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S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 09.04.2021 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
Interessante Grenzwetterlage am Wochenende.

Schnee, vor allem im Bergland, auf der kalten Seite, Gewitter, teils markant auf
der warmen Seite.

Synoptische Entwicklung bis Montag 12 UTC

Aktuell … liegen wir an der Südflanke eines Langwellentroges über Nord- und
Nordwesteuropa unter einer westlichen Strömung. Da sich der Trog über die
Nordsee nach Westen ausdehnt und dort etwas nach Süden schwenkt, beginnt die
Höhenströmung über Deutschland langsam etwas Richtung Südwest zu kippen.
Zu dem Trog gehört auch ein Tiefdruckgebiet, das zur nördlichen Ostsee zieht,
von wo aus sich eine Kaltfront schleifend auch über Norddeutschland nach Westen
erstreckt. Dieser wird aber in gewisser Weise das Wasser abgegraben, da sich ein
weiter südlich gelegener Ast der Frontalzone in Form einer Warmfrontwelle über
Frankreich in die Landesmitte vorarbeitet, wo sich in der Folge auch die
zunehmenden Temperaturgegensätze und die maximale Hebung konzentrieren.
Kompensatorisch setzt im Norden leichtes Absinken und Druckanstieg ein, womit
die Kaltfront beginnt sich abzuschwächen.

Der sich verschärfende Temperaturkontrast und die damit verbundene
frontogenetische Lage über Mitteleuropa gehen auf ein Viererdruckfeld zurück,
das sich im Norden aus einem Hoch südwestlich Islands und dem erwähnten Tief
über Skandinavien zusammensetzt, denen im Süden ein Tief westlich der Iberischen
Halbinsel und ein Hochdruckgebiet über dem Balkan gegenüberstehen.

In der von Norden einfließenden kalten Meeresluft geht die Temperatur in 850 hPa
auf -7°C zurück, während im Süden, wo mildere, teilweise auch feuchtere Luft
einströmt, +5°C in 850 hPa erwartet werden.
An der sich über der Mitte formierenden Luftmassengrenze (die aus der
Warmfrontwelle hervorgeht) setzen von Frankreich und Belgien her schauerartige
Regenfälle ein, die sich bis in die Frühstunden zur Elbe in Sachsen und
Sachsen-Anhalt ausbreiten.
Mit steigendem Wassergehalt und teils kräftiger Hebung sind im Westen vereinzelt
mehr als 10 mm in 6h möglich, Warnschwellen geraten aber nicht in Gefahr. Auch
langt die etwas zunehmende Labilität nicht für Warmlufteinschubgewitter.

Während im Norden der Druckgradient unter einer schmalen Hochdruckbrücke nur
gering ist, frischt der Wind südlich der Frontalzone etwas auf, in Hochlagen des
Südwestens auch deutlicher und im Hochschwarzwald sind einzelne stürmische Böen
oder Sturmböen möglich.

Frost ist am ehesten ganz im Südosten, wo es teilweise gering bewölkt oder klar
bleibt, zu erwarten. Aber auch im Norden, wo größere Auflockerungen zu finden
sein sollten, kann es in der frischen Kaltluft unter den Gefrierpunkt abkühlen.

Samstag … zieht sich der Trog über Nordwesteuropa eher noch etwas in die
Länge, als dass er Boden nach Südosten gut macht. Er kippt in seinem Westteil
nach Süden, wodurch die Strömung über uns weiter nach Südwest rückdreht.
Vorderseitig liegt die Tiefdruckrinne, welche von der Biskaya über Frankreich in
die Mitte Deutschlands reicht.

Die Kaltfront im Norden verschwindet, die Welle an der Luftmassengrenze zieht
nach Osten ab und vor einem nächsten Tief über Frankreich sowie der
rückdrehenden Höhenströmung kommt die Luftmassengrenze langsam nach Norden
voran. Die Temperaturgegensätze über Deutschland verstärken sich noch etwas. In
der subtropischen Warmluft über in der Südosthälfte werden in 850 hPa +4 bis
(leicht föhnige) +8°C erreicht, in der maritimen Polarluft im Norden stehen 0
bis -7°C an.
Frontale Prozesse, Warmluftadvektion, aber auch kurzwellige Troganteile
generieren Hebung. Entsprechend regnet es zunächst in einem breiten Streifen
über der Mitte, nachmittags eher über dem Norden und Nordwesten, mit teils um 5
mm in 6 Stunden. Warnschwellen werden (bei weitem) nicht erreicht.

Die Warmluft südlich der Luftmassengrenze wird dabei zwar zusehends instabiler,
bleibt aber auch recht trocken, sodass hochreichende Konvektion, sprich Gewitter
nicht zu erwarten sind.

Auch ganz im Norden, zwischen Nordseeumfeld und Vorpommern bleibt es trocken,
aber kühl mit Aufheiterungen und Maxima meist unter 10 Grad. Auch im Süden zeigt
sich die Sonne längere Zeit, verbunden aber mit warmen 15 bis 19 Grad. Im Regen
werden meist 10 bis 15 Grad erreicht.

Auf der warmen Seite der Luftmassengrenze lebt der Wind in tiefen Lagen aus Süd
bis Südwest auf, ohne warnrelevant zu werden. Die Böen im Hochschwarzwald
schwächen sich im Tagesverlauf schon wieder ab, während es in den Alpen durch
die aufsteilende Strömung leicht föhnig wird mit Sturmböen (abends/Nacht auf
Sonntag) auf einigen Gipfeln.

In der Nacht zum Sonntag schwenkt der Trog über GB nach Südosten, mit der Folge,
dass bei uns die Höhenströmung ganz auf Südwest dreht. Die Bodenrinne mit der
eingelagerten Luftmassengrenze richtet sich ebenfalls etwas mehr SW-NE aus und
ein nächstes Wellentief zieht über Benelux ins südliche Niedersachsen.
Insbesondere auf der kalten Seite der Luftmassengrenze, die von der Eifel bis
ins nördliche Brandenburg verlaufen soll, zumindest nach Lesart ICON und noch
mit Unsicherheiten behaftet, regnet es verbreitet. Verbunden mit dem kleinen
Tief ist auch ein Hebungsmaximum, das 10 bis 15 mm in 6h an Niederschlag bringen
kann. Meist fällt dabei Regen.

Allerdings strömt unter die aufgleitende milde Luft ganz im Norden und
Nordwesten mit kräftigem Nordostwind kalte Luft ein, sodass (vor allem wohl in
Schleswig-Holstein, westliches Niedersachsen) bei Temperaturen knapp über 0°C
auch Schneefall nicht ausgeschlossen ist. Ob da was liegen bleibt???

Rückseitig der Welle kommt der Regen, teils schauerartig durchsetzt über dem
Westen wieder nach Süden voran.

Außer ganz im Norden, wo die 0 Grad fast erreicht werden, liegen die Minima mehr
oder weniger deutlich über dieser Marke.
Der Ost- bis Nordostwind frischt mit Annäherung des Tiefs an den Küsten auf, mit
einigen 7er, exponiert Bft 8 an der westliche Ostsee und auflandig an der
Nordsee (Ostfriesland). Auch die Mittelgebirgsgipfel kriegen kräftigere Böen,
hier allerdings aus Südwest mit Bft 7 bis 8, Brocken 9 Bft. In den Alpen sind
durch leichten Föhn Bft 10 nicht ausgeschlossen.

Sonntag … kommt der Höhentrog nur wenig ostwärts voran. Eher zeigen sich über
dem Ärmelkanal Tendenzen zu einem Abtropfen. Vorderseitig steilt die
Höhenströmung weiter auf und die Föhnsituation in den Alpen verstärkt sich noch.
Auch die Bodentiefdruckrinne nimmt eine immer meridionalere Ausrichtung an,
wobei sie sich – nebst eingelagerter, leicht wellender Luftmassengrenze – im
Tagesverlauf allmählich ostwärts verlagert.

Rückseitig dreht der Wind im Norden und Westen auf nördliche Richtungen und
frischt etwas auf, während er sonst eher schwach aus SE weht. Die
Temperaturgegensätze verschärfen sich dabei weiter. So stehen in 850 hPa am
Abend im Nordwesten -7°C auf der Karte, während es im Süden und Südosten teils
föhnbedingte 8 bis 11°C sind. In 2 m Höhe, kommen im Nordwesten bei Niederschlag
kaum 5°C zustande, während in der Südosthälfte nicht selten die 20°C-Marke
überschritten wird.
Nicht nur die Temperaturen weisen große Unterschiede auf, auch der Wetterablauf
könnte regional unterschiedlicher fast nicht sein.

Auf der kalten Seite der Luftmassengrenze fällt im Westen und Norden sowie
Teilen der Mitte z.T. länger andauernder Niederschlag. In den westlichen
Mittelgebirgen geht dieser oberhalb 300 bis 500m in Schnee über. Ob es tagsüber
schon weiter runter schneit, ist fraglich. Abhängig von der
Niederschlagsintensität, ist Schnee oder Schneeregen bis ganz runter aber auch
nicht ausgeschlossen.

Darüber hinaus werden am warmen Rand des Niederschlagsgebietes die Bedingungen
für konvektive Umlagerungen besser. So nimmt nicht nur die Labilität zu, es wird
auch mehr Feuchte akkumuliert (PPW bis 20 mm), so dass einige hundert Joule pro
Kilogramm CAPE generiert werden können. Insbesondere vom Schwarzwald bis in die
östliche Mitte können sich am Nachmittag und Abend einzelne Gewitter entwickeln,
die von Starkregen und/oder Böen 7-8 Bft begleitet sein können.

Abseits der möglichen Konvektion präsentiert sich der Sonntag weiter südöstlich
trocken mit viel Sonnenschein, wenn auch einigen hohen und mittelhohen
Wolkenfeldern. In den Alpen bleibt der Föhn am Leben mit Böen 8-10 Bft auf den
Gipfeln.

In der Nacht zum Montag macht die diagonal von Südwest nach Nordost
verlaufende Rinne/Luftmassengrenze langsam Boden nach Osten hin gut. Auf der
kalten Seite kommt es gegenstrombedingt zu Dauerniederschlägen, die
aufgrund permanenter KLA bzw. Verdunstungsabkühlung bis in tiefe Lagen in Schnee
übergehen können. Eine Regionalisierung ist noch nicht möglich, Potential für
teilweise kräftige Schneefälle ist aber vor allem im Bergland, aber nicht nur
dort, vorhanden.
Der nordwestliche Wind auf der Rückseite der Rinne frischt auf und vor allem im
Bergland und an den Küsten sind 7er Böen mit von der Partie. Dazu steigt im
Nordwesten mit zunehmenden Auflockerungen die Wahrscheinlichkeit für leichten
Frost, der ansonsten vor allem im Bergland zu finden sein dürfte.

Montag … tropft der Trog nach Südfrankreich hin ab. Zwischen dem neuen
Höhentief und dem Resttrog über der Nordsee und Südskandinavien bekommt die
südliche Strömung bei uns eher antizyklonale Kontur.
Die Luftmassengrenze und die Bodenrinne verlassen uns nach Osten, und bis zum
Abend hat die kalte Meeresluft polaren Ursprungs (T850: unter -5°C) fast ganz
Deutschland geflutet, lediglich im äußersten SE liegen noch Reste der milderen
Luftmasse.
Mit der Kaltluftadvektion weitet sich auch schon wieder ein Hochdruckgebiet
westlich der Britischen Inseln nach Mitteleuropa hin aus. Lediglich im
Nordwesten und Westen entfaltet es seine Wirkung. Dass die Wetterbesserung
ansonsten auf sich warten lässt, liegt an Tiefentwicklungen im Alpenraum und
über dem Löwengolf, die weit auf die kalte Seite der Luftmassengrenze
ausgreifend Aufgleitniederschläge (gebietsweise 10 bis 15 mm/12h) auslösen, die
die Südosthälfte Deutschlands beeinflussen. Teilweise kann es bis in tiefe Lagen
schneien. Mit dem Tagesgang und nachlassenden Intensitäten kann die
Schneefallgrenze vorübergehend auf 400 bis 600m steigen.
Außer im äußersten Südosten, wo eventuell sogar noch einmal 15°C anvisiert
werden können, liegen die Maxima im einstelligen Bereich, im Bergland teilweise
auch unter 5°C.
Der nordwestliche Wind kann im Bergland und den Küsten die Schwelle zur Bft 7
leicht überschreiten.
Die Entwicklung ist dann aber, wie schon zuvor ab der Nacht zum Sonntag
einigermaßen unsicher, da die Modelle deutliche Unterschiede im Timing und Lage
der Luftmassengrenze sowie bei der Niederschlagsintensität aufweisen.

Modellvergleich und -einschätzung

Die Entwicklung ist in groben Zügen unstrittig. Wie bei solchen Grenzwetterlagen
üblich steckt der Teufel im Detail und da sind längst noch nicht alle
Unklarheiten beseitigt.
Die Lage der Luftmassengrenze und die zugehörigen Niederschläge (Intensität,
Phase) werden noch mit einigen Unschärfen behandelt, die, obwohl die
Unterschiede gar nicht mal so groß sind, die Vorhersage schwierig gestalten.
Bleibt zu hoffen, dass sich die Modellergebnisse weiter annähern.

Was den Niederschlag angeht, so sind wohl höchstens punktuell und akkumuliert
über 48h im Westen Mengen in der Nähe der Warnschwellen möglich. Entsprechend
drängen sich Warnungen dahingehend nicht auf.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner