S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 09.07.2021 um 10.30 UTC

Wechselhaft mit teils kräftigen Schauern und Gewittern, dabei lokal
Unwettergefahr vor allem durch Starkregen. Mäßig-warm bis warm, im Osten anfangs
auch heiß.

Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 16.07.2021

Dass wir weiterhin auf keinen „grünen Zweig“ in Sachen stabiles Sommerwetter in
der ab Montag beginnenden Mittelfrist kommen, liegt am beständig wiederkehrenden
Tiefdruckeinfluss, der auch durch die Vorgänge in der Höhe derzeit kaum eine
Änderung erfährt. So schwingt sich ein über dem Nordostatlantik aus einem Trog
abtropfendes Höhentief dazu auf, über dem Alpenraum ein paar Tage lang eine neue
Heimat zu finden. Wenn es Ende nächster Woche nach Süden abziehen sollte, –
Vorsicht, Spoiler: was nicht alle Modelle so sehen – dann besteht aber
tatsächlich eine Chance auf eine Wetteränderung hin zu höherem Luftdruck. Zuvor
heißt es aber erst einmal, das Höhentief abzuarbeiten. Erfahrungsgemäß führt das
im Sommer bei uns zu konvektions- und unwetterträchtigen Wetterlagen, weshalb
man wie seit Wochen weiterhin sagen kann: „The same procedure as every day“.

Im Detail ist der Abtropfprozess des Höhentiefs am Montag bereits weit
fortgeschritten, aber noch nicht abgeschlossen. So finden sich noch mehrere
Drehzentren über den nach Süden amplifizierenden Höhentrog über dem
Nordostatlantik. Das für uns interessanteste ist das Höhentief mit Zentrum über
der Bretagne am Montagmittag. So liegen wir noch auf der diffluenten Vorderseite
davon in einer südlichen bis südwestlichen und etwas aufsteilenden
Höhenströmung, was niedertroposphärisch sehr warme Luft mit T850 von 10 Grad im
Norden bis 21 Grad im Süden zu uns bringt. Mit dem Höhentief ist ein Bodentief
verbunden, das günstig über Benelux gelegenen noch Entwicklungspotenzial hat und
schon langsam feuchtere Luftmassen in die Westhälfte von Deutschland einsteuert.
Die kräftigsten Hebungsimpulse greifen aber erst in der Nacht zum Dienstag auf
uns über.

Am Dienstag wandert das Höhentief in Richtung Alpen und löst über Italien eine
Zyklogenese aus. Das Bodentief über Benelux verlagert sich derweil nach
Norddeutschland. Beide Tiefdruckgebiete sind über ein Frontensystem verbunden,
das über Deutschland langsam nordostwärts vorankommt und die noch sehr warme
Luft zumindest im Südwesten durch leicht kühlere und stabilere Meeresluft mit
T850 hPa von 7 bis 9 Grad austauscht.

Am Mittwoch und Donnerstag setzt sich das Höhentief über den Alpen fest. Das
Bodentief über Norddeutschland zieht es unter Auffüllung weiter nach Osten. Nun
gibt es die stärkste Hebung in der Nähe zum Höhentief, womit im Süden mehr
Konvektion zu erwarten ist als im Norden. Dort macht sich durch einen zu den
Britischen Inseln sich aufwölbenden Rücken leichter Druckanstieg bemerkbar. Die
T850 liegen bei 10 Grad im Süden und bis 15 Grad im Norden.

Am Freitag setzt sich das Höhentief wieder in Bewegung und steuert Ungarn an.
Damit wird der größte Hebungsimpuls in den Osten von Deutschland gebracht,
während er sich im Süden abschwächt. Die Luftmasse ändert sich
niedertroposphärisch vorerst nicht.

In der erweiterten Mittelfrist ab kommende Woche Samstag gelangt das Höhentief
nach Albanien, während der Höhenrücken sich über den Britischen Inseln in
nordöstliche Richtung zur Nordsee weiter aufwölbt. Daraus ergibt sich eine
Zweiteilung: Stabiler unter allmählich zunehmenden Hochdruckeinfluss im Norden,
in der Mitte und vor allem im Süden in der Nähe zum Höhentief dagegen eher noch
zyklonal. Die Luftmasse erwärmt sich dabei sogar auf 13 bis 16 Grad.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Der heutige 0 UTC-Lauf des EZMW ist zum gestrigen 0 UTC-Lauf bis zum Freitag in
hohem Maße konsistent, auch wenn die genauen Details des Höhentiefs natürlich
leicht variieren. In der erweiterten Mittelfrist ab kommende Woche Samstag
verharrt das Höhentief im alten Lauf allerdings noch länger über dem Alpenraum,
sodass es keinen Druckanstieg im Norden Deutschlands geben würde. Beim gestrigen
12 UTC-Lauf nimmt das Höhentief dagegen eine etwas andere Bahn ein. Zunächst
bewegt es sich langsamer zum Alpenraum und kommt dort erst am Donnerstag statt
am Dienstagabend oder Mittwochfrüh an. Anschließend wandert es über Tschechien
und Polen in der erweiterten Mittelfrist sogar nach Ostdeutschland. Folglich
würde es vor allem im Norden wesentlich wechselhafter bleiben.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

ICON bringt grundsätzlich keine neuen Ideen in die Runde, betont den Rücken zum
Ende der nächsten Woche aber etwas stärker. Das Bodenhoch über den Britischen
Inseln wäre dann kräftiger und könnte eine nördliche Strömung über der Nordsee
in Gang bringen, womit etwa 2 bis 5 Kelvin kühlere Luft eindringt. GFS bleibt
bis zum Donnerstag auf der EZMW-Linie, am Freitag taucht aber ein neuer Trog
über der Nordsee und den Britischen Inseln auf, der am Samstag Norddeutschland
erreicht. Im Zuge dessen zieht ein Frontensystem über Deutschland hinweg nach
Südosten, postfrontal sinken die T850 hPa unter Erreichen eines Azorenhochkeils
und nordwestlicher Strömung auf 4 bis 8 Grad, sodass die das Temperaturniveau 8
bis 10 Kelvin niedriger liegen würden als beim EZMW. JMA ist dem EZMW sehr
ähnlich, GEM dem GFS und NAVGEM dem ICON. Die Modellwelt scheint in drei Lager
gespalten zu sein.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

RAUCHFAHNEN:
Die T850 hPa Rauchfahnen des EZMW-Ensembles sind für diverse deutsche Städte nur
bis zum Montag eng gebündelt. Danach bewegen sich Haupt- und Kontrolllauf am
obersten Rand der Streuung, eine Bündelung zeigt sich etwa 5 Kelvin darunter.
Zum Ende hin nähern sich Haupt-, Kontrolllauf und Bündelung auf hohen Niveau
(bei 12 bis 16 Grad) allerdings wieder an.
Die Geopot 500 hPa-Kurven verlaufen enger, wobei sich Haupt- und Kontrolllauf
meist gut im Median einsortieren. Alle zeigen zum Ende hin einen Aufwärtstrend,
was einer Rückkehr das Höhentiefs abträglich wäre. Nur wenige Ausreißer
untermauern diese Aussage.

CLUSTER:
Zwischen Mittwoch (14. Juli) und Freitag (16. Juli) gibt es drei Cluster jeweils
mit dem Regime Blockierung. Das Höhentief wird jeweils in leicht
unterschiedlichen Positionen in der räumlich-zeitlichen Exposition gezeigt. In
C3 zeigt sich eine Parallele zum GFS: Zum 0 UTC-Termin am Freitag liegt das
Höhentief südlicher, dafür nähert sich im Norden ein Trog. Kann man C1 und C2
mit insgesamt 34 Mitgliedern und Haupt- und Kontrolllauf in C2 daher dem Lager 1
mit EZMW und dem JMA zuschlagen, ist C3 mit 17 Mitgliedern eher dem Lager GFS
und GEM zuzuordnen. Lager 2 mit ICON und NAVGEM erfährt aus der Clusteranalyse
dagegen keine Unterstützung.
Zwischen Samstag (17. Juli) und Montag (19. Juli) gibt es nur einen Cluster mit

  • Oh Wunder – dem Blocking-Regime. In diesem zieht das Höhentief zur südlichen
    Adria ab und der Rücken legt sich über die Britischen Inseln, die Nordsee und
    dem nördlichen Mitteleuropa. Damit wird ein Bodenhoch über den Britischen Inseln
    gestützt, wobei es mit nördlicher Strömung zu einer Abkühlung kommen könnte.

FAZIT:
Der Fahrplan bis zum Donnerstag mit dem Durchzug des Frontensystems am Montag
und Dienstag bei zuvor hohen Temperaturen und dem Höhentiefeinfluss mit zu
erwartenden kräftiger Konvektion am Mittwoch und Donnerstag steht. Am Mittwoch
und Donnerstag dürfte es aber nicht ganz so warm werden, wie es der
deterministische Lauf möchte. Ab Freitag werden die Fragezeichen größer.
Aufgrund der Mehrzahl der Modellergebnisse zieht das Höhentief vermutlich in
Richtung Südosten weiter und verliert nach und nach seinen Einfluss auf uns. Am
wahrscheinlichsten setzt sich dann ein Hochdruckgebiet über den Britischen
Inseln durch. Nicht ganz vom Tisch ist allerdings ein neuer Trog über der
Nordsee, der vor dem Aufbau hohen Drucks am Freitag und Samstag noch ein
Frontensystem über uns hinwegschwenken lassen würde mit postfrontal deutlicher
Abkühlung. Die Temperaturunterschiede könnten dann durchaus 8 bis 10 Kelvin
betragen.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

NIEDERSCHLÄGE:
Am Montag reagiert EFI auf die zu erwartenden Niederschläge im Südwesten
Deutschlands, was die Ensembles von COSMO-LEPS, EZMW-EPS und ICON-EPS
entsprechend quittieren. In denen werden ziemlich kongruent im Südwesten
Wahrscheinlichkeiten bis 50 % für mehr als 30 l/qm in 24 Stunden und noch bis zu
20 % für mehr als 50 l/qm in 24 Stunden gerechnet.
Am Dienstag gibt es beim EFI erneut Signale für gebietsweise
überdurchschnittlich viel Niederschlag, vor allem der SOT springt auch an. In
den Ensembles reagiert COSMO-LEPS mit bis zu 40 % Wahrscheinlichkeit für mehr
als 30 l/qm in 24 Stunden.
Ein Großteil der Niederschläge wird jedoch vermutlich im Zusammenhang mit
Konvektion bzw. Schauern und Gewittern als Starkregen in kürzerer Zeit fallen.

GEWITTER:
EFI weist am Montag im Süden und am Dienstag im Nordosten erhöhte Werte bei CAPE
und CAPE SHEAR auf. In den direkten Modelloutputs werden beim CAPE jeweils bis
zu 2000 J/kg simuliert, womit bei langsam ziehenden Zellen Starkregen bis in den
Unwetterbereich, aber auch Sturmböen und Hagel denkbar sind.
Während EFI von Mittwoch bis Freitag keine Cape-Signale mehr hat, sind im
direkten Modelloutput weiterhin Cape-Werte in ähnlicher Größenordnung vorhanden,
am Mittwoch und Donnerstag hauptsächlich im Norden und Nordosten, am Freitag im
Nordosten.

Basis für Mittelfristvorhersage
EZMW, EZMW-EPS, MOSMIX. Zum Ende hin eher MOSMIX-Temperaturen, da EZMW wohl zu
hohe Temperaturen simuliert.

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Simon Trippler