S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 18.06.2021 um 10.30 UTC

Zunächst Zufuhr labil geschichteter Subtropikluft mit Unwettergefahr durch
schwere Gewitter. Entspannung ab Donnerstag im Westen, sonst wahrscheinlich erst
am Freitag.

Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 25.06.2021

Am Montag und Dienstag liegt Deutschland unter der Vorderseite eines Troges, der
vom Raum Island über Westeuropa hinweg bis zur Iberischen Halbinsel reicht.
Dieser Trog wird durch einen Rücken über Osteuropa blockiert. Somit gelangt in
das Vorhersagegebiet aus dem westlichen Mittelmeerraum feuchtlabile
Subtropikluft. Da aber dieser Trog sich allmählich nach Osten vorarbeitet, wird
die labilste Luft, die anfangs noch, abgesehen vom Nordwesten und Westen, über
weiten Teilen Deutschlands zu finden ist, allmählich nach Osten gedrückt und
hält sich dann von der Ostsee bis zu den Alpen. Im Bereich dieser Luftmasse ist
wie an den Tagen zuvor mit Gewittern bis in den Unwetterbereich hinein zu
rechnen, wobei Unwettergefahr hauptsächlich durch größeren Hagel (aufgrund hoher
CAPE-Werte und hochreichender Scherung) sowie (schwerer) Sturmböen besteht und
heftiger Starkregen aufgrund der raschen Verlagerung der Konvektionszellen
weniger im Fokus steht. Im Bodendruckfeld deutet sich eine schwachgradientige
Lage an, so dass sich eine Regionalisierung, wo die heftigsten konvektiven
Umlagerungen zu erwarten sind, noch nicht vornehmen lässt.
Im Laufe des Mittwochs tropft der Trog über Frankreich aus, wodurch sich die
labilste Luftmasse, in welcher Unwetter am wahrscheinlichsten sind, auf den
Südosten und den äußersten Osten konzentriert. Danach, d.h. am Donnerstag,
verlagert sich das aus dem Cut-Off hervorgegangene Höhentief nach Deutschland.
Im Bereich dieses Höhentiefs (Lage Tief Mitteleuropa) sind Starkniederschläge
bis in den (extremen) Unwetterbereich hinein vorstellbar. Die Wahrscheinlichkeit
hierfür ist über der Mitte Deutschlands vor allem über dem Mittelgebirgsraum am
höchsten.
Bis Freitag verabschiedet sich das Höhentief (das möglicherweise eine
dipolartige Struktur annimmt) nach Osten. Nachfolgend greift ein Keil auf
Frankreich und die Nordsee über. Durch diesen wird ein Bodenhoch gestützt, das
sich mit einem Keil in den Südwesten Deutschlands schiebt. Im Randbereich des
Hochs, dessen Schwerpunkt über der Nordsee liegt, gelangt eine gemäßigtere
Luftmasse nach Deutschland, was Entspannung sowohl hinsichtlich der Temperaturen
als auch der Niederschläge verspricht. Im äußersten Osten und im Südosten sind
dennoch Niederschläge, durchaus auch kräftigerer Regen, zu erwarten, der sehr
wahrscheinlich keinen Unwettercharakter mehr annimmt.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum gelangt der Keil nach
Deutschland, wobei das korrespondierende Bodenhoch über der Nordsee verbleibt.
Nach einer vorübergehenden Abkühlung (wenn man davon mit Maxima unter 25 Grad
reden kann) erfolgt ab Sonntag im Westen und Südwesten erneut ein
Temperaturanstieg auf mehr als 30 Grad. Allerdings dürften durch das Hoch
konvektive Umlagerungen zunächst noch unterbunden werden.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Bis einschließlich Dienstag ist der aktuelle Lauf gegenüber den weiter
zurückliegenden Modellläufen noch einigermaßen konsistent. Allerdings deutet
sich zu diesem Zeitpunkt bereits an, dass die unwetterträchtige Trogvorderseite
noch länger bestehen bleibt und die gemäßigtere Luftmasse keine Chance hat, nach
Deutschland vorzudringen. Der Austropfprozess mit dem sich nach Deutschland
verlagernden Höhentief ist eine Idee der jüngsten beiden Modellläufe, nach dem
gestrigen 00 UTC-Lauf wäre der Trog bereits am Donnerstag nach Polen abgezogen
und es hätte sich Hochdruckeinfluss über Deutschland durchgesetzt. Am Freitag
wäre bereits nach den beiden gestrigen Modellläufen erneut eine Trogvorderseite
zu erwarten, was am Wochenende wieder einen Temperaturanstieg auf weit über 30,
im Süden und Osten bis über 35 Grad zur Folge hätte. Dies würde nach dem
aktuellsten Lauf hinausgezögert werden.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Bis einschließlich Mittwoch stützen die verfügbaren Modelle die oben
beschriebene Entwicklung. Prognoserelevante Unterschiede lassen sich bis dahin
nicht ableiten. Lediglich nach GFS läuft ein markanter Kurzwellentrog über den
Osten Deutschlands hinweg nach Norden ab, was erneut eine unwetterträchtige
Situation zur Folge haben dürfte. Nach dem kanadischen Modell bleibt dieser Trog
weiter südlich. Die sich dann entwickelnde Lage „Tief Mitteleuropa“ haben alle
Modelle im Programm. Dies gilt auch für den im erweiterten mittelfristigen
Vorhersagezeitraum auf Deutschland übergreifenden Höhenkeil, der allerdings nach
GFS unter Abflachung rasch ostwärts schwenkt. Nachfolgend ähnelt GFS den beiden
gestrigen Modellläufen des EZMW. Das Modell des kanadischen Wetterdienstes lässt
weiterhin einen Höhentiefkomplex über West- und Mitteleuropa bestehen.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die Version des kanadischen deterministischen Modells wird durch das EPS des GFS
gestützt. Auch hier lassen sich Strukturen finden, die auf einen
Höhentiefkomplex über West- und Mitteleuropa hindeuten. Über Fennoskandien
könnte sich hiernach eine ausgewachsene Blockierung einstellen. Hinsichtlich des
Temperaturverlaufs deutet sich bis zur Wochenmitte ein Temperaturrückgang auf
„gemäßigtere“ Werte an, der allerdings nach dem jüngsten Modelllauf bereits
wieder abgeschwächt wird. Danach erfolgt bei zunehmenden Spread und wieder
vermehrten Niederschlagssignalen eine erneute Erwärmung. Aber auf ein etwas
geringeres Temperaturniveau als aktuell beobachtet wird.
Das EPS des EZMW bringt immerhin mit reichlich der Hälfte der Member eine
Blockierung über Fennoskandien ins Spiel. Allerdings geben nur ein reichliches
Viertel der Einzellösungen Hinweise auf einen Höhentiefkomplex über West- und
Mitteleuropa. Wahrscheinlicher wäre eine Verbindung der Blockierung mit einem
über dem westlichen Mittelmeer liegenden Höhenrücken. Immerhin deuten 10
Einzellösungen eine Zonalisierung an, was längere Zeit nicht zu sehen war.
Bemerkenswert sind zudem die vom EFI angebotenen Signale für extreme
Niederschläge (in Bezug auf das Modellklima) bis in den erweiterten
mittelfristigen Vorhersagezeitraum hinein und CAPE (mit Scherung) bis
einschließlich Mittwoch, was als Hinweis für die Gefahr von Superzellen zu
werten ist. Das EPS weist nur einen geringen Spread auf, der erst im erweiterten
mittelfristigen Vorhersagezeitraum rasch zunimmt. Hinsichtlich des
Temperaturverlaufs lassen sich Parallelen zum EPS des GFS finden, allerdings
werden ab Freitag (nach Osten hin eher erst ab Samstag) die Niederschlagssignale
geringer und verbleiben dann auch auf geringem Niveau, was als Indiz für eine
etwas ausgeprägtere Stabilisierung zu sehen wäre.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Wenngleich sich am Sonntag der Höhepunkt der Gewitterlage andeutet, so sind bis
Mittwoch weiterhin die Voraussetzungen für Gewitter bis in den Unwetterbereich
hinein gegeben. Dabei nimmt die Wahrscheinlichkeit für Unwetter Ab Dienstag im
Westen ab, im Osten ist das erst am Donnerstag der Fall.
Weniger „greifbar“ sind die Strukturen, die auf Starkniederschläge hindeuten.
Der EFI liefert zwar derartige Signale vor allem für die zweite Wochenhälfte
über der Mitte Deutschlands, der Hauptlauf hat am Donnerstag in Unterfranken
mehr als 100 mm innerhalb 24 Stunden im Angebot, was aber im Vorlauf nicht
gezeigt wurde. Dank einer Lage „Tief Mitteleuropa“ besteht durchaus die Gefahr
für derartige Ereignisse, auch wenn das EPS dies nur anhand von Einzellösungen
im Programm hat.

Basis für Mittelfristvorhersage
EPS(EZMW), anfangs MOS

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Thomas Schumann