S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 02.06.2021 um 10.30 UTC

Meist unbeständige und warme Wetterlage mit zahlreichen Gewittern inklusive
Unwetterpotential durch heftigen Starkregen und Hagel.

Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 09.06.2021

Am Samstag, zu Beginn des mittelfristigen Zeitraums, dominieren südlich von
Island sowie über Westrussland zwei Höhentiefs. Ausgehend von diesen erstrecken
sich jeweils Langwellentröge südwärts, die auf der einen Seite bis ins Seegebiet
vor die Iberische Halbinsel und auf der anderen Seite bis in den östlichen
Mittelmeerraum reichen. Dazwischen kann sich von Nordafrika über den zentralen
Mittelmeerraum und Deutschland hinweg bis nach Südskandinavien ein Rücken
aufbäumen, der vor allem nördlich der Alpen mit geringer Wellenlänge, also sehr
schmal daherkommt. Flankiert wird er dort dabei von zwei Kurzwellentrögen, wobei
vor allem der westliche markant ausgeprägt ist und rasch von Benelux her auf den
Westen von Deutschland übergreift. Am Boden stützt und intensiviert dieser
Kurzwellentrog eine Tiefdruckzone, die direkt über Deutschland liegt und eine
Verbindung zum Tiefdruckkomplex zwischen Island und den Britischen Inseln bzw.
einem hochreichend, aber schwach konturierten Tief über der Iberischen Halbinsel
darstellt. In die Tiefdruckzone über Deutschland ist zudem ein konvergenter
Bereich eingebettet. Entsprechend können PVA des Kurzwellentroges, die
Konvergenzlinie am Boden sowie diabatische Prozesse interagieren und teils
kräftige Hebung induzieren. Als Folge muss nach IFS etwa von der Nordsee bis zu
den Alpen mit starken, teils schweren Gewittern gerechnet werden. Bei PPW-Werten
zwischen 25 und 35 mm ist Starkregen bis 25 l/qm wahrscheinlich und heftiger
Starkregen bis 40 l/qm regional möglich. Dazu besteht durch Cape-Werte lokal bis
1300 j/kg auch das Potential für größeren Hagel um 2 cm. Aufgrund fehlender
signifikanter Höhenwinde müssen die Böen selber induziert werden, sodass diese
meist nur im stürmischen Bereich liegen. Vor allem in der Nordhälfte liegt
jedoch eine zwar ausbaufähige, aber durchaus akzeptable Scherung vor, die
überwiegend aus Richtungsscherung besteht. Daher können dort auch organisierte
Strukturen auftreten, bei denen lokal auch Sturmböen auftreten können. Die
ganzen unbeständigen und teils turbulenten Aussichten am Samstag werden zudem
von Temperaturen von 9 bis 13 Grad in 850 hPa untermalt.

Am Sonntag bleiben die großskaligen Strukturen erhalten. Im Detail wandert der
Kurzwellentrog über Deutschland hinweg nach Tschechien. Rückseitig kann sich ein
schmaler Rücken aufbäumen, der aber schon wieder vom nächsten Kurzwellentrog,
der von England nach Nordfrankreich zieht, in die Zange genommen wird. Am Boden
scheibt sich die Tiefdruckzone analog Verlagerung des ersten Kurzwellentroges
ebenfalls nach Osten, sodass sie dann von der Ostsee über Ostdeutschland und
Polen bis nach Italien reicht. Insgesamt sind aber landesweit hochreichend
zyklonale Strömungsbedingungen zu verzeichnen. Ausgehend von dem Bodentief über
Westpolen werden im Umfeld von konvergenten Verhältnisse über dem Osten und
Norden Deutschlands sowie im Südosten des Landes die stärksten vertikalen
Umlagerungen simuliert. Entsprechend besteht dort erneut großes
Gewitterpotential bis in den Unwetterbereich. Durch PPW-Werte, die regional
wieder über 25 mm liegen und Cape-Werte die lokal erneut 1300 j/kg erreichen
können, stehen auch am Sonntag der teils heftige Starkregen und der größere
Hagel im Fokus. Festzuhalten ist dabei aber, dass die Luftmasse nach Leseart des
IFS von Westen zunehmend ausgetauscht und bei Temperaturen in 850 hPa 7 bis 11
Grad die diabatische Komponente leicht reduziert wird.

Am Montag wird zunehmend ein breiter Rücken dominant, der sich von der
Iberischen Halbinsel nordostwärts aufbäumt und bis zur Ostsee bzw. dem Baltikum
erstreckt. Allerdings wird der Rücken auf seiner Nordwestflanke durch den weiter
stabilen Höhentiefkomplex bei Island samt Langwellentrog abgehobelt. Und auch
auf der Nordostflanke werden die antizyklonalen Bedingungen durch einen
Kaltlufttropfen im Umfeld des deutschen Ostseeraums gestört. Aber nicht nur bei
uns tummeln sich derartige kalte Eier, auch an der französischen Mittelmeerküste
sowie über Nordwestspanien eiern Kaltlufttropfen umher. Ansonsten kann der doch
recht kräftige Rücken das Azorenhoch soweit stützen, dass dieses vom Atlantik
bis in den Nordseeraum und nach Nordwestdeutschland vorstoßen kann. Damit wird
die Tiefdruckzone noch weiter abgedrängt und in den Balkanbereich geschoben.
Entsprechend nimmt auch dessen Einfluss auf das Wetter in Deutschland ab.
Hierzulande sind zum Wochenstart im Bodenfeld nur noch vom Nordseeumfeld
südwärts bis in die Mitte schwache konvergente Verhältnisse zu erkennen.
Zusammen mit dem Kaltlufttropfen reichen die Hebungsprozesse jedoch aus,
nochmals Schauer und Gewitter zu generieren. Außerdem sind im Süden und Südosten
in der noch warmen, potentiell labilen Luft und mit Einfluss der Balkantiefs
noch vertikale Umlagerungen aktiv. Zudem wird die Luft durch eine zunehmend
nordwestliche bis nördliche Strömung gegen die Alpen gedrückt. Ruhiger wird es
mit aufkommendem hohen Luftdruck zunächst im Westen.

Am Dienstag dominiert weiter der breite Rücken über Deutschland. Dabei sind
seine Strukturen nun auch fast ausnahmslos antizyklonal geprägt und auch schön
abgerundet. Dies liegt daran, dass der Kaltlufttropfen aus dem Ostseeraum unter
Auflösungserscheinungen nach Ostpolen wandert. Die beiden anderen
Kaltlufttropfen können sich dagegen sogar intensivieren, schlagen aber einen
südlichen bzw. südöstlichen Weg ein und tummeln sich in der Nacht zum Mittwoch
im Seegebiet vor der Iberischen Halbinsel und über Sizilien. Dabei stellen sie
den jeweils südlichen Part eines Langwellentroges dar, die den beschriebenen
Rücken beidseitig in die Zange nehmen. Der Rücken erfährt allenfalls an seiner
Nordwestflanke schon eine Dämpfung durch einen neuen Trog, den das steuernde,
hochreichend Tiefs ostwärts führt. Ansonsten kann der Rücken bodennah weiter das
Azorenhoch stützen, was von West nach Ost über Deutschland hinweg bis nach Polen
reicht. Vertikale Umlagerung werden dabei bevorzugt im Süden und Südosten in der
noch potentiell labilen Luft ausgelöst. Mit dem nördlichen bis nordöstlichen
Wind spielt auch der Stau weiter eine geringe Rolle. In der Nacht sollen die
Niederschläge aber deutlich nachlassen, teils auch abklingen.

Am Mittwoch bleiben die Grundstrukturen vergleichbar, allerdings ändert sich die
Ausrichtung des Rückens. Weil sich der Höhentiefkomplex anders ausrichtet und
verschiebt, bekommt der Rücken über den Britischen Inseln und dem
Nordostatlantik mehr Raum, den er nutzt. Einhergehend liegt Deutschland
nachfolgend auf der Ostflanke in einer teils zyklonal, teils antizyklonal
geprägten Nordwestströmung. Genau die kleinen kurzwelligen Anteile sorgen aber
für ausreichend Hebung, um von Nordwest nach Südost den einen oder anderen
Schauer auszulösen. Direkt an den Alpen kann es durch Stau auch etwas länger
schauerartig regnen. Da ganze bei einem etwas tieferen Temperaturniveau. Durch
die nordwestliche Strömung wird mäßig warme Atlantikluft ins Land transportiert,
sodass die Temperaturen auf 850 hPA von Nordost nach Südwest zwischen 5 und 12
Grad liegen.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Die Konsistenz des aktuellen 00 UTC IFS Laufs ist als bedingt gut anzusehen.
Gut, da die großskaligen Strukturen über den gesamten mittelfristigen Zeitraum
vergleichbar wiedergegebene werden. Bedingt, da es im Detail auf kleinerer Skala
doch signifikante Unterschiede gibt, die auch das Wettergeschehen in Deutschland
betreffen.

Schon für Samstag simuliert der neuste Lauf entgegen den gestrigen Berechnungen
über Deutschland bis nach Norwegen einen schmalen Rücken, dessen Konturen jedoch
hierzulande sowie über Benelux zyklonal geprägt sind. Genau diese beidseitigen
Kurzwellentröge stützen jedoch am Boden eine ausgeprägte Tiefdruckzone, die von
der Nordsee bis zur Adria sowie Iberischen Halbinsel reicht und somit
großräumiger als zuvor aufgestellt ist. Entsprechend würden am Samstag nahezu
landesweit konvektive Niederschläge auftreten, während die vergangenen Läufe den
Osten niederschlagsfrei hielten.
Auch im weiteren Verlauf neigt die neuste IFS-Lösung dazu die Geopotentialmuster
vor allem über Mittel- und Westeuropa markanter, also mit kürzerer Wellenlänge
und dafür größerer Amplitude, darzustellen. Entsprechend gibt es von der Höher
her durchgehend mehr oder weniger stark ausgeprägt einen Hebungsantrieb. Dabei
regiert bodennah eine schwachgradientige Situation mit Tendenz zu antizyklonalen
Bedingungen. Da jedoch der Schwerpunkt des Hoch durchgehend deutlich westlich
von Deutschland liegt, können sich in die schwache nördliche bis nordwestliche
Strömung wiederholt kleinräumige Tiefs auswirken.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die geringen Unterschiede im
Detail vor allem bei der räumlichen Verteilung der Niederschläge sowie auch
deren Intensität größeren Einfluss haben.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Was will man von anderen Globalmodellen (ICON, GFS, GEM, UKMO, etc.) erwarten,
wenn schon das IFS im Detail wenig Konsistenz aufweist und der ENS-Raum recht
viele Interpretationen zulässt? Auch die weiteren betrachteten Modelle zeigen
zum IFS vergleichbare großskalige Strukturen. Doch die Kurzwellentröge sowie
Kaltlufttropfen und deren Verlagerung werden von den Modellen recht verschieden
simuliert. Eine genaue Beschreibung der Unterschiede über die Mittelfrist hinweg
würde aber den Rahmen sprengen. Da alle Modelle für Deutschland mehr oder
weniger intensiv und mit verschiedener räumlichen Einordnung eine Gewitterlage
mit Unwetterpotential zeigen, gibt es dennoch einen gemeinsamen Nenner. Das ICON
weicht dabei von der IFS-Lösung am weitesten ab. Das GFS tendiert anfangs eher
zur ICON-Variante, um später dann doch auf die Lösung des IFS einzuschwenken.
Das GEM beschreibt über den gesamten Zeitraum zum IFS vergleichbare
Geopotential- und Luftdruckstrukturen. Das UKMO tendiert grundsätzlich zu GFS,
zeigt aber ab und an auch einen Touch IFS.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die Rauchfahnen über verschieden Städte über Deutschland verteilt über den
gesamten mittelfristigen Zeitraum eine mäßige, teils auch recht schlechte
Vorhersagegüte. Der ENS-Raum verfügt vor allem bei der Temperatur in 850 hPa und
beim Niederschlag über größere Unsicherheiten. Bei der Temperatur beträgt der
Spread von Samstag bis einschließlich Mittwoch rund 9 Grad mit der höchsten
Drängung bei etwa 7 bis 9 Grad. Die Unsicherheiten beim Niederschlag beruhen
zudem auf der konvektiven Lage und deren inhomogen verteilten Ereignisse. Am
besten simuliert das IFS-EPS das Geopotential in 500 hPA, was überwiegend ein
gleichbleibendes Niveau zeigt.

Bei der Einordnung der IFS-Läufe in verschiedene Muster werden für den Zeitraum
+72 bis +96h insgesamt drei Lösungen benötigt, um alle Unsicherheiten
einzufangen. Dabei beschreiben alle Cluster das Schema eines Blockings. Das
erste Cluster mit Haupt- sowie Kontrolllauf ist bei 20 Mitgliedern genauso stark
vertreten wie das zweite Cluster. Die Unterschiede zwischen den Lösungen
beziehen sich auf die Strukturen über West- und Mitteleuropa. Die Kombination
von Kurzwellentrögen und schmalen Rücken wird dabei in Wellenlänge und Amplitude
abweichend gezeigt. Resultierend gibt es dann auch geringe Unterschiede bei der
Verlagerungsgeschwindigkeit und Richtung. Zusammen ergeben sich dadurch
verschiedene räumliche Schwerpunkte der konvektiven Umlagerungen und somit
Schauer bzw. Gewitter.
Für den Zeitraum +120 bis +168h reicht dann ein einziges Cluster aus, um alle
Unsicherheiten ausreichend zu beschreiben. Dieses Cluster bleibt beim
Blocking-Schema, wobei das Blocking weiter von einem Rücken ausgeht, der sich
analog zum Hauptlauf zunächst von der Iberischen Halbinsel nordostwärts aufbaumt
und zum Ende einen westlichen Ast über die Britischen Inseln nordwärts stärkt.

In der erweiterten Mittelfrist von +192 bis +240h ist erneut nur ein Cluster
ausreichend, um alle Abweichungen im ENS-Raum zu beschreiben. Auch das Schema
Blocking bleibt durch einen markanten Rücken über die Britischen Inseln dabei
erhalten. Deutschland würde dann auf der Ostflanke in einer nördlichen
Höhenströmung liegen. Am Boden würden nordöstliche Winde mit kühlerer Luft
dominieren. Während die Nordwesthälfte dann von hohem Luftdruck profitiert, kann
die Südosthälfte auch von kurzwelligen Anteilen heimgesucht werden.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Vom EFI gibt es keine Hinweise bezüglich des vieljährigen Modellklimas auf
überdurchschnittliche Wetterereignisse. Allerdings kann der EFI auf Basis des
IFS-EPS kleinräumige Konvektion kaum oder gar nicht auflösen. Aber genau diese
wird uns auch mittelfristig beschäftigen.

Am Samstag lebt abgesehen vom Nordosten und äußersten Osten überall die
Gewittertätigkeit auf. Dabei besteht gebietsweise auch Unwetterpotential.
Grundsätzlich muss mit Starkregen bis 25 l/qm, stürmische Böen bis 70 km/h und
kleinkörnigem Hagel gerechnet werden, gebietsweise kann auch heftiger Starkregen
bis 40 l/qm und Hagel um 2 cm auftreten.

Am Sonntag das gleiche Bild nur geringe Abweichung bei der räumlichen
Einordnung. Erneut treten Gewitter mit Unwetterpotential und somit zum Vortag
vergleichbaren Begleiterscheinungen auf.

Durch die Tiefdruckzone über Deutschland mit wohl eingebettet Konvergenzlinie
kann es regional auch wiederholt kräftige Schauer und Gewitter geben, sodass
auch mehrstündiger Starkregen in den Fokus gerät. Genau hier setzt dann auch die
Probabilistik an. Diese zeigt über die beiden Tage inhomogen verteilt in der
Nordhälfte sowie vom Oberrhein bis zu den Alpen geringe Hinweise bis 10%
(ICON-EPS und IFS-EPS) bzw. bis 25% (C-LEPS) für das Überschreiten der
6-stündigen Starkregenschwelle von 20 l/qm und der 12-stüdnigen
Dauerregenschwelle von 25 l/qm. Vom C-LEPS gibt es an den Alpen zudem Signale
bis 20% für 12-stündigen ergiebigen Stark-/Dauerregen.

Am Montag und Dienstag lässt die Gewitteraktivität langsam nach. Am Montag sind
bevorzugt vom Norden bis in die Mitte sowie allgemein im Süden und Südosten
nochmals teils kräftige Gewitter mit geringerem Unwetterpotential zu erwarten.
Am Dienstag treten vor allem im Süden und Südosten noch einzelne, teils kräftige
Gewitter auf. Dabei muss an beiden Tagen mit Starkregen bis 25 l/qm, steife bis
stürmische Böen und kleinkörniger Hagel gerechnet werden. Örtlich ist auch
weiter heftiger Starkregen bis 40 l/qm und Hagel um 2 cm gering wahrscheinlich.
An den Alpen kann anfangs auch mehrstündiger Starkregen bis 30 l/qm, lokal auch
darüber nicht ausgeschlossen werden. Die Probabilistik stützt dabei mit geringen
Wahrscheinlichkeiten je nach Modell bis 15% sowohl den 6-stündigen Starkregen,
als auch den 12-stündigen Dauerregen, der eigentlich da konvektiv auch
Starkregen ist.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS-EPS, ICON-EPS, für TT bedingt MOSMIX. Durch größere Unsicherheiten sind
mittelfristig die deterministischen Läufe nur als Einzellösung zu betrachten.

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Lars Kirchhübel