S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Montag, den 31.05.2021 um 10.30 UTC

Ab Wochenmitte zunehmend gewittrig, warm.

Synoptische Entwicklung bis zum Montag, den 07.06.2021

Zum Start in den mittelfristigen Zeitraum am kommenden Donnerstag wird das
Wetter in Europa von einem Langwellentrog über Nordwesteuropa dominiert, dessen
Achse sich südwestwärts über den Ostatlantik hinweg erstreckt. Zudem ist noch
ein kleinräumiges, sich auflösendes Höhentief über der Nordsee aktiv, welches
die Schnittstelle bzw. Verbindung des Langwellentroges und des tiefen
Geopotentials über Osteuropa darstellt. Dem gegenüber bäumt sich vom zentralen
Mittelmeerraum ein Rücken nordwärts auf, dessen Achse über Westfrankreich und
über die westliche Nordsee nordwärts zeigt. Bodennah korreliert das Zentrum des
Langwellentroges mit einem tief an etwa gleicher Stelle. Zudem wird, ausgelöst
durch PVA sowie einer leicht diffluenten Höhenströmung, ein schwaches Bodentief
über den Niederlanden generiert, welches wiederum in einer Tiefdruckrinne liegt,
die von Nordwesteuropa bis nach Italien reicht. Infolge von diversen dynamischen
und diabatischen Prozessen steigt vor allem in der Südwesthälfte das Schauer-
und Gewitterpotential. Zudem erzeugt das schwächelnde Höhentief über der Nordsee
noch ausreichend Hebung, sodass auch dort noch Schauer und Gewitter auftreten
können. Im Nordwesten mischen dann auch noch frontogenetische Einflüsse eines
Frontensystems mit, das von der Nordsee über Benelux südwestwärts verläuft. Der
Osten Deutschlands profitiert zunächst noch vom hohen Luftdruck. Dies bleibt
auch in der Nacht zum Freitag bestehen, während die Niederschläge in der
Westhälfte auch Tageszeit basierend nachlassen.

Zum Freitag beginnt der Langwellentrog seine Wellenlänge deutlich zu verkürzen,
um schließlich über der Iberischen Halbinsel ein eigenständiges Drehzentrum
auszubilden. Von Atlantik kann sich nachfolgend ein markanter Rücken kurzer
Wellenlänge ostwärts aufbäumen und am Boden ein Hoch über dem Ostatlantik bis
hin zum Ärmelkanal ausbilden. Gleichzeitig verlagert sich die Achse des Rückens
ausgehend vom zentralen Mittelmeerraum ostwärts und erstreckt sich von
Norditalien über Ostdeutschland bis nach Dänemark. Dabei steht dieser weiter mit
hohem Luftdruck über Osteuropa in Verbindung, der über der Ostsee einen
Schwerpunkt aufweist. Zwischen den beiden Hochdruckgebieten bleibt die
Tiefdruckrinne erhalten. In der warmen (9 bis 15 Grad auf 850 hPa), teils labil
geschichteten Troposphäre muss tagsüber erneut mit konvektiven Umlagerungen
gerechnet werden. Verstärkung könnten die Umlagerungen durch potentielle
Konvergenzlinien erfahren. Die fontogenetischen Einflüsse sind zunächst
überwiegend über Frankreich und England zu finden und sollten somit hierzulande
tagsüber noch keinen zusätzlichen Input liefern. Die geringste
Niederschlagsneigung gibt es weiter im Osten und Südosten Deutschlands. In der
Nacht zum Samstag scheibt das nachstoßende Bodenhoch die Tiefdruckrinne
ostwärts, sodass die konvektiven Niederschläge anhalten und auch auf den Osten
übergreifen. Vor allem im Westen und Südwesten werden sie nun zudem durch das
Frontensystem ostwärts vorankommende gestützt.

Am Samstag ändert sich nur wenig an der Geopotential- und Luftdruckverteilung.
Der Rücken verschiebt sich weiter gen Osten, sodass dessen Achse nun schon von
Mittelitalien bis zum Baltikum verläuft, wobei sich über Nordfrankreich bis in
die Nordsee ausgreifend, ein weiterer schwacher Rücken aufbäumt. Gleichzeitig
wirbelt das Cut-Off-Tief im Umfeld der Pyrenäen umher. Im Bodenfeld bleibt
Deutschland im Bereich der Tiefdruckrinne. Allenfalls im Nordwesten kann sich
langsam der Hochkeil vom Atlantik bemerkbar machen und für Wetterberuhigung
sorgen. Ansonsten heizen dynamische und diabatische Prozesse erneut die
Konvektion an. Korrelierend zum nach Osten vorankommenden Frontensystem bzw. der
Konvergenzlinie verschiebt sich bis Sonntagmorgen auch der
Niederschlagsschwerpunkt zunehmend in die Osthälfte des Landes.

Am Sonntag kann sich der Hochkeil noch weiter nach Osten ausbreiten und bis in
den Norden von Deutschland reichen. Damit nimmt er zum einen den Konterpart zum
tiefen Luftdruck über dem Alpenraum bzw. Norditalien ein und schiebt zum anderen
die Tiefdruckrinne in den Ostseeraum und nach Polen weiter. Auf der Vorderseite
des Hochs kann dabei von Norden her kühlere (5 bis 9 Grad auf 850 hPa) und
stabiler geschichtete Nordseeluft ins Land vordringen. Der Schwerpunkt
potentieller Konvektion liegt nach IFS auf der Südseite der Luftmassengrenze,
etwa südlich von Mosel und Main, in der weiter warmen (10 bis 14 Grad in 850
hPa) und labil geschichteten Luft. Zudem sorgt die Tiefdruckrinne inklusive
frontogenetischer Hebung im Osten noch für ausreichend konvektive Umlagerungen,
sodass auch dort nochmals Schauer und Gewitter mit von der Partie sind.

Am Montag scheint der tiefe Luftdruck über Norditalien, in welchen sich nun auch
das schwächelnde Cut-Off-Tief eingebettet hat, nur noch den Süden von
Deutschland nachhaltig zu beeinflussen. In der noch warmen und feuchtlabilen
Luft sind erneut Schauer und Gewitter möglich. Ansonsten dominiert zunehmend ein
von der Iberischen Halbinsel ausgehender breiter Rücken, der das Bodenhoch über
den Britischen Inseln stärkt und somit das Wetter in der Nordhälfte Deutschlands
beruhigt.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Der aktuelle 00 UTC Lauf des IFS zeigt bezüglich der großskaligen Geopotential-
und Luftdruckverteilung eine recht hohe Konsistenz zu den Vorläufen. Vor allem
zum gestrigen 00 UTC Lauf gibt es vergleichbare Strukturen. Im Detail jedoch
finden sich Abweichungen, die beim Wetter teils signifikante Auswirkungen haben.
Der neuste IFS-Lauf zeigt etwas mehr Amplitude bei den Geopotentialmustern.
Allerdings verlagert sich die Achse des Rückens im Vergleich zu der gestrigen
Prognose deutlich langsamer ostwärts. Demnach bleibt auch die Tiefdruckrinne,
die mit der Vorderseite des Langwellentroges über Nordwesteuropa korreliert und
den tiefen Luftdruck am Boden zwischen den Britischen Inseln und dem zentralen
Mittelmeerraum verbindet, nun weiter westlich, sodass in der Osthälfte des
Landes noch weitgehend ruhiges Wetter vorherrschen sollte. In der Westhälfte
sorgen dagegen dynamische und diabatische Hebungsprozesse schon für ausreichend
Konvektion. Ab Samstag soll Deutschland dann genau in der Tiefdruckrinne liegen,
während im gestrigen 00 UTC-IFS Lauf schon ein neues Hoch auf das Land
übergreifen sollte. Daher werden abweichend nun nahezu landesweit konvektive
Niederschläge erwartet.

Insgesamt wird über den mittelfristigen Zeitraum hinweg auf der Vorderseite
eines Langwellentroges eine Neigung zu Konvektion simuliert. Das genaue Timing
zwischen aktiven Phasen und Wetterberuhigung, also auch die Intensität der
Niederschläge wird aber von den IFS-Läufen nicht konsistent abgebildet.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Am Donnerstag, zu Beginn des mittelfristigen Zeitraums, zeigen auch weitere
Globalmodelle (ICON, GFS, GEM, UKMO) nahezu bis ins Detail vergleichbare
Strukturen der Geopotential- und Luftdruckfelder. Allenfalls mit dem Ausgreifen
der Konvektion nach Osten sind ICON und GFS etwas passiver unterwegs.
Ab Freitag gehen ICON und IFS weiter einen ähnlichen Weg, wobei das ICON
aufgrund stärker meridionaler Höhenstrukturen die Tiefdruckrinne zunächst etwas
weiter westlich verschoben sieht und erst zum Sonntag ein Schub hin zu den
IFS-Strukturen bekommt. Allenfalls ein Kurwellentrog über dem Ärmelkanal
südwärts reichend wird vom IFS nicht gesehen. Entsprechend zeigt das ICON in der
Nacht zum Montag und am Montag entgegen des IFS ausgelöst durch PVA im
Nordwesten und Westen konvektive Niederschläge.
Total auf ab- bzw. anderen Wegen ist das GFS, indem es ausgehend vom
Langwellentrog über Nordwest- und Westeuropa einen Ableger nach Mitteleuropa und
dem Alpenraum schickt. Dieser soll schließlich ein Tief über Frankreich stützen,
sodass Deutschland auf der Vorderseite dieses Tiefs in einer stärkeren südlichen
Strömung läge. Nachfolgend wären im Süden und Westen sowie Teilen der Mitte
konvektive Niederschläge an der Tagesordnung, während ICON und IFS in weiten
Teilen des Landes zu einer Wetterberuhigung neigen. Das GFS bekommt allerdings
Unterstützung vom GEM, welches vergleichbare Strukturen zeigt, die teilwiese
sogar noch stärker simuliert werden. Das UKMO kann sich nicht so recht
entscheiden und zeigt einen Mittelweg zwischen IFS und GFS.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die Rauchfahnen über verschiedene Städte über Deutschland verteilt, zeigen bis
einschließlich Freitag bei einem relativen geringen Spread eine hohe
Vorhersagegüte bei der Temperatur in 850 hPa. Erst ab Samstag nehmen die
Abweichungen innerhalb des ENS-Raumes deutlich zu. In der Tendenz zeigt die
Mehrzahl der Member bis Samstag einen stetigen Temperaturanstieg und ab Sonntag
einen Temperaturrückgang. Der Haupt- und Kontrolllauf befinden sich dabei vor
allem im Westen und Süden im oberen Bereich des ENS, im Osten und Norden meist
mittig im Drängungsbereich. Beim Geopotential spreizt sich der ENS-Raum schon ab
Freitag auf, wobei die Mehrzahl der ENS-Läufe zusammen mit Haupt- und
Kontrolllauf ein höheres Geopotential bevorzugt. Die größten Unsicherheiten gibt
es beim Niederschlag. Aufgrund der zunehmend konvektiven Wetterlage ist eine
räumliche Einordnung nur schwierig möglich, was sich schließlich auch im
ENS-Raum abbildet.

Die Clusteranalyse ist sich im ersten Zeitraum von +72 bis +96h zumindest beim
Schema einig und bilden alle ein Blocking ab. Um auch im Detail die Strukturen
der Geopotential- und Luftdruckfelder ausreichend zu beschreiben, werden jedoch
vier Lösungen vorgeschlagen. In dem mit Abstand stärksten Cluster 1 befinden
sich dann auch der Haupt- und der Kontrolllauf. Insgesamt weisen die ersten drei
Cluster für das Wetter in Mitteleuropa und somit auch hierzulande keine
nennenswerten Unterschiede auf. Diese Cluster resultieren überwiegend durch die
Unsicherheiten bei der Simulation der Tröge bzw. Höhentiefs auf den Flanken des
Blockings.
Im Zeitraum von +120 bis +168h werden sogar nur noch zwei Cluster benötigt, um
die Unsicherheiten im ENS-Raum abzubilden. Dabei bleiben beide Cluster beim
Blocking-Schema. Im Detail gibt es nun allerdings größere Abweichungen zwischen
beiden Lösungen. Während bei Cluster 2 ausgehend von Südwesteuropa ein breiter
rücken bis in den Nordostatlantik aufbäumt und dabei bevorzugt im Bereich
Island-Norwegen-Britisch Inseln stark positive Anomalien aufweist, ist bei
Cluster 1 der Rücken über dem Atlantik und Westeuropa schon abgehobelt, sodass
sich dessen Achse nordostwärts bis nach Nordosteuropa erstreckt. Entsprechend
kann vom Seegebiet zwischen Island und den Britischen Inseln ein Trog
Nordwesteuropa bis hin an die deutsche Grenze erfassen und die Strömung über dem
Atlantik zunehmend zonalisieren. Mit 37 Mitgliedern sowie Haupt- und
Kontrolllauf ist diese Lösung dabei deutlich stärker aufgestellt als Cluster 2
mit 14 Member.
Im Zeitraum von 192 bis 240h sind die Unterschiede der Geopotential- und
Luftdruckstruktur im ENS-Raum so gering, dass ein Cluster ausreicht. Dieses
wechselt im Verlauf das Schema von Blocking hin zum atlantischen Rücken. Dieses
Cluster kann dabei als Fortsetzung von Cluster 1 im vergangenen Zeitraum
angesehen werden. Ausgehend von der vorübergehend leichten Zonalisierung soll
sich über dem Atlantik ein neuer Rücken mit zunächst geringer Wellenlänge
nordwärts aufbäumen. Dieser eröffnet dann dem Trog über Nordwesteuropa das Tor,
um nach Mitteleuropa zu schwenken. Deutschland würde demnach wieder zunehmend
von kühlerer Meeresluft geflutet.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Der EFI zeigt bezüglich des vieljährigen Modellklimas keine nennenswerten
Hinweise auf überdurchschnittliche Wetterereignisse.

Die Modellwelt sieht dies allerdings etwas anders. Denn ab der Wochenmitte steht
die erste signifikante Gewitterlage an. Dabei treten am Donnerstag bevorzugt in
der Westhälfte, am Freitag abgesehen von den Regionen östlich der Elbe nahezu
landesweit starke, teils schwere Gewitter auf. Dabei muss bei PPW um 30 m, Cape
Werten um 400 j/kg (Do) bzw. um 600 J/kg (Fr) mit Starkregen, örtlich auch
heftigem Starkregen sowie Hagel gerechnet werden. Der Wind spielt aufgrund
fehlender Höhenwinde eine untergeordnete Rolle, kann bei kräftigen Entwicklungen
aber stürmische Böen oder vereinzelt Sturmböen hervorbringen. Auch am Samstag
und Sonntag sind regional weiter starke bis schwere Gewitter mit entsprechenden
Begleiterscheinungen zu erwarten. Gebietsweise sind auch mehrstündig markante,
teils auch heftige Niederschlagsmengen möglich.
Die genaue räumliche Einordnung sowie auch das Verlagerungstiming werden aber
von den Modellen noch unterschiedlich simuliert.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS-EPS, det. IFS, MOSMIX nur für TT bedingt

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Lars Kirchhübel