SXEU31 DWAV 211800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 21.07.2021 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
Zunächst ruhige Hochdruckrandlage (Na bzw. HNa), am Wochenende Wetterumstellung
auf Trog Westeuropa, dabei in schwülwarmen Luftmassen wieder zunehmendes
Potenzial für starke bzw. schwere Gewitter (Unwetter).

Synoptische Entwicklung bis Samstag 12 UTC

Aktuell … bestimmt ein umfangreicher und breit angelegter Höhenrücken, der
sich mit seiner Achse grob von der Iberischen Halbinsel über die Biskaya und die
Irische See bis nach Island erstreckt und im Laufe der Nacht nur eine leichte
Tendenz zur Ostverlagerung aufweist, das Wettergeschehen in weiten Teilen West-
und Mitteleuropas. An dessen Ostflanke gelegen, befindet sich Deutschland
unterhalb einer nur schwachen nordwestlichen Höhenströmung. Dabei dominiert
großräumig Absinken und somit stützt der Rücken auch im Bodenfeld eine
ausgedehnte Hochdruckzone, die vom Seegebiet südlich Islands über weite Teile
GB`s und Benelux bis weit ins östliche/südöstliche Mitteleuropa reicht und deren
Schwerpunkt sich in etwa über dem Seegebiet nördlich von Schottland befindet.
So ganz astrein gestaltet sich die Lage aber dennoch nicht; als kleiner
„Spielverderber“ ist ein in die nordwestliche Höhenströmung eingebettetes
Höhentief unterwegs, das mangels Abbildung im Bodenfeld die Eigenschaften eines
Kaltlufttropfens (KLT) erfüllt und sich ohne große Intensitätsänderung vom
Ostausgang des Ärmelkanals im Laufe der Nacht peu à peu über Belgien hinweg in
etwa der Eifel annähert (in 300 und 500 hPa). Tatsächlich wird auf dessen
Vorderseite sogar aufgrund von PVA etwas Hebung generiert, allerdings reicht das
innerhalb der mitteltroposphärisch recht trockenen Luftmasse selbst zur
Wolkenbildung kaum.
Somit steht eine wettertechnisch ruhige Nacht ins Haus. Dabei präsentiert sich
insbesondere das Himmelsbild über Deutschland weiterhin zweigeteilt: Nördlich
der Hochdruckzonen-Divergenzachse, die sich nicht übermäßig scharf ausgeprägt in
etwa vom Niederrhein bis zum Vogtland erstreckt, wird mit schwacher bis mäßiger
Strömung unterhalb einer irgendwo zwischen 850 und 800 hPa liegenden
Absinkinversion mäßig warme und grundschichtfeuchte Nordseeluft (T850 hPa 6 bis
10 Grad) eingesteuert. Somit hält sich von den Küsten bis etwa zum Nordrand der
zentralen Mittelgebirge vielerorts dichte SC-Bewölkung, die zwar tagsüber einige
Lücken bekommen hat, nachts aber dazu tendiert, sich wieder etwas zu verdichten,
vor allem nach Westen zu, wo vielleicht der oben angesprochene dynamische
Hebungsantrieb an der Nordostflanke des KLT doch etwas Wirkung zeigen kann. Hier
und da fällt auch etwas Regen oder Nieselregen, am ehesten wohl im küstennahen
Binnenland, und das bei Tiefstwerten zwischen 17 und 11 Grad (bei eventuellen
größeren Lücken auch darunter).
Im Südwesten und Süden bleibt es dagegen im Einflussbereich trockener und eher
kontinental geprägter Luftmassen überwiegend gering bewölkt oder wolkenlos und
die Temperaturen können auf Werte zwischen 15 Grad örtlich im südlichen
Oberrheingraben und 7 Grad in einigen Mittelgebirgstälern sinken.

Donnerstag … ändert sich an der großräumigen Konstellation der Geopotenzial-
und Druckgebilde nur wenig. Der Höhenrücken über Westeuropa kommt weiterhin kaum
nach Osten voran und verliert durch ein Richtung Biskaya vorstoßendes
umfangreiches Höhentief von Westen her allmählich an Substanz. Der KLT arbeitet
sich bis zum Abend ganz allmählich Richtung Südpfalz/Nordbaden vor. Dessen
Wetterwirksamkeit bleibt nach wie vor im Großen und Ganzen gering. Allerdings
führt er zu einer Labilisierung der Luftmasse vor allem über Südwestdeutschland,
wobei die Temperatur in 500 hPa auf -14 bis -16 sinkt bei etwa 12 bis 14 Grad in
850 hPa. Mit der Einstrahlung können am Nachmittag etwa 200 bis 500 J/kg ML-Cape
(ICON-D2) generiert werden, der Wasserdampfgehalt der Luftmasse bleibt aber
relativ gering (PPW etwa 20 mm, in Oberschwaben bis 25 mm) und zudem ist noch
ein schwacher Deckel vorhanden. Vorderseitig des KLT kann zwar aufgrund von PVA
weiterhin etwas dynamischer Hebungsantrieb wirksam werden, dennoch reicht es
aber wohl nur mit Hilfe der Orographie (Schwarzwald, Schwäbische Alb, zum Abend
hin auch Oberschwaben/Allgäu) für Auslöse und einzelne Schauer. Gewitter können
dabei nicht ausgeschlossen werden; SuperHD und auch EURO4 haben von Lauf zu Lauf
immer wieder ganz vereinzelte auf der Agenda, ICON-D2 dagegen bisher nicht.
Sollte tatsächlich eines auftreten, muss mangels Zuggeschwindigkeit kleinräumig
mit Starkregen gerechnet werden.
Ansonsten ändert sich aber kaum etwas am Wettergeschehen, auch nicht an der
Zweiteilung. Die Hochdruckzone im Bodenfeld verlagert ihren Schwerpunkt über der
nordwestlichen Nordsee ein wenig ostsüdostwärts, Lage und Ausrichtung der
Divergenzachse bleiben nahezu gleich. Mit dem KLT setzt generell leichter
Druckfall ein, was aber nicht weiter für die Wetterentwicklung von Bedeutung
ist. Mehr Einfluss sollte dagegen die Tatsache haben, dass die Absinkinversion
durch die Annäherung des Hochschwerpunktes etwas nach unten, auf etwa 850 bis
900 hPa, gedrückt wird, wodurch der Feuchtenachschub von der Nordsee her etwas
ins Stocken gerät. Somit dürfte die SC-Bewölkung über dem Norden und Osten des
Landes gegenüber dem Vortag im Tagesverlauf größere Lücken aufweisen, vor allem
Richtung vorpommersche Ostseeküste könnte sogar ein recht sonniger Tag ins Haus
stehen. Allerdings deutet sich im Nordseeumfeld mit etwas auffrischendem
Nordwestwind (der Gradient verschärft sich dort aufgrund des leichten Druckfalls
im Binnenland) vor allem im Laufe des Nachmittags/Abends bereits wieder eine
Wolkenverdichtung an.
In der Südhälfte scheint dagegen die Sonne deutlich häufiger als im Norden,
allerdings aufgrund der Nähe zum Höhentief vielleicht nicht ganz so verbreitet
wie am Vortag. An den Höchstwerten ändert sich nur wenig (T850 hPa zwischen 7
Grad im Nordosten und 15 Grad am Hochrhein). Im Norden und Osten werden 19 bis
23 Grad erreicht, sonst 24 bis 29 Grad.

In der Nacht zum Freitag zieht der KLT weiter nach Oberösterreich oder Böhmen
(je nach Modell) und eventuell reicht es in erster Linie im Laufe der ersten
Nachthälfte an den Alpen nochmals für kurze Schauer oder gar ein Gewitter.
Der Höhenrücken kommt unter weiterem leichten Substanzverlust mit seiner Achse
bis zur westlichen Nordsee voran, während sich an dessen Ostflanke ein kleiner
kurzwelliger Randtrog von Südwestnorwegen auf den Weg Richtung Jütland macht.
An diesen Trog ist auch ein kleinräumiges Bodentief gekoppelt, das sich morgens
unmittelbar nordwestlich der Küste Jütlands befindet. Auf dessen Vorderseite
wird die Absinkinversion über Norddeutschland wieder ein wenig angehoben und
erneut kann die dichtere SC-Bewölkung von der Nordsee her in die Norddeutsche
Tiefebene vordringen. Hier und da fällt auch wieder etwas Regen bzw.
Nieselregen.
Insgesamt kommt die Divergenzachse der sich weiter abschwächenden Hochdruckzone
aber ein wenig nach Norden voran, so dass sich die dichte Bewölkung wohl meist
nur auf Norddeutschland beschränkt und nicht mehr bis zum Nordrand der zentralen
und östlichen Mittelgebirge vorankommt.
Im übrigen Land bleibt es teils locker bis gering bewölkt, teils klar. An den
Tiefstwerten ändert sich gegenüber den Vornächten im Großen und Ganzen nur
wenig.

Freitag … kommt das kräftige Höhentief westlich der Biskaya ostnordostwärts
voran und erreicht abends schon fast die bretonische Küste. Der vorgelagerte
Höhenrücken wird dadurch weiter abgebaut, vor allem in seinem Nordteil, da der
flache Randtrog über Dänemark zwar ein wenig nach Süden vorankommt, sich aber
gleichzeitig etwas westwärts ausweitet. Er stützt aber nach wie vor das
Bodenhoch, dessen Schwerpunkt sich aber von der westlichen Nordsee allmählich
zur Norwegischen See verlagert. Über Mitteleuropa setzt sich dagegen der
Druckfall weiter fort, dennoch bleibt eine flache Hochdruckbrücke erhalten,
deren Divergenzachse sich von der Deutschen Bucht kommend über das
Weser-Ems-Gebiet bis nach Nordbrandenburg hinweg ostwärts erstreckt. Dabei sorgt
die Annäherung des Randtroges für ein weiteres Ansteigen der Absinkinversion
(auf etwa 850 bis nahe 800 hPa), so dass die SC-Bewölkung in etwa ab der Achse
nordwärts insgesamt wohl dichter bleiben dürfte als am Vortag und nur zögernd,
am Nachmittag und Abend dann aber mit einsetzender Nordverlagerung der
Divergenzachse beschleunigt Lücken bekommt.
Weiter südlich bzw. südwestlich fällt der Druckfall etwas stärker aus und am
Abend erstreckt sich eine Tiefdruckrinne vom Seegebiet südlich von Irland nach
Nordfrankreich und knickt dort nach Süden, nach Südostfrankreich ab. Auf deren
Vorderseite kann zunehmend sehr warme bis heiße und potenziell instabil
geschichtete Luft aus Südwesteuropa nach Südwestdeutschland vordringen. Diese
ist allerdings durch kräftige niedertroposphärische WLA gedeckelt und relativ
trocken, zudem fehlt (noch) jeglicher dynamische Hebungsantrieb. Ob die
Orographie zur Auslöse reicht (was am ehesten im Schwarzwald der Fall wäre), ist
somit mehr als fraglich und entsprechend haben die so weit in die Zukunft
reichenden Konvektion erlaubenden Modelle (z.B. SuperHD) noch keine Konvektion
auf der Agenda.
Während sich ganz im Norden und Nordosten am Temperaturniveau nur wenig ändert
(T850 hPa 8 bis 11 Grad, folglich Höchstwerte zwischen 19 und 24 Grad, je nach
Bewölkung), wird es vor allem im Südwesten (T850 hPa dort am Abend gar schon bei
19 Grad) wärmer als an den Vortagen. Insgesamt werden in der Mitte und im Süden
Höchstwerte zwischen 25 und 32 Grad erreicht, die höchsten Werte wohl entlang
des Ober- und Hochrheins.

In der Nacht zum Samstag kommt Bewegung ins bisher nicht allzu progressive
(Geopotenzial)muster: Ein auf der Vorderseite des sein Drehzentrum zum
Westausgang des Ärmelkanals verlagernden Höhentiefs nordwärts geführter Randtrog
überquert im Laufe der Nacht den Westen und Nordwesten Frankreichs, wodurch der
vorgelagerte Höhenrücken nun relativ rasch nach Osten abgedrängt wird und dessen
Achse bereits Samstagfrüh die Mitte des Vorhersagegebietes ostwärts überquert.
Somit geraten der Nordosten Frankreichs, aber auch Südwestdeutschland auf die
Vorderseite des Höhentiefs unter eine kräftige und zunehmend diffluente
südsüdwestliche Höhenströmung. Ob und in welcher Ausprägung schon dynamische
Hebung aufgrund von PVA sich bereits im Vorhersagegebiet wettertechnisch
bemerkbar macht, ist noch unsicher und hängt von der Lage bzw.
Verlagerungsgeschwindigkeit weiterer kurzwelliger Troganteile ab, die über
Frankreich hinweg nordnordostwärts geführt werden und auch den Südwesten des
Landes streifen können.
Im Bodenfeld kommt die Tiefdruckrinne vom Osten bzw. Nordosten Frankreichs aber
allmählich nach Südwest- bzw. Westdeutschland voran. Die Luftmasse gewinnt somit
an potenzieller Instabilität und auch an Gehalt niederschlagbaren Wassers (über
30 mm im Südwesten sowie westlich des Rheins). Sollte es zu (wohl von der
Grundschicht abgekoppelten) Konvektion kommen, muss auf jeden Fall Starkregen
ins Kalkül gezogen werden. Ausgeschlossen ist auch nicht das Übergreifen eines
MCS von Frankreich her auf den äußersten Südwesten und Westen des Landes, der
dort aber wohl erst in den Frühstunden aufschlagen dürfte. Vielleicht passiert
aber auch (noch) gar nichts. Die (globalen und regionalen) Modelle simulieren
die höchsten RR-Mengen noch mit einiges an Sicherheitsabstand über dem Nordosten
bzw. Osten Frankreichs und auch das SuperHD, das einzige Modell, das alle sechs
Stunden bis T+72 Stunden rechnet, lässt die Gewitteraktivität bis 06 UTC grade
so bis in den Grenzbereich zu Frankreich und Luxemburg vorankommen.
Somit steht für den Großteil des Landes nochmals eine wettertechnisch ruhige
Nacht ins Haus. Die Hochdruckbrücke über Norddeutschland wird weiter abgebaut
und nach Osten bzw. Nordosten abgedrängt, so dass sich die SC-Bewölkung dort
wohl endgültig auflöst. Dafür machen sich im Westen und Süden vermehrt hohe und
mittelhohe Wolkenfelder breit. Somit fällt dort die Nacht mit Tiefstwerten
zwischen 20 und 15 Grad sehr mild aus, während es sonst auf 17 bis nahe 10 Grad
abkühlen kann.

Samstag … kommt das Höhentief nahe der englischen Südküste mit seinem
Drehzentrum kaum nach Osten voran, weitet sich aber mit der Passage eines
Randtroges, der abends Norddeutschland erreicht, in den Westen und Norden des
Vorhersagegebietes aus. Dahinter stellt sich eine zwar diffluente, aber recht
glatte südwestliche Höhenströmung ein.
Im Bodenfeld kommt die Tiefdruckrinne über dem Westen Deutschlands allmählich
nordostwärts voran, verliert aber mehr und mehr an Kontur. Während der Nordosten
und äußerste Norden des Landes noch im Einflussbereich trockener Festlandsluft
verbleiben – die Achse des nur noch flachen Höhenrückens greift erst gegen Abend
auf Polen über – kann sich ansonsten von Südwesten her die sehr warme und
potenziell instabile Luftmasse wohl auch in den mittleren und südöstlichen
Landesteilen durchsetzen. Die PPW-Werte steigen dort verbreitet auf über 30 mm,
gebietsweise auch auf über 35 mm, Einstrahlung vorausgesetzt können gebietsweise
auch 500 bis 1000 J/kg, eventuell auch mehr, Cape generiert werden.
Somit sind die meisten Zutaten für konvektive Umlagerungen gegeben, eigentlich
fehlt nur noch der Hebungsinput, der grundsätzlich auf einer diffluenten
Vorderseite ja gegeben sein sollte. Dieser ist in der Regel gekoppelt an
kurzwellige Troganteile bzw. Konvergenzen im Bodenfeld. Diesbezüglich bieten die
Modelle noch verschiedene Lösungsmöglichkeiten an, so dass die
Schwerpunktsregionen eventueller Gewittertätigkeit aktuell noch nicht
definierbar sind. Sie dürften sich aber am ehesten im Westen und Südwesten sowie
in den mittleren Landesteilen befinden, am Abend dann vielleicht auch im
Südosten sowie auf die Norddeutsche Tiefebene ausgreifend.
Angesichts der Instabilitätsparameter sind vor allem bzgl. Starkregens und auch
Hagels auch (wie immer, erstmal lokal eng begrenzt!) unwetterartige
Entwicklungen zu erwarten, ob die Scherungsbedingungen auch für großräumig
organisierte Konvektion reicht oder gar das Auftreten von Superzellen
begünstigt, muss natürlich ebenfalls noch abgewartet werden.
Während in den Westen und Südwesten schon relativ früh Bewölkung reinzieht,
scheint ansonsten aber zunächst noch verbreitet die Sonne. Die Temperatur in 850
hPa steigt auch im Norden an, sie erreicht Werte zwischen 12 Grad an der Ostsee
und 18 Grad in Südbayern. Somit wird es verbreitet hochsommerlich warm bis heiß
mit Höchstwerten zwischen 26 und 32 Grad, lediglich an Küstenabschnitten mit
auflandigem Wind wird es nicht ganz so warm.

Modellvergleich und -einschätzung

Mal abgesehen von der Wetterentwicklung am Samstag im Detail, worauf an dieser
Stelle noch nicht eingegangen werden soll, unterscheiden sich die Modelle im
Kurzfristzeitraum nur unwesentlich.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff