SXEU31 DWAV 131800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 13.07.2021 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
Regen- und Gewitterunwetter. Im Westen extremer Dauerregen, sonst Starkregen und
Gewitter bis in den extremen Unwetterbereich.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 12 UTC

Aktuell … liegen wir auf der Vorderseite eines abgetropften Höhentroges über
Westeuropa, dessen eigenständiges Drehzentrum, Höhentief von Südostfrankreich
aus in den nächsten Stunden in Richtung Zentralalpen zieht. Auf seiner
Nordostflanke verlagert sich eine Bodentiefdruckrinne, die mit warmer und vor
allem extrem feuchter Luft angefüllt ist, im Laufe der Nacht vom Südosten
Deutschlands nach Norden und kommt Mittwoch früh auf einer Linie von der Eifel
bis zur Lausitz voran. Dabei ist in hoher Auflösung über dem Nordosten ein
eingelagertes kleines Bodentiefdruckgebiet erkennbar.
An der Südflanke dieses Tiefs fließt etwas kühlere und stabilere Luft ein, deren
Vordergrenze durch eine in die Rinne eingelagerte Luftmassengrenze markiert
wird.
Die kühlere Luft hat in den unteren 500 bis 1000m aktuell schon Niederbayern
erreicht, so dass die Gewitter, die abends aus den Alpen heraus nach Norden
ausgreifen eher elevated ausgelöst werden und zwar noch Starkregen bringen,
das Potential für Sturmböen oder Hagel ist aber sehr limitiert.
Das sieht an der Windkonvergenz (Bodenrinne) und der Grenze zur Warmluft anders
aus. Hier bilden (bzw. bildeten) sich (nachmittags) und abends von der
Oberpfalz, Franken ausgehend bis nach Thüringen und Sachsen teils schwere
Gewitter, die nach Norden und Westen ausgreifen und zum Mittwochmorgen in
abgeschwächter Form bzw. als teils nicht gewittriger Starkregen Niedersachsen,
NRW, Hamburg und Mecklenburg erreichen können. Angesichts der schon fast
tropischen Feuchte (PPW 40 bis 50 mm), etwas Scherung und MU Cape über 1000 J/kg
können auch organisierte Gewitter, teils linienhaft, später auch MCS entstehen,
die Starkregen bis in den extremen Unwetterbereich und vor allem in der ersten
Nachthälfte schwere Sturmböen und eventuell größeren Hagel bringen. Im Laufe der
Nacht liegt der Schwerpunkt der Begleiterscheinungen auf teils mehrstündigen
(heftigen) Starkregen, in 3 bis 6h um 50 mm, wobei dieser mit den Regenfällen
über dem Westen und den lokalen Gewittern über dem Nordwesten verschmilzt.

Über dem stabileren Südwesten klingen die schauerartigen Regenfälle ab, während
aus den Alpen heraus, zum Morgen auch von Böhmen her erneut Starkregenfälle oder
Gewitter nach Nordwesten auf den Süden, bzw. auf die östliche Mitte ausgreifen
können. Hier wäre dann Starkregen die maßgebliche Begleiterscheinung, wobei
Unwetter wieder möglich sind.

Die Temperaturen spielen zwar nicht die ganz große Rolle, gehen aber trotzdem
auf Werte zwischen fast 20 Grad im Nordosten und wenig über 10 Grad im Südwesten
zurück.

Mittwoch … zieht das Höhentief mit seinem Schwerpunkt Richtung Bayern, während
sich die Bodentiefdruckrinne mit der wärmsten und feuchtesten Luft im
Tagesverlauf bogenförmig vom Südwesten über den Norden zur unteren Oder
erstreckt. Das eingelagerte Tief macht einen Schwenk über die Mitte in den
Südwesten, wobei die Details, Zugbahn, Konvektion und Regenschwerpunkte sehr
unsicher sind. In den Süden gelangt derweil etwas trockenere, in den Westen und
Südwesten auch stabilere Luft.

Vom o.e. Höhentief ausgehend schenkt im Tagesverlauf ein Randtrog über
Deutschland nach Nordwesten, der durch seine vorderseitige PVA in der extrem
feuchten Luft Hebung auslöst und die Regenfälle im Westen erneut anfacht. Darauf
reagieren die Modelle teilweise exorbitanten 12h RR Mengen von 50 bis 80 mm in
Teilen NRWs und Rheinland-Pfalz. Eingelagerte Gewitter sind Dank etwas MU Cape
nicht ausgeschlossen und können vereinzelt die Mengen noch höher schrauben.
Insgesamt lagert die feuchteste Luft über Norddeutschland, doch zeigen die
Modelle die Hauptgewitteraktivität über dem Nordwesten auf der Vorderseite des
Randtroges, während die labilste Luft mit ML CAPE bis 2000 J/kg über dem
Nordosten lagern soll. So können sich über dem Norden/Nordwesten im Tagesverlauf
wieder teils schwere Gewitter mit heftigem Starkregen (extrem WU) Hagel und
teils schweren Sturmböen bilden und auch wenn gerade die hochaufgelösten Modelle
den Nordosten und Osten in Sachen Gewitter ziemlich nachlässig behandeln, so
sind auch dort nach Erreichen der Auslösetemperatur einzelne schwere Gewitter
vor allem im Hinblick auf extremen Starkregen möglich.

Nachmittags und abends breiten sich dann vor einem neuen kurzwelligen Randtrog
von Böhmen und Polen her eventuell wieder teils starke Gewitter in die östliche
Mitte und den Nordosten aus teils mit heftigem Starkregen (WU), Hagel und
Sturmböen. Für den Norden kann wieder eine Vorabinformation ausgegeben werden,
zumindest für den Nordwesten.

Die teils sehr intensiven Regenfälle breiten sich an der Westflanke des Troges
im Tagesverlauf süd- bis südostwärts aus und können dann erneut den Schwarzwald
erreichen und dort die nächsten Dauerregen (Unwetter?) -lage einläuten. Ganz im
Süden ist die Schichtung dann wieder etwas labiler mit einigen kräftigen
Schauern und Gewittern, aber in der etwas trockneren Luft ohne großes
Unwetterpotential.
In der Peripherie des Höhentiefs spielt sich also einiges ab, während in seinem
Kernbereich nicht so viel los ist. Hier kommt es bei starker Bewölkung nur zu
lokalen eher schwachen Schauern oder etwas Regen. Stark bewölkt bleibt es auch
sonst, zumindest meist, mehr Sonne gibt es noch nach Nordosten hin.
Die Temperaturen weisen eine große Spanne auf, zwischen dem schwülwarmen
(heißen) Nordosten mit 30 Grad und kaum 20 Grad ganz im Süden und Südwesten.
Am Rand der Rinne baut sich zum fast stationären Hoch über Westeuropa ein
merklicher Druckgradient auf, der zunächst über dem Westen, dann über dem
Südwesten den Südwest- bis Nordwestwind aufleben lässt. In tiefen Lagen sind
steife Böen zu erwarten, im Bergland stürmische Böen und exponiert im
Hochschwarzwald vielleicht sogar Sturmböen.

In der Nacht zum Donnerstag verlagert sich das Höhentief nur wenig und liegt mit
Kern über Bayern, derweil sich die Rinne am Boden etwas auffüllt, wobei ein
Tiefkern über der östlichen Mitte aber erkennbar bleibt. Eine Schliere der
feuchtesten Luft verbunden mit weiteren Regenfällen wickelt sich um das
Höhentief und reicht von Niederbayern über den Südwesten und Westen zur Nordsee
und nach Schleswig-Holstein.
Gebietsweise ist in diesem Bereich (außer im Norden, wo es nur wenig regnet)
Stark- oder Dauerregen zu erwarten mit Mengen von 20 bis 40 mm in 6 bis 12
Stunden, vor allem anfangs auch mit eingelagerten Gewittern nach Westen hin, die
dann lokal auch größere Mengen bringen können. Die genaue Lage ist aber
unsicher. So lässt ICON im 12z Lauf die Regenfälle über dem Westen nach
Frankreich und Benelux abziehen und hat auch akkumuliert deutlich weniger zu
bieten; im Gegensatz zu den Vorläufen und externen Lösungen, die dort bis an die
200 mm Regen brachten. Die Unwetterlage Dauerregen im Westen könnte damit
zeitiger als bewarnt zu Ende gehen, mit anderen Niederschlagsschwerpunkten und
Mengen. Allerdings wird angesichts der großen Unsicherheiten der Warnstatus
nicht angerührt, eventuelle markante Warnungen, die den Unwetterbereich
einhüllen, können falls nötig kurzfristig hinzugefügt werden.

Ansonsten beruhigt sich die Lage; die Gewitter klingen ab, bzw. gehen in dem
Regen über dem Westen auf, und hinter etwaigen Gewittern im Osten steht noch ein
großes Fragezeichen.

Im Westen und Südwesten ist der westliche Wind kräftiger unterwegs mit steifen
bis stürmischen Böen, in exponierten Berglagen mit teils schweren Sturmböen.

Donnerstag … füllt sich das fast stationäre Höhentief langsam auf, was auch
auf das schwächelnde Tiefdruckgebiet im Bodendruckfeld abfärbt. Die sehr warme
Luft bleibt über dem Norden liegen, während über der Mitte warme bis mäßig
warme, im Süden teils recht kühle Luft bestimmend bleibt.

Die feuchteste Luft im Norden wird unterdessen nach Dänemark und zur Ostsee
abgedrängt, während die Feuchteschliere bogenförmig weiter vom Süden über den
Südwesten in den Nordwesten reicht und es allgemein bei eigentlich weiter
feuchter Luft bleibt, nur ohne die extremen Werte der Vortage. Allerdings wird
die Labilität und Feuchte nach und nach aufgebraucht und PPW liegt „nur noch“
bei 30 bis 35 mm.
Im Tagesverlauf kann sich in diesem Bereich (Feuchteschliere) wieder ML CAPE bis
über 500 J/kg aufbauen und es sind neben bzw. nach dem Regen aus der Nacht her
aus im Tagesverlauf wieder, teils eingelagerte kräftige Gewitter möglich mit
Unwetterpotential insbesondere durch Starkregen.
Auch in den Nordosten kann über die Oder später wieder feuchtere und instabile
Luft eindringen mit teils starken Schauern und Gewittern, WU durch Starkregen,
aber auch durch Hagel ist möglich, da etwas Scherung vorhanden ist und, so denn
die Gewitter überhaupt kommen, auch organisierte Strukturen denkbar sind.
Über größeren Teilen des Nordens, teils über der Mitte steht ein eher ruhiger
Tag an mit größeren Aufheiterungen über dem Nordosten und starker Bewölkung im
Süden und Westen. Entsprechend der Einstrahlung und Luftmassen staffeln sich die
Temperaturen von fast 30 Grad im Nordosten und knapp unter 20 Grad am Hochrhein
und Bodensee.
Mit Abschwächung des Tiefs lässt auch der Wind im Süden wieder nach, wo zunächst
noch einzelne steife Böen aus West auftreten, im Bergland eventuell stürmische
Böen, die aber immer mehr nachlassen.

In der Nacht zum Freitag treten vor allem im Südwesten und Süden noch
schauerartige, anfangs von Gewittern begleitete Regenfälle auf, die später aber
nachlassen. Ansonsten kann es im Norden zunächst einzelne Gewitter geben, die
aber auch dem Tagesgang zum Opfer fallen. Die Starkregengefahr nimmt ab, ist
aber dank sehr feuchter Luft in Schauern und Gewittern immer noch gegeben.

Freitag … zieht sich das Höhentief in die Alpen und südlich davon zurück
während im Bodendruckfeld vom sich auffüllenden Tief Konvergenzen über dem Süden
und Osten übrigbleiben, bei ansonsten meist schwacher nördlicher Strömung am
Rand des stationären Hochs bei Irland.

Mit dem langsamen Einsickern stabilerer Luft im Westen und Nordwesten sind dort
kaum mehr konvektive Umlagerungen zu erwarten. Ansonsten ist die Luft noch
deutlich feuchter und labiler und gebietsweise muss vor allem im Tagesverlauf
wieder mit Schauern und Gewittern gerechnet werden. Diese ziehen meist langsam
und PPW um 30 mm, kaum Scherung deutet auf Starkregen bis in den
Unwetterbereich.

Mit längerer Einstrahlung sind im Nordosten wieder an die 30 Grad möglich, im
Westen und Süden lässt sich die Sonne wenigstens ab und zu blicken, sodass meist
zwischen 20 und 25 Grad auf der Karte stehen.

Modellvergleich und -einschätzung

Die unwetterträchtige Lage steht außer Frage, die Details sind aufgrund
unsicherer Modelllage aber mit großen Fragezeichen zu versehen. Schon die
aktuelle Entwicklung der Gewitter über der östlichen Mitte fand weiter im Osten
statt als ICON D2, aber auch Super HD sie im Programm hatten und hat auch von
den Strukturen wenig Ähnlichkeit mit den Simulationen. Da diese Gewitter u.a.
auch Einfluss auf die Strukturen im Bodenwindfeld, aber auch auf die in der Höhe
haben, werden die Prognosen sehr fragil. Schon die Lage der Konvektion und
Starkregengebiete für kommende Nacht weist von Lauf zu Lauf und Modell zu Modell
Sprünge auf.

Da wo akkumuliert ICON Nest im 00z Lauf im Westen bis Donnerstag 190 mm
berechnete, sollen nach aktueller Lesart (12z Lauf) noch ca. 70 mm fallen. Auch
noch eine ganze Menge, aber immerhin 120 mm weniger. Es macht deshalb auch
keinen Sinn, aufgrund einzelner Modellergebnisse die bestehenden Warnungen
anzufassen. Für den Mittwoch sind die Hinweise seitens der hochauflösenden
Modelle auf Gewitter im Norden eher spärlich, auch wenn die Luft extrem feucht
ist und die Auslösetemperaturen erreicht werden dürften. Die globalen Modelle
simulieren deutlich mehr Niederschlag, weshalb auch eine Vorabinformation für
den Norden von schweren Gewittern weiter in Betracht kommt.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner