S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 30.04.2021 um 10.30 UTC

Nächste Woche wechselhafte Westlage mit wiederholten Regenfällen, aber auch
eingeschobenen Zwischenhochs. Zeitweise windig.

Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 07.05.2021

„Alles neu macht der Mai…“ heißt es in einem bekannten (mehr oder weniger
zumindest) Frühlingslied. Gute Idee scheint sich die Atmosphäre nach dem wieder
mal zu trocken und vergleichsweise sonnenscheinreich ausgefallenen April zu
denken, machen wir doch mal was anderes. So läuft bereits der unmittelbar
bevorstehende Monatswechsel mit einer Vb-ähnlichen Entwicklung zyklonal ab,
bevor nächste Woche dann auf eine Westlage gestellt wird. Die Details:

Zu Beginn des mittelfristigen Prognosezeitraums am kommenden Montag erreicht das
am Wochenende wetterbstimmende Vb-Tief DANIEL (es ist kein klassisches Vb-Tief,
spielt hier jetzt aber keine Rolle) das Baltikum respektive Karelien. Die
rückseitig einfließende subpolare Meeresluft (T850 am Mittag etwa 0 bis -3°C)
gelangt unter leichte Hochdruckeinfluss, der sich in Form eines flachen, bis
nach Süddeutschland ausgreifenden Azorenhochkeils widerspiegelt. Gestützt wird
der Keil von einem nicht minder flachen Höhenrücken, der recht zügig von West
nach Ost über den Vorhersageraum hinwegwandert.

Dahinter bringt sich über dem nahen Atlantik bzw. UK/Irland bereist der nächste
Kurzwellentrog in Positur, der mit einem veritablen Bodentief korrespondiert.
Während der KW-Trog am Dienstag unter Abflachung Kurs auf Deutschland nimmt,
zieht es das Tief via mittlere Nordsee in den Norden der Kimbrischen Halbinsel.
Am Abend dort angekommen dürfte es einen Kerndruck von rund 985 hPa aufs
Barometer bringen, was ihm den Titel eines soliden, aber nicht um den Aufstieg
in die Königsklasse mitspielenden Sturmtiefs bringt. Immerhin sorgt es in weiten
Landesteilen nicht nur für einen windigen, sondern vielerorts auch nassen
Dienstag. Dabei passiert eine teilokkludierte Kaltfront Deutschland von
Nordwesten in den Südosten, wo sie in der Nacht zum Mittwoch südlich der Donau
ins Schleifen gerät. Rückseitig gelangt erneut subpolare Meeresluft ins Land,
die zumindest niedertroposphärisch ähnlich temperiert ist wie die
Vorgängerluftmasse vom Montag (vor allem im Süden und Südosten wird es
präfrontal vorübergehend milder).

Am Mittwoch zieht das Tief weiter nach Südschweden, wobei es weiterhin für unser
Wetter verantwortlich zeichnet. Zwar nimmt der Wind mit Ausnahme
Norddeutschlands ab, die Zyklonalität bleibt aber erhalten. Dabei dreht die
Höhenströmung kurzzeitig zurück auf Südwest, bevor in der zweiten Tageshälfte
eine weiterer KW-Trog von Westen her den Weg zu uns findet. Angefüllt mit labil
geschichteter höhenkalter Luft (T500 mit Ausnahme des Südens und Südostens um
-32°C, T850 um -2°C) sorgt der Trog für rege Kaltluftkonvektion bis hin zu
kurzen Gewittern.

Am Donnerstag gelangen wir rasch auf die Rückseite des ostwärts abziehenden
KW-Troges, während sich das Bodentief über Südschweden auffüllt. Unter dem
Strich resultiert daraus leichter Zwischenhocheinfluss, der aber vornehmlich im
Süden greift (im Norden wolkiger und mitunter etwas Regen). Schon in der Nacht
zum Freitag nähert sich von Frankreich her die nächste Kurzwelle mit einem
1000-hPa-Bodentief, das tagsüber mit verbreiteten Regenfällen über die mittleren
Landesteile ost-nordostwärts zieht. Dabei wird – vorübergehend – etwas mildere
Luft zumindest im Süden und Südosten angesaugt (T850 +2 bis +6°C), bevor
abermals subpolare Meeresluft die Oberhand gewinnt.

In der erweiterten Mittelfrist simuliert IFS nach erneutem kurzen
Zwischenhocheinfluss schon am Samstag das Übergreifen eines neuen
Frontensystems, das zu einem über UK/Irland in Richtung nördliche Nordsee
ziehenden Sturmtief gehört. Dahinter soll sich über dem nahen Atlantik eine
veritable Austrogung mit positiv geneigter Achse vollziehen, was bei uns eine
wärmere, zunächst aber noch zyklonal gefärbte Südwestlage zur Folge hätte.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Legt man bei der Konsistenzbetrachtung die großräumige Strömungskonstellation
als Maßstab zugrunde, kann man IFS (ECMF) eine gute Performance attestieren. So
bleibt das Modell seiner Linie treu, uns nächste Woche einen sehr wechselhaften
und zeitweise windigen Witterungsabschnitt mit wiederholten Regenfällen
anzubieten – die Natur sagt Dankeschön!
Was noch nicht so klappt – für eine zyklonale Westlage aber alles andere als
überraschend – sind die Phasen- respektive Timingunterschiede der bestimmenden
Druck- und (kurzwelligen) Potenzialgebilde. Auch auf der räumlichen Skala weisen
die Basisfelder vor allem zum Ende der Mittelfrist hin Unschärfen auf, die
prinzipiell aber nichts an der grundlegenden Ausrichtung ändern.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Das Bestreben sämtlicher für gewöhnlich an dieser Stelle begutachteten
Globalmodelle (namentlich ICON, GFS, GEM, UKMO), nächste Woche auf „West“ zu
stellen, ist unstrittig. So rechnen z.B. alle Modelle mit vergleichsweise nur
geringen Differenzen das o.e. Sturmtief, das von der Nordsee nach
Südskandinavien zieht. Ansonsten gelten eigentlich die gleichen Aussagen, die
schon bei der Konsistenzbetrachtung getroffen wurden. Dabei erscheint es dem
Verfasser wenig sinnvoll, bestimmte Punkte herauszugreifen und näher zu
analysieren. Der nächste Lauf wird hochgradig wahrscheinlich wieder etwas anders
aussehen.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Wegen einer offensichtlich schwer zu behebenden technischen Störung auf der
Homepage des ECMF liegen weder EPS-Rauchfahnen noch EPS-Cluster vor. Die im
hauseigenen System NinJo vorhandenen EPS-Meteogramme von IFS (ECMF) stützen die
Lösung des Hauptlaufs (Dienstag/Mittwoch am windigsten, Regen vor allem am
Dienstag, Mittwoch, Freitag), auch wenn die zunehmende Länge der Kastengrafiken
(Box-Whisker-Plots) etwa ab Dienstag ein deutlicher Hinweis auf vermehrte
Unschärfen ist.

Diese oder ähnliche Unschärfen lassen sich übrigens auch in den Rauchfahnen
verschiedener deutscher Städte von GFS-EPS feststellen. Bis Montag sind die
Verläufe gutmütig ohne großen Spread, bevor sie ab Dienstag deutlich und zum
Teil vogelwild auseinanderlaufen. Die Spreizung bedeutet aber mitnichten, dass
völlig unterschiedliche Großwetterlagen auf die Karte kommen. Vielmehr dürften
sich dabei die zunehmenden zeit-räumlichen Unschärfen der Vorhersagen
widerspiegeln. Ein Indiz für diese Behauptung findet man in der
Windrosenverteilung, bei der bis nächsten Freitag fast ausschließlich die
Sektoren West und Südwest bedient werden.

FAZIT: Die Richtung für die erste Maiwoche scheint vorgegeben, die Zeichen
stehen auf zyklonaler Westlage (wobei nach Hess-Brezowsky nicht nur zwingend Wz
(West zyklonal) als Label vergeben werden muss, sondern auch mal WS (südliche
Westlage) auftreten kann). Der genaue zeit-räumliche Ablauf hingegen wird nach
hinten raus immer unsicherer.

So, kurz vorm Abschicken des Bulletins haben es die Techniker in Reading nun
wohl doch geschafft, die üppige Produktpalette sichtbar zu machen. Noch eine
kurze Einschätzung:

RAUCHFAHNEN:
Im Vergleich zu den GFS-EPS-Rauchfahnen beginnt die Streuung etwas später. Der
Dienstag verläuft demnach noch gutmütig.

CLUSTER:
T+120…168 h drei Cluster mit ähnlichen Mustern (Tiefpassage
Nordsee-Südskandinavien überall vertreten).

T+192…240 h drei Cluster (30 Fälle + HL/KL, 13, 8) mit unterschiedlichen
Lösungen (Südwestlage, Omega mit Hoch Mitteleuropa und antizyklonale Westlage).

FAZIT 2: Am ersten FAZIT ändert sich kaum etwas. In der erweiterten Mittelfrist
dann viel Spielraum mit Temperaturtrend nach oben.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Auch wenn seit langer Zeit mal wieder eine Westlage ansteht, deutet derzeit
nicht viel darauf hin, dass es dabei so richtig fetzig zur Sache geht. Nichts
gegen das Sturmtief, das am Dienstag/Mittwoch nördlich an uns vorbeizieht. Aber
die Geometrie des Tiefs als auch die allenfalls nur mäßig ausgeprägte
Frontalzone deuten zwar auf Wind und gebietsweise auch Sturm mit Böen der Stärke
8-9 Bft (Dienstag Westen/Nordwesten/Mitte, Mittwoch eher Norddeutschland) hin,
mehr ist aus jetziger Sicht aber nicht zu erkennen.

Auch beim herzlich willkommenen Niederschlag zeichnet sich von ganz wenigen
Ausnahmen abgesehen (z.B. GFS am nächsten Donnerstag/Freitag im Süden und
Südwesten) kein Überschreiten der markanten Dauerregenschwelle ab. Und dass die
für Mittwoch apostrophierten Kaltluftgewitter mal von Böen 8 (9) Bft und kleinem
Hagel begleitet sein können, wird interessiert zur Kenntnis genommen, bereitet
aber kein Magendrücken.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS-EPS mit MOS-Mix.

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann