S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 01.07.2021 um 10.30 UTC

Erneut schwülwarm und gewittrig bis hin zum Unwetter. Wahrscheinlich erst weit
nach Wochenmitte Entspannung.

Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 08.07.2021

Am Sonntag liegt Deutschland an der Vorderseite eines Höhentiefkomplexes. Dessen
steuerndes Zentrum verlagert sich bis Montagmittag vom mittleren Nordatlantik in
die nördliche Biskaya. Eines der Teiltiefs dieses Komplexes wandelt sich in
einen Trog um, der vom Westausgang des Ärmelkanals über Nordfrankreich hinweg in
die Nordsee schwenkt. Über Nord- und Nordosteuropa hält sich ein blockierendes
Höhenhoch, das wiederum von einem bis in den Schwarzmeerraum reichenden Trog
flankiert wird. Diese Lage erweist sich demnach als relativ stabil. Für
Mitteleuropa hat dieses Szenario eine diffluente, zunächst mehr, am Montag
weniger steile südwestliche Strömung zur Folge. Mit dieser Strömung gelangt
feuchtlabile Luft in das Vorhersagegebiet. In dieser entwickeln sich am Sonntag
im Westen und Südwesten und am Montag dann auch auf en Osten und Südosten
übergreifend Schauer und Gewitter. Da die Luftmasse aus dem Azorenraum stammt,
ist die Wahrscheinlichkeit für Unwetter vergleichsweise gering. An beiden Tagen
ergibt sich eine Staffelung in Bezug auf die Temperaturmaxima zwischen Werten um
23 Grad im Nordwesten und um 28 Grad im Nordosten.
Am Dienstag verlagert sich das steuernde Zentrum des Höhentiefkomplexes bei
Umwandlung in ein Zentraltief zu den Britischen Inseln. Ein von diesem Höhentief
ausgehender, bis zu den Kanaren reichender Trog lenkt an dessen Vorderseite
wieder feuchtlabile Mittelmeerluft nach Deutschland. Landesweit zeichnet sich
ein Temperaturanstieg auf 27 bis 33, im Südosten bis über 35 Grad ab. Im
Nordwesten und im Westen sowie über dem südwestdeutschen Bergland entwickeln
sich bereits erste Gewitter mit deutlich erhöhter Unwettergefahr. Diese dürften
in der Nacht zum Mittwoch als (anfangs gewittriger) Starkregen auch auf Teile
der Mitte übergreifen.
Am Mittwoch schwenkt der Trog von den Kanaren mit seinem Südteil zur Iberischen
Halbinsel und am Donnerstag zu den Pyrenäen, was die südwestliche Strömung
aufsteilen und nahezu auf Süd drehen lässt. Hierdurch verstärkt sich die Zufuhr
feuchtlabiler Luft aus dem westlichen Mittelmeerraum. Bei kaum veränderten
Temperaturen sind in einem breiten Bereich von der Ostsee bis in den Westen und
Südwesten Deutschlands hinein vermehrt Gewitter bis hin zum Unwetter zu
erwarten, wobei dann wieder das volle Spektrum unwetterartiger Ereignisse
vorstellbar ist. In diesen Gebieten dauert die Gewittertätigkeit (teils auch mit
unwetterartigem Starkregen) bis weit in die Nächte hinein an. Lediglich im
Südosten ist noch durch Föhn eine leichte Austrocknung möglich; auch im
Nordwesten dürfte eine etwas gemäßigtere Luftmasse für Entspannung sorgen. Beide
Tage werden den Höhepunkt dieser Gewitterlage markieren.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum arbeitet sich der Trog nach
Mitteleuropa vor. Die feuchtlabile Luft wird hierdurch nach Polen abgedrängt,
allerdings sind auch am Freitag noch Starkniederschläge bis weit in den
Unwetterbereich hinein vorstellbar. Danach gelangt mäßig warme Atlantikluft nach
Mitteleuropa. Dies hat einen unbeständigen Wettercharakter zur Folge. Unwetter
wären dann nicht mehr zu erwarten. Die Temperaturen gehen zurück; die 25
Grad-Marke wird dann nur noch im Süden und Südosten überschritten.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Von einer Konsistenz kann nur bis einschließlich Montag die Rede sein. Bereits
am Dienstag ergeben sich größere Unterschiede zum gestrigen 00 UTC-Lauf. Dieser
hatte das Höhentief bereits über Nordfrankreich und der westlichen Nordsee
erwartet, was ein mehr als 5 K tieferes Temperaturniveau zur Folge hätte. Die
aufsteilende Trogvorderseite ab Mittwoch ergibt sich zudem anhand des gestrigen
12 UTC-Laufes. Nach dem 00 UTC-Lauf des Vortags wäre eine Lage „Tief
Mitteleuropa“ zu erwarten.
Die im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum nach dem aktuellsten
Modelllauf erkennbare Troglage ließ sich auch anhand des gestrigen 12 UTC-Laufes
ableiten. Allerdings dürfte nach der neuesten Modellrechnung am Freitag und am
Samstag das Temperaturniveau etwas tiefer sein.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Bis einschließlich Dienstag stützen die verfügbaren Modelle die oben
beschriebene Entwicklung. Prognoserelevante Unterschiede lassen sich bis dahin
nicht ableiten. Bis Mittwoch weitet sich nach ICON ein von dem Höhentief über
den Britischen Inseln ausgehender Sekundärtrog nach Mitteleuropa aus, so dass
sich in Verbindung mit einem Zwischenhochkeil mäßig warme Luft durchsetzen
würde. Eine ähnliche Version lässt sich beim Modell des kanadischen
Wetterdienstes finden. Auch am Donnerstag wäre aufgrund der Nähe des Troges nach
beiden Modellen eine Schwergewitterlage eher unwahrscheinlich.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum wird die Version des EZMW von
GFS wie auch vom kanadischen Modell gestützt.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Das EPS des GFS stützt bis etwa zur Wochenmitte die Version der
deterministischen Modelle. Danach sollte der über Westeuropa liegende und zur
Iberischen Halbinsel reichende Trog in mehrere Höhentiefs zerfallen, die sich
retrograd verlagern. Über Mitteleuropa würde dann antizyklonaler Einfluss die
Oberhand gewinnen. Die Folge wäre eine ausgewachsene Hitzewelle mit hoher
Unwettergefahr durch schwere Gewitter. Betrachtet man hierzu die „Rauchfahnen“,
vor allem im Kontext zu weiter zurückliegenden Simulationen, ist das eine
Version des jüngsten Modelllaufes und wird noch längst nicht von allen
Einzelläufen gestützt. Wahrscheinlicher wäre die Andauer des unbeständigen
Wettercharakters bei einem gemäßigten Temperaturniveau.
Das EPS des EZMW stützt eher die Version des ICON wie auch des kanadischen
Modells, wonach sich der über Westeuropa liegende Trog bereits am Donnerstag
nach Deutschland ausweitet und die labil geschichtete Luft abgedrängt wird.
Allerdings ist vor allem über Deutschland der Spread relativ groß. Dies betrifft
auch die Temperatur im 850 hPa-Niveau. Mit anderen Worten – beide Varianten
wären etwa gleich wahrscheinlich. Demzufolge kommen auch zwei Cluster zustande,
wobei dem mit 21 Membern geringfügig weniger besetzten Cluster (mit der
steileren Südwestströmung) die beiden ungestörten Läufe zugeordnet werden.
Ähnlich verhielt sich auch der gestriger 12 UTC-Lauf.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum läuft die Entwicklung auf eine
Troglage hinaus. Die Cluster unterschieden sich dann lediglich in der Lage der
Hauptachse des Troges und der Anzahl der Teiltröge. Die oben beschriebene steile
Südwestlage ist nicht in Stein gemeißelt, wenigstens genauso wahrscheinlich wäre
ein gemäßigteres Temperaturniveau, wie es von der Mehrzahl der EPS-Member
gesehen wird. Dies hätte dann natürlich auch Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit
von unwetterartigen Entwicklungen.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Am Sonntag sind vor allem im Westen, Süden und in Teilen der Mitte, am Montag
dann auch im Norden und Osten Gewitter zu erwarten. Da es sich um eine eher
gemäßigtere Luftmasse vom Azorenraum handelt, dürfte die Gefahr von Unwettern
(vor allem durch heftigen Starkregen) gering sein.
Am Dienstag gelangt dann Subtropikluft aus dem westlichen Mittelmeerraum nach
Deutschland. Im Nordwesten und Westen sowie über dem südwestdeutschen Bergland
sind dann Gewitter zu erwarten, am Mittwoch ist dies in einer Region von der
Ostsee bis in den Südwesten Deutschlands hinein der Fall. Unwetter (vor allem
durch größeren Hagel und schwere Sturmböen, zum Teil aber auch durch heftigen
Starkregen) sind dann wahrscheinlicher als an den Tagen zuvor. Ob diese Lage am
Donnerstag noch andauert oder ob sich daraus vielleicht eine Situation mit
verbreitet unwetterartigen Starkniederschlägen entwickelt (Tief Mitteleuropa)
oder ob sich dann bereits eine gemäßigtere Luftmasse durchsetzt und für
Entspannung sorgt ist noch nicht sicher.

Basis für Mittelfristvorhersage
EPS(EZMW) + Det. Lauf (Mix), anfangs MOS

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Thomas Schumann