S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 18.12.2020 um 10.30 UTC

Am Wochenbeginn Milderung, zeit- und gebietsweise Regen. Ab Donnerstag deutliche
Abkühlung mit Schauern, im Bergland Schnee. Im Westen und Norden zeitweise
starke bis stürmische Böen. Ab Heiligabend noch größere Unsicherheiten.

Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 25.12.2020

Montag … ist im Geopotentialfeld 500 hPa ein flacher Rücken über Südwesteuropa
erkennbar, der an seiner Nordflanke vom einem Kurzwellentrog nördlich von
Schottland tangiert wird. Daraus ergibt sich eine zonale westliche
Höhenströmung, bei der sich ein Blick ins Bodendruckfeld durchaus lohnt. Dort
überquert im Verlauf des Vormittags ein stärker ausgeprägtes Tief England von
West nach Ost. Der Kerndruck wird zum Mittagstermin mit knapp über 995 hPa an
der englischen Ostküste simuliert. Die dazugehörende Warmfront erreicht zu
diesem Zeitpunkt die Benelux-Staaten, in weiterer Folge die westliche
Landesgrenze Deutschlands. In der Westhälfte fällt dabei vor allem am Nachmittag
zeitweise leichter bis mäßiger Regen, der am Abend und in der Nacht auch den
Osten erreicht. An der Südostflanke des Tiefs kommt es zu starken bis
stürmischen Böen, die in Deutschland vor allem im Nordwesten sowie in den
Kammlagen der Mittelgebirge auftreten können. Die advehierte Luftmasse weist im
Warmsektor in 850 hPa Werte mehr als +5 Grad auf, über die Phase muss man sich
daher nur wenig Gedanken machen (Regen). Allerdings ist je nach Timing und
Bewölkungsverhältnissen nicht völlig ausgeschlossen, dass es am Beginn des
Niederschlags in manchen Mittelgebirgstälern kurzzeitig zu gefrierendem Regen
reicht – zurzeit geben die Modelle aber keine maßgeblichen Hinweise in diese
Richtung. In der Nacht zum Dienstag erreicht das Tief unter Abschwächung
Dänemark, sein Frontensystem unterliegt einem Okklusionsprozess. Dieses sowie
resp. die Kaltfront erreicht im Laufe der Nacht den Nordwesten Deutschlands.
Aufgrund der stromaufwärts stattfindenden Entwicklung wird diese aber rasch
rückläufig und geht in die Warmfront einer Welle westlich von Irland über. In
Deutschland heißt das weiterhin leichter bis mäßiger Regen und das Windfeld
weitet sich unter Abschwächung auf den gesamten Bundesbereich aus (zeit- und
gebietsweise Bft 7 aus Südwest). Die Schneefallgrenze liegt weiterhin oberhalb
der Kammlagen sowie in etwa bei 2500 m in den Alpen (nach Lesart des EZMW). Bei
ICON findet die gerade beschriebene Entwicklung zeitverzögert statt.

Dienstag … befindet sich Mitteleuropa weiterhin in einer recht zonalen
Höhenströmung an der Nordflanke des südwesteuropäischen Rückens, wobei leichte
antizyklonale Krümmung erkennbar ist. Die Welle westlich von Irland intensiviert
sich und gewinnt etwas Raum nach Osten, am Nachmittag erreicht der Kern des
Tiefs mit etwas unter 1000 hPa die Westküste Irlands. Die daran gekoppelte
quasistationäre Luftmassengrenze verläuft quer über Deutschland und sorgt dabei
in den mittleren Regionen für länger anhaltenden Regen. Da dieser vor allem auf
der warmen Seite fällt, ist die Schneephase auch in den Kammlagen weiterhin kein
Thema. Länger trocken ist es an den Alpen sowie ganz im Norden. In der Nacht zum
Mittwoch vertieft sich das erwähnte Tief deutlich und bekommt zunehmend den
Charakter eines Sturmtiefs (Kern mit 994 hPa über Wales). Damit wird die
Luftmassengrenze über der Mitte Deutschlands als Warmfront etwas nach Norden
geführt, wobei dieser Vorgang auch eine leichte Nordverlagerung des mäßigen
Regens mit sich bringt. An den Alpen setzt eine leichte föhnige Überströmung
ein, die sich im Bodenniveau aber nicht bemerkbar macht. Das Windfeld des Tiefs
tangiert Deutschland zu diesem Zeitpunkt nicht.

Mittwoch … entwickelt sich aus der nach Norden geführten Warmfront eine
Warmfrontwelle über der westlichen Ostsee. Damit ergibt sich im Bodendruckfeld
eine Tiefdruckrinne vom weiterhin über England positionierten Sturmtiefs und der
Neuentwicklung über der Ostsee. Die Kaltfront des englischen Tiefs erreicht im
Laufe des Nachmittags und am Abend den Westen Deutschlands. Damit spannt sich
der Warmsektor über das gesamte Bundesgebiet, zeit- und gebietsweise fällt
Regen. Im Windfeld zeigen sich weiterhin einzelne starke Böen, im Bergland
stürmische Böen oder Sturmböen. In der Nacht zum Donnerstag erreicht der
steuernde Trog Deutschland von Westen her, in den Frühstunden passiert die
Trogachse den Nordwesten. Aus der Tiefdruckrinne entwickeln sich mehrere
Tiefdruckzentren, wobei sich das bisherige Sturmtief deutlich abschwächt und in
der zweiten Nachthälfte am Niederrhein zu finden ist. Die Passage der Kaltfront
steuert ein Tief über der Ostsee, dieses erreicht in den Frühstunden bereits
Polen. Einhergehend damit sinkt die Luftmassentemperatur ab, in 850 hPa sind es
in den Frühstunden etwa -2 Grad. An den Alpen werden bis dahin etwa 0 Grad
erwartet, das auf eine ungefähre Schneefallgrenze von 1200 m schließen lässt.

Donnerstag (Heiligabend) … verläuft der Langwellentrog von Skandinavien über
Mitteleuropa bis zur Iberischen Halbinsel. Dabei sickert weiterhin erwärmte
Meeresluft polaren Ursprungs ein, die die Schneefallgrenze bei einer regen
Schauertätigkeit (höhenkalte Luft ) auf etwa 800 bis 600 m absinken lässt. In
stark ausgeprägten Schauern sind Schneeflocken auch etwas darunter möglich. Wind
bleibt weiterhin ein Thema mit starken Böen in den tieferen Lagen und
stürmischen Böen oder Sturmböen auf den exponierten Kuppen. In der Nacht zum
Freitag klingen die Schauer nur langsam ab und stauen sich teilweise auf den
Nordwestseiten der Mittelgebirge und an den Alpen. Schnee kann bis etwa 500 m
herab dabei sein.

Freitag (1. Weihnachtsfeiertag) … passiert die Trogachse Polen und den
süddeutschen Raum in Richtung Südosten. Darauf folgt von der Nordsee ein flacher
Rücken, der im Bodendruckfeld ein schwaches Zwischenhoch stützt. Damit klingen
die Schauer in weiten Teilen des Landes ab, nur südlich der Donau halten sich
diese bis in den Nachmittag und stauen sich weiterhin an den Alpen und an den
östlichen bayerischen Mittelgebirgen. In der Nacht zum Samstag folgt von der
Nordsee her wahrscheinlich die Okklusion eines Nordmeertiefs.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Zum Beginn des Mittelfristzeitraums am Montag zeigt sich, dass die zeitliche
Entwicklung des Sturmtiefs auf dem Atlantik von Lauf zu Lauf progressiver
gerechnet wird. Die Niederschläge der Warmfront erreichen damit schon am
Vormittag die gesamte Westhälfte. Die Zugbahn an sich ist nun etwas südlicher
gerechnet, der Kern würde am Montagabend über die Deutsche Bucht Dänemark
erreichen. Der Kerndruck unterscheidet sich zum gestrigen 00 UTC-Lauf kaum
(Zugbahn nördlicher), allerdings weist der letzte 12 UTC-Lauf einen um fast 10
hPa tieferen Druck auf (Zugbahn ebenfalls nördlicher). In den Folgetagen stellt
sich eine Westwetterlage mit zeitweiligen Niederschlägen ein, wobei die Lage der
Luftmassengrenze/der Warmfront noch Unsicherheiten unterliegt. Die Entwicklung
des folgenden Sturmtiefs bei den Britischen Inseln schwankt in Lage und Stärke
ebenfalls beträchtlich. Erkennbar ist jedoch eine zeitliche Progression von Lauf
zu Lauf, beim Kerndruck ergibt sich kein eindeutiger Trend. Zu den
Weihnachtsfeiertagen kristallisiert sich nach Passage der Kaltfront zumindest
bei EZMW eine deutliche Abkühlung und eine rege Schauertätigkeit heraus.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Die Konsistenz zwischen Modellen ist bereits am Beginn des mittelfristigen
Vorhersagezeitraums nicht gegeben. ICON rechnet die Entwicklung des Sturmtiefs
über Nordwesteuropa deutlich verzögerter, die Warmfront würde erst in der Nacht
zum Dienstag den Westen erreichen. Beim Verhalten des zweiten Sturmtiefs über
Großbritannien und Nordirland sowie Irland schert GFS deutlich aus (nicht
vorhanden). ICON ist bei diesem ähnlich zu EZMW, allerdings mit einem tieferen
Kerndruck und einer etwas differenten Passage der Kaltfront am Heiligen Abend.
Das entscheidende ist aber, dass sich das Sturmtief bei ICON nicht abschwächt,
sondern sich weiter vertieft (Kerndruck 987 hPa über der Nordsee am Heiligen
Abend). In weiterer Folge zieht dieses zur Ostsee, sodass sich vor allem
Norddeutschland im Bereich der deutlichen Gradientverschärfung befände
(Sturmlage Norddeutschland). In den folgenden Läufen ist daher auf diese
Variante ein besonderes Augenmerk zu legen.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

EPS:
Die Rauchfahnen für repräsentative Orte in Deutschland weisen beim
Temperaturverlauf 850 hPa einen vergleichsweise homogenen Verlauf auf. Auf die
starke WLA zum Beginn der Woche erfolgt ab der Mitte der Woche in allen
Landesteilen eine stärkere Abkühlung. Diese ist verbunden mit einer Verringerung
des Geopotentials (Trogpassage). Außerdem gut erkennbar ist die mit der WLA
verbundene Niederschlagstätigkeit in der Mitte des Landes, während es im Süden
in diesem Zeitraum meist trocken bleibt.

CLUSTER:
+120…168h: Es liegen zwei Cluster vor, die nahezu gleichverteilt sind. C1
tendiert eher zum Muster Positive NAO, C2 zu Atlantischer Rücken. Man kann
jedoch daraus ablesen, dass eine Trogsituation zu den Weihnachtstagen doch recht
wahrscheinlich ist (nach EZMW).

+192…240h: Nun muss mit 5 Clustern hantiert werden, die komplett verschiedene
Strömungsmuster aufweisen. Haupt- und Kontrolllauf sind dabei in C4, das die
Trogsituation über Mitteleuropa prolongiert (allerdings nur 8 Member). C1 mit 13
Membern lässt den Trog (schwächer ausgeprägt) rascher nach Osten abziehen und
einen flachen Rücken nachfolgen. Belastbare Aussagen können daher für die Tage
nach Weihnachten noch nicht gemacht werden.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

WIND:
Am Montag in der Nordwesthälfte im Tiefland geringe Wahrscheinlichkeit für
einzelne stürmische Böen, an der Nordsee dagegen wahrscheinlich. In den
Kammlagen der Mittelgebirge generell zeitweise stürmische Böen oder Sturmböen,
auf dem Brocken schwere Sturmböen. Ab Heiligabend unsichere Entwicklung.

REGEN:
Am Dienstag in manchen Weststaulagen der Mittelgebirge Dauerregen mit mehr als
30 l/qm in 24 Stunden nicht ausgeschlossen (EPS von ICON und EZMW liefern
geringe Signale). In 48 Stunden sind örtliche Überschreitungen von 40 l/qm in
diesen Regionen ebenfalls nicht ganz ausgeschlossen. Die Unsicherheiten müssen
jedoch noch als erheblich eingeschätzt werden.

Basis für Mittelfristvorhersage
EZMW-EPS, MosMix (zur Erhöhung der Bandbreite, d.h. Berücksichtigung der
Unterschiede ICON-EZMW)

VBZ Offenbach / Mag.rer.nat. Florian Bilgeri