S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 20.07.2021 um 10.30 UTC

Ab dem Wochenende Übergang zu unbeständigem Wetter mit Regenfällen und kräftigen
Gewittern mit Unwettergefahr.

Synoptische Entwicklung bis zum Dienstag, den 27.07.2021

Zu Beginn des mittelfristigen Prognosezeitraums am kommenden Freitag befindet
sich Deutschland – noch muss man sagen – unter Hochdruckeinfluss. Verantwortlich
dafür zeichnen ein breiter Höhenrücken, dessen Hauptachse über Westeuropa
respektive der Nordsee und dem Europäischen Nordmeer liegt sowie das
korrespondierende umfangreiche Bodenhoch mit Zentrum zwischen Schottland und
Norwegen. Ein kleines, wenig wetteraktives Höhentief zieht noch im Laufe des
Vormittags in Richtung Österreich ab. Am Nachmittag und Abend gilt es den Blick
dann doch schon mal in Richtung Südwesten und Alpen zu richten, wo vorderseitig
eines Höhentiefs über der Biskaya so ganz allmählich nicht nur potenziell
instabile Warm- bzw. Heißluft (T850 bis zu 17/18°C, sonst deutschlandweit 9 bis
15°C) platziert wird, sondern zudem noch eine zonal exponierte Tiefdruckrinne
von Frankreich her zumindest tangential übergreift. Von daher sollten wir uns
über erste Gewitter vornehmlich über dem Bergland (Favorit beim Buchmacher ist
der Schwarzwald) nicht wundern.

Am Samstag nimmt dann die Gewitterwahrscheinlichkeit im Westen und Südwesten
sowie an den Alpen merklich zu. So macht zum einen die Progression der Rinne
weitere Fortschritte, zum anderen gelangen die genannten Regionen auf die
Vorderseite des zum Ärmelkanal ziehenden Höhentiefs unter eine zyklonal
konturierte, diffluente südwestliche Höhenströmung. Natürlich nehmen auch
Labilität und Wasserdampfgehalt der aus dem westlichen Mittelmeer vorstoßenden
subtropischen Luftmasse immer weiter zu, so dass die Entwicklung von schweren
Gewittern (Unwetter) begünstigt wird.
Der Norden und Osten bleiben davon zunächst noch verschont, dort profitiert man
von der nur langsam ostwärts abwandernden Hochdruckzone (Rücken + Bodenhoch).
Entsprechend scheint die Sonne bei Temperaturen, die z.T. bei 30°C oder sogar
knapp darüber liegen.

Am Sonntag gelangt dann der gesamte Vorhersageraum auf die Vorderseite des über
Südengland zur westlichen Nordsee ziehenden Höhentiefs, das übrigens
achsensenkrecht mit einem flachen Bodentief korreliert und deshalb auch nicht
als echter Kaltlufttropfen durchgeht. Wichtiger als dieser eher akademische
Aspekt ist sicherlich die Tatsache, dass bereits in der Nacht beginnend die
Rinne nordostwärts schwenkt und damit auch die schauerartigen Regenfälle und
kräftigen Gewitter. Die Details dazu sind freilich noch ziemlich unscharf. Fakt
ist, dass vor allem in den Westen etwas weniger warme (T850 10 bis 12°C),
weiterhin aber feuchte und auch potenziell instabile Luftmassen advehiert
werden, in der es – vielleicht nach einer vorübergehenden Ruhephase – zu
weiteren Schauern und Gewittern kommt.

Zu Beginn der neuen Woche kreuzt das hochreichende Tief die Nordsee unter
Abschwächung gen Jütland bzw. Südnorwegen. Dabei bleibt uns die zyklonale
südwestliche Höhenströmung erhalten, bevor zum Dienstag hin dann ein weiterer
Höhentrog langsam aber sicher auf den Vorhersageraum übergreift. Mit anderen
Worten, am Montag und Dienstag setzt sich das unbeständige, aber sehr warme und
schwüle Wetter (das Wetter ist eigentlich nicht warm und schwül, sondern eher
die Luft, aber die geneigte Leserschaft weiß natürlich, was gemeint ist) mit
weiteren (schauerartigen) Regenfällen und teils kräftigen Gewittern fort.

Abschließend noch der übliche kurze Exkurs in die erweiterte Mittelfrist, die
zum Donnerstag Zwischeneinfluss auf der Karte hat. Ob der sich auch noch in den
Freitag retten kann, wird man sehen. Interessanter und – wenn zutreffend –
leider auch brisanter scheint die Entwicklung am Mittwoch (und die Nacht zuvor,
evtl. sogar schon am Dienstag beginnend) zu sein. Demnach soll sich Süden und
Südosten vorübergehend eine Gegenstromlage einstellen, die insbesondere im
südlichen und südöstlichen Bayern – z.T. mit Unterstützung der Orografie
(Staueffekte) – heftige Regenfälle auslöst. IFS simuliert am Alpenrand
stellenweise um 100 l/m² innert 24 h. Noch ist es aber deutlich zu früh für
substanzielle Kassandrarufe, da u.a. GFS hier nicht mitspielt (was allerdings
kein schwergewichtiges Argument ist) und dieses Szenario zum ersten Mal in den
IFS-Prognosen auftaucht.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Bezogen auf die Basisfelder wie Geopotenzial, Luftdruck oder auch Temperatur
präsentiert sich IFS (ECMF) in stabiler Verfassung, sprich, die Konsistenz
passt. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass mit zunehmender Prognosedauer
die Unschärfen etwas zunehmen. Darauf reagiert natürlich der überwiegend
konvektive Niederschlag als notorisch hochsensitiver Parameter, d.h. die Regen-
und Gewitterprognosen differieren hinsichtlich zeit-räumlicher Verteilung und
Intensität von Lauf zu Lauf. Trotzdem, der Wetterwechsel im Laufe des
Wochenendes hin zu einem unbeständigen Abschnitt ist unstrittig. Damit nimmt
auch die Wahrscheinlichkeit für Starkregenfälle und kräftige Gewitter bis in den
Unwetterbereich wieder zu. Allerdings ist es für Details noch zu früh. Nur so
viel, Stand jetzt deutet sich bis nächsten Dienstag zumindest kein großflächiges
Dauer-/Starkregenereignis an.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Sieht man mal davon ab, dass das kanadische GEM das oben beschriebene Höhentief
am Montag mitten über Deutschland von Südwest nach Nordost ziehen lässt, haben
die für gewöhnlich auf dem Prüfstand stehenden Globalmodelle dem IFS sehr
ähnliche Lösungen anzubieten. Allerdings gilt auch hier wie schon im Kapitel
zuvor, dass schon kleine Unterschiede bei den Basisfeldern eine große Wirkung
auf Timing, Raum und Intensität der Regenfälle und Gewitter haben können (sieh
das Beispiel von GFS zum möglichen Stark-/Dauerregen im Süden ab Dienstag, auch
wenn das schon weitgehend außerhalb des klassischen Mittelfristzeitraums liegt).

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die IFS-EPS-Rauchfahnen verschiedener deutscher Städte zeigen einen
vergleichsweise homogenen Verlauf, der zumindest bei der Temperatur in 850 hPa
selbst in der erweiterten Mittelfrist noch recht gut gebündelt ist. Sehr gut
erkennbar ist das Temperaturmaximum am Samstag (im äußersten Südwesten wohl
schon am Freitag). Zudem sind ab Samstag, im Norden und Osten ab Sonntag an
jedem Tag Niederschlagssignale zu erkennen. Die Tatsache, dass beim Geopotenzial
in 500 hPa der Spread im Laufe der nächsten Woche kontinuierlich zunimmt,
spiegelt sich auch in der Clusterung wider. Während die Zeiträume T+72…96h und
T+120…168h (Sonntag bis Dienstag) mit einem einzigen Cluster auskommen, erhöht
sich die Zahl ab Mittwoch (T+192…240h) auf drei. Hier scheinen die Ensembles
noch Meinungsverschiedenheiten zu haben, auf die hier nicht näher eingegangen
werden soll.

FAZIT: Sowohl auf deterministischer als auch auf probabilistischer Basis steht
der Generalkurs, während an den Feinheiten noch gefeilt werden muss.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Allein die oben ausgeführten Rahmenbedingungen lassen erahnen, dass spätestens
ab Samstag wieder viel Arbeit auf die warnende Meteorologenschaft zukommt.
Beginnend im Westen und Südwesten arbeiten sich (Stark)Regenfälle und Gewitter
nordostwärts voran, wobei kein Zweifel besteht, dass dabei auch wieder „Rote
Karten“ gezogen werden müssen. Die Frage ist, ob sich ein ähnliches Szenario
wiederholen kann wie vergangene Woche in NRW und RP. Derzeit deutet nichts
darauf hin, dass es großflächig zu einem Stark-/Dauerregenereignis kommt, was
u.a. an der nicht gegebenen Stationarität der Strömungskonfiguration liegt (auch
wenn die Lage alles andere als dynamisch ist). Trotzdem, Schlagzeilen wird es
auch diesmal wieder geben, auch wenn es sich wahrscheinlich „nur“ um lokale bzw.
räumlich eng begrenzte Starkregenfälle (oder auch mal größerer Hagel und/oder
(schwerere) Sturmböen) handeln dürfte.
Was das o.e. Szenario von Dienstag zu Mittwoch im Süden und Südosten Bayerns
angeht (Stark-/Dauerregen), ist der Prognosesockel noch sehr bröckelig. Mal
abwarten, was die nächsten Läufe so zu bieten haben.

Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-Mix mit IFS-EPS und Modellmix.

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann