S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 10.01.2021 um 10.30 UTC

Winterlich, im Osten und Süden Übergang zu Dauerfrost. Im Südwesten und Süden
teils kräftige Schneefälle, zum Wochenende Wetterberuhigung.

Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 17.01.2021

Am Mittwoch, dem Beginn des heutigen Mittelfristzeitraums liegt Deutschland auf
der Rückseite eines kräftigen Langwellentroges, der sich von Skandinavien über
Osteuropa bis ins östliche Mittelmeer erstreckt. Seine Achse ist also leicht
negativ geneigt. Über der Osthälfte Deutschlands liegen dabei 500 hPa
Temperaturen unter -30 Grad, an der vorpommerschen Küste sogar bis nahe -40
Grad. Das korrespondierende Bodentief befindet sich zur Mittagszeit mit einem
Kerndruck nahe 1000 hPa über der südöstlichen Ostsee, wobei der Norden und Osten
in der nordwestlichen Strömung noch schwach zyklonal geprägt. So entwickeln sich
in der polaren Meeresluft mit 850 hPa Temperaturen zwischen -5 und -8 Grad noch
einzelne Schauer, die meist als Schnee fallen. Nur in Nordseenähe ist auch Regen
dabei. In Schauernähe treten vereinzelt Windböen, im höheren Bergland auch
Sturmböen auf. Zwischendurch zeigt sich aber auch die Sonne. Über
Schleswig-Holstein könnte sich in der begünstigten Anströmung sogar ein längeres
Sonnenfenster dank des Skandinavienföhns auftun.
Der Südwesten profitiert unterdessen von einem schwachen Keil des Hochs über der
Iberischen Halbinsel, der allerdings über Frankreich und Benelux schon von einer
Warmfrontwelle überlaufen wird, die aber voraussichtlich erst in der Nacht zum
Donnerstag auf Deutschland übergreift. In der gut durchmischten Luftmasse werden
Höchstwerte zwischen 2 und 7 Grad erreicht. Im höheren Bergland herrscht
leichter Dauerfrost.
In der Nacht zum Donnerstag ziehen sich die Schneeschauer allmählich zum
Nordrand des Erzgebirges zurück. Im Stau sind dabei durchaus 5 bis 10 Zentimeter
Neuschnee vorstellbar. Weitaus interessanter ist jedoch die Warmfrontwelle, die
sich nahezu strömungsparallel in den Südwesten Deutschland hereinschiebt und im
Laufe der Nacht in etwa zwischen Eifel , Schwarzwald und den Alpen für länger
anhaltendende und teils kräftige Niederschläge sorgt. Während der Wind auf der
kalten Seite der Welle an der Nordostflanke komplett rausgeht und schwach
umlaufend ist, frischt er an der Südwestflanke stark böig aus West auf und es
fließt mildere Atlantikluft ein. Noch ist die genaue Lage der Luftmassengrenze
allerdings mit Unsicherheiten behaftet. Derzeit muss man davon ausgehen, dass
sie vom Saarland über den Großraum Stuttgart bis dicht südlich von München
verläuft. Nördlich davon sind bis in tiefe Lagen Schneefälle mit 5 bis 10
Zentimeter, lokal um 15 Neuschnee binnen 12 Stunden zu erwarten. Südlich davon
fällt Regen mit ansteigender Schneefallgrenze bis in die Kammlagen des
Schwarzwaldes auf weit über 1000 Meter. Dort muss jedoch wie auch in den Alpen
bei Sturmböen mit Verwehungen gerechnet werden.
Am Donnerstag verlagert sich der Schwerpunkt des Höhentiefs etwas südwärts und
erstreckt sich vor allem von Polen bis zum Balkan. Über Skandinavien setzt von
Westen Potentialanstieg ein. Die durchaus beachtliche Ausdehnung der -40
Grad-Isotherme in 500 hPa umspannt dabei den Großteil Polens. Angesichts des
bisher (im Flachland) enttäuschenden Winters mit trauriger Luftmassen- und
Temperaturverteilung gerade über Ost- und Nordeuropa ein durchaus
bemerkenswerter Umstand. Ein Kurzwellentrog ist dabei noch nach Norddeutschland
gerichtet, so dass es immer noch zu einzelnen schwachen Schneeschauern kommen
kann, die in Odernähe vereinzelt auch von einem kurzen Donnergrummeln begleitet
sein können. Mit -10 Grad in 850 hPa fließt etwas kontinentaler geprägte
Polarluft ein, die zwar hochreichend labil geschichtet ist, aber eben auch
trockener daherkommt. Über der Mitte schließt sich ein Bereich kompensatorischen
Absinkens an, bevor wir erneut den Brennpunkt im Süden und Südwesten des Landes
erreichen. Dort liegt schleifend noch immer die Luftmassengrenze, wobei die
nächtliche Welle zwar über die Alpen gesteuert wird, über dem Englischen Kanal
jedoch die nächste bereits ansetzt. Folglich halten die Niederschläge weiter an
und insbesondere in Staulagen des Schwarzwaldes sowie am Alpenrand treten
weiterhin markante Neuschneefälle auf mit Größenordnungen von 20 bis 30
Zentimeter Neuschnee binnen 24 Stunden, in Staulagen noch darüber. Durch das
südwärtige Schwenken des o.e. Kurzwellentroges über Norddeutschland wird auch
die Luftmassengrenze im Süden langsam etwas südwärts abgedrängt. Dadurch ziehen
sich die Niederschläge zum Freitag zunehmend zum Hochrhein und in die Alpen
zurück und gehen von Norden selbst in den Flussniederungen in Schnee über.
Am Freitag und Samstag liegen wir zwischen dem Höhentrog über Osteuropa und dem
ostatlantischen Rücken in einer nördlichen Strömung. Auf der Keilvorderseite
schiebt sich von der Nordsee langsam eine Hochdruckbrücke am Boden nach
Deutschland und die ehemalige Welle wird südwärts ins westliche Mittelmeer
gesteuert. Deutschland ist nun gänzlich mit der trockeneren Polarluft geflutet,
die 850 hPa Temperaturen um -10 Grad und durchweg einstellige Werte im 850 hPa –
Thetafeld aufweist. Dabei ist es nun mit der Durchmischung nicht mehr ganz so
weit her, weshalb doch der Großteil des Landes in den leichten Dauerfrost
rutscht. Ausgenommen sind voraussichtlich nur noch die Gebiete Ballungsgebiete
im Westen und Südwesten sowie das Nordseeumfeld. In den Nächten herrscht bei
zeitweiligem Aufklaren verbreitet mäßiger Frost zwischen -5 und -9 Grad, über
Schnee muss mit strengem Frost gerechnet werden.
Zum Ende der Mittelfrist ist es noch, ob es atlantische Tiefausläufer mit
milderer Luft in den Westen schaffen. Im Osten und Süden bleibt wohl ziemlich
wahrscheinlich trocken-kaltes Winterwetter erhalten.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Die Konsistenz des IFS Modells ist insgesamt passabel. Die Ausprägung des
Höhentiefs mit unter -40 Grad in 500 hPa war in den vorherigen Läufen aber noch
nicht mal ansatzweise vorhanden. Die Lage über Polen wurde zwar ähnlich
gerechnet, aber allenfalls mit -35 Grad, die rasch zum Balkan durchrauschen
sollten. Die Frage ist zum einen die Geschwindigkeit der Verlagerung und wie
schnell sich dabei die ursprünglichen Eigenschaften des Höhentrogs modifizieren.
Niedertroposphärisch spricht das Vorhandensein einer nur sporadisch ausgeprägten
Schneedecke über Südskandinavien und Polen eher gegen den Erhalt oder gar die
Regeneration der Luftmasse. Insofern ist selbst die Schaueraktivität am
Donnerstag im Osten noch mit großen Fragezeichen versehen. Der gestrige 0z Lauf
hatte da sogar skalige Aufgleitniederschläge im Schlepptau.
Gleiches gilt für die Grenzwetterlage im Südwesten. Der gestrige 12z Lauf setzte
mit dem Tief sehr weit nördlich noch über der Rheinmündung an. Das brächte zwar
auch in Niedersachsen etwas Schnee, gleichzeitig aber dem Westen und Südwesten
meist nur Schneeregen oder Regen selbst in den Mittelgebirgen. Grundsätzlich
gilt: Je weiter südwestlich die Welle über Frankreich abläuft, desto weniger
Niederschläge bei uns aber umso mehr in fester Phase. Kommt es doch stärker zu
uns herein, droht im Südwesten selbst in den Hochlagen teils kräftiger Regen und
Tauwetter, dafür bekäme die Mitte teils kräftige Schneefälle ab.
Zum Ende der Mittelfrist nistete sich nach gestrigem 0z Lauf ein Residuum des
Höhentiefs noch genau über Süddeutschland ein. Inzwischen muss der Blick eher
wieder nach Westen gehen, inwieweit uns atlantische Tiefausläufer nicht schon
wieder auf die Pelle rücken.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

ICON schert bereits am Mittwoch etwas aus, indem es die neue Warmfrontwelle
direkt schon über dem Südwesten Deutschlands ansetzen lässt – quasi ohne
Niederschlagspause bei Übergang von Kurz- zur Mittefrist. Deutlich
wahrscheinlicher ist jedoch, dass sich kurzzeitig einmal Zwischenhocheinfluss im
Südwesten durchsetzen kann, bevor die frontalgebundenen Niederschläge in der
Nacht zum Donnerstag aufziehen. Dieses „agressivere“ Voranpreschen beim ICON
führt dann auch dazu, dass sowohl die akkumulierten Niederschlagssummen als auch
die Ausdehnung der flüssigen Phase nach Nordosten aller Voraussicht nach
überschätzt werden. Demnach würde es selbst in den Alpen bei positiven
Temperaturen in 850 hPa kurzzeitig auf über 1500 Metern regnen. Dafür muss man
allerdings sagen, gleicht sich das deutsche Modell am Donnerstag rasch wieder
den übrigen Modellen hinsichtlich der Lage der LMG an.
In der Folge herrscht allgemeiner Konsens über eine eher antizyklonal geprägte
trocken-kalte Winterlage. Das Ende der Mittelfrist zum darauffolgenden
Wochenwechsel ist derzeit noch vollkommen offen. Tendenziell verbleibt aber die
Osthälfte eher unter Hochdruckeinfluss im leichten Dauerfrost, wohingegen in der
Westhälfte bei auffrischenden südlichen Winden atlantische Tiefausläufer unter
Abschwächung übergreifen würden. GME zeigt gar eine durchgreifende
Zonalisierung.
Der Ablauf der bevorstehenden Grenzwetterlage ist da sicherlich nicht
irrelevant, denn sollte sich damit über Ostfrankreich mit Abzug der Welle eine
Schneedecke ausbilden, ist ein thermisch induziertes Blocking atlantischer
Systeme und damit eher die GFS Variante wahrscheinlicher.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die Rauchfahnen zeigen einen mehr oder minder kontinuierlichen und recht
einheitlichen Abfall der 850 hPa Temperaturen – deutschlandweit auf unter -10
Grad bis zum kommenden Wochenende. Spätestens dann nimmt aber die Bandbreite der
Lösungen so stark zu, dass weitere Aussagen nicht mehr möglich sind.
In den Clustern sind man durch die Bank weg eine stark positive
Geopotentialanomalie, die sich von der Labradorsee über die nahezu gesamte
Arktis erstreckt. Kein Wunder, wenn man im Hinterkopf hat, dass der Polarwirbel
gestört und stark nach Süden verschoben ist derzeit. Die Mehrzahl belässt
Deutschland dabei eher an der Trogrückseite des osteuropäischen Kältepols in der
Höhe, weshalb bei eher hohem Bodendruck eine Fortdauer des trocken-kalten
Winterwetters bis zum Übergang in die erweiterte Mittelfrist wahrscheinlich ist.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

SCHNEE/DAUERREGEN:
Signale für mehr als 30 l/qm binnen 24 Stunden zeigen sowohl für Mittwoch als
auch für Donnerstag alle vorliegenden Ensembleverfahren. In den typischen
Nordweststaulagen der Alpen und des Schwarzwaldes liegen die
Wahrscheinlichkeiten sogar bei bis zu 50%, was ein deutliches Signal zum
jetzigen Zeitpunkt ist. COSMO-LEPS und ICON-EPS schließen gar Mengen größer als
50 l/qm binnen 24 Stunden nicht aus (bis 20%). Hochgerechnet auf 48 Stunden muss
nach jetzigem Stand demnach mit 30 bis 60, in Staulagen bis 100 l/qm gerechnet
werden. Vor allem dem Schwarzwald droht mit Warmlufteinschub dabei zeitweise
Regen bis in die Kammlagen. Sonst fällt zumindest oberhalb von 1000 Meter
mehrheitlich Schnee, wobei die Schneefallgrenze im Laufe des Donnerstag bis in
tiefe Lagen absinken sollte. Das würde im Extremfall über das gesamte Ereignis
hinweg in den Hochlagen von Alpen und Schwarzwald einen Meter Neuschnee
bedeuten, der bei Sturmböen zudem stark verweht.
Die EFI Signale für die zu erwartenden Neuschneemengen sind unterhalb 0.8 bei
positiver SOT zwar vorhanden, aber räumlich eher überschaubar und auf die
Höhenzüge beschränkt, wo sich das Ereignis zugegebenermaßen auch nicht allzu
stark von der Klimatologie abhebt.
STURM:
Insbesondere am Südrand der Welle treten im Bergland Sturmböen auf. Auf dem
Feldberg im Schwarzwald sind schwere Sturmböen, auf der Zugspitze Böen bis
Orkanstärke wahrscheinlich. In tiefen Lagen sind Sturmböen nur gering
wahrscheinlich. Das IFS-EPS zeigt vor allem in Verbindung mit dem
Leitplankeneffekt im Alpenvorland geringe Signale dafür (bis 30%).

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, Mos-Mix

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Robert Hausen