S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 27.02.2021 um 10.30 UTC

Kaltlufteinbruch ab Donnerstag mit etwas Schnee im Bergland und an den Alpen
sowie verbreitetem Nachtfrost.

Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 06.03.2021

In der Mittelfrist vollzieht sich eine Umstellung der Großwetterlage, die uns
kälteres, eventuell gar spätwinterliches Wetter beschert. Es ist allerdings noch
unklar, wie ausgeprägt der Kaltluftvorstoß ist. Darüber hinaus bleibt
abzuwarten, ob der ansonsten dominierende antizyklonale Einfluss vorübergehend
unterbrochen wird und der Kaltlufteinbruch von Schneefällen begleitet wird.

Ein Blick auf die Anomalien des 500-hPa-Geopotenzial verrät uns, wie es zu der
Umstellung kommt. Ein massiver Kaltluftvorstoß über Ostkanada und dem Osten der
USA führt zu einer signifikanten negativen Geopotenzialanomalie, die sich
langsam zur Labradorsee verlagert. Dem „Downstream Development“ folgend kann
sich über dem isländisch-grönländischen Raum eine starke positive Anomalie
aufbauen, an dessen Ostflanke der Vorstoß polarer Luftmassen auf breiter Front
in Richtung Ost- und Mitteleuropa erfolgen kann. Der dadurch forcierte, zügige
Abbau der zuvor wirksamen positiven Anomalie über dem Nord- und Mitteleuropa
bzw. deren Verschiebung auf den Nordatlantik macht sich in den
IFS-EPS-Wetterregime-Trajektorien bemerkbar, die sich im
„NAO-BLO“-Phasendiagramm aus dem BLOCKING-Sektor heraus mehrheitlich in den
Sektor NEGATIVER NAO bewegen. Zum Ende der Mittelfrist ist fraglich, ob sich die
positive Anomalie wieder in Richtung Mitteleuropa verlagert und der Kaltluft
rasch den Weg abschneidet oder draußen auf dem Atlantik bleibt.

Am Dienstag und Mittwoch merken wir in Deutschland noch nicht viel von der
Umstellung. Wetterbestimmend bleibt der Rücken, der von Nordafrika über den
zentralen Mittelmeerraum bis nach Mitteleuropa reicht und dort am Dienstag sogar
noch eine abgeschlossene Höhenantizyklone aus. Der Rücken wird in seinem
Nordteil aber bereits abgehobelt, zum einen durch ein von der Biskaya nach
Südengland ziehenden Kaltlufttropfen, zum anderen durch den sich bereits
abzeichnenden Kaltluft- und Trogvorstoß über Skandinavien. Am Boden verläuft
eine Hochdruckzone mit ihrer Divergenzachse diagonal von Südost nach Nordwest
über Deutschland. Dabei gelangt in den Norden und Nordosten mit nordwestlicher
Strömung feuchte Meeresluft, in der sich vielfach Stratus hält. Ansonsten setzt
sich das nach Auflösung von Frühnebelfeldern sonnige Wetter fort. Bei T850 meist
zwischen 4 und 7 Grad werden mit Sonne 11 bis 16 Grad erreicht, im Norden nur 4
bis 10 Grad.

Am Donnerstag beginnt sich die Umstellung auch in Deutschland bemerkbar zu
machen. An der Ostflanke des sich verstärkenden Rückens über dem Nordostatlantik
kann die arktische Kaltluft über Skandinavien weiter südwärts ausbrechen. Der
damit in Verbindung stehende Trog schwenkt mit seiner Achse nach Deutschland und
integriert dabei das o. e. Höhentief. Im Bodenniveau dreht die Strömung zwischen
einem Hoch über dem Seegebiet zwischen Island und Schottland und einem Tief über
Nordwestrussland über Deutschland auf Nord. In der Nordströmung ist die
Kaltfront des Russlandtiefs eingebettet, die abends bereits den Süden erreicht.
Die von Nordwest nach Südost ausgreifenden, gebietsweisen schauerartigen
Niederschläge gehen bei deutlich zurückgehenden T850 auf +1 bis -8 Grad zunächst
im Bergland, später im nördlichen und östlichen Mittelgebirgsraum sogar bis in
tiefere Lagen in Schnee über. Vor allem in höheren Staulagen sind dabei
Neuschneemengen um 5 cm wahrscheinlich. Unter dem Höhentief könnte im Westen und
Südwesten vor der Kaltfront genügend Labilität erzeugt werden, dass einzelne
Gewitter nicht ausgeschlossen werden können. Im Süden und Südwesten werden
nochmal zweistellige Höchsttemperaturen bis 14 Grad erreicht, ansonsten nur noch
4 bis 9 Grad.

Am Freitag liegt Deutschland am Rande des nordosteuropäischen Troges unter einer
nordnordwestlichen, zyklonal konturierten Höhenströmung, in der die Advektion
arktischer Polarluft anhält (T850 weiter sinkend auf -5 bis -10 Grad, am
kältesten im Nordosten). Die Kaltfront zieht über die Alpen ab, allerdings kommt
es dort staubedingt noch zu weiteren Schneefällen. 24-stündig sind an den Alpen
so durchaus markante Neuschneemengen zwischen 10 und 20 cm möglich. Ansonsten
sorgt ein vom Hoch nördlich der Britischen Inseln nach Deutschland gerichteter
Keil für eine Wetterberuhigung. Neben vereinzelten Schneeschauer zeigt sich
längeren Zeit die Sonne, die die gut durchmischte Luft immerhin auf 3 bis 9 Grad
erwärmt. Nachts stellt sich allerdings fast flächendecken leichter bis mäßiger
Frost ein.

Am Samstag wird ein weiterer, etwas markanterer Kurzwellentrog über Deutschland
südostwärts gesteuert. Nachfolgend konturiert sich die nördliche Höhenströmung
im Vorfeld eines vom Nordmeer nach Skandinavien gesteuerten Rückens aber
zunehmend antizykonal. Dieser stützt den vom Hoch bei den Britischen Inseln bis
nach Mitteleuropa gerichteten Bodenhochkeil. Mit dem Kurzwellentrog nimmt die
Schaueraktivität im Vergleich zum Vortag vorübergehend wieder zu, bevor der
zunehmende Hochdruckeinfluss später wieder längere heitere Abschnitte zulässt.
Im Nordwestdeutschen Tiefland fallen die Niederschläge teils als Regen oder
Schneeregen, sonst überwiegend als Schnee. In den höhergelegenen Nordstaulagen
der Mittelgebirge kommen dabei nochmal gut 5 cm zusammen. In tieferen Lagen
bleibt es wahrscheinlich eher bei einem nasskalten Charakter, denn in weiterhin
gut durchmischter Luft steigen die Temperaturen auf höhere einstellige Werte.

In der erweiterten Mittelfrist sorgt der o. e. Rücken nach Lesart des neusten
IFS-Laufes zunächst für ruhiges Wetter, bevor es sich mit einem neuerlichen
Trogvorstoß von Norden wieder unbeständiger gestaltet. Am wahrscheinlich leicht
unterdurchschnittlichen Temperaturniveau ändert sich aufgrund der
vorherrschenden nördlichen Strömung wenig.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Die Konsistenz der deterministischen IFS-Modellläufe kann über weite Strecken
der Mittelfrist als relativ gut bezeichnet werden.
Die Störungen des Rückens in Form kleiner Höhentiefs zu Beginn der Mittelfrist
(Di/Mi) werden zwar weiterhin unterschiedlich simuliert, sie haben aber aufgrund
der nur schwachen Wetterwirksamkeit kaum Prognoserelevanz.
Der Trog- und Kaltluftvorstoß ab Donnerstag vollzieht sich im jüngsten IFS-Lauf
von 00Z nur ein klein wenig zügiger als in den Vorläufen.
Erst ab Samstag divergieren die Läufe etwas stärker: Während sich im aktuellen
Lauf mit einem von Nordwesten hereinschwenkenden Rücken eine Wetterberuhigung
durchsetzt, sollte sich das zyklonale Wettergeschehen mitsamt gebietsweiser
Schneefälle nach den gestrigen Läufen noch weiter fortsetzen.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Alle vorliegenden Globalmodelle zeigen den Kaltluftvorstoß ab Donnerstag. Bei
GFS vollzieht er sich allerdings etwas gradueller und nicht so abrupt wie bei
IFS und beispielsweise auch ICON. ICON wiederum sieht am Wochenende den raschen
Übergang zu „Hoch Mitteleuropa“ mit entsprechend nachhaltigerer
Wetterberuhigung, während IFS und GFS die Troglage bzw. Hochdruckrandlage und
das zumindest phasenweise leicht unbeständige Wetter erst mal fortsetzen.
In der erweiterten Mittelfrist setzt schließlich auch GFS – im Gegensatz zu IFS

  • auf Hoch Mitteleuropa und allmähliche Milderung.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Das IFS-EPS folgt zunächst mehrheitlich dem deterministischen Lauf, wie man
schön an den Rauchfahnen für 500-hPa-Geopotenzial (H500) und 850-hPa-Temperatur
(T850) erkennt. Bei T850 stürzt die überwiegende Mehrheit der Member, in die der
deterministische IFS-Lauf geräuschlos eingebettet ist, am Donnerstag (im Süden
eher am Freitag) in ein Tal, das zumindest bis einschließlich Samstag reicht.
Nur wenige Member verzögern den Kaltluftvorstoß etwas oder mildern ihn ab.
Nachfolgend divergieren die Einzelmember sowohl im Hinblick auf T850 als auch
auf H500 stärker. Der deterministische Lauf fährt mit seinem seichten Auf-
(Sonntag) und Abschwingen (kommende Woche) einen Mittelweg. Nicht wenige Member
weichen davon aber ab, indem sie entweder einen weiteren Rückgang von T850
(teils bis -15 Grad!) bei gleichzeitig konstant tiefem Geopotenzial simulieren
oder einen nachhaltigeren Anstieg von T850 und H500.

Das GFS-Ensemble sieht den Kaltluftvorstoß mehrheitlich etwas weniger markant
und vor allem nicht nachthaltig und geht so mit dem deterministischen GFS-Lauf
konform.

FAZIT: Die Umstellung der Wetterlage mit Kaltlufteinbruch ab Donnerstag ist
mittlerweile ziemlich sicher. Fraglich ist nur, wie „massiv“ und nachhaltig er
ist und ob es überhaupt zu nennenswerten Niederschlägen, ergo Schneefällen
kommt. IFS ist sowohl im Hinblick auf die Ausprägung und die Nachhaltigkeit der
„Kältewelle“ konsequent am aggressivsten. Zumindest aber scheint IFS in den
jüngsten Prognosen mit der etwas antizyklonaleren Färbung einen Schritt auf die
anderen Modellen zugegangen zu sein.
So oder so, wirklich markant oder ungewöhnlich mit Dauerfrost und Schnee bis in
tiefe Lagen wird der Kaltlufteinbruch alleine schon aufgrund der
fortgeschrittenen Jahreszeit und der Vorgeschichte wohl eher nicht.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Die Wahrscheinlichkeiten für markante winterliche Wettererscheinungen ist eher
gering. Markante Neuschneemengen (>10 cm) sind ab Donnerstag bis einschließlich
Samstag am ehesten in Staulagen der östlichen Mittelgebirge, insbesondere aber
an den Alpen ins Kalkül zu ziehen. Dort, wo sich eine entsprechende
Neuschneedecke ausbilden konnte, steigt dabei auch wieder das Potenzial für
strengen Nachtfrost – vor allem, wenn sich das antizyklonalere Wettergeschehen
ab Sonntag durchsetzen sollte.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS (det.+EPS), MOS-EZ

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Adrian Leyser