S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 15.05.2021 um 10.30 UTC

Fortdauer des wechselhaften und etwas zu kühlen Witterungsabschnittes.

Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 22.05.2021

Am kommenden Dienstag liegt Deutschland weiterhin im Einflussbereich des aus der
Kurzfrist bestens vertrauten Höhentiefkomplexes, der weite Teile des
Nordatlantiks, Nordmeeres bis nach Mitteleuropa einnimmt. Die Frontalzone
verläuft dabei glatt zonal entlang des 45. Breitengrades (gut ausgeprägter Jet
in 300 hPa mit über 100 kt, teils bis 150 kt) und damit über die Biskaya und den
Balkan hinweg, um dann über Osteuropa scharf nordwärts nach Lappland abzubiegen.
Ein Anblick, der hinsichtlich zonaler Ausprägung und vor allem auch südlicher
Positionierung zu dieser Jahreszeit das ein oder andere verwunderte Augenreiben
hervorrufen kann. Der Höhentrog ist dabei über Deutschland mit mäßig-kalter Luft
knapp unter -25 Grad in 500 hPa angefüllt. Bodennah bestimmt ein mehrkerniger
Tiefkomplex über Skandinavien (Kerndruck etwas unter 1000 hPa) und der
nördlichen Nordsee das Geschehen, wobei durch den Druckunterschied zum Hoch über
der südlichen Biskaya (1025 hPa) vor allem über Süddeutschland noch ein stark
böiger Westwind weht (Bft 7, exponiert 8). Dieser gewährleistet auch nach wie
vor zu Zustrom subpolarer Meeresluft mit 850 hPa Temperaturen nur wenig über dem
Gefrierpunkt. Die Luftmasse bleibt leicht instabil geschichtet, so dass sich vor
allem mit dem Tagesgang zahlreiche Schauer und bei Wolkenobergrenzen zwischen
-30 und -40 Grad auch lokale Gewitter entwickeln. Diese sollten in der Regel der
Marke „gelb-ocker“ sein. Starkregen um 15 l/qm binnen einer Stunde,
kleinkörniger Hagel und eine stürmische Böe sind in Verbindung mit den Gewittern
voraussichtlich das Höchste der Gefühle. Zwischendurch scheint aber auch mal
länger die Sonne. Die Temperaturen bleiben recht verhalten mit maximal 12 bis 18
Grad.

Am Mittwoch insgesamt wenig Wetteränderung. Im Tagesverlauf setzt leichter
Druckanstieg von Südwesten ein, der aber durch gleichzeitige Abschwächung des
Tiefkomplexes im Norden überkompensiert wird. Somit fächert der Gradient eher
leicht auf, in Verbindung mit Schauern und Gewitter kann es aber dennoch
weiterhin Windböen (Bft 7) geben. Ein zum Nachmittag hereinschwenkender
Kurzwellentrog von Benelux facht die Konvektion abermals an bzw. eröffnet auch
die Option eines schmalen Bandes mit schauerartig verstärkten Regenfällen –
voraussichtlich aber außerhalb der Warnrelevanz.

Am Donnerstag wölbt sich im Vorfeld eines kleinräumigen, aber giftigen
Sturmtiefs, das die Britischen Inseln erreicht, ein flacher Rücken von Westen
auf. Je nach Timing werden die Schauer dann vor allem im Westen und Süden immer
seltener und schwächer. Bei längerem Sonnenschein kann es lokal für 20 Grad
reichen. Der Wind weht oft nur noch schwach und dreht tendenziell rück auf
Südwest.

Am Freitag zieht o.e. Tief unter Abschwächung quer über Deutschland hinweg. Es
wird dabei aufgrund des weit südwärts ausgebeulten Troges wohl ziemlich schnell
achsensenkrecht und verliert komplett die thermischen Gegensätze. Zum Glück
möchte man meinen, denn sonst hätte wohl neben (schwerem) Sturm auch
gebietsweise mehrstündiger Starkregen gedroht. Laut den deterministischen Läufen
geht es wohl vergleichsweise glimpflich ab mit der ein oder anderen Windböe (Bft
7) und 10-20 lokal vielleicht auch mal 30 l/qm binnen 24 Stunden über der
nördlichen Mitte. Aufgrund des noch weiten Vorhersagehorizontes darf man das
Ereignis aber nicht unterschätzen.

An Pfingsten wird der Höhentiefkomplex durch einen südwärts ablaufenden
Trogvorstoß von den Britischen Inseln nach Italien regeneriert. Am Rande eines
schwachen Hochs über Frankreich ist der bodennahe Einfluss aber leicht
antizyklonal geprägt. Das verhindert zwar nicht komplett die Schaueraktivität,
erhöht jedoch die Chancen, dass man mancherorts auch mal trocken durch den Tag
kommt bei zeitweiligem Sonnenschein. Bei den Temperaturen sind weiterhin keine
großen Sprünge drin. Bei guter Durchmischung ist bei T850 hPa um die 0 Grad
mehrheitlich bei rund 15 Grad Schluss. Bei nächtlichem Aufklaren droht Frost in
Bodennähe.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Der neuste Lauf des IFS liegt in guter Übereinstimmung zu seinen Vorläufen.
Lediglich das zu erwartende kleinräumige Sturmtief über den Britischen Inseln am
kommenden Donnerstag, das unter Abschwächung am Freitag nach Deutschland ziehen
soll, bereitet offensichtlich größere Schwierigkeiten. Während der heutige 0z
Lauf die Entwicklung sehr ähnlich zum gestrigen 0z Lauf simuliert (Kerndruck zum
Höhepunkt etwas unter 1000 hPa), ergab die Lösung vom gestrigen 12z Lauf eine
deutlich nördlichere Position nördlich von Irland mit einem Kerndruck von unter
985 hPa. Der Einfluss auf Deutschland wäre dennoch zyklonal geprägt und hätte
somit keine gravierenden Veränderungen zur Folge. Auch das Sturmfeld wäre weit
genug weg über den britischen Inseln. Es wird spannend zu beobachten sein,
inwiefern der heutige 12z Lauf die Linie der 0er Läufe beibehält oder wieder
umschwenkt.
Unterschiede hinsichtlich der Niederschlagsschwerpunkte liegen aufgrund des
konvektiven, tagesganggeprägten Charakters in der Natur der Sache.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

In den synoptischen Basisfeldern und den daraus folgenden Auswirkungen auf das
mittelfristige Wettergeschehen unterscheiden sich auch andere gängige
Globalmodelle kaum. Auffällig ist, dass UKMO und größtenteils auch GEM die
Lösung des gestrigen IFS 12z Laufes stützen. Dadurch wird unter dem Strich eine
vorübergehende Wetterberuhigung am Donnerstag von Südwesten wahrscheinlicher. In
welcher Stärke des Tief uns am Freitag im Westen erreicht, ist noch sehr
unsicher.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Der Blick auf die Rauchfahnen nimmt den Wärmeliebhabern frühzeitig jede
Hoffnung. Bis einschließlich Pfingsten besteht auch im EPS weitestgehend
Einigkeit, dass die Temperaturen in 850 hPa mehr oder weniger um die 0 Grad
verharren. Nur in Süddeutschland deutet sich zum Donnerstag/Freitag hin mal ein
kurzer Hüpfer Richtung 10 Grad Isotherme an. Die Streuung reicht dabei aber von
+12 bis -3 Grad und die Mehrheit des EPS orientiert sich eher zur 0
Grad-Isotherme hin. Dies ist der noch großen Unsicherheit des Sturmtiefs
geschuldet und inwieweit damit die Strömung über Deutschland vorübergehend etwas
aufsteilen kann.
Dies zeigt sich auch anhand der Geopotentialverteilung, die mehrheitlich auf
einem niedrigen Niveau unter 550 gpdm verbleibt, im Süden an besagten Tagen aber
Spielraum bis 570 gpdm lässt.
Die Peaks in der Niederschlagsverteilung markieren die tagesgangbedingten
Fluktuation mit jeweiligen Minima in den Nachtstunden und Maxima tagsüber.

NAO positiv mit südlicher Frontalzone, das ist das Gebot der Stunde auch in den
Clustern. Von den 4 gebildeten Clustern im Zeitraum +120-168h (Do-Sa) ist
Cluster 1 mit 21 Membern am stärksten repräsentiert, worin sich auch Haupt- und
Kontrolllauf wiederfinden. Cluster 2 mit 14 Membern sieht auch noch recht
ähnlich aus. Bei den Clustern 3 und 4 (insgesamt 16 verbliebene Member) wird die
Entwicklung bis hin zu einem Orkantief auf dem Atlantik sehr stark betont, es
führt aber noch längere Zeit ein Eigenleben und erreicht die Britischen Inseln
erst am Freitag/Samstag. So oder so: Das wechselhafte Wetter würde auch bei
diesem Szenario bei uns nach kurzer Beruhigung wieder an Fahrt aufnehmen, da
Höhentrog und stationärer Tiefkomplex über Skandinavien weiterhin maßgebend
sind.

FAZIT:
An der Fortdauer des eher wechselhaften und etwas zu kühlen
Witterungsabschnittes gibt es auch in der kommenden Woche kaum Zweifel. Am
Donnerstag beruhigt sich das Wetter von Südwesten vorübergehend und im Süden und
Südosten kann gebietsweise die 20 Grad Marke überschritten werden. Ob sich am
Freitag etwa von NRW bis zur Mitte ausgreifend eine potentielle Sturm- und/oder
Starkregensituation anbahnt, ist noch sehr unsicher.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

GEWITTER:
Signale für Starkregen gibt es in den Ensembleverfahren so gut wie keine.
Dennoch kann es bei der vorherrschenden Luftmasse bei PPW’s bis 20 mm bei
langsamer ziehenden Gewitterzellen beziehungsweise im Bereich
strömungsparalleler Schauerstraße punktuell 15-20 l/qm binnen einer Stunde
geben. Auch stürmische Böen und kleinkörniger Hagel sind nicht ausgeschlossen,
bleiben aber die Ausnahme.

STURM:
Am Dienstag lassen sich über dem Alpenraum Signale des EFI finden mit 0.7, aber
kaum positiver SOT. Das spricht ebenfalls für ein markantes, aber kein
unwetterartiges Ereignis. Die Wahrscheinlichkeiten für Sturmböen liegen nach
COSMO-LEPS am Alpenrand bei 20-35%, bei EZ-EPS in der Spitze bei knapp 50% und
beim ICON-EPS sogar bei bis zu 70% – im Großen und Ganzen also ein
vergleichsweise wahrscheinliches Szenario.
Nächste Woche Freitag gibt es in Verbindung mit dem herannahenden Tief im Westen
bisher lediglich erhöhte SOT Signale – ohne EFI.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, Mos-Mix

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Robert Hausen