SXEU31 DWAV 131800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 13.01.2021 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
Im Süden und Südwesten ergiebige Schneefälle, teils Unwetter. Ansonsten vor
allem in der Osthälfte unbeständig mit Schneeschauern und etwas Neuschnee in
Staulagen. Bis Donnerstag vor allem in Hochlagen stürmisch, dabei Verwehungen.
Zum Wochenende immer häufiger Dauerfrost.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 12 UTC

Aktuell … liegen wir am Rand eines von Skandinavien ins östliche Mittelmeer
reichenden Langwellentroges, während sich über Westeuropa ein Höhenrücken
aufwölbt. Durch ein mit reichlich Kaltluft (knapp -40 Grad auf 500 hPa)
ausgefülltes Höhentief, das mit seinem Kern von Vorpommern entlang der
deutsch-polnischen Grenze zur Slowakei zieht, wird der Trog regeneriert. Über
Deutschland resultiert daraus eine recht steile und durchaus stramme
nordwestliche Höhenströmung. Das nahezu senkrecht unter dem Zentrum des
Höhentiefs liegende Bodentief DIMITRIOS, das sich über der warmen Ostsee zu
einem kleinen Sturmtief mauserte, unterliegt über Land nun Auffülltendenzen. In
der von West auf Nordwest bis Nord drehenden Grundströmung gelangt hinter einer
Kaltluftstaffel nochmal etwas kältere Luft arktischen Ursprungs nach
Mitteleuropa (T850 auf knapp -10 Grad absinkend). Der äußerste Süden und
Südwesten wird von dieser Kaltluft zunächst noch ausgespart. Hier wird in der
Peripherie der Warmfront(-welle) eines Randtiefs bei den Britischen Inseln etwas
mildere Luft eingesteuert.

Wettertechnisch ergibt sich für Deutschland eine Dreiteilung.

In der großen Nordosthälfte dominiert in unmittelbarer Nähe zum Trogkomplex
zyklonales Wettergeschehen, das in labiler Luft von konvektiven Niederschlägen
geprägt. Die Niederschläge konzentrieren sich zunächst auf die Kaltfrontstaffel
(unterstützt durch PVA vor dem Höhentief), die unter Konturverlust von der Mitte
aus südwärts schwenkt, später in der Nacht dann auf einen Streifen von der
Ostsee bis zu den östlichen Mittelgebirgen (hier ist rückseitig des Tiefs etwas
WLA wirksam). Vereinzelte Gewitter sind nicht ausgeschlossen. Dabei überwiegt
immer mehr die feste Niederschlagsphase, spätestens nach Vorstoßen der
arktischen Luft. Die Niederschlagsmengen sind allerdings nicht sonderlich
erklecklich, sodass es der Staukomponente bedarf, um nennenswerten Neuschnee zu
erzeugen. Zumindest in den östlichen Mittelgebirgen können bis Donnerstagfrüh so
ein paar Zentimeter zusammenkommen, im Erzgebirge sogar um 10 cm (COSMO-LEPS
Wkt. ~30% für >10 cm/12 h). Ansonsten bleibt es allenfalls bei einer dünnen
Neuschneedecke. Mit Glätte durch überfrierende Nässe ist allerdings verbreitet
zu rechnen!

Auch ganz im Südwesten und Süden stehen Niederschläge auf der Agenda, die
allerdings frontaler, stratiformer Natur sind und sich im Verlauf als äußerst
ergiebig herausstellen. So halten sie bis weit in den Donnerstag hinein an und
ziehen sich in der Folge nur zögerlich nach Südwesten zurück. Bis Donnerstagfrüh
greifen die Niederschläge von Südwesten her etwa bis zu einer Linie
Südeifel-Stuttgart-Berchtesgaden aus, was auch der maximalen Ausdehnung
entspricht. Im Südwesten liegt die Schneefallgrenze anfangs bei 600-800 m, im
Nachtverlauf sinkt sich aber auch dort wieder in tiefere Lagen ab. Bis
Freitagfrüh fallen zwischen Schwarzwald und südlichem Alpenvorland verbreitet 10
bis 20 cm, in Staulagen bis 30 cm. Im Hochschwarzwald sowie von den Allgäuer
Alpen über das Werdenfelserland bis zum Karwendelgebirge bis 50 cm, in Staulagen
lokal bis 70 cm Neuschnee (es laufen UNWETTER-Warnungen!). In den angrenzenden
Regionen im Alpenvorland und in BaWü sowie am Oberrhein, Hochrhein und in Teilen
von RLP und vom Saarland werden die Neuschneemengen nach Norden hin sehr rasch
geringer.

Zwischen den beiden genannten „Wetteraktivitätszentren“ liegt ein Streifen (etwa
vom Niederhein bis nach Mittelfranken, wo bis auf Frost und örtliche Glätte eher
wenig „passiert“.

Apropos Frost: Der tritt fast überall auf, denn meist liegen die
Tiefsttemperaturen zwischen -1 und -7 Grad. Teils frostfrei bleibt es entlang
des Rheins und an der Küste.

Bleibt zu guter Letzt noch der Wind: Der Gradient an der Westflanke von
DIMITRIOS bleibt bis in die erste Nachthälfte hinein fast unverändert gut
ausgeprägt. Vor allem in einem Streifen von den Küsten bis zu den
zentralen/östlichen Mittelgebirgen kommt es verbreitet zu steifen Böen, an der
Nordsee, im Bergland und anfangs im Umfeld der durchschwenkenden
Kaltfrontstaffel sowie allgemein bei kräftigen Schauern und Gewitter zu
stürmischen Böen aus Nordwest bis Nord. An der Ostsee sind noch einzelne
Sturmböen oder schwere Sturmböen (Bft 9 bis 10) möglich. In der zweiten
Nachthälfte geht die Böigkeit um etwa 2 Bft zurück. Nicht aber in höheren Lagen
des Berglandes, wo anhaltend Sturmböen (Bft 9) oder schwere Sturmböen (Bft 10),
auf Gipfeln orkanartige Böen (Bft 11) zu erwarten sind. Im Alpenvorland besteht
die Möglichkeit einzelner steifer Böen.

Donnerstag … bleibt der Trogkomplex über Osteuropa durch den o. e.
Regenerationsprozess mit seiner Achse quasi stationär. Er reicht vom
fennoskandischen Raum bis zum östlichen Mittelmeer und Nahost mit
Hauptdrehzentrum über der Ukraine. Fast senkrecht darunter finden sich das
steuernde Tief, das quasi als Vereinigung der beiden Tiefs DIMITRIOS und BARTOSZ
zu sehen ist. Der Rücken über Westeuropa wird von einen über die Britischen
Inseln nach Frankreich schwenkenden Kurzwellentrog durchstoßen, sodass sich
vorübergehend ein abgeschlossenes Höhenhoch über dem Nordmeer ausbildet. Das
korrespondierende Bodenhoch BOZENA liegt über Nordwegen. Da der Luftdruck als
Folge des Absinkens durch die zunehmend konfluente nördliche Höhenströmung über
Mitteleuropa ansteigt, bildet sich ein von BOZENA zu den Alpen gerichteter
Hochkeil aus. Das mit dem o. e. Kurzwellentrog korrespondierende Randtief löst
sich vom Muttertief westlich Island und zieht nach Zentralfrankreich.

In der Osthälfte Deutschlands gestaltet sich das Wetter auch nach Durchschwenken
des aus dem ehemaligen Höhentief hervorgegangenen Kurzwellentroges in instabiler
Luftmasse leicht unbeständig. Von der Ostsee bis in den südöstlichen
Mittelgebirgsraum treten einzelne Schnee- und Graupelschauer auf, die in
tieferen Lagen bis zum Vormittag gebietsweise Glätte bringen. In Staulagen der
Mittelgebirge können noch einige cm
Neuschnee zusammenkommen. Vermehrt Schauer sind auch entlang der vorpommerschen
Ostseeküste möglich.

Die anhaltenden Schneefälle im Südwesten und Süden lassen vor allem an den Alpen
durch Überlagerung von KLA etwas nach. Dagegen stützt WLA auf der Vorderseite
des kleinen Tiefs über Frankreich die frontalen Schneefälle rund um den
Schwarzwald weiter. Über die Neuschneemengen wurde bereits weiter oben
referiert.

In den übrigen Regionen kann sich im Bereich der Hochdruckbrücke dagegen
zeitweise die Sonne durchsetzen und es bleibt meist trocken.

Der Wind weht vor allem im Südosten noch lebhaft mit steifen Böen aus Nordwest.
In Gipfellagen der östlichen Mittelgebirge gibt es stürmische Böen oder
Sturmböen, auf Alpengipfeln schwere Sturmböen. Insgesamt nimmt der Wind aber
weiter ab und verliert ab dem Abend seine Warnrelevanz.

Die eingeflossene Kaltluft kommt zur Ruhe und somit klappt es mit der
Durchmischung vor allem in der Westhälfte nicht mehr so gut. Entsprechend bleibt
es mit Höchstwerten zwischen -1 und +4 Grad etwas kälter als an den Vortagen,
Dauerfrost gibt es oberhalb von etwa 300 bis 500 m.

In der Nacht zum Freitag erreicht ein in die Nordströmung eingebetteter
Kurzwellentrog mit höhenkalter Luft Norddeutschland. PVA und neuerliche
Labilisierung löst im Norden und Osten neue Schneeschauer aus. Die
Neuschneemengen sind aber meist gering, nur im Stau des Erzgebirges werden um 5
cm simuliert. Mit Glätte ist aber wieder verbreitet zu rechnen.

Der Kurzwellentrog und das korrespondierende Bodentief ziehen von Frankreich
zwar zum westlichen Mittelmeer ab, schwache WLA, später PVA sorgen im
Zusammenspiel mit Staueffekten für ein Anhalten der Schneefälle zumindest ganz
im Südwesten entlang der französischen Grenze sowie vom Schwarzwald bis zum
Allgäu.

Dazwischen und weiter westlich lockern die Wolken stärker auf, teils wird es
gering bewölkt. Örtliche Reifglätte ist nicht ausgeschlossen.

Die Temperaturen gehen wieder verbreitet in den leichten bis mäßigen
Frostbereich zurück.

Freitag … verlagert der Höhentrog über Osteuropa sein Drehzentrum etwas nach
Norden nach Nordwestrussland. Der in die Nordströmung eingebettete
Kurzwellentrog zieht über Mitteleuropa südwärts. Ein vom Atlantik zu den
Britischen Inseln gerichteter Rücken nimmt Verbindung zum Höhenhoch über dem
Nordmeer auf. Am Boden bilden sich eine vom Seegebiet nördlich der Azoren bis
nach Skandinavien reichende Hochdruckzone aus. Für Deutschland ergibt sich eine
nördliche, durch den Kurzwellentrog zyklonal konturierte Höhenströmung. Am Boden
dominieren an der Flanke der Hochdruckzone ebenfalls nördliche (eher schwache)
Winde, mit denen die Zufuhr skandinavischer Kaltluft anhält.

PVA und Labilisierung durch KLA in der Höhe stützen ein Gebiet erhöhter
(Schnee-)Schauertätigkeit, das sich von Norden zum östlichen Mittelgebirgsraum
verlagert. In Nordstaulagen der Mittelgebirge (Harz, Erzgebirge) kommen um 5 cm
Neuschnee zusammen, ansonsten bleiben die Neuschneemengen gering.

Den Schneefällen im Südwesten geht es durch den zunehmenden Einfluss des
westeuropäischen Rückens immer mehr an den Kragen, sie klingen ab bzw. ziehen
sich nach Südwesten zurück.

Überwiegend trocken bleibt es vom Westen über die südliche Mitte bis zu den
Alpen, später dann auch im Südwesten und Norden – inklusive zeitweiligem
Sonnenscheins.

Die Höchsttemperaturen erreichen nur noch Werte zwischen 0 und 3 Grad, im Süden
und Südosten sowie ab rund 300 m herrscht Dauerfrost.

In der Nacht zum Samstag schwenkt der Kurzwellentrog zum zentralen Mittelmeer.
Die zwischen dem zur Nordsee schwenkenden Rücken und den osteuropäischen Trog
vorherrschende nördliche Höhenströmung glättet dabei wieder durch.

Der Osten und Südosten bleibt aber im Bereich höhenkalter, labiler Luft, in der
einzelne Schneeschauer auftreten. Nennenswerter Neuschnee (um 5 cm) bleibt aber
weiterhin eher den Staulagen der östlichen Mittelgebirge, im Verlauf eventuell
auch wieder dem östlichen Alpenrand vorbehalten.

Im großen Rest des Landes bleibt es überwiegend trocken oder es „rieselt“ aus
dem sich gebietsweise ausbildendem Nebel und Hochnebel leicht.

Bei leichtem Frost an der See und im Nordwestdeutschen Binnenland, sonst
verbreitet mäßigem, im Süden und im Bergland über Schnee auch strengem Frost
besteht Glättegefahr.

Samstag … schwenkt der Rücken nach Benelux und zur Deutschen Bucht. Er zieht
sich, eingeklemmt zwischen dem Osteuropatrog und einem neuen, zu den Britischen
Inseln schwenkenden, kurzwelligen Trog, aber stark in die Länge. Die ebenfalls
langgestreckte, meridional orientierte Hochdruckzone erreicht Mitteleuropa. Mit
genanntem Kurzwellentrog korrespondiert ein Tief bei Island, von dem aus sich
ein Bodentrog inklusive okkludiertem Frontensystem bis nach Nordfrankreich
erstreckt.

Deutschland bleibt somit weiter unter einer nördlichen Höhenströmung.
Vorderseitig des Rückens dominiert NVA-bedingtes Absinken, sodass sich nach
Auflösung von Nebel häufiger die Sonne zeigt. Da es auch im Osten und Südosten
etwas stabilisiert, fällt die Neigung zu Schneeschauern im Vergleich zu den
Vortagen etwas geringer aus. Nennenswerter Neuschnee ist auch in Staulagen eher
nicht mehr zu erwarten.

Im Verlauf kommt von Westen zwar WLA auf, die frontalen Niederschläge bleiben
wahrscheinlich aber noch außen vor.

Bei schwachen, umlaufenden Winden im Bereich der Hochdruckzone altert die
Kaltluft. Entlang des Rheins sowie vom Niederrhein bis zur Nordsee werden
nochmal leichte Plusgrade erreicht, ansonsten herrscht Dauerfrost.

Modellvergleich und -einschätzung

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Adrian Leyser