S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 13.05.2021 um 10.30 UTC

Wechselhaft, zum Ende leicht ansteigende Temperatur.

Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 20.05.2021

Zu Beginn der Mittelfrist ist die Druck- und Geopotenzialverteilung im
atlantisch-europäischen Raum weiterhin so gestaltet, dass der NAO-Index leicht
negativ verbleibt, mit Tendenz zu eher neutralen Verhältnissen zum Ende der
Mittelfrist. Grund hierfür ist eine positive Anomalie des Luftdrucks (und
Geopotenzials in 500 hPa) bei Grönland, die bei gleichzeitig negativer Anomalie
des Geopotenzials über weiten Teilen des Nordatlantiks zumindest in diesem
Bereich für eine High-over-Low-Situation sorgt, die gute Erhaltungseigenschaften
aufweist. Demgegenüber steht hohes Geopotenzial über Teilen des europäischen
Russlands (stark amplifizierter Rücken, teils bis in die Arktis reichend),
wodurch die Ostverlagerung einer ansonsten durch relativ kleine Wellenzahl (K~4)
geprägten zirkumpolaren Rossby-Welle in den mittleren und hohen Breiten der
Nordhemisphäre stark limitiert ist. Das ändert sich zur Wochenmitte hin, wo die
Wellenzahl und Amplifizierung der planetaren Welle insgesamt deutlich zunimmt
(Atlantik und auch Pazifik). Dieser Umstand ist unter anderem bedingt durch
stärkere meridionale und vertikale (troposphärische) Wellenflüsse in den
mittleren, teils auch in den hohen Breiten, die in der mittleren und oberen
Troposphäre regional (und zonal differenziert) zu einer Erhöhung des
Geopotenzials führen. Auf dem mittleren und Nordatlantik führt das zur
Wochenmitte hin zum Beispiel zur stärkeren meridionalen Austrogung nach Süden
und im Gegenzug zu einer Amplifizierung des hohen Geopotenzials etwa im Bereich
der Azoren.

Da sich die Amplitude aber anfangs noch in Grenzen hält, werden zunächst lokale
Jetstreaks mit lokal erhöhter Baroklinität erzeugt, die den Jet insgesamt
vorübergehend forcieren und damit die Phasengeschwindigkeit bei anfangs noch
kleineren Wellenlängen erhöhen. Anders ausgedrückt bringt das etwas Schwung in
die Ost-Verlagerung der Druckgebilde, zum Beispiel sollte der bisher
wetterbestimmende Trog über Mitteleuropa nach Wochenmitte in Richtung Ost- und
Südosteuropa tendieren und dabei amplifizieren.

Was danach passiert, kann naturgemäß als recht unsicher eingestuft werden.
Gründe hierfür sind einerseits in der auch von IFS in der Ausprägung
unterschiedlich simulierten Entwicklung des Geopots über dem Bereich Grönland zu
suchen, andererseits ist unklar, wie die weiterhin zonal ausgerichtete planetare
Welle zum Wochenende hin amplifiziert (siehe Clusterdarstellung IFS) wird.
Verstärkt hohes Geopotenzial auf einer Achse Grönland-Nordmeer könnte uns im
weiteren Verlauf die Großwetterlage Atlantischer Rücken (ATR) bescheren mit
kühlem und teils zyklonalen Einfluss von Skandinavien her. Negatives
Geopotenzial über weiten Teilen des Nordatlantiks (einschl. Grönland/Ostkanada)
könnte einerseits den zonalen Charakter der Strömung über dem Atlantik (und
damit auch über West- und Mitteleuropa) befördern (siehe Ensemble-Spread bei der
Vorhersage des NAO-Index mit geringem Trend zu NAO leicht positiv), andererseits
könnten die durch die Amplifizierung der Strömung weiter zunehmenden
meridionalen Wärmeflüsse letztendlich auch die Blocking-Tendenz über Mittel- und
Nordeuropa verstärken. Alle beschriebenen Szenarien sind in den aktuellen
Clustern des IFS wiederzufinden.

Nun noch kurz zum Wetterablauf bis Donnerstag, hier wird im Wesentlichen an die
gestrige Mittelfrist (12.05.21) angeknüpft:

Am Sonntag verlagert sich die Trogachse eines Randtrogs nordostwärts.
Von Westen her nähert sich die okkludierte Front des Tiefs bei den Britischen
Inseln an, vorgelagert können sich bodennah konvergente Windstrukturen
ausbilden. Die Folge sind konvektiv geprägte Niederschläge, dabei kann lokal
Starkregen um 15 mm in kurzer Zeit nicht ausgeschlossen werden. Zum Montag
greift der Trog unter Ausdehnung nach Süden und damit
leichter Amplitudenvergrößerung von Westen mehr und mehr auf Mitteleuropa über.
Durch seine markantere Ausprägung und bei allmählicher Annäherung des Bodentiefs
nimmt auch der Druckgradient im Süden und Südwesten zu. Hiermit sind neben teils
stürmischen konvektiven Böen auch solche aus dem Gradient bzw. als Kombination
wahrscheinlich.

Am Montag und zum Dienstag kommt es südlich der Alpen an der Trogspitze
(allerdings etwas flacher als in den Vorläufen) zu einer Leetiefbildung, wodurch
es im Alpenraum länger regnen kann. Der Niederschlagsschwerpunkt dürfte sich
weitgehend auf der Alpensüdseite befinden, so dass sich im deutschen Alpenraum
zwar andauernde Niederschläge einstellen, markante Mengen aber voraussichtlich
nur inneralpin auf dem Plan stehen. Das restliche Deutschland befindet sich nach
wie vor im Bereich des Troges, wodurch gebietsweise konvektive Niederschläge
simuliert werden.

Am Dienstag amplifiziert der Trog weiter und erstreckt sich nun bis ins zentrale
Mittelmeer, damit verlagert sich die Trogachse wellenlängenbedingt zunächst nur
langsam ostwärts. Das Leetief über Norditalien füllt sich auf, da sich die sich
Hebungsvorgänge mit der Trogspitze allmählich südostwärts verlagern, allerdings
sorgen die südliche Anströmung/der Südanstau im Alpenraum zunächst noch für
weitere Niederschläge. Mitteleuropa befindet sich weiterhin unter Trogeinfluss,
kurzwellige Anteile und vertikale Instabilität sorgen recht verbreitet für
schauerartige Niederschläge und Gewitter. Erwähnt sei noch, dass mit 850
hPa-Temperaturen von etwa 0 bis 4 Grad nach wie vor ein unterkühltes
Temperaturniveau herrscht.

Am Mittwoch und zum Donnerstag verlagert sich insgesamt die Trogachse allmählich
gen Osten/ Südosten und über den Britischen Inseln kommt es zur Aufwölbung eines
Höhenrückens. Dieser wird von den Modellen zwar unterschiedlich amplifiziert,
unisono aber voraussichtlich zunächst zyklonal gebrochen bzw. abgeflacht. Für
Deutschland bleibt die Wetterlage noch Trog Mitteleuropa, wobei weiterhin
zeitweilige, meist schauerartige Niederschläge simuliert werden. Ganz im Süden,
vor allem im Alpenumfeld kann es bei Durchgang eines markanten Randtroges auch
länger regnen, markante Mengen sind aber nur gering wahrscheinlich.

Auf der Rückseite des Troges stellt sich bis Donnerstagfrüh eine
Nordwestströmung ein, in der noch ein wenig kühlere Luftmassen herangeführt
werden. Die Temperatur in 850 hPa sinkt demnach noch etwas, auf Werte zwischen
+2 und -2 Grad.

Am Donnerstag ist die Nordosthälfte wahrscheinlich noch vom abziehenden Trog und
Schauerwetter bestimmt, während sich von Südwesten die Warmfront eines kräftigen
Tiefs bei Irland annähern soll, dessen Zenit aber wohl schon überschritten ist.
Hier kommt nun die Überleitung zur erweiterten Mittelfrist, wobei die weitere
Entwicklung des Irlandtiefs (gestützt von einem amplifizierten Trog) immerhin
unterschiedlich simuliert wird in den Clustern des IFS – einige Member gehen am
linken Ausgang des sich herausgebildeten Jet-Streaks von einer erneuten
Intensivierung durch starke PVA und entsprechende Querzirkulationen aus. Das
könnte zum Samstag vorderseitig den Rücken erneut aufsteilen lassen und die
Ostverlagerung dieses neuen Troges durch eine nun größere Gesamtwellenlänge und
damit den zusätzlichen Einfluss planetarer Vorticity einerseits sowie
abnehmender Potenzieller Vorticity auf isentropen Flächen (IPV) durch starke
Warmluftadvektion in der mittleren und vor allem oberen Troposphäre im Bereich
des Höhenrückens andererseits verzögern. Das würde zumindest vorübergehend zu
einer deutlichen Erwärmung bei uns führen und könnte ggf. ein Blocking-Szenario
einläuten.

GFS hingegen lässt das weiter oben angesprochene Grönland-Blocking bis zum
Nordmeer ausgreifen, was zu einer nördlichen Strömung in Mitteleuropa führte
(ATR oder NAO negativ).

FAZIT:
Verschiedene Szenarien zur Entwicklung in der (erweiterten) Mittelfrist wurden
beleuchtet, letztendlich spricht einiges trotzdem eher für einen insgesamt
weitgehend zyklonalen Charakter mit überwiegend zonaler Strömung,
Unterbrechungen und ggf. Abweichungen davon inklusive und auch dargelegt.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Zu Beginn der Mittelfrist am Sonntag/ Nacht zum Montag wird im aktuellen Lauf
das Tief bzw. der Trog über den Britischen Inseln nebst seinen kurzwelligen
Anteilen etwas markanter und progressiver gerechnet. Dadurch könnten im Süden
und Südwesten durch einen stärkeren Gradienten neben der konvektiven
Durchmischung auch stürmische Böen (Bft 8) häufiger auftreten. Sonst bleibt die
Entwicklung bis Mittwoch recht konsistent, die Umstellung der Wetterlage zu Trog
Mitteleuropa bleibt unstrittig. Zum Donnerstag führt eine südlichere Austrogung
über dem Atlantik zum Aufsteilen der Strömung über West- und Mitteleuropa. Damit
dürfte zumindest das Temperaturniveau etwas höher liegen als in den Vorläufen.
In Bezug auf den Niederschlag ist die Konsistenz bis Mittwoch recht gut, danach
könnten auch hier die Unsicherheiten etwas zunehmen.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Die oben beschriebene Entwicklung wird von den Globalmodellen IFS, GFS, ICON
etwa bis zur Wochenmitte recht ähnlich gesehen. Ab diesem Zeitpunkt
unterscheidet sich GFS maßgeblich mit einem modifizierten synoptischen Ansatz
(siehe oben).

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Im Zeitschritt t+120…168 h gibt es vier Clusterlösungen, die synoptisch ähnlich
erscheinen, allerdings fällt hier in den Clustergruppen 2 bis 4 schon ab
Dienstag die unterschiedlich simulierte Amplifizierung der Rossby-Welle über dem
Atlantik auf.

Für den Zeitraum t+192…240 h gibt es insgesamt 5 gruppierte Cluster – darin
enthalten sind verschiedene Wetterregimes enthalten für den
atlantisch-europäischen Raum. Vertreten sind sowohl Lösungen für Atlantischer
Rücken (GFS-Lösung) als auch entsprechend Wetterlagen, die NAO positiv und
negativ entsprechen. In der letzten Clustergruppierung existiert die
beschriebene Lösung für ein angehendes Blocking über Mittel- und Nordeuropa (von
nur 7 Membern gestützt). Zu sehen ist allerdings deutlich bei allen gruppierten
Clustern die Zunahme von Wellenzahl und Amplitude der zirkumpolaren Welle.

Kurz noch zu den Rauchfahnen: Aufgrund der sich abzeichnenden Regionalität der
Wetterlage über die Mittelfrist können 2 Orte, jeweils im Norden und Süden des
Landes ausgewählt werden. Im Norden zeigt sich bei den 850 hpa-Temperaturen eine
recht glatte Linie bis Donnerstag, danach ist der dann recht große Spread
gleichmäßig nach oben und unten verteilt. Beim Geopotenzial in 500 hPa sieht es
etwa anders aus. Dort kann man nach Wochenmitte schon einen relativ konsistenten
Anstieg ausmachen, vor allem zum Wochenende hin. Die Niederschlagsneigung bleibt
über den gesamten Zeitraum erhalten, und zwar auf ähnlichem Niveau.

Im Süden (z.B. München) sieht es eigentlich nicht viel anders aus (850
hPa-Temperatur, Geopot. in 500 hPa), hier ragen allerdings die stärkeren
Niederschläge am Mo/Die sowie etwas schwächer am Mittwoch heraus.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

STARKREGEN/ DAUERREGEN:
Bei Schauern/Gewitter lokaler Starkregen um 15 l/qm in kurzer Zeit nicht
ausgeschlossen.

Im Zusammenhang mit der Leetiefentwicklung südlich der Alpen im Laufe des
Montags und am Dienstag im Alpenraum und ggf. im Alpenvorland andauernde
Niederschläge, markante Mengen zwischen 30 und 50 l/qm in 24 h wahrscheinlich
nur inneralpin.

Am Mittwoch trogbedingt am Alpenrand in 24 h markante Mengen um 30 l/qm nicht
ausgeschlossen.

WIND:
Im Süden/ Südwesten zeitweise stark auffrischender Wind (Mo/Die), markante Böen
Bft 8 nicht ausgeschlossen.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, ICON, GFS, MOSMIX

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Dr. Jens Bonewitz