S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Montag, den 21.06.2021 um 10.30 UTC

Am Donnerstag in der Südosthälfte nochmals labil und gewittrig. Danach – vor
allem am Wochenende – nach Lesart des IFS unbeständig und kühl.

Synoptische Entwicklung bis zum Montag, den 28.06.2021

Eines lässt sich bereits vorweg konstatieren: Nach Durchsicht aller Modelle ist
eine erneute Hitzewelle über den erweiterten Mittelfristzeitraum erst einmal
nicht in Sicht. Insgesamt tendiert die Modellwelt zu einer Hochdruckrandlage
(hoher Druck über West-/Nordwesteuropa, tiefer Druck über Skandinavien), im
Detail ergeben sich aber speziell für das Wochenende doch größere Unterschiede,
wobei der aktuelle deterministische Lauf des IFS – zusammen mit dem kanadischen
GEM-Modell – eine sehr kalte Außenseiterlösung auf der Agenda hat.

Zur Entwicklung im Einzelnen:
Am Donnerstag befindet sich Deutschland im Einflussbereich bzw. noch unmittelbar
vorderseitig eines breit angelegten, aber nur noch flachen Höhentroges, der sich
von Südfrankreich über Benelux bzw. Westdeutschland und die Nordsee bis nach
Skandinavien erstreckt. Dabei reicht im Bodenfeld eine Tiefdruckrinne über dem
Südosten und Süden Deutschlands hinweg westwärts, während sich der Nordwesten
und Norden des Landes im Einflussbereich eines Hochkeils befinden. Dort bleibt
es trocken und recht freundlich. Von der Mitte an südwärts fällt gebietsweise
schauerartiger Regen, vor allem im Südosten kann es im Einflussbereich
potenziell instabiler Luftmassen auch noch kräftigere Gewitter geben.
Mit einem markanten Kaltluftvorstoß Richtung Nordmeer und Norwegischer See wird
der Höhentrog am Freitag über Skandinavien regeneriert und kommt auch über
Mitteleuropa allmählich nach Osten voran. In der Nacht zum Samstag tropft er
über dem Skagerrak ab.
Mit Durchzug einer Kaltfront wird die labile und warme Luftmasse über dem Süden
und Südosten Deutschlands bis zur Nacht zum Samstag allmählich nach Südosten
abgedrängt, dabei kann es dort nochmals kräftigere Schauer und Gewitter geben.
Ansonsten stellt sich am Rande eines kräftigen Hochdruckgebietes, das durch
einen vom mittleren Nordatlantik bis ins Seegebiet nördlich von Schottland
reichenden Höhenrücken gestützt wird und weite Teile West- und Nordwesteuropas
überdeckt, eine nordwestliche Bodenströmung ein, mit der mäßig warme Luftmassen
(T850 hPa um 8 Grad) nach Mitteleuropa advehiert werden.
Am Samstag setzt sich nach Lesart des aktuellen IFS-Laufes – dies sei an dieser
Stelle betont – das Cut-Off-Tief Richtung Süden in Bewegung und zieht bis
Sonntagfrüh nach Westdeutschland.
Im Bodenfeld verbleibt das Vorhersagegebiet am Rande der über die Britischen
Inseln bis nach Benelux und Frankreich reichenden Hochdruckzone in einer
nordnordwestlichen Grundströmung, so dass das Höhentief eher einem
Kaltlufttropfen entspricht. Mit diesem gelangen von Norden her für die
Jahreszeit sehr kühle Luftmassen nach Deutschland. Bis Sonntagfrüh sinken die
Temperaturen in 850 hPa auf Werte zwischen 8 Grad in Südostbayern und 0 Grad
(!!) im westlichen bzw. zentralen Mittelgebirgsraum. Dazu gibt es von Nordwesten
her Schauer, gebietsweise fällt auch schauerartiger Regen, die Mengen bleiben
aber überschaubar.
Am Sonntag und in der Nacht zum Montag zieht der KLT über die Westschweiz zu den
französischen Seealpen, gefolgt von einem vom umfangreichen Höhenrücken über dem
nahen Ostatlantik ausgehenden Höhenkeil, der über die Nordsee nach
Nordwestdeutschland schwenkt. Derweil wird das Trogresiduum über Skandinavien
durch einen markanten Kaltluftvorstoß erneut regeneriert.
Mit Abzug des KLT bleibt es am Sonntag in der Südhälfte und anfangs auch im
Westen noch länger unbeständig und sehr kühl, während ansonsten von Norden her
ein Hochkeil folgt und für etwas Wetterberuhigung sorgt.
Zu Beginn kommender Woche und eigentlich auch bis in die erweiterte Mittelfrist
weitet sich der Höhentrog über Skandinavien dann allmählich nach Süden, auch bis
ins östliche Mitteleuropa aus. Dem gegenüber steht ein umfangreicher und
kräftiger Höhenrücken über dem nahen Ostatlantik, dessen Achse sich nur zögernd
den Britischen Inseln annähert. Er stützt nach wie vor ein kräftiges Bodenhoch
mit Schwerpunkt nordwestlich von Irland, von dem ausgehend ein Hochkeil auch bis
nach Frankreich bzw. West- und Südwestdeutschland reicht. Dem gegenüber steht
tiefer Luftdruck über Skandinavien bzw. im weiteren Verlauf über
Nordwestrussland, so dass mit einer nordwestlichen Grundströmung eher kühlere
bis mäßig warme Luftmassen zu uns gelangen. Mit dieser klassischen
Hochdruckrandlage sind zwar kaum mehr nennenswerte Niederschläge zu erwarten,
dennoch bleibt es grade im Norden und Osten gebietsweise auch mal längere Zeit
stärker bewölkt, während im Westen und Südwesten die Sonne tendenziell häufiger
scheint. Die Temperatur macht auch keine größeren Sprünge nach oben (T850 hPa
meist 5 bis 10 Grad).

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Während dem aktuellen Lauf zunächst noch eine gute Konsistenz zu seinen beiden
Vorgängern bescheinigt werden kann, werden die Differenzen zwischen den
einzelnen Läufen ab Samstag dann deutlich größer. Diese resultieren aus
unterschiedlich simulierten Cut-Off-Prozessen. Ein erster findet bereits am
Do/Fr weit westlich von uns, über GB, statt. Während der aktuelle IFS-Lauf das
Höhentief dann rasch ins Seegebiet westlich von Irland und der gestrige 12
UTC-Lauf zur Irischen See verlagern lassen, hat der gestrige 00 UTC-Lauf den
Abtropfprozess später und deutlich weiter östlich, nämlich über Südwestnorwegen
auf der Agenda. Somit ähnelt diese Variante dann ab Samstag dem 00 UTC-Lauf, der
dann bereits nicht weit entfernt einen weiteren Cut-Off-Prozess zeigt. Beide
lassen das Höhentief bzw. den KLT am Sonntag und in der Nacht zum Montag
südwärts ziehen, der gestrige 00 UTC-Lauf allerdings auf etwas westlicherer
Zugbahn, so dass er nicht ganz so niedrige Temperaturen wie der aktuelle auf der
Agenda hatte. Nach Lesart des gestrigen 12 UTC-Laufes fand dieser
Cut-Off-Prozess gar nicht statt, sondern der sich über Skandinavien verstärkende
Trog zog zum Baltikum. Daraus resultierte eine vor allem für West- und
Süddeutschland zunehmend antizyklonal konturierte Nordwestlage, mit der nicht
ganz so kühle Luftmassen ins Vorhersagegebiet advehiert wurden.
Zu Beginn kommender Woche ließ der gestrige 00 UTC-Lauf das Höhentief über
Norditalien in den östlichen Alpenraum ziehen und simulierte eine
Bodentiefentwicklung über dem östlichen Mitteleuropa mit teils ergiebigen
Niederschlägen über Süd- und Ostdeutschland. Der gestrige 12 UTC-Lauf ähnelte
dagegen mit der Hochdruckrandlage dem aktuellen Lauf.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Am Donnerstag stützen alle vorliegenden Modelle die vom IFS simulierte
Entwicklung mehr oder weniger.
Danach werden die Differenzen aber deutlich größer, wobei die Modelle offenbar
Probleme mit simulierten Abtropfprozessen haben. Bereits am Donnerstag haben
noch alle Modelle einen solchen nordwestlich der Britischen Inseln auf der
Agenda. Während sich aber nach Lesart des aktuellen IFS-Laufes – ähnlich wie im
GEM – das auf die Norwegische See übergreifende Trogresiduum am Freitag erneut
regenerieren kann und in weiterer Folge erneut in etwa über Südwestnorwegen bzw.
dem Skagerrak abtropft, simulieren GFS und ICON einen weiterhin flachen
Höhentrog, der sich über Skandinavien allmählich ostwärts verlagert, gefolgt von
einem Höhenrücken, der nach Lesart des GFS am Sonntag/Montag auf Mitteleuropa
übergreift und ein Bodenhoch über dem Vorhersagegebiet stützt, nach Lesart des
ICON aber rasch südostwärts schwenkt und einem weiteren flachen Höhentrog
weicht, der bis zur Nacht zum Montag von der Nordsee her auf das
Vorhersagegebiet übergreift.
Zu Beginn kommender Woche lässt das GFS dann den Höhenrücken über Mitteleuropa
nur langsam ostwärts schwenken, so dass von Süden her wieder sommerlich warme
Luftmassen ins Vorhersagegebiet vordringen können, wobei mit Annäherung eines
Höhentiefs über dem Süden der Britischen Inseln bzw. Nordwestfrankreich vor
allem im Westen und Süden die Neigung zu Schauern und Gewittern wieder rasch
zunimmt. GEM schwenkt dann ebenfalls eher in Richtung GFS-Variante. Somit stellt
das IFS bei Betrachtung alleine der deterministischen Läufe mit seiner eher
kühleren oder nur mäßig warmen Hochdruckrandlage eine Außenseiterlösung dar.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die beiden Cluster im Zeitraum T+72 bis 96 Stunden unterscheiden sich für
Mitteleuropa nur marginal und zeigen beide den vom Hauptlauf simulierten
flachen, von Frankreich bis nach Skandinavien reichenden Höhentrog, eingezwängt
zwischen zwei umfangreichen Höhenrücken – einerseits zum mittleren Nordatlantik
hin gerichtet, andererseits über Osteuropa (Typ: Blocking).
Interessanter gestaltet sich dann die Entwicklung im nächstfolgenden Zeitraum
(T+120 bis 168 Stunden). Dann verteilen sich die Ensembleläufe, Haupt- und
Kontrolllauf auf 5 Cluster (jeweils 17, 13, 8, 7 und 6 Member). Die
blockierenden Rücken über dem Atlantik bzw. Osteuropa bleiben im Wesentlichen
erhalten, wobei vor allem im Cluster 3 und 5 das Atlantik-Blocking dominant wird
und sich auf dessen Vorderseite eine Troglage über Nord- und Mitteleuropa
einstellt. Nach Lesart des Clusters 1 baut sich dagegen nach Durchschwenken
eines Troges am Samstag/Sonntag zu Wochenbeginn ein kräftiger Rücken über
Mitteleuropa auf, während Cluster 2 und 4 zumindest eine Potenzialbrücke auf der
Agenda haben, nach Cluster 2 flankiert von einem Höhentief über Frankreich, was
eher der Lösung vom GFS bzw. GEM ähnelt. Haupt und Kontrolllauf sind dem Cluster
1 zugeordnet, wobei das Bodenhoch im Hauptlauf über Mitteleuropa eher schwach
aufgestellt ist und dieser eher eine Hochdruckrandlage zeigt. Auffällig ist,
dass in keinem Cluster auch nur ansatzweise der vom deterministischen Lauf
simulierte Cut-Off-Prozess angedeutet wird.
Der Blick auf die Rauchfahnen bringt hier mehr Aufschluss: Bzgl. der 850
hPa-Temperatur stellen sowohl der Haupt- als auch der ebenfalls dem ersten
Cluster zugeteilte Kontrolllauf ziemliche Ausreißer nach unten dar, dem nur ganz
wenige Einzelmember folgen, für einige Gitterpunkte (Essen, Stuttgart) zeigt der
Hauptlauf die kälteste Lösung von allem Membern. Die meisten Member bündeln sich
am Wochenende in einem Temperaturbereich zwischen 7 und 11 Grad, zudem gibt es
insgesamt wenig Niederschlagssignale.
Ausgeschlossen ist natürlich nicht, dass der Hauptlauf eine Art „Trendsetter“
darstellt, dem vielleicht am Ende auch die anderen Modelle folgen, zumal der
Kontrolllauf in eine ähnliche Kerbe schlägt. Tendenziell scheint es aber doch
eher auf die Hochdruckrandlage mit nur wenigen Niederschlägen und einem
gemäßigten Temperaturniveau hinauszulaufen.
Unklar auch die Entwicklung zu Beginn kommender Woche. Einige Member und nur ein
Cluster stützen die vom GFS und GEM gezeigte Entwicklung zu Beginn kommender
Woche mit dem Vorstoß wieder wärmerer Luftmassen nach Deutschland auf der
Vorderseite eines Höhentiefs. Im Zeitraum T+192 bis 240 Stunden ist das der mit
immerhin 15 Membern bestückte Cluster 3, wobei sich dann zu Wochenmitte nach
Lesart des Clusters ein zu den Britischen Inseln bzw. zur Nordsee gerichteter
Trogvorstoß andeutet.
Cluster 1 (21 Member) und Cluster 2 (15 Member) belassen es dagegen bei einer
Hochdruckrandlage. In den Rauchfahnen zeigen die 850 hPa-Temperaturen bei einem
breiter werdenden Spread insgesamt eher etwas steigende Tendenz.

Fazit:
Bzgl. der Wetterentwicklung ab dem kommenden Wochenende bestehen noch größere
Unsicherheiten. Die sehr kühle Höhentief- bzw. KLT-Variante stellt sicherlich
momentan noch eine Einzellösung dar, wird aber immerhin von Haupt- und
Kontrolllauf gestützt. Die meisten Member zeigen eine Hochdruckrandlage auf
einem gemäßigten Temperaturniveau und nur wenigen Niederschlägen. Ob diese dann
zu Beginn kommender Woche andauert oder ob es von Südwesten her wieder
sommerlich warm, dann aber auch unbeständiger wird, muss noch abgewartet werden.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Am Donnerstag und auch am Freitag befindet sich der Süden und Südosten,
teilweise auch noch Osten Deutschlands im Einflussbereich warmer und potenziell
instabiler Luftmassen mit häufigen Schauern und Gewittern, die sich auch noch
bis in die mittleren Landesteile ausweiten können. Vor allem für den
Donnerstag/Nacht zum Freitag gibt es seitens der Probabilistik, wenn auch
schwache, Signale auch für mehrstündigen Starkregen, EFI springt über
Süddeutschland ebenfalls an. Bzgl. Starkregens sind ganz im Südosten auch
unwetterartige Entwicklungen nicht ganz ausgeschlossen, wenngleich wenig
wahrscheinlich.
Danach sind bis einschließlich des Wochenendes voraussichtlich keine
signifikanten Wetterereignisse zu erwarten.
Ob zu Beginn kommender Woche die Neigung zu kräftigeren Gewittern im Westen und
Süden Deutschlands wieder zunimmt, wie vom GFS und GEM simuliert, ist noch
unsicher. IFS ist von einem solchen Szenario weit entfernt.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS-EPS, MOSMIX; IFS-Hauptlauf eher Außenseiterlösung

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Winninghoff