SXEU31 DWAV 271800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 27.06.2021 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
Heute Abend und nachts im Westen einzelne kräftige Gewitter. Ab Montag zunächst
im Westen/Südwesten vermehrt Gewitter mit Unwetterpotenzial, in der Nacht zum
Dienstag eventuell MCS. Am Dienstag und Mittwoch nordostwärts ausgreifende
Gewittertätigkeit, dabei weiterhin Unwettergefahr.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 12 UTC

Aktuell … ist die Zirkulation über dem nordatlantisch-europäischen Raum
weiterhin gestört. Ein blockierender Höhenrücken über dem mittleren Nordatlantik
erstreckt sich in Form eines Höhenkeiles bis nach Schottland bzw. zur nördlichen
Nordsee und hat die Frontalzone weit nach Norden abgedrängt
(Südgrönland-Island-Nordskandinavien, mit einem zentralsteuernden und
hochreichenden Tief in etwa über der Grönlandsee bzw. nahe Spitzbergen).
Südlich des Höhenkeils hat sich ein doch erstaunlich veritables und
„kreisrundes“ Höhentief über der Biskaya eingenistet, das sich bzgl. seiner
Verlagerungsgeschwindigkeit aber als sehr träge erweist und bis Montagfrüh grade
so zur Bretagne vorankommt. Dieses Gebilde wird uns somit auch noch bis weit in
den mittelfristigen Prognosezeitraum wettertechnisch beschäftigen.
Dem Höhentief steht ein gradientschwacher Trog gegenüber, der sich von
Nordeuropa südsüdostwärts über die östliche Ostsee und dem Baltikum bis zum
Schwarzen Meer bzw. zur Türkei erstreckt.
Zwischen diesen beiden Systemen wölbt sich über Mitteleuropa und mit seiner
Achse auch so ziemlich genau über dem Vorhersagegebiet ein flacher Höhenrücken
auf, der sich im Laufe der Nacht durch zunehmende WLA vorderseitig des
Höhentiefs verstärkt, bis Montagfrüh dann zur Nordsee reicht und Verbindung
aufnimmt zum Höhenkeil weiter nördlich.
Somit gestaltet sich auch im Bodenfeld über dem Vorhersagegebiet die
Druckverteilung äußerst gradientschwach. Das Höhentief korrespondiert mit einem
flachen, mehr oder weniger amorphen mehrkernigen Tiefdrucksystem über
Frankreich, das sich im Laufe der Nacht allmählich Richtung Deutschland
ausweitet. Diesem steht ein vom nahen Ostatlantik bis zur Nordsee bzw. nach
Norddeutschland reichender Hochkeil gegenüber, der sogar noch etwas abgebaut
wird. Die Warmfront des Tiefs kommt im Laufe der Nacht mit vor allem über dem
Westen des Landes teils recht dichter und mehrschichtiger WLA-Bewölkung
allmählich nordwärts voran und erreicht Montagfrüh in etwa die Norddeutsche
Tiefebene. Gebietsweise fällt auch etwas Regen. Ihr folgt sehr warme und vor
allem nach Westen zu potenziell instabil geschichtete Luft subtropischen
Ursprungs. Sowohl unmittelbar im Vorfeld zur Warmfront (dort induziert durch
frontale und WLA-Hebung) als auch im Warmsektor (vor allem an die Orographie
gekoppelt) haben sich bereits am heutigen Nachmittag und Abend einzelne Gewitter
entwickelt, die von Frankreich und Belgien her auch auf den Westen und Südwesten
Deutschlands übergegriffen haben. Die PPW-Werte steigen allmählich auf 30 mm und
darüber, genügend MU-Cape ist auch vorhanden.
Meist bleiben die Gewitter wohl im Einzelzellenmodus, Multizellensysteme liegen
zwar durchaus im Bereich des Möglichen, allerdings sollte die Nähe zum Rücken
noch dämpfend wirken. Allerdings ließe die hochreichende Scherung (örtlich über
15 m/s) – genügend Hebung vorausgesetzt – die Bildung eines MCS zu.
So oder so: Warntechnisch steht der Starkregen im Fokus (Unwetter vor allem in
den heutigen Abendstunden nicht ausgeschlossen), vielleicht noch kleiner Hagel,
Wind dagegen (die Gewitter bleiben wohl elevated, also von der Grundschicht
entkoppelt) eher weniger. ICON-D2 simuliert im Bereich verstärkt einsetzender
diffluenter Höhenströmung, über Ostfrankreich, ein etwas kräftigeres
Multizellensystem bzw. einen kleinen MCS, der morgens abgeschwächt vielleicht
noch das Saarland bzw. den äußersten Westen von Rheinland-Pfalz treffen könnte.
Im übrigen Land verläuft die Nacht ruhig. Vor allem in der Westhälfte bleibt es
bei teils dichterer Bewölkung sehr mild bis warm mit Tiefstwerten zwischen 20
und 14 Grad, während es im Nordosten, Osten und Südosten auf 16 bis 11 Grad
abkühlt.

Montag … kommt unser Höhentief über der Bretagne weiterhin nur sehr schleppend
nach Osten voran, ebenso der Höhenrücken über dem Vorhersagegebiet, der sogar
noch etwas an Substanz gewinnt und dessen Achse am Abend in 500 hPa in etwa von
Jütland bis zum Erzgebirge reicht. Der Westen und vor allem der Südwesten
Deutschlands gelangen somit auf die mit einer zyklonalen sowie markant diffluent
konturierten kräftigen südsüdwestlichen Höhenströmung ausgestattete Vorderseite
des Höhentiefs. Vor allem zum Abend hin wird kräftige dynamische Hebung
simuliert.
Auch im Bodenfeld verstärkt sich der Druckfall, der zudem noch diabatisch und in
den entsprechenden Regionen auch orographisch gestützt wird. So bilden sich über
dem Westen und Südwesten des Landes innerhalb einer einerseits zonal
ausgerichteten Rinne über Norddeutschland knapp südlich der langsam nordwärts
ziehenden Warmfront, andererseits aber auch innerhalb einer meridional
orientierten, in etwa von NRW in einem Bogen südwärts bis nach Schwaben bzw.
Südbaden reichenden Rinne mehrere kleinräumige Tiefdruckzentren, die
markantesten wohl (am Abend) über dem Westmünsterland und über der
Ostschweiz/Oberschwaben. Aufgrund des zunehmend konvergenten Windfeldes im
Rinnenbereich verstärken sich auch kleinräumigere Feuchteflusskonvergenzen, was
zu einer deutlichen Erhöhung der spezifischen Feuchte (auf über 10 bi 13 g/kg),
des Gehalts an niederschlagbaren Wassers (30 bis 40 mm) und mit gegebener
Einstrahlung auch der Cape (nach Lesart der Konvektion erlaubenden Modelle im
Westen 500 bis 1000 J/kg, im Südwesten bis nahe 2000 J/kg ML-Cape) führt. Vor
allem im Südwesten nimmt mit Annäherung des Troges auch die hochreichende
Scherung zu, SuperHD simuliert dort zum Abend verbreitet über 20 m/s, örtlich
sogar um 25 m/s DLS. Auch vor allem bodennahe Richtungsscherung steht besonders
durch die Orographie getriggert zur Verfügung und kann gebietsweise 10 bis 15
m/s in 0 bis 1 oder 2 km erreichen, entsprechend steht im Inflowbereich vor
allem isolierter Gewitter im Südwesten einiges an sturmrelativer Helizität zur
Verfügung (das können schnell mal 200 bis 300 m2/s2 in 0 bis 2 km sein).
Somit stehen alle Zutaten für schwere Gewitter zur Verfügung. Dennoch tut sich
die Numerik, wie immer, schwer die Entwicklung im Detail möglichst genau zu
simulieren.
Schwerpunktsregion dürfte aber einerseits das Bodentief im Westen bzw. die
Region unmittelbar südlich der Warmfront sein. Wohl beginnend im zentralen und
nördlichen Mittelgebirgsraum (Harz, Sauerland, Weserbergland, eventuell auch
schon Thüringer Wald) gibt es dort im Rinnenbereich vielleicht schon mittags
erste Gewitter, die sich nachmittags nach Westnordwest, Richtung Bodentief über
dem Westmünsterland/Emsland, ausweiten, etwas nach Norden (in etwa bis zum
nördlichen und östlichen Niedersachsen) vorankommen und dann zunächst im
Wesentlichen markanten Kriterien genügen dürften. Cape und Scherung sind dort
nicht so hoch wie weiter südlich, dennoch sind die Kriterien für
Unwetter-Starkregen und auch größeren Hagelansammlungen im weiteren Tagesverlauf
dann doch schnell erreicht. Im Grenzbereich zur trockeneren Luft nördlich der
Rinne können zudem Sturmböen auftreten (inverted-V Profil).
Deutlich spannender gestaltet sich die Entwicklung dagegen andererseits am
Bodentief im Südwesten (Baden-Württemberg bis ins Allgäu). Die markante Scherung
begünstigt – zumindest, solange die Entwicklungen noch isoliert bleiben – auch
das Auftreten von Superzellen mit größerem Hagel und schweren Sturmböen (oder
mehr). Konvektion wird von einigen Modellen auch weiter östlich, von den Alpen
ins Vorland simuliert, ob diese aber überhaupt auftritt, muss noch abgewartet
werden, Wenn, dann dürften diese Gewitter ebenfalls Unwetterpotenzial erreichen,
wenn auch nicht so verbreitet wie im Südwesten.
In den Abendstunden, wenn sich das Bodentief allmählich nach Ostnordost in
Bewegung setzt und auf seiner Rückseite eine markante Druckwelle erzeugt, sind
vor allem in Südbaden, am Bodensee und in Oberschwaben bis ins Allgäu an
Superzellen bzw. Multizellensystemen auch Bow-Signaturen denkbar. In dem Falle
besteht erhöhte (Hagel)downburstgefahr und auch Orkanböen (rear Inflow Jet bei
ausgeprägtem cold Pool) sind nicht ausgeschlossen, vor allem, wenn die Zellen
auf eine etwas trockenere Grundschicht treffen.
Mit der sich verstärkenden Hebung könnte sich in den Abendstunden bzw. in der
Nacht zum Dienstag aus mehreren Multizellensystemen ein MCS entwickeln, das sich
allmählich nordnordostwärts in die mittleren Landesteile verlagert. SuperHD,
aber auch ICON-D2 (von 03 UTC) haben entsprechende Signale auf der Agenda. Dann
steht natürlich mehr und mehr der Starkregen im Fokus, in der Nacht zum Dienstag
auch mehrstündig.
Gewitter kann es im Westen natürlich auch zwischen den Schwerpunktsregionen
geben, ebenfalls mit teils unwetterartigen Begleiterscheinungen. Diese bleiben
aber wohl eher isoliert und im äußersten Westen (Saarland, westliches
Rheinland-Pfalz) deutet sich sogar schon eine gewisse Stabilisierung an.
Im übrigen Land verläuft der Tag wettertechnisch noch ruhig. In den östlichen
und ostbayerischen Mittelgebirgen sind zwar einzelne Gewitter nicht
ausgeschlossen, sonst bleibt es aber meist trocken und vor allem im Nordosten
bzw. Südosten überwiegend sonnig. Die Erwärmung macht weitere Fortschritte, mit
Temperaturen in 850 hPa zwischen 13 Grad im Westen/Nordwesten und 20 Grad im
Südosten erreicht die kurze „Hitzewelle“ am Nachmittag/Abend ihren Höhepunkt und
es werden Höchstwerte zwischen 27 und 33 Grad erreicht, die höchsten Werte wohl
in Südostbayern bzw. in der Lausitz und an der Saale. Etwas kühler bleibt es bei
dichterer Bewölkung wohl im äußersten Westen sowie an auflandigen
Küstenabschnitten der Nord- und Ostsee.

In der Nacht zum Dienstag weitet sich das über der Bretagne quasistationäre
Höhentief etwas nach Osten aus, wodurch der vorgelagerte Rücken in etwa zum
deutsch-polnischen Grenzgebiet abgedrängt wird. Die südsüdwestliche
Höhenströmung über dem Vorhersagegebiet bleibt zyklonal konturiert und verstärkt
sich noch etwas, wobei ein wohl durch das MCS getriggerter flacher kurzwelliger
Troganteil (eine Art Schwerewelle) sich in die mittleren Landesteile verlagert
und ein weiterer morgens den südlichen bzw. westlichen Alpenraum erreicht. Das
MCS dürfte im Laufe der Nacht die mittleren Landesteile erreichen und „schiebt“
die Tiefdruckrinne vor sich her, die sich morgens über die Norddeutsche
Tiefebene zunächst ostwärts, dann aber südwärts bis nach Ostsachsen erstreckt.
Vor allem eingangs der Nacht gibt es neben Starkregen im vorderen Bereich des
MCS auch noch viel Hagel und Sturm, im Laufe der Nacht ist dieser aber zunehmend
von der Grenzschicht entkoppelt, so dass diese Parameter dann eine eher
untergeordnete Rolle spielen. Der Starkregen kann aber über eine oder mehrere
Stunden hinweg weiterhin unwetterartig ausfallen, teilweise auch extrem. Welche
Regionen im Detail betroffen sind, lässt sich soweit im Vorfeld naturgemäß kaum
abschätzen. Gefährdet sind wohl vor allem neben Baden-Württemberg auch Unter-
und Mittelfranken, Hessen, der Osten NRW`s und Thüringen.
Weitere Gewitter kann es auch im Westen und im Südwesten geben, die meist
markanten Kriterien (Starkregen) genügen, während die Gewitter knapp südlich der
inzwischen abgezogenen Warmfront über Nord- bzw. Nordwestdeutschland sich wohl
auflösen dürften, bevor sie die Nordsee bzw. Schleswig-Holstein erreichen.
Im Nordosten, Osten und wohl auch im Südosten Bayerns bleibt es weitgehend
trocken. Mit Tiefstwerten zwischen 20 und 14 Grad fällt die Nacht erneut mild,
in einigen Metropolen, die nicht von Gewittern betroffen werden, auch warm aus.

Dienstag … kommt das Höhentief nach wie vor nur sehr zögerlich etwas nach
Osten voran und erreicht abends mit seinem Drehzentrum in etwa den Großraum
Paris. Dabei nehmen die Isohypsen eine eher elliptische Anordnung an, so dass
sich das Tief insgesamt weiter nach Osten ausweitet, was in Form eines recht
markanten Randtroges geschieht, der sich im Tagesverlauf über Ostfrankreich und
dem Westalpenraum formieren kann und abends auf den Südwesten Deutschlands
übergreift, während der weiter oben erwähnte vorlaufende kurzwellige flache
Randtrog unter Konturverlust allmählich nordwärts zieht und abends in etwa die
mittleren bzw. östlichen Landesteile erreicht.
Die genaue Entwicklung im Bodenfeld ist noch mit großen Unsicherheiten
verbunden, vor allem, was den Süden/Südwesten des Landes angeht. Grob lässt sich
erst einmal konstatieren, dass mit dem nach wie vor aktiven MCS die feuchtlabile
Luftmasse weiter nach Norden vorankommt und lediglich der äußerste Nordosten,
Norden und wohl auch der äußerste Nordwesten außen vorbleiben.
Das MCS selbst schwächt sich tagesgangbedingt erst einmal weiter ab und zerfällt
mehr und mehr, wobei auch am Vormittag regional Starkregen auftreten kann, auch
bereits begleitet von einzelnen Gewittern. Vor allem mittags und nachmittags
wird es aber – auch gestützt durch schwache dynamische Hebung durch den flachen
kurzwelligen Troganteil – wieder aktiver und es treten vor allem im Bereich der
dem (ehemaligen) MCS (das mehr oder weniger nur noch als cold Pool bzw. als
Regengebiet auszumachen ist) unmittelbar vorlaufenden Tiefdruckrinne, die sich
nachmittags und abends in etwa von der Lausitz bis nach NRW oder ins Emsland
erstreckt und nur langsam nach Norden vorankommt, wieder vermehrt kräftige
Gewitter auf. Die Luftmasse ist nach wie vor reich an spezifischer Feuchte (um
13 g/kg) und an niederschlagbaren Wassers (teils über 40 mm) und je nach
Einstrahlung können im Tagesverlauf auch 500 bis örtlich über 1000 J/kg ML-Cape
generiert werden. Die Scherung ist in dieser Region aber meist nur noch mäßig
ausgeprägt, so dass eher von langsam ziehenden Multizellensystemen auszugehen
ist, wobei Starkregen, aber auch größere Hagelansammlungen eindeutig im Fokus
stehen und rasch Unwetterkriterien genügen dürften. Extremer Starkregen ist
kleinräumig weiterhin nicht ausgeschlossen. Diese Gewitter kommen bis zum Abend
nur allmählich über der Norddeutschen Tiefebene und über der Osthälfte nach
Norden voran – wie weit genau, ist aber noch unsicher.
Gänzlich unklar ist dagegen noch, was im Süden und vor allem im Südwesten genau
passiert. Rückseitig des MCS findet aufgrund der kräftigen Niederschläge und der
Abkühlung der Grenzschicht im Süden und Westen erst einmal eine gewisse
Stabilisierung statt und es folgt auch ein flacher Bodenhochkeil. Genau dieser
gestaltet sich aber als das „Zünglein an der Waage“. Nach Lesart des ICON-EU und
auch des IFS von 00 UTC gelangt an der Nordostflanke des Keils von Westen her
auch am Nachmittag und Abend trockenere und nicht mehr ganz so warme Luft in den
Südwesten des Landes (T850 hPa zwischen 9 und 12 Grad,), die PPW-Werte gehen auf
etwa 25 mm zurück und auch mit etwas Einstrahlung können kaum mehr als 500 J/kg
ML-Cape generiert werden. Mit dem sich nähernden Randtrog kommt es dann am
Nachmittag und Abend von Südwesten her zu einzelnen Gewittern, die etwa von NRW
über Hessen bis in den Westen Bayerns aber meist nur noch markanten Kriterien
genügen dürften (punktuell aufgrund von Starkregen vielleicht noch Unwetter
nicht ausgeschlossen) und lediglich in Ost- und Südbayern – dort stehen noch
mehr Cape und höhere PPW-Werte zu Verfügung – etwas häufiger unwetterartig
ausfallen.
GFS lässt dagegen den markanten Randtrog etwas später über die Alpen auf
Südwestdeutschland übergreifen, so dass sich im Vorfeld durch dynamische Hebung
(PVA) und Überströmen der Alpen im Tagesverlauf mit diabatischer Unterstützung
erneut ein Leetief bzw. eine Tiefdruckrinne im Alpenvorland etablieren kann, die
nach Lesart der Konvektion erlaubenden Modelle SuperHD und EZ4 sogar bis ins
Schweizer Mittelland bzw. nach Südbaden reicht. Mit den auf Nord bis Ost
drehenden Bodenwinden kann sich dort im Bereich einer Feuchtflusskonvergenz
erneut hohe Labilität aufbauen, SuperHD simuliert gebietsweise sogar mehr als
2000 J/kg ML-Cape bei einem weiterhin hohen Gehalt an niederschlagbaren Wassers.
Diese überlappt zudem noch mit ähnlich guten, eventuell sogar noch etwas
besseren Scherungsbedingungen als am Vortag und würde dann auch ähnliche
Entwicklungen in Form von Superzellen mit Großhagel, extremen Starkregen sowie
Sturm- bis hin zu Orkanböen zulassen. Betroffen wären wohl in erster Linie
Baden-Württemberg und Bayern, vielleicht auch noch die Südpfalz und Südhessen.
Ansonsten ist vor allem in den mittleren Landesteilen das Unwetterpotenzial wohl
eher als gering einzustufen.
Vor allem im Nordosten kann im Vorfeld der Tiefdruckrinne bzw. der Gewitter noch
länger die Sonne scheinen, nach Lesart der konvektiven Modelle aber auch im
Süden und mit Höchstwerten um oder knapp über 30 Grad wird es dort dann am
wärmsten. Aber auch sonst bleibt es mit 23 bis 28 Grad sommerlich warm, nur
dort, wo sich längere Zeit dichtere Bewölkung hält, werden die 20 Grad
vielleicht nur grade so erreicht.

In der Nacht zum Mittwoch nimmt das Höhentief tatsächlich etwas an Fahrt auf und
erreicht Belgien. Der vorgelagerte Höhenrücken wird endgültig nach Polen
abgedrängt.
Im Bodenfeld kommt die Tiefdruckrinne nordwärts voran und erstreckt sich
Mittwochfrüh in einem Bogen über die südliche Ostsee und Schleswig-Holstein bis
ins nordwestliche/westliche Niedersachsen. Insgesamt könnte es drei Schwerpunkte
konvektiver Aktivität auch die Nacht über hinweg geben: Einerseits im
Norden/Nordosten, im Bereich der Rinne, andererseits wieder zunehmend im Westen,
mit Annäherung des Höhentiefs und dann mit dem dort nur langsam nach Norden
vorankommenden Randtrog im Süden bzw. Südosten. Wie das Ganze im Detail abläuft,
ist natürlich unklar, vor allem, was die Entwicklung im Südosten angeht, wo nach
Lesart der Konvektion erlaubenden Modelle vor allem über Bayern erneut ein MCS
simuliert wird. Der Fokus liegt nach wie vor auf den Starkregen, der ein- oder
auch mehrstündig gebietsweise unwetterartig ausfallen kann. Insgesamt nimmt die
konvektive Aktivität zwar im Laufe der Nacht etwas ab, wird den Warndiensten
aber wohl dennoch eine weitere arbeitsreiche Nacht bescheren
In den übrigen Regionen lockern die Wolken auch mal stärker auf, dann kann sich
Nebel bilden. In den Westen und Süden sickern rückseitig der Rinne insgesamt
etwas kühlere Luftmassen (T850 hPa zwischen 6 und 9 Grad), so dass man dort bei
Minima zwischen 15 und 11 Grad, bei Aufklaren in einigen Mittelgebirgstälern
darunter, mal wieder richtig durchlüften kann, im Norden und Osten bleibt es mit
19 bis 15 Grad noch sehr mild.

Mittwoch … geht die Höhentief-Eierei weiter, es wird jetzt nach Lesart des
ICON-EU über Belgien quasistationär. Ähnliches gilt auch für die Tiefdruckrinne
über Norddeutschland, die sogar wieder ein wenig nach Süden zurückgedrückt wird.
Somit könnten der Nordosten und äußerste Osten nochmals in den Einflussbereich
erhöhter Instabilität gelangen, momentan simulieren aber alle vorliegenden
Modelle auch dort kaum mehr als 500 J/kg Cape. Indifferent bis labil geschichtet
bleibt die jetzt mehr und mehr maritim geprägte Luftmasse (T850 hPa zwischen 6
Grad an der Westgrenze und 11 Grad an der Oder) aber aufgrund der Nähe zum
Höhentief nahezu überall und mit Einstrahlung können auch wieder mehrere 100
J/kg Cape generiert werden. Der Gehalt an niederschlagbaren Wasser geht aber
allgemein zurück (nur noch im Nordosten bis 35 mm, sonst meist zwischen 22 und
30 mm).
Im Groben simulieren alle vorliegenden Modelle zwar sehr ähnliche synoptische
Strukturen (Höhentief über Belgien bzw. Nordfrankreich, IFS mit weiterem
Höhentief über dem Skagerrak, Bodenrinne über Norddeutschland), im Detail
ergeben sich aber, was die Verteilung der konvektiven Niederschläge betrifft,
noch größere Unterschiede. Schwerpunkt ist natürlich einerseits der Westen,
wegen der Nähe zum Höhentief, dann aber auch der Nordosten bzw. Osten, im
Bereich der Luftmassengrenze, wo vor allem der 06 UTC-Lauf des GFS noch auch
großräumiger unwetterartige Mengen auf der Agenda hat. Aber auch im Südosten und
im Bereich der Rinne über Norddeutschland (vor allem IFS) haben die Modelle
flächendeckend Niederschläge auf der Agenda. Dabei besteht aufgrund langsam
ziehender, teilweise auch noch multizellulärer und sich immer wieder
regenerierender Systeme lokal eng begrenzt nach wie vor Unwetterpotenzial
aufgrund von Starkregen, wenn auch nicht mehr so verbreitet wie an den Vortagen.

Nur wenige Schauer und Gewitter gibt es wohl im Nordwesten sowie in der
„zentralen Mitte“ bis nach Ostbayern. Gebietsweise bleibt es dort auch komplett
trocken.
Das Temperaturniveau geht insgesamt natürlich zurück, am wärmsten wird es wohl
in der Osthälfte, wo es – je nach sonne – erneut für einen Sommertag reicht.
Sonst werden meist 19 bis 24 Grad erreicht.

Modellvergleich und -einschätzung

Anhand der Basisfelder lassen sich kaum Unterschiede zwischen den vorliegenden
Modellen ableiten.
Die Vorhersage wird aber trotzdem vor allem ab Dienstag deutlich unsicherer,
zumal die Entwicklung im Detail, insbesondere, was die Verteilung und Intensität
der konvektiven Aktivität angeht, von mesoskaligen Strukturen abhängt, die
selbst die Konvektion erlaubenden Modelle so weit im Voraus nur schwer erfassen
können. Dabei steht am Dienstag vor allem Süddeutschland im Fokus, wo nach
Lesart des GFS und der bisher vorliegenden Konvektion erlaubenden Modelle eine
durchaus böse Unwetterlage auf der Agenda stehen könnte, während das ICON-EU und
auch das IFS eine deutlich entspanntere Entwicklung zeigen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff