S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 15.04.2021 um 10.30 UTC

Zunächst zögerlich milder, bevorzugt im Süden und Osten leichte Niederschläge.
Zum Ende von Norden wieder kühler und häufig trocken.

Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 22.04.2021

Die Mittelfrist ist zunächst geprägt von einer kräftigen Blockierung (hoher
Luftdruck und hohes Geopotenzial über Skandinavien und Nordosteuropa), das durch
einen markanten Grönland-Trog gestützt wird. Demgegenüber steht tiefer Luftdruck
bzw. relativ gesehen tieferes Geopotenzial in Süd- und Südosteuropa. Diese
Konstellation entspricht synoptisch einer High-over-Low-Lage. Dadurch wird
zumindest bis Anfang der neuen Woche der NAO-Index leicht negativ bleiben.

Zur Wochenmitte kommt etwas Bewegung in die eingefahrene Lage. Verantwortlich
dafür sollte ein über dem westlichen und mittleren Nordatlantik im Verlauf stark
amplifizierter Langwellentrog sein, der vorderseitig hohes Geopotenzial von
Grönland bis zu den Britischen Inseln (Höhenrücken)aufbaut. Dadurch wird die
Rossby-Welle über dem atlantisch-europäischen Raum etwas progressiver. Damit
einhergehend verlagert sich der Grönlandtrog in Richtung Skandinavien, unter
deutlicher Verkürzung seiner Wellenlänge und zunehmender Amplitude, was teils
auch dem hohen Geopotenzial weiter östlich geschuldet ist. Die entscheidende
Frage für Mitteleuropa wird die Progressivität der Welle sein, die von den
Modellen noch recht unterschiedlich simuliert wird. Synoptisch gesehen bietet
diese Konstellation recht hohes Potenzial für einen erneuten meridionalen
Kaltluftausbruch nach Mittel- bzw. Osteuropa an.

Kurz noch zum konkreten Wetterablauf für Deutschland:

Bis Dienstag verbleibt das Vorhersagegebiet zwischen hohem Luftdruck über
Skandinavien und Nordosteuropa und tiefem Luftdruck über Süd- und Südosteuropa
in einer nordöstlichen Strömung, wobei sich die liegengebliebene Kaltluft in
Mitteleuropa strahlungsbedingt und aufgrund schwacher Warmluftadvektion um das
Höhentief über Süd- und Südosteuropa herum allmählich erwärmt (850
hPa-Temperatur steigt bis Dienstagfrüh auf o bis etwa 3 Grad Celsius an).
Gleichzeitig wird von den Modellen in diesem Zeitraum recht einheitlich
zeitweise moderate Hebung über dem Osten und Südosten simuliert (WLA und PVA
durch kurzwellige Anteile).

Zum Mittwoch verlagert sich das Höhentief mit Schwerpunkt etwa bis zur Krim bzw.
zum Asowschen Meer. Gleichzeitig rückt von den Britischen Inseln und der Nordsee
eine stark abgeschwächte und okkludierte Front näher an Deutschland heran, die
aber voraussichtlich von steigendem Luftdruck über den Britischen Inseln
(gestützt durch den beschriebenen amplifizierten Rücken über dem Ostatlantik)
überlaufen wird und sich im südlichen Teil weitgehend auflöst. Über
Südskandinavien sollte diese allerdings durch den ehemaligen Grönlandtrog
aktiviert werden, der sich über dem Nordmeer und Skandinavien stark
amplifiziert. Danach ist wie beschrieben die weitere Zugbahn des Troges
unsicher, wobei die zugehörige Kaltfront am Donnerstag etwa bis zur Mitte
Deutschlands vorankommen sollte. Dann könnte die 850 hPa-Temperatur im Norden
des Landes wieder auf -3 bis -5 Grad absinken. Auch im Süden sinken die 850
hPa-Temperaturen auf Werte zwischen 0 bis -2 Grad. Mit dem Trog wird im Norden
und Osten dynamische Hebung (durch PVA) und eine gewisse Labilisierung
(IPV-Anomalie auf Theta = 320 K) simuliert, die teils für konvektive
Niederschläge sorgen könnte. Im Rest Landes sollte die Kaltfrontpassage eher
antizyklonal (meist trocken) über die Bühne gehen.

In der erweiterten Mittelfrist könnte Deutschland zwischen hohem Luftdruck über
dem Nordmeer und tiefem Luftdruck über Nordosteuropa in einer nördlichen
Strömung liegen, die voraussichtlich weiterhin eher antizyklonal geprägt sein
sollte.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Synoptisch gesehen bestehen bereits am Beginn der Mittelfrist Unterschiede in
Bezug auf Lage und Wetterwirksamkeit der Höhentiefs, einerseits das umfangreiche
Höhentief mit mehreren Bodentiefs über dem zentralen Mittelmeerraum und
andererseits kleinräumige Höhentiefs über Osteuropa. Relevant für Mitteleuropa
ist diesbezüglich in erster Linie das Auftreten und die Menge an Niederschlag,
der in den Läufen entsprechend unterschiedlich simuliert wird. Zum Ende der
Mittelfrist wird das Übergreifen eines Langwellentroges von Norden her nun
weiter östlich gerechnet. Damit könnten auch die damit einhergehende Abkühlung
sowie zu erwartende Niederschläge aufgrund verstärkt antizyklonalen Einflusses
von den Britischen Inseln her schwächer ausfallen.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Die synoptische Entwicklung wird von anderen Globalmodellen wie ICON oder GFS
zunächst recht ähnlich gesehen. Im Detail gibt es natürlich bezüglich Lage und
Wetterwirksamkeit der erwähnten Höhentiefs noch teils deutliche Unterschiede.
Zum Ende der Mittelfrist wird die Verlagerung des Langwellentroges über
Skandinavien am Rande hohen Luftdrucks und Geopotentials von den Britischen
Inseln bis ins Nordmeer (GFS) dann unterschiedlich gerechnet. IFS und auch ICON
simulieren die Progressivität der erneut recht stark amplifizierten Rossby-Welle
deutlich stärker als GFS. Damit fällt der markanteste Kaltluftausbruch,
gekoppelt mit mehr Niederschlagssignalen nach dieser Lesart eher weiter östlich
und südöstlich aus.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die Clusterung von IFS weist bis +96 h nur ein gruppiertes Cluster auf, was der
weiter oben beschriebenen synoptischen Situation entspricht. Die folgenden
Cluster (t+120…+168 h) bestehen aus 3 synoptischen Mustern, die allerdings für
Mitteleuropa nur insofern Relevanz aufweisen, als dass jeweils sowohl der
amplifizierte Rücken über dem Ostatlantik als auch der Trog über Skandinavien
sich im Verlauf in Bezug auf Wellenlänge, Ausprägung und Progression der
Rossby-Welle insgesamt unterscheiden.

Im nachfolgenden Zeitschritt (t+192…240 h) wird die oben genannte Diversität
weitergeführt. Konkret lässt Cluster Nr.3 den beschriebenen Höhenrücken über dem
Ostatlantik mehr in Richtung Mitteleuropa wandern. Die Mehrzahl der ENS-Member
(Cluster Nr.1 und Nr.2) simuliert allerdings im Wesentlichen den Aufbau einer
Geopotenzialbrücke von den Britischen Inseln bis nach Nordosteuropa. Das könnte
zu einer Abschnürung des ehemaligen Troges über Osteuropa mit Tendenz zu einer
erneuten High-over-Low-Lage führen (Schema hohes Geopotenzial über dem Nordmeer
und Skandinavien und tiefem Geopotenzial über Ost- und Südosteuropa) oder aber
Hoch Ostatlantik/ Nordmeer und entsprechend tiefer Luftdruck über Skandinavien
bzw. Osteuropa. Auffällig ist hier der Spread bzgl. Prognose des NAO-Index (von
leicht positiv bis erneut negativ). Insgesamt sind also Großwetterlagen wie
Nord- oder Nordost antizyklonal, eventuell auch zyklonal und mit geringer
Wahrscheinlichkeit auch Trog Mitteleuropa im Spektrum der Möglichkeiten.

Bei Betrachtung der Rauchfahnen für repräsentative Regionen in Deutschland
bestätigt sich im Wesentlichen der beschriebene Trend:
Im Norden und Osten sieht man den Trend zu einem zögerlichen Anstieg der
850-hPa-Temperatur so bis Mittwoch. Danach sinken die Werte (bei allerdings
recht großem Spread nach oben) wieder auf -4 bis -6 Grad bis nächsten Freitag
(Kontrolllauf und Hauptlauf). Deutliche Signale für leichte Niederschläge sind
bis Dienstag vorhanden, danach nimmt die Unsicherheit wie beschrieben deutlich
zu.

Nach Süden und Südosten sieht es bezüglich der Niederschlagssignale ähnlich aus,
allerdings wird die Abkühlung später (zum nächsten Wochenende hin, bei sehr
großem Spread) und auch mit geringerer Amplitude simuliert (Hauptlauf und
Kontrolllauf).

Ähnliches gilt für den Westen des Landes. Dort werden zudem die ohnehin
schwachen Niederschläge noch mit geringerer Wahrscheinlichkeit simuliert.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Im gesamten Mittelfristzeitraum sind sehr wahrscheinlich keine markanten
Wetterereignisse zu erwarten.

Erwähnenswert bleibt lediglich die zunehmende Trockenheit (vor allem in Teilen
der Mitte und des Südens).

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS-EPS, GFS-EPS, ICON, MOSMIX

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Dr. Jens Bonewitz