SXEU31 DWAV 031800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 03.07.2021 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
Am Abend und in der Nacht zum Sonntag ganz im Westen einzelne Gewitter, aber
kaum Unwettergefahr. Am Sonntag von Westen und Südwesten auf Teile der Mitte
übergreifend vermehrt Gewitter, Unwetter vor allem durch heftigen Starkregen bis
über 40 mm innerhalb weniger Stunden. Am Montag unter allmählicher Abschwächung
(aber nach wie vor mit Unwettergefahr) auf den Nordosten übergreifend.
Am Dienstag von Südwesten her erneut Gewitter mit Unwettergefahr, dann vor allem
durch (schwere) Sturmböen.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 12 UTC

Aktuell … liegt Deutschland unter einer diffluenten Höhenströmung, die die
Frontalzone ergibt. Deren nördlicher Ast ist von den Britischen Inseln nordwärts
gerichtet und umläuft das blockierende Hoch über Fennoskandien. An der Südflanke
dieses Hochs hält sich ein Langwellentrog mit einzelnen eingelagerten
Höhentiefs, der sich zum westlichen Schwarzmeerraum erstreckt und an dessen
Südflanke der südliche Ast der Frontalzone verläuft. Zwischen diesem nach
Südosteuropa reichenden Trog und einen vom nahen Ostatlantik auf Irland und die
Bretagne übergreifenden Trog ist die Strömung über Mitteleuropa vorübergehend
antizyklonal gekrümmt. Absinken im Bereich des flachen Keils, das sich in Form
einer schwachen Inversion oder zumindest Isothermie zwischen 700 und 800 hPa
äußert, unterbindet vorerst die Entwicklung hochreichender Konvektionsbewölkung.

Aber der Keil steht nur auf schwachen Füßen und wird zudem rasch ostwärts
geführt, so dass ab dem Abend mit einer auf Südwest drehenden Strömung feuchtere
(mit einem Gehalt an niederschlagbarem Wasser bis 35 mm) und labilere (mit einem
MU- bzw. KKN-CAPE bis ca. 1000 J/kg) in den Westen Deutschlands gelangt. Im
Westen und Südwesten und mit etwas geringerer Wahrscheinlichkeit auch aus den
Alpen heraus können sich dann wieder Gewitter entwickeln, wobei die Gefahr von
Starkregen und kleinerem Hagel besteht. Unwetter sind vorerst wenig
wahrscheinlich, hierzu ist die Scherung zu gering; auch nennenswerte Hebung ist
noch nicht auszumachen.
Im großen Rest des Landes ist noch der sich nordostwärts verlagernde Keil
wirksam. Hierdurch gestützt hält sich noch schwacher Zwischenhocheinfluss. Bei
geringen Luftdruckgegensätzen können sich stellenweise flache Nebelfelder
bilden.

Sonntag … weitet sich der Trog von der Bretagne her bis nach Belgien und
Ostfrankreich aus, was vorderseitig und somit über Deutschland ein Aufsteilen
der nach wie vor diffluenten Strömung bewirkt. Mit dieser erfasst dann die zuvor
beschriebene feuchtlabile Luftmasse die Gebiete zwischen Nordsee und Alpen. Da
zunächst die Dynamik die Unterstützung weitgehend verweigert, sind bis weit in
den Nachmittag hinein nur einzelne Gewitter und diese vorzugsweise über dem
Bergland zu erwarten. Unwetter (vor allem durch heftigen Starkregen) sind jedoch
deutlich wahrscheinlicher als heute.
Im Nordosten und ganz im Osten ist von dieser Entwicklung noch nichts zu spüren.
Dort hält sich noch trockenere Luft, wobei auch noch keine Hebung erfolgt. Diese
Gebiete bleiben somit von konvektiven Umlagerungen verschont, zudem sind
zwischen Ostsee und den östlichen Mittelgebirgen längere sonnige Abschnitte zu
erwarten. Dies lässt die Temperatur auf 25 bis 29 Grad steigen, wogegen sonst 18
bis 24 Grad erreicht werden.

Am Abend und in der Nacht zum Montag greift der Trog mit seiner vor allem in
höheren Troposphärenschichten markant ausgeprägten Achse auf den Südwesten und
den äußersten Westen und bis Montagfrüh auf die Mitte Deutschlands über. Der
Südwesten gelangt dann an den linken Ausgang des Jets, mit dem Ergebnis, dass im
Südwesten und im Süden kräftige Hebung aufkommt, die sich, wenn auch unter
Abschwächung, in der Nacht bis auf Teile der Mitte ausweitet. An eine
Wetterberuhigung ist daher nicht zu denken, vielmehr dürfte sich in der ersten
Nachthälfte die Gewittertätigkeit, ausgehend vom Südwesten Deutschlands und von
den Alpen her, noch verstärken. Auch die Entwicklung eines MCS aus den Alpen
heraus kann nicht ausgeschlossen werden. Die vor allem niedertroposphärisch
zunehmende Scherung verspricht einiges an Organisation. Unwettergefahr besteht
vor allem durch heftigen Starkregen; mehrstündig durchaus bis über 40 mm; nach
Südosten hin können aufgrund des dort noch relativ hohen Kondensationsniveaus
auch Böen bis Sturmstärke nicht ausgeschlossen werden. Hagel sollte eher eine
untergeordnete Rolle spielen.
Noch vor Mitternacht beginnend im Südwesten und im Westen und ab der zweiten
Nachthälfte dann auch weiter ostwärts bis auf Teile der Mitte ausgreifend setzt
in Verbindung mit einem sich vom Schweizer Mittelland ostwärts ausweitenden
Keils Stabilisierung ein. Dies sollte in diesen Gebieten die Konvektion zum
Erliegen bringen. Die heftigsten konvektiven Umlagerungen (weiterhin mit
Unwettergefahr, vor allem durch mehrstündigen Starkregen) sind dann in einem
Bereich vom östlichen Alpenrand bis in den zentralen Mittelgebirgsraum hinein zu
erwarten. Bis Montagfrüh greift dann die Konvektion unter Abschwächung auf einen
Bereich von den östlichen Mittelgebirgen bis nach Schleswig-Holstein über, wobei
dann die Wahrscheinlichkeit von Unwettern nur noch gering ist.
Die Gebiete nordöstlich der Elbe bleiben von dieser Entwicklung noch verschont.
Dort hält sich noch schwaches Absinken, was vor allem aus der Advektion
negativer Vorticity resultiert. In diesen Regionen bleibt es daher
niederschlagsfrei, wobei sich flache Nebelfelder bilden können.

Montag … schwenkt der o.g. Trog mit seiner Achse in den Nordosten
Deutschlands, der nachfolgende Haupttrog greift auf die Biskaya über. Zwischen
beiden Trögen ist die Strömung (ähnlich wie heute) erneut leicht antizyklonal
gekrümmt. Dies sollte, ausgehend vom Alpenraum, leichten Zwischenhocheinfluss
bei relativ stabiler Schichtung ergeben. Hierdurch kommen vor allem im Süden
größere Auflockerungen zustande, wogegen im Nordwesten und Westen aufgrund des
Bereichs des nordostwärts schwenkenden Troges zumindest in der ersten
Tageshälfte ein paar Schauer zu erwarten sind.
Die zuvor wetterbestimmende feuchtlabile Luft wird in den Nordosten Deutschlands
abgedrängt, wobei durch Entrainmentprozesse diese Luftmasse allmählich
entschärft wird. Somit sind dann im Nordosten konvektive Umlagerungen zu
erwarten; mangels Scherung sind diese wenig organisiert. Dennoch kann es für
Unwetter (vor allem durch heftigen Starkregen) reichen, wobei die
Wahrscheinlichkeit für Unwetter geringer ist als zuvor. Zuvor wird es dort noch
einmal bis 27 Grad warm, wogegen sonst 19 bis 25 Grad erreicht werden.

In der Nacht zum Dienstag läuft aus dem mit seiner Hauptachse über der Biskaya
liegenden Trog erneut ein kurzwelliger Anteil heraus und greift auf
Nordfrankreich über. Vorderseitig strafft sich die südwestliche Strömung, steilt
auf und beginnt zu flattern. Zudem verstärkt sich sowohl in der unteren
Troposphäre als auch bis in mittlere Troposphärenschichten hinein die Scherung.
Allerdings fehlen bisher Hebung und Labilität, als dass konvektive Umlagerungen
ausgelöst werden können. Abgesehen vielleicht vom Nordwesten, wo ein paar
Schauer vorstellbar sind, sollte es daher weitgehend trocken bleiben.

Dienstag … greift der o.g. kurzwellige Anteil des westeuropäischen Troges auf
Ostengland und die westliche Nordsee über. Da der Haupttrog mit seiner Achse
noch über der Biskaya zurückhängt, wird mit einer noch etwas aufsteilenden
südwestlichen Strömung erneut Subtropikluft aus dem westlichen Mittelmeerraum
durchs Rhonetal und westlich an den Alpen vorbei nach Deutschland gelangen. Die
Luftmasse hat es dann wieder in sich, der Gehalt an niederschlagbarem Wasser
steigt auf 35 bis 40 mm; CAPE erreicht 1000 J/kg. Vor allem die Scherung hat
dann Aufmerksamkeit verdient, die niedertroposphärisch mehr als 10 bis etwa 15
m/s und hochreichend bis 30 m/s beträgt. Dies würde dann wieder für
organisierte, möglicherweise staffelartige oder sogar rotierende Strukturen
hochreichender Konvektion, zumindest aber für Superzellen, sprechen. Diese
können dann in einem Bereich vom Südwesten Deutschlands über die Mitte hinweg
bis in den Norden hinein auftreten. Dabei besteht Unwettergefahr durch (schwere)
Sturmböen, vielleicht auch durch orkanartige Böen; heftiger Starkregen sollte
aufgrund der relativ raschen Verlagerung der Konvektionszellen in den
Hintergrund treten. Auch größerer Hagel ist eher unwahrscheinlich, dies geben
die CAPE-Werte nicht her.
Hiervon verschont bleiben wahrscheinlich noch die Gebiete von Vorpommern über
den östlichen Mittelgebirgsraum hinweg bis zu den Alpen (das Allgäu vielleicht
ausgenommen). In diesen Gebieten sind größere Auflockerungen, nach Südosten hin
auch längere sonnige Abschnitte zu erwarten. Zwischen Ostsee und Alpen steigt
die Temperatur auf 26 bis 31 Grad, wogegen im Nordwesten und Westen – je nach
Bewölkung – 19 bis 25 Grad zu erwarten sind.
Problematisch ist noch die Abschätzung der Labilität. Diese ist aufgrund der
relativ warmen Höhe (Temperaturen im 500 hPa-Niveau meist zwischen -10 und -12
Grad) relativ niedrig, so dass die hohen CAPE-Werte vor allem aus der
eingespeisten Feuchte resultieren. Dies ist als Unsicherheitsfaktor zu sehen.

Modellvergleich und -einschätzung

Die verfügbaren Modelle stützen weitgehend die oben beschriebene Entwicklung.
Prognoserelevante Unterschiede lassen sich nicht ableiten.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann