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S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 07.04.2021 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
Vor allem an den Alpen noch kräftige Schneefälle und dort in der Nacht zum
Freitag örtlich strenger Frost. An der See unbeständig und zeitweise stürmisch,
sonst Donnerstag/Freitag vorübergehende Wetterberuhigung.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 12 UTC

Aktuell … setzt sich das nasskalte Wetter mit für die Jahreszeit ungeahnt
spätwinterlichen Zügen fort, wenngleich die Talsohle mit dem heutigen Tag
durchschritten zu sein scheint.

Das unterkühlte Aprilwetter ist Folge einer stark meridionalisierten
Großwetterlage. Zwischen einem langgestreckten Trog, der ausgehend vom
hochreichenden Tief ULLI über dem Nordpolarmeer über das östliche Mitteleuropa
bis zum zentralen Mittelmeer reicht, und einem über dem nahem Ostatlantik
Stellung haltenden Rücken liegt Deutschland unter einer nordwestlichen
Höhenströmung. Der Langwellentrog bekommt aber zunehmend Schub nach Osten,
„verzieht“ sich also langsam aber sicher nebst der höhenkältesten Luft, was
einer Stabilisierung gleichkommt. Zudem nähert sich ein zur Nordsee schwenkender
Rücken, infolgedessen sich über Frankreich und Süddeutschland eine Hochdruckzone
PEGGY aufbaut. Während sich also die obere und mittlere Troposphäre bereits
erwärmt und die Zeichen auf Wetterberuhigung stehen, bleibt es weiter unten
ziemlich schattig: der Zustrom maritimer Polarluft aus Nordwesten reißt erst
einmal nicht ab.

Bevor die Stabilisierung greift, sorgt ein dem o. e. Rücken vorgeschalteter
Randtrog nebst vorgelagerten Bodentrog allerdings noch für rege
Niederschlagstätigkeit, die sich von Nordwest nach Südost ausweitet. Im Bereich
des Bodentroges, wo mesoskalige Hebungsantriebe wirksam sind, haben die
Niederschläge einen gewissen „skaligen“ Anteil, unter dem Höhentrog sind es die
allseits bekannten Schauer und vereinzelten kurzen Gewitter. Im Norddeutschen
Tiefland mischt sich bei vorübergehend leicht ansteigender Temperatur auf 850
hPa auf etwa -5 Grad (Mischluft!) Regen unter den Schnee, ansonsten fällt
durchweg Schnee. Auch wenn es vorübergehend mal kräftiger „runterhaut“, sind die
Gesamtmengen meist gering. Allerdings kann sich teils bis ins Tiefland
vorübergehend eine dünne Nassschneedecke ausbilden. Nennenswerten Neuschnee (> 5
cm) gibt es am ehesten in Staulagen der östlichen Mittelgebirge (insbesondere
Erzgebirge, Bayerwald). An den Alpen fallen die Schneefälle staubedingt etwas
ergiebiger aus. Bevorzugt am östlichen Alpenrand können so 10 bis 20 cm fallen
(ICON-EU-EPS und LEPS haben entsprechend erhöhte Wahrscheinlichkeiten im
Programm). Im Laufe der Nacht sorgt die o. e. Stabilisierung dann aber für ein
nachlassende bzw. sich nach Osten und Südosten zurückziehende
Niederschlagstätigkeit, gebietswiese lockert die Bewölkung auf.

In der Mitte und im Süden tritt wieder flächendeckend leichter bis mäßiger Frost
auf, sodass neben Schneeglätte auch Glätte durch überfrierende Nässe auftreten
kann, sofern die Straßen nicht vorher abtrocknen. Im Norden bedarf es für
stellenweisen Luftfrost größerer Auflockerungen, mit verbreitetem Bodenfrost und
örtlicher Glätte ist aber auch dort zu rechnen.

Mit Passage des Bodentroges frischte der Nordwestwind tagsüber bereits
gebietsweise stark bis stürmisch auf. Mit Abkopplung der Grenzschicht und
allmählichem Auffächern des Gradients von Südwesten wird der Bereich der mit
Wind zu bewarnenden Gebiete im Abend- und Nachtverlauf aber sukzessive kleiner.
An Nord- und Ostsee sowie anfangs auch im zentralen/östlichen Mittelgebirgsraum
und im Alpenvorland treten noch steife, exponiert stürmische Böen auf, in
Hochlagen der Mittelgebirge und in den Alpen Sturmböen, auf Gipfeln schwere
Sturmböen. Der böige Wind vermag die lockere Neuschneedecke in einigen Hochlagen
zu verwehen.

Donnerstag … zieht der Langwellentrog nach Ost- und Südosteuropa ab, der
nachfolgende Rücken erreicht Mitteleuropa. Ausgehend von einem erneut massiven
Kaltluftvorstoß von Grönland her schwenkt ein sich amplifizierender Höhentrog
derweil ins Seegebiet zwischen Island und den Britischen Inseln. Über
Deutschland resultiert daraus eine antizyklonale, von Nordwest auf Westnordwest
drehende Höhenströmung, wobei die fortwährende Erwärmung der oberen und
mittleren Troposphäre für weitere Stabilisierung sorgt.

Zwischen der ins südöstliche Mitteleuropa abziehenden Hochdruckzone und dem mit
o. e. Höhentrog korrespondierenden Tief VINCENT über der Norwegischen See setzt
in der auf Südwest rückdrehenden Strömung aber auch niedertroposphärisch
schwache WLA ein. Auf 850 hPa bleiben die Temperaturen aber noch im negativen
Bereich (-7 bis -1 Grad).

Durch die fortwährende Stabilisierung lässt die Schauerneigung von West nach Ost
weiter nach, genauso wie die Schneefälle an den Alpen. Nachmittags bleibt es
dann weitestgehend trocken. Allerdings sorgen Quellwolken, die sich in der
labilen Grenzschicht bilden und an der Absinkinversion bei etwa 800 hPa
breitlaufen, für einen ziemlich wolkigen Wettercharakter. Nur im Süden und
Südwesten ist das Absinken stark genug, dass die Quellbewölkung nachmittags
verstärkt Auflösungstendenzen zeigt und die Sonne längere Zeit scheinen kann.
Gegen Abend nähert sich die Warmfront des Nordmeertiefs dem Norden und
Nordwesten sodass dort vermehrt hohe und mittelhohe Wolkenfelder aufziehen.

Der Westwind frischt im gesamten Osten nochmal auf. Es ist aber fraglich, ob es
überregional für Böen Bft 7 reicht. An der See sieht das anders aus, hier sind
zeitweise steife Böen, an der Nordsee mit Gradientverschärfung vor der Warmfront
später auch stürmische Böen Bft 8 aus Südwest wahrscheinlich. Die Deutsche
Modellkette rechnet dort sogar mit einzelnen Sturmböen Bft 9 in Nordfriesland.
In Kammlagen der östlichen Mittelgebirge und in den Alpen treten anfangs noch
stürmische Böen oder Sturmböen Bft 8-9 auf.

Die niedertroposphärische Erwärmung schlägt sich auch in den Höchsttemperaturen
wieder, meist liegen sie zwischen 6 und 11 Grad, in den östlichen Mittelgebirgen
zwischen 1 und 5 Grad.

In der Nacht zum Freitag weitet sich der Trog über dem Nordostatlantik weiter
südwärts bis nach Schottland und zur nördlichen Nordsee. Über Deutschland kippt
die Höhenströmung auf West und ist vor allem über dem Süden weiterhin
antizyklonal konturiert. Dort verläuft die Nacht meist klar.

Über der Mitte ziehen WLA-bedingt hohe und mittelhohe Wolkenfelder durch, es
bleibt aber trocken.

Der Norden wird vom Frontensystem des nach Mittelschweden ziehenden Tiefs
VINCENT beeinflusst. Aus dichten Wolken regnet es gebietsweise. Zudem weht der
Wind im Küstenumfeld in Böen stark bis stürmisch aus Südwest. Einzelne Sturmböen
sind nicht ausgeschlossen.

In der Mitte und im Süden stellt sich erneut leichter bis mäßiger, über Schnee
in den Alpen möglicherweise sogar örtlich strenger Frost ein. Örtlich ist
Reifglätte nicht gänzlich ausgeschlossen. Unter den Wolken im Norden bleibt es
frostfrei.

Freitag … weitet sich der o. e. Trog ausgehend von einem hochreichenden
Tiefdruckkomplex über Nordskandinavien und dem Nordpolarmeer, in das sich auch
VINCENT eingliedert, weiter südostwärts Richtung Irland aus und beginnt, mit
einem Cut-Off östlich der Azoren zu interagieren. Dadurch kippt die recht glatte
Höhenströmung über Deutschland noch etwas auf Westsüdwest. Im Bodenniveau bildet
sich zwischen dem Tief westlich der Azoren und dem nordeuropäischen
Tiefkonglomerat eine Rinne aus, deren Achse abends den Nordwesten und Westen
erreicht. Vorderseitig wird in den Süden deutlich mildere Luft aus Südwesten
advehiert, während sich im Norden temperaturtechnisch wenig tut. Entsprechend
baut sich ein veritables Süd-Nord-Gefälle der T850er aus (+6 Grad im Süden,
knapp -5 Grad im Norden).

Der Norden wird zudem weiterhin von der schleifenden Frontalzone beeinflusst,
sodass es dort zeitweise regnet. Anfangs weht der Wind dabei in Böen stark bis
stürmisch, im Tagesverlauf lässt der Wind aber dann deutlich nach.

Ansonsten bleibt es trocken und mit jedem Kilometer nach Süden nehmen die
Sonnenanteile zu. Erst zum Abend greifen von Südwesten dichtere Wolkenfelder
über. Ursache ist WLA im Vorfeld eines weiteren, sich in der Tiefdruckrinne
ausbildenden Astes der Frontalzone über Westeuropa.

Die Höchsttemperaturen liegen zwischen 7 Grad an der See und sage und schreibe
18 Grad am Oberrhein

In der Nacht zum Samstag greift der südliche Ast der Frontalzone in Form einer
Warmfront von Westen her über. Regenfälle breiten sich quer über die mittleren
Landesteile ostwärts aus.

Der nördliche Ast liegt weiterhin schleifend über dem Norden und bringt auch
dort noch etwas Regen.

Zwischen den beiden Ästen fällt kaum Regen, im Süden bleibt es sogar gänzlich
trocken.

Frost tritt kaum mehr auf, am ehesten im klaren Süden sowie in den Hochlagen.

Samstag … zieht sich der Trog über Nordwesteuropa weiter in die Länge, ohne
dabei nennenswert nach Osten voranzukommen. Er integriert dabei mit dem Cut-Off
östlich der Azoren. Deutschland bleibt somit vorderseitig in einer noch etwas
aufsteilenden Südwestströmung. Der Trog stützt die Tiefdruckrinne, die quasi
stationär diagonal über Deutschland liegen bleibt. In diese Rinne gehen beide
Äste der Frontalzone in eine veritable Luftmassengrenze auf, die subtropische
Warmluft in der Südosthälfte (T850 3 bis 6 Grad) von maritimer Polarluft in der
Nordwesthälfte trennt (T850 +2 bis -6 Grad).

Frontale Prozesse und zunehmend auch Antriebe durch kurzwellige Troganteile
münden in kräftiger Hebung. Entsprechend regnet es in einem breiten Streifen
diagonal von Südwest nach Nordost länger anhaltend. Es ist durchaus denkbar,
dass dabei Dauerregen-Warnschwellen gerissen werden könnten, auch wenn die
Signale sowohl aus der Deterministik als auch Probabilistik noch sehr verhalten
sind.

Ebenso fraglich ist, ob es am warmen Rand zu ersten konvektiven Umlagerungen
kommen könnte (bei PPWs um 20 mm dann mit Starkregen-Potenzial).

Davon ausgenommen ist mit Abstrichen der Norden (kaum Regen, aber wolkig),
insbesondere aber der Süden und Südosten (durchweg trocken und zeitweise
sonnig).
In der Warmluft sind mit Sonnenunterstützung im Süden und Südosten knapp 20 Grad
denkbar, im Regen meist 10 bis 15 Grad, im Norden werden weiterhin nur
einstellige Höchsttemperaturen erreicht.

Modellvergleich und -einschätzung

Die vorliegenden Modelle rechnen sehr ähnlich.
Selbst die Entwicklung einer Luftmassengrenze am Wochenende wird im Großen und
Ganzen erstaunlich ähnlich simuliert, sodass nach vorübergehender ruhiger Phase
spätestens zum Wochenende wahrscheinlich wieder einiges „los“ sein könnte – auch
warntechnisch (Stichwort Dauerregen, Gewitter und … das können Sie der
Mittelfrist-Übersicht entnehmen.)

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Adrian Leyser