SXEU31 DWAV 251800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 25.06.2021 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
Am Samstag nur vereinzelt Gewitter (Nordwesten, östliche Mittelgebirge, Alpen).
Am Sonntag im äußersten Westen und Südwesten wieder zunehmende Gewittergefahr
mit Unwetterpotential.

Synoptische Entwicklung bis Montag 12 UTC

Aktuell … befindet sich Deutschland unter einem Langwellentrog in 500 hPa.
Dieser weist ein markantes Höhentief über der Irischen See auf, welches in der
Nacht nach Südwesten in die Keltische See zieht. Im Gegensatz zu diesem
dynamischen Gebilde zeigt sich das Geopotentialfeld über Deutschland
schwachgradientig, die aktuell von der Mitte unseres Landes zur Adria weisende
Trogachse zieht bis in die Frühstunden nach Osten ab. Dabei kann der Trog
anfangs noch etwas Hebung generieren, die vor allem über dem Osten und Südosten
auf fruchtbaren „Boden“ fällt. Dort liegt nach ICON-EU die feuchteste Luft
(PPW-Werte um 25 mm, in der Spitze lokal bis 30 mm), die Schichtung ist,
zumindest bezogen auf die Lapse-Rates, am Labilsten (unter -0,6 K/100m) und auch
am heutigen Abend generieren die Modelle dort noch etwas CAPE_ML (um 200 J/kg,
in der Spitze lokal knapp über 300 J/kg). Die angesprochenen Werte decken sich
dabei weitgehend mit denen z.B. von GFS. Die CAPE-Fläche präsentiert sich in den
Soundings als schmaler Schlauch bis etwa 300 hPa (skinny CAPE), was eventuellen,
auch schwach ausgeprägten Sperrschichten eine gute Möglichkeit einräumt, die
Hebung zu unterbinden (was über dem Südosten und Osten regional bei etwa 500 und
700 hPa auch der Fall ist. Dies begünstigt, ebenso wie ein sehr flacher Rücken
in 500 hPa, der sich in der Nacht von Süden her zwischen dem britischen
Höhentief und dem abziehenden Langwellentrog heranpirscht, in der Nacht ein
rasches Zusammenfallen der Schauer und Gewitter. Das Absinken im Bereich des
Rückens induziert ein schwaches 1020er Hoch (AFRA) über dem Alpenvorland.
Abgesehen vom Nordwesten, wo sich in der Nacht dichtere Wolken halten, sorgt die
indifferente bis leicht antizyklonale Höhenströmung meist für wechselnde oder
geringe Bewölkung. Die Temperaturen sinken auf 13 bis 7 Grad – mit den tiefsten
Werten bei längerem Aufklaren in ungünstigen Mittelgebirgslagen. Auf den Inseln
dagegen um 15 Grad, und gebietsweise muss mit Nebel gerechnet werden.

Samstag … verlagert sich das Höhentief von der Keltischen See zögerlich weiter
nach Süden. Die Achse des Langwellentroges über Osteuropa macht etwas Boden nach
Nordosten gut. Über Mitteleuropa bleibt somit schwach- antizyklonaler Einfluss
bestehen, wobei sich der 500-hPa-Rücken noch etwas intensivieren kann. Das
Bodenhoch schwächt sich aber durch diabatische Prozesse (Aufheizung der
bodennahen Schichten) ab. Die Tatsache, dass die antizyklonale Höhenströmung in
300 hPa von schwachen Keil-Trog-Strukturen überlaufen wird, sorgt aber auch
nicht für nennenswerte Hebung. Mithin sind konvektive Umlagerungen, abgesehen
vielleicht von den östlichen Mittelgebirgen und vom Alpenrand sowie von Teilen
des Nordwestens, wo das Höhentief seine Finger mit im Spiel hat und feuchte Luft
einsteuert, nicht zu erwarten. Die skizzierten Niederschlagsverteilungen liefern
neben ICON auch EZMW und GFS, wobei letztgenannte die Schauer von den östlichen
Mittelgebirgen auch in die zentralen und südwestlichen ausgreifen lassen. Zwar
hat kein grundsätzlicher Luftmassenwechsel stattgefunden (was bei dem schwachen
Gradienten nicht verwunderlich ist), aber der antizyklonale Einfluss sorgt für
deutlich längere sonnige Abschnitte (oder zumindest für größere Auflockerungen),
als dies heute noch der Fall gewesen ist. Hierdurch sollte ein Temperaturanstieg
auf Maxima zwischen 23 und 27 Grad erfolgen, an der Küste bleibt das
Temperaturniveau etwas gedämpfter.

In der Nacht zum Sonntag verlagert sich das westeuropäische Höhentief, das mit
dem Kern des korrespondierenden Bodentiefs eine senkrechte Achse bildet, in die
Biskaya. Dies führt über Westeuropa zu WLA in 500 hPa und damit auch zu einem
weiteren Aufwölben des flachen Rückens (der dann gar nicht mehr so flach ist),
der Prozess lässt aber auch im Südwesten und Westen Deutschlands ausgangs der
Nacht die bodennahe Strömung auf Südwest drehen, wodurch auch dort wärmere Luft
advehiert wird. In den südwestlichen und westlichen Landesteilen beginnt daher
der Luftdruck zu fallen. Antizyklonaler Einfluss hält sich noch im Osten, Süden
und Norden, was dort die Konvektion ab dem Abend rasch in sich zusammenfallen
lässt. Erneut können sich flache Nebelfelder bilden, die Temperaturen sinken auf
16 bis 8 Grad.

Sonntag … und in der Nacht zum Montag dreht sich das westeuropäische Höhentief
über der Biskaya ein. Dabei kommt es kaum mehr nach Osten voran und liegt am
Montagmorgen vor der Loiremündung. Auf seiner WLA-geprägten Ostflanke weitet
sich der mitteleuropäische Keil etwas auf, vor allem vergrößert sich seine
Amplitude, so dass die 576er Isohypse von Sonntagfrüh bis Montagfrüh vom
Hochrhein bis in den Raum Hannover vorankommt. Dies konserviert den
höhengetriggerten antizyklonalen Einfluss über Deutschland, was aber nicht
bedeutet, dass nicht im Westen, vorderseitig des Höhentiefs, der Druck leicht
fällt. Zwar steilt die südwestliche Strömung über dem Westen und Südwesten
Deutschlands noch etwas auf, wodurch sich die Zufuhr von Subtropikluft aus dem
westlichen Mittelmeerraum eher noch verstärkt (die 850er Temperaturen steigen in
24 Stunden von 15 auf 18 Grad). Dabei hat es die im Südwesten und im Westen
einfließende Luftmasse in sich. Der Gehalt an niederschlagbarem Wasser steigt
auf 30 bis 38 mm, CAPE_ML bis über 1500 J/kg. Zudem kommt ganz im Westen etwas
Scherung in Gang und vom Schwarzwald bis zu den Alpen präsentiert sich die
Schichtung hochgradig labil (Lapse-Rates unter -0,7 K/100m; alle Werte aus
ICON-EU). Sollte über den Mittelgebirgen westlich des Rheins und im Schwarzwald,
mit geringerer Wahrscheinlichkeit und unterstützt von der Orografie auch vom
Schwarzwald bis zu den Alpen, hochreichende Konvektion in Gang kommen, ist diese
rasch unwetterträchtig. Neben heftigem Starkregen und Sturmböen besteht auch die
Gefahr größeren Hagels. Der weitaus größte Teil Deutschlands sollte von
derartigen Entwicklungen noch verschont bleiben. Großräumiges Absinken auf der
Vorderseite des Keils sorgt für längere sonnige Abschnitte im Norden, Osten,
Südosten und auch großen Teilen der Mitte und des Südens. Das hat auch einen
weiteren leichten Temperaturanstieg auf 25 bis 31 Grad zur Folge, an der See und
im höheren Bergland auf Werte um 22 Grad. In der Nacht sollte die mögliche
Konvektion alsbald in sich zusammenfallen, so dass sich eine weitgehend ruhige
Nacht mit ein paar flachen Nebelfeldern abzeichnet. Die Tiefstwerte werden dann
meist zwischen 19 und 12 Grad erwartet.

Montag … wölbt sich über Mitteleuropa anfangs weiterhin der Höhenkeil vom
Alpenraum bis hin zur Nordsee auf, seine Achse wandert aber allmählich nach
Osten und erreicht ausgangs der Nacht Oder und Neiße. Der Keil wird weiterhin
nach Osten hin durch den Langwellentrog, im Westen jedoch durch das weiterhin
kräftig ausgeprägte Höhentief flankiert, das nunmehr aber die Biskaya verlässt
und etwas die Loire hinaufzieht. Es lenkt an seiner Vorderseite nochmals wärmere
(T850 bis 20 Grad), feuchtere und labil geschichtete Luft heran, die sich von
Südwesten her bis in die mittleren Gebiete durchsetzt. Im Norden und Osten
bleibt es dagegen noch weitegehend trocken. Mit dieser wärmeren Luftmasse ist
ein Temperaturanstieg auf Werte in den Maxima von etwas mehr als 30 Grad
verbunden, und im Tagesverlauf kann es vom Hochrhein bis zum Emsland zu teils
unwetterartigen Gewittern kommen.

Modellvergleich und -einschätzung

Die Modelle simulieren die Abläufe der kommenden Tage sehr ähnlich. Einige
Unterschiede wurden im Text angesprochen. Abgesehen von der angesprochenen
unterschiedlichen räumlichen Verteilung der Niederschläge am Samstag und Sonntag
(die als potentielle Gewitter natürlich Warnrelevanz besitzen) sind die
Modellunterschiede nicht warnrelevant.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Martin Jonas