S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 26.06.2021 um 10.30 UTC

Unbeständig, Unwetterpotenzial aufgrund schwerer Gewitter noch am Dienstag und
Mittwoch (Schwerpunkt Norden und Osten). Zunächst warm, im Nordosten heiß, von
Südwesten vor allem ab Donnerstag vorübergehend etwas kühler.

Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 03.07.2021

Eines, eigentlich der wichtigste Aspekt dieser Mittelfristvorhersage, vorweg:
Freunde gepflegten mitteleuropäischen Sommerwetters können aufatmen. Die größte
Hitze ist in weiten Landesteilen bereits am Dienstag, im Norden und Osten dann
spätestens am Donnerstag wieder raus.
Die Wetterentwicklung während des gesamten Mittelfristzeitraumes ist geprägt von
einer umfangreichen und blockierenden, weite Teile des mittleren Nordatlantiks
und des Ostatlantiks überdeckenden Höhenantizyklone, die ihren Schwerpunkt im
Laufe der kommenden Woche allmählich Richtung Nordmeer/Norwegische See bzw.
Skandinavien verlagert und sich dann auch etwas nach Süden ausweitet.
Somit ist die großräumige Zirkulation über dem nordatlantisch-europäischen Raum
weiterhin gestört und der Wetterablauf im Detail über dem Vorhersagegebiet wird
bestimmt von sich nur langsam verlagernden, oft eher kleinräumigen und im Detail
nur schwer vorhersagbaren Höhentiefs bzw. -trögen.

Ein solches Höhentief befindet sich am Dienstag über der Bretagne und kommt bis
Mittwoch bzw. der Nacht zum Donnerstag auch nur minimal ostnordostwärts, bis
etwa zur Normandie bzw. zum mittleren Ärmelkanal voran. Es stützt durch
vorderseitige WLA zunächst noch einen Höhenkeil, der sich am Dienstag über
Mitteleuropa und die Nordsee nordwestwärts erstreckt und einen Höhenrücken über
dem zentralen Mittelmeerraum mit dem oben genannten Höhenhoch verbindet. Im
weiteren Verlauf wird dieser Keil zwischen Höhentief und einem, vom Nordmeer auf
Skandinavien übergreifenden Trog mehr und mehr in die Zange genommen und weicht
am Mittwoch bzw. der Nacht zum Donnerstag einer nur noch sehr flachen
Potenzialbrücke.
Im Bodenfeld gelangt am Dienstag von Südwesten her noch sehr warme bis heiße und
labil geschichtete Luft aus Südwesteuropa in weite Teile des Landes. Dabei gibt
es vor allem im Bereich einer flachen Tiefdruckrinne, die sich vom Nordwesten
bis in den Südosten Deutschlands erstreckt, nochmals kräftige, teils auch
unwetterartige Gewitter. In den Südwesten gelangt rückseitig der Rinne bereits
etwas stabiler geschichtete und nicht mehr ganz so heiße Luft (T850 hPa 9 bis 13
Grad), so dass dort die Unwettergefahr eher gering bleibt, der Nordosten
profitiert anfangs noch von trockenheißer Festlandluft (T850 hPa 13 bis 17
Grad).

Bis Mittwoch arbeitet sich die Tiefdruckrinne allmählich nordostwärts vor,
ersetzt auch im Norden und Osten Deutschlands die Festlandsluft durch
schwülheiße Luftmassen und es drohen dann vor allem dort unwetterartige
Gewitter.
Im Süden und Westen ist zunehmend nur noch mäßig warme bis warme Meeresluft
wetterbestimmend, es bleibt aber auch dort unbeständig mit Schauern und
Gewittern, die aber kein so großes Unwetterpotenzial mehr aufweisen.

Am Donnerstag erreicht unsere Höhenantizyklone bereits die Norwegische See. Der
Skandinavientrog wird nach Südosten abgedrängt und interagiert zunehmend mit dem
Höhentief, das dadurch endlich an Fahrt aufnimmt und bis Freitag, 00 UTC nach
Südwestdeutschland zieht. Das alles mündet schließlich in einem Höhentrog, der
sich vom Nordwesten Russlands über das Baltikum und Polen bis nach Mitteleuropa
bzw. zu unserem Höhentief erstreckt. Somit stellt sich eine Art
„High-over-Low“-Konstellation ein.
Dabei verbleibt das Vorhersagegebiet im Einflussbereich einer flachen, sich von
Südosteuropa bis nach Norddeutschland erstreckenden Tiefdruckrinne. Die heißeste
Luft wurde inzwischen abgedrängt, dennoch ist es im Nordosten nach wie vor etwas
wärmer als im Westen (T850 hPa zwischen 8 Grad am Niederrhein und 13 Grad in der
Lausitz). Dabei bleibt es generell unbeständig mit häufigen Schauern und
Gewittern und einer latenten Unwettergefahr vor allem aufgrund von Starkregen.
Der Nordosten „profitiert“ eventuell von der Nähe des sich allmählich
verstärkenden Hochs über dem Nordmeer und Skandinavien, so dass dorthin von
Nordosten her etwas trockenere Luftmassen gelangen. Ganz sicher ist das aber
nicht.

Am Freitag tropft der Trog über dem Alpenraum ab und zieht am Samstag über den
Balkan hinweg Richtung Südosteuropa. Das Höhenhoch arbeitet sich langsam nach
Südwestnorwegen vor und weitet sich am Samstag nach Süden, Richtung Mitteleuropa
aus. Das führt auch im Bodenfeld zu leichtem Druckanstieg, die flache
Tiefdruckrinne wird allmählich nach Süden abgedrängt, von Skandinavien her
können trockenere und etwas kühlere Luftmassen ins Vorhersagegebiet vordringen.
Am Freitag setzt sich diese wohl schon in der Nordosthälfte durch, ansonsten
bleibt es aber noch unbeständig mit Schauern und Gewittern (Unwetterpotenzial
aufgrund von Starkregen nach wie vor gegeben).
Am Samstag beschränken sich diese nach Lesart des aktuellen Laufes wohl nur noch
auf den äußersten Süden und Südwesten.
Vor allem am Freitag kühlt es im Vorhersagegebiet allgemein auf knapp unter 10
Grad in 850 hPa ab, am Samstag kann sich die Luftmasse bereits wieder erwärmen,
bei 10 bis 12 Grad in 850 hPa und auch längeren sonnigen Abschnitten erwartet
uns wohl ein angenehmes Temperaturniveau.

In der erweiterten Mittelfrist verlagern Höhen- und Bodenhoch ihren Schwerpunkt
mehr Richtung Fennoskandien. An dessen Südflanke gelangt von Osten her warme,
aber nicht heiße Festlandluft ins Vorhersagegebiet (meist um 12 Grad in 850
hPa), die allerdings auch leicht labil geschichtet ist. Bei sommerlichen
Temperaturen können sich somit im Tagesverlauf vor allem rund um die
Mittelgebirge einzelne Gewitter entwickeln, ansonsten scheint aber auch häufig
die Sonne. Rundum angenehmes Sommerwetter also, zumindest nach Lesart des
aktuellen IFS-Laufes.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Bis einschließlich Mittwoch ähnelt der aktuelle IFS-Lauf seinen beiden
Vorgängern. Danach gibt es Differenzen, vor allem, was die Interaktion des
Höhentiefs über Frankreich mit dem Trog über Skandinavien/Nordosteuropa angeht.
Die klare Trogstruktur im aktuellen Lauf (am Freitag, 00 UTC mit Höhentiefs über
dem Baltikum und Südwestdeutschland) ist in den beiden Vorläufen so nicht
auszumachen; beide belassen es zunächst eher bei getrennten Höhentiefs über
Westfrankreich/Süd-GB bzw. Osteuropa/Polen und nur einer flachen Potenzialrinne
über Mitteleuropa, während das Höhenhoch ähnlich simuliert wird.
Diese Differenzen haben aber relativ Einfluss auf die Wetterentwicklung im
Vorhersagegebiet. Nach Lesart beider Läufe dauert es lediglich etwas länger, bis
die feuchte, zu Schauern und Gewittern neigende Luftmasse nach Süden abgedrängt
wird, vor allem der gestrige 00 UTC-Lauf simulierte diese auch am Samstag noch
etwa bis zu einer Linie Wesermündung-Erzgebirge.
Am Temperaturniveau hat sich nur wenig geändert, es bleibt mäßig warm bis warm,
zum kommenden Wochenende hin sommerlich warm.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Auch im Vergleich zu anderen Globalmodellen gibt es Differenzen, was die
Interaktion Höhentief-Trog angeht. Bis einschließlich Mittwoch unterscheiden
sich die Modelle allerdings kaum, wobei ICON-EU die Gewitter nicht nach
Norddeutschland vordringen lässt. Nach GFS und IFS bleiben wohl lediglich die
Küstenregionen außen vor, wenn überhaupt, nach ICON-EU auch weite Teile der
Norddeutschen Tiefebene.
Am Donnerstag hat das ICON eine dem IFS ähnliche Konstellation auf der Agenda,
lässt den daraus resultierenden Höhentrog am Freitag aber deutlich schneller
nach Südosten vorankommen, das Höhenhoch befindet sich dann sogar mit seinem
Schwerpunkt über der Nordsee.
Somit bliebe es auch am Donnerstag in weiten Teilen Norddeutschlands trocken
(und nicht nur im äußersten Nordosten, wie nach IFS), am Freitag würden sich
Schauer und Gewitter nur noch auf den äußersten Südosten beschränken.
Nach Lesart des GFS bildet sich dagegen nur rudimentär eine Trogstruktur aus.
Die beiden Höhentiefs über Frankreich und dem Baltikum (am Donnerstag) bleiben
längere Zeit noch isoliert und vereinigen sich zu einem Dipol-Höhentief mit
einem dominanten Drehzentrum am Samstag, 00 UTC über Nordostdeutschland und
einem weiteren schwächeren über Nordwestitalien. Entsprechend bleibt es nach dem
Modell auch im Norden und Nordosten bis einschließlich Freitag (dann lediglich
im Nordwesten Tendenz zu Wetterbesserung) noch unbeständig und auch etwas
kühler.
Diese Tendenz setzt sich im aktuellen GFS-Lauf auch am Wochenende fort, wobei
sich das Höhentief regelrecht über Norddeutschland einnisten soll und das
fennoskandische Hoch sehr weit nördlich bleibt. Somit stünde ein unbeständiges
und nur mäßig warmes Wochenende ins Haus. ICON und auch GEM ähneln dagegen der
IFS-Variante, ICON ist am Ende mit einem markanten Höhenrücken über Mitteleuropa
und bis nach Osteuropa bzw. zum Nordatlantik (Island) reichenden Höhenkeilen
sogar noch stabiler aufgestellt als das IFS.

Das GFS scheint also eher eine Außenseiterlösung zu sein, aber auch diese
Variante liegt bei dieser unsicheren Höhentief-Eierei (Stichwort: Gestörte
Zirkulation) durchaus im Bereich des Möglichen.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Wie sortiert sich nun der aktuelle deterministische Lauf des IFS in das EPS ein?

Zu Beginn der Mittelfrist, im Zeitraum T+72 bis 96 Stunden, verteilen sich die
49 ENS-Member, der Haupt- und Kontrolllauf auf 3 Cluster (jeweils 21, 16 und 14
Member), die sich am ehesten noch bzgl. der genauen Position des Höhentiefs über
Frankreich bzw. des auf Skandinavien übergreifenden Troges unterscheiden. Für
das Vorhersagegebiet hat das – wenn überhaupt – nur Konsequenzen auf die genaue
Lage der Tiefdruckrinne bzw. auf das Vorankommen der Schauer und Gewitter nach
Nordosten im Detail.

Für den nächstfolgenden Zeitraum (T+120 bis 168 Stunden) ergeben sich zwei
Cluster (39 und 12 Member, Haupt- und Kontrolllauf in Cluster 1). Beide haben
das blockierende, vom Nordmeer bis nach Skandinavien reichende Höhenhoch auf der
Agenda, flankiert im Süden von der sich vorübergehenden
Potenzialrinne/Trogstruktur. Diese mündet nach Lesart des für den Cluster 1
repräsentativen Members (Nr. 6) sogar in einem flachen Höhentief über
Ostdeutschland am Samstag, 00 UTC, was der GFS-Variante ähnelt, während sich
über Südwest-/Westeuropa ein flacher Höhenkeil aufwölbt. Nach Lesart dieser
Variante würde es mit der Wetterberuhigung von Norden her etwas länger dauern
als vom Hauptlauf apostrophiert.
Cluster 2 ähnelt dagegen der ICON-Version mit einem umfangreichen und stabilen,
am Ende vom nördlichen Mitteleuropa bis ins Seegebiet zwischen Island und
Schottland reichenden Höhenrücken, flankiert von Trögen westsüdwestlich der
Britischen Inseln und über Nordosteuropa, tendiert also zu angenehm temperierten
Sommerwetter über Mitteleuropa.

Ein Blick auf die Rauchfahnen zeigt: Nach dem Höhepunkt der kurzen Hitzewelle am
Montag im Südwesten und am Dienstag im Nordosten geht es bis Donnerstag bzw.
Nacht zum Freitag erstmal wieder bergab mit den Temperaturen, aber nicht allzu
weit. Dabei wird der Spread der Kurvenschar der 850 hPa-Temperatur für einzelne
Gitterpunkte vor allem im Nordosten und Osten des Landes größer (Leipzig in etwa
zwischen 7 und 13 Grad), wobei sich Haupt- und Kontrolllauf dort eher im unteren
Bereich bewegen. In den Rauchfahnen für West- und Süddeutschland bleibt der
Spread generell etwas kleiner und bereits am Mittwoch pendelt sich die 850
hPa-Temperatur in einem Bereich zwischen 8 und 12 Grad, mit wenigen Ausreißern,
vor allem nach oben, ein. Zum Wochenende gibt es dann generell vermehrt
Ausreißer nach oben, das Temperaturniveau steigt auch insgesamt allmählich
wieder an. Die zu Wochenmitte doch recht üppigen Niederschlagssignale nehmen
wieder ab, Haupt- und Kontrolllauf bewegen sich aber auch am Wochenende eher im
unteren Bereich der Rauchfahnen.

In der erweiterten Mittelfrist (T+192 bis 240 Stunden) tendieren dann zwei
Cluster (jeweils 24 und 17 Member, Haupt- und Kontrolllauf in Cluster 1) zu
einem Fortsetzen der Blockadelage, entweder über Nordwesteuropa (Cluster 2) oder
über Fennoskandien Cluster 1). Flankierende Höhentiefs würden nach Cluster 1 vor
allem den Westen und Süden mit schwülwarmer Gewitterluft betreffen (während es
im Nordosten trocken warm bis -heiß wird), nach Cluster 2 dagegen weite Teile
des Landes, dann auch auf einem etwas niedrigeren Temperaturniveau.
Ein dritter Cluster (10 Member) markiert dagegen den Übergang zu einer
Südwestlage – mal zyklonal, mal antizyklonal konturiert (Trog allmählich vom
mittleren Nordatlantik nach Nordwesteuropa ziehend, vorlaufend über Mitteleuropa
nordostwärts schwenkenden Randtröge, zum Ende hin Aufbau eines vom westlichen
Mittelmeer nach Osteuropa reichenden Höhenrückens).

Fazit:
Schwülwarm und gewittrig, durchaus mit Unwetterpotenzial, bis Mittwoch oder
Donnerstag. Danach zögernde Wetterberuhigung und vorübergehend etwas kühler, vor
allem zum Wochenende aber wieder sommerlich warm (nicht heiß) und einigermaßen
stabil.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Die signifikanten Wettererscheinungen beschränken sich im Mittelfristzeitraum –
wie so häufig zu dieser Jahreszeit – auf konvektive Ereignisse. Von Dienstag bis
Donnerstag, im Süden, vielleicht auch in der Mitte und im Osten, auch noch am
Freitag, gibt es kräftige Gewitter, lokal eng begrenzt mit Starkregen, Hagel und
Sturmböen. Vor allem aufgrund von Starkregen besteht Unwetterpotenzial, das im
Laufe der Woche allerdings abnimmt. Am Dienstag springt EFI Überlappung
Cape/Shear vor allem im Nordwesten an, was nochmals (wie bereits am Montag im
Westen/Südwesten) auf ein erhöhtes Risiko dynamischer Gewitter (Superzellen),
neben Starkregen begleitet von größerem Hagel und schweren Sturmböen, hindeutet.

Ab Mittwoch nehmen aber auch die Cape-Signale im EFI ab, lokal eng begrenzt kann
aber Unwetter-Starkregen (vor allem nachts auch mal mehrstündig und ohne
Gewitter) nicht ausgeschlossen werden.
Am Freitag und vor allem am Wochenende nimmt die Gewittertätigkeit dann aber
mehr oder weniger deutlich ab, einzelne Gewitter, vor allem im Bergland, sind
aber nach wie vor möglich.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, MOSMIX

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Winninghoff