S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 16.04.2021 um 10.30 UTC

Nach Milderung zum Wochenanfang bei leicht wechselhaftem Wetter ab Wochenmitte
voraussichtlich erneute Abkühlung und weiter eher unbeständig.

Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 23.04.2021

Weiterhin können wir uns in der ab Montag beginnenden Mittelfrist mit dem schon
seit Wochen vorherrschendem Wetterregime der Blockierung beschäftigen, das die
Meridionalität anhalten lässt und dadurch erneut Kaltluftausbrüche bei uns
möglich macht. Es stellt sich sogar die Frage, ob der bisher völlig unterkühlte
April dadurch sein Wärmedefizit ins Ziel retten kann und damit einen deutlichen
Gegensatz zu den drei viel zu warmen April-Monaten der letzten Jahre bildet.

Am Montag wird die Blockierung durch einen bis ins Barentssee aufragenden Rücken
manifestiert, dem weiter westlich ein Langwellentrog über dem Nordmeer
gegenübersteht. Der Rücken stützt ein Hoch mit Zentrum über Nordwestrussland,
das einen Keil bis nach Skandinavien und bis in die Nordsee aussendet.
Allerdings wird der Rücken unter seinem Dach über Skandinavien, Mittel- und
Südosteuropa durch mehrere Höhentiefs unterlaufen, die zudem über Südosteuropa
tiefen Luftdruck am Boden produzieren. Nimmt man nun noch das Azorenhoch und ein
Tief an der Südspitze Grönlands hinzu, kann ein Viererdruckfeld mit einem
„High-over-Low“ über Osteuropa identifiziert werden.

Im Verlauf der Mittelfrist bleibt von dem Viererdruckfeld jedoch nicht mehr viel
übrig, weil sich erstens das Gebilde durchaus progressiv zeigt und zweitens
meridionale Bewegungen das System aufbrechen. Merdionale Bewegungen finden dabei
durch einen von der Labradorsee nach Süden laufenden Trog und durch den
amplifizierenden Nordmeertrog statt, wobei sich als Ausgleich ein Rücken
dazwischen bis nach Island aufwölbt (erneute Blockierung).

Zum Wochenbeginn am Montag und Dienstag zeichnet sich vor allem das vom Balkan
zur Ukraine wandernde Höhentief samt zugehörigem Bodentief für das Wetter in
Deutschlands verantwortlich. Bei Temperaturen von 0 bis 3 Grad in 850 hPa ist es
nicht mehr ganz so kalt wie in dieser Woche, allerdings werden auch etwas
feuchtere Luftmassen zu uns gelenkt. Inwieweit diese das Absinken des
Russlandhochs durchbrechen können, wird von den Modellen unterschiedlich
beantwortet.

Ab Mittwoch geraten wir dann mehr und mehr unter dem Einfluss des Nordmeertrogs,
der ein Höhentief in die Nordsee abtropfen lässt. Dieses stützt ein Bodentief an
fast gleicher Stelle. Die Kaltfront des Tiefs erreicht im Tagesverlauf von
Westen her Deutschland. Postfrontal setzt sich erneut über dem Meer erwärmte
Polarluft mit T850 hPa von -2 bis -6 Grad durch. Bis zum Freitag machen es sich
Höhen- und Bodentief über Dänemark „gemütlich“, womit vor allem der Norden von
wechselhafterem Wetter traktiert wird. Nach Süden hin könnte sich dann bereits
eine Warmfront eines Tiefs nordwestlich der Iberischen Halbinsel bemerkbar
machen, was dort die Temperaturen wieder auf über 0 Grad treiben würde.

In der erweiterten Mittelfrist ab Samstag kommt die Warmfront bis in die Mitte
des Landes voran und fungiert als Bindeglied des von Dänemark nach Finnland
ziehenden Tiefs zum Tief nordwestlich der Iberischen Halbinsel. Die
Luftmassengrenze hätte im Norden Temperaturen in 850 hPa von 0 bis -4 Grad, im
Süden von 3 bis 10 Grad zur Folge.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Bis zum Dienstag stehen der heutige 0 UTC-Lauf des EZMW und seine beiden
gestrigen Vorläufe noch im guten Einklang. Anschließend forciert der neue Lauf
ein sich abspaltendes Höhentief über der Nordsee, das es in den Vorläufen gar
nicht gab. Statt Hoch über der Nordsee heißt es nun Tief über der Nordsee, was
einen wechselhafteren und im Norden windigen Witterungsabschnitt bringt. Darüber
hinaus setzt sich die allerdings auch schon von den Vorläufen angedachte
Abkühlung rascher durch. Im weiteren Verlauf quartiert sich das Höhentief im
neuesten Lauf über Dänemark ein, wohingegen der gestrige 12 UTC-Lauf einen
Randtrog an dem vom Nordmeer nach Skandinavien ziehenden Langwellentrog nach
Mitteleuropa vorankommen ließ. Der gestrige 0 UTC-Lauf zeigte in dieser Phase
ebenfalls einen Langwellentrog, aber bereits weiter östlich und mit einem
schwächeren Randtrog über Polen. In der erweiterten Mittelfrist potenzieren sich
die Gegensätze so weit, dass detaillierte Erklärung hier den Rahmen sprengen
würde. Insgesamt kann dem neuen Lauf also eine schlechte Konsistenz zugesprochen
werden.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

ICON folgt der Theorie des EZMW mit dem sich abspaltenden Höhentief zur
Wochenmitte nicht und lässt stattdessen den sich amplifizierenden Langwellentrog
über Skandinavien bis nach Polen ziehen. Das hat noch Ähnlichkeit mit dem
gestrigen 0 UTC-Lauf des EZMW, allerdings hängt der Trog beim ICON auch zurück
und ist stärker. GFS folgt beim Höhentief schon eher dem EZMW, lässt dieses aber
anschließend nach Deutschland wandern und ist nicht so kräftig ausgeprägt (nicht
so windig im Norden). Allen gleich ist jedoch, dass sich die kältere Luft
durchsetzt. GEM wiederum belässt den Nordmeer-Langwellentrog über Skandinavien,
sodass nur im Norden kühlere Luft einsickern würde. Zudem würde Deutschland auf
die Vorderseite eines Tiefs über der Biskaya geraten, womit eine sehr milde
südwestliche Strömung unter eher antizyklonalen Vorzeichen generiert würde.
NAVGEM ist bis zum Ende des Vorhersagezyklus am Freitag dem ICON ziemlich
ähnlich.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

RAUCHFAHNEN:
Bis zum Dienstag verlaufen die Rauchfahnen des EZMW-Ensembles für diverse
deutsche Städte sowohl bei T850 hPa als auch bei Geopot 500 hPa eng gebündelt,
was dem deterministischen Lauf bis dahin größere Sicherheit verleiht. Danach
öffnen sich die Kurven, wobei Haupt- und Kontrolllauf jeweils an den unteren
Rand der Streuung geraten in einen von zwei Bereichen mit Häufung von
Mitgliedern. Der zweite Median-Bereich ist bei höheren Temperaturen und höherem
Geopotenzial angesiedelt, womit die in den Läufen der Vortage angedachte weitere
Milderung also doch noch nicht ganz vom Tisch ist.

CLUSTERANALYSE:
Bei t+120…168h (Mittwoch (0 UTC) bis Freitag (0 UTC)) werden 5 Cluster mit
unterschiedlichen Regimen angeboten. Trog, sich abspaltendes Höhentief und
räumliche Zuordnungen davon differieren dabei deutlich, was die bereits in den
Abschnitten zuvor gefundenen Diskrepanzen unterstreicht und die Vorhersage
unsicher macht. Bei C1, C2 und C5 mit 18, 17 und 5 Mitgliedern wird übrigens
kein Höhentief simuliert, was dieses auf sehr wackelige Füße stellt.
Bei t+192…240h (Samstag (0 UTC) bis Montag (0 UTC)) gibt es zwar nur noch 3
Cluster, das Spektrum reicht über Mitteleuropa dann aber von Höhentief oder
Rücken über uns bis hin zu Langwellentrog östlich von uns. Böse Zungen würden
sagen: „Nix Genaues weiß man nicht“.

FAZIT:
Die Milderung bis zum Dienstag bei leicht wechselhaftem Wetter wird stabil
gerechnet. Ab Mittwoch zeigen die Modellergebnisse keinen eindeutigen Trend,
vieles ist möglich. Ein neuerlicher Kaltlufteinbruch scheint aber aufgrund der
Mehrzahl der Modelle und vor allem der Muster der vergangenen Wochen eher
wahrscheinlich. Auf welche Art dieser zustande kommt, wird sich erst noch zeigen
müssen. Dass dieser eher zyklonal daher kommt, ist nicht unwahrscheinlich. Das
mögliche Windereignis in der Nordhälfte Deutschlands am Donnerstag/Freitag
könnte sich mit den nächsten Modellläufen bald wieder als „laues Lüftchen“ bzw.
als „Luftnummer“ herausstellen, sollte aber natürlich weiter beobachtet werden.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Das einzige mögliche markante Wetterereignis bezieht sich auf dem vom EZMW vom
Hauptlauf angedachten möglichen Sturm am Donnerstag/Freitag. EFI zeigt dabei
jedoch keine Auffälligkeiten, auch die weiteren Modellergebnisse lassen vorerst
nicht auf ein größeres Windereignis schließen.

Basis für Mittelfristvorhersage
EZMW, EZMW-EPS, MOSMIX. Zum Ende hin eher EZMW, da im MOSMIX zu viel „Klima“ ist
und die Abkühlung möglicherweise nicht ausreichend berücksichtigt wird.

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Simon Trippler