm
Unwetter durch heftigen Starkregen und (schwere) Sturmböen zustande kommen
können. Auch dort sind aufgrund der hohen Scherung organisierte Strukturen
hochreichender Konvektion vorstellbar. Bis zum Abend hat dieser Kurzwellentrog
jedoch bereits den Bayerischen Wald überquert, so dass nachfolgend die
Konvektion auch an den Alpen rasch in sich zusammenfallen sollte. Gegenüber den
Vortagen zeichnet sich ein leichter Temperaturrückgang ab. Im Osten und in
tieferen Lagen Süddeutschlands bleibt es jedoch mit Höchstwerten um oder etwas
über 25 Grad sommerlich warm.

In der Nacht zum Donnerstag verlagert sich das wetterbestimmende Höhentief in
die mittlere Nordsee. An dessen Südflanke setzt sich der kräftige Gradient auch
weiter ostwärts durch. Weiter im Binnenland dürften tagesgangsbedingt kaum noch
warnrelevante Böen auftreten. An der Küste legt der Wind jedoch zu, so dass an
Ost- und Nordsee Wind- und stürmische Böen, in der Deutschen Bucht auch einzelne
Sturmböen bis Bft 9 möglich sind.
Bedingt durch die ausgeprägte Zyklonalität (und die hohe Labilität!) ist vor
allem an der Nordsee, weniger ausgeprägt an der Ostsee, eine rege Schauer- und
Gewittertätigkeit zu erwarten, wobei vor allem in Nordseenähe in Verbindung mit
kräftigeren Schauern oder kurzen Gewittern Böen bis Sturmstärke auftreten
können. Die Konvektion wird zudem durch den von der warmen See ausgehenden
latenten Wärmestrom angefacht. Durch wiederholte Schauer oder kurze Gewitter
besteht zudem die Gefahr von Starkregen.

Donnerstag … verlagert sich das Höhentief nach Südskandinavien und wird in
einen sich von Lappland nach Süden ausweitenden Trog einbezogen. Ein weiterer
Trog ist zu den Britischen Inseln gerichtet, so dass sich über Mitteleuropa eine
west-südwestliche zyklonale Strömung ergibt. Das korrespondierende Bodentief
setzt sich über Mittelskandinavien fest. An dessen Südflanke verstärkt sich über
dem gesamten Norden und der Mitte Deutschlands der Gradient, wodurch verbreitet,
gestützt auch durch den Tagesgang, Windböen, in Küstennähe stürmische Böen und
unmittelbar an der See auch einzelne Sturmböen zustande kommen. Auch auf höheren
Berggipfeln vor allem der nördlichen und westlichen Mittelgebirge muss mit Böen
bis Sturmstärke gerechnet werden. Im Küstenbereich ist die Schichtung zudem
labil, in Verbindung mit der zyklonalen West-Südwestströmung können wiederholt
Schauer und kurze Gewitter ausgelöst werden, die wie bereits in der Nacht zuvor
bis ins küstennahe Binnenland hinein mit Sturmböen und bei wiederholten
Ereignissen mit Starkregen einhergehen können.
Weiter im Binnenland wird die Konvektion durch Kaltluftadvektion weitgehend
unterbunden. Im Osten und Süden sind sogar längere sonnige Abschnitte
vorstellbar.
Ganz im Südosten und dort vor allem am Alpenrand halten sich noch Reste der
bisherigen Luftmasse. Die Schichtung ist dort noch relativ labil, CAPE erreicht
500 bis 1000 J/kg und der Gehalt an niederschlagbarem Wasser 25 bis (zum
östlichen Alpenrand hin) 35 mm. Demzufolge kann es vor allem am Alpenrand und
vielleicht auch bis zum Inn noch einmal für Gewitter reichen, die mit Starkregen
und (schweren) Sturmböen einhergehen, für größeren Hagel ist CAPE nicht mehr
hinreichend und zu sehr gedeckelt. Unwetter sind zwar, bedingt durch das
allmähliche Entrainment trockenerer Luft, weniger wahrscheinlich als bisher,
können aber nicht ganz ausgeschlossen werden. Im Norden, Westen und größtenteils
auch in der Mitte gehen die Temperaturen auf 18 bis 24 Grad zurück. Im Osten und
Süden bleibt es mit Maxima um 26 Grad vorerst noch sommerlich warm.

Modellvergleich und -einschätzung

Die vorliegenden Modelle stützen im Wesentlichen die oben beschriebene
Entwicklung. Prognoserelevante Unterschiede lassen sich kaum herausarbeiten.
Lediglich GFS arbeitet das Höhentief über Südskandinavien noch etwas stärker
heraus, was eine höhere Zyklonalität ergeben würde als nach den anderen
Modellen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann