SXEU31 DWAV 291800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 29.11.2020 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
In der Nacht zum und am Dienstag mit Trog- bzw. Tiefdruckpassage vorübergehend
unbeständig, dabei vor allem im Süden bis in tiefe Lagen etwas Schnee. Davor und
danach ruhiges Hochdruckwetter.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 12 UTC

Aktuell … verläuft die zunehmend ins Mäandrieren geratende Frontalzone auf
recht nördlicher Bahn über die Irminger See und Island hinweg bis nach
Nordskandinavien. Darin eingebettet, verlagert sich ein recht markanter
kurzwelliger Höhentrog über das Nordmeer hinweg nordostwärts und weitet sich
nach Süden, Richtung Schottland, aus. Stromab stützt WLA zunächst noch einen
Höhenrücken, dessen Achse sich über Benelux und Nordwestdeutschland bis nach
Südschweden erstreckt und der wiederum flankiert wird von einem Höhentief über
Weißrussland. Daraus ergibt sich über weiten Teilen des Vorhersagegebietes eine
schwache, antizyklonal konturierte nördliche Höhenströmung. Im Laufe der Nacht
verlagert sich der Höhenrücken mit seinem Südteil allmählich südostwärts,
wodurch das Höhentief etwas nach Norden abgedrängt wird und die Höhenströmung
auf Nordwest dreht.
Im Bodenfeld stützt der Rücken eine Hochdruckzone, die sich – ausgehend von
einem umfangreichen Hochdruckgebiet über dem mittleren Nordatlantik – über die
Britischen Inseln bis in die Mitte Deutschlands erstreckt. Mit Annäherung des
Frontensystems eines mit dem Höhentrog korrespondierenden Bodentiefs über dem
Nordmeer setzt im Nordwesten zwar bereits leichter Druckfall ein, aber erst im
Laufe der zweiten Nachthälfte macht sich das Frontensystem selbst dort mit dem
Aufzug erster hoher und mittelhoher Wolkenfelder bemerkbar.
Somit dominiert im Vorhersagegebiet ruhiges spätherbstliches Hochdruckwetter.
Während sich die Absinkinversion in den meisten Regionen etwa zwischen 500 und
1000 m Höhe befindet und sich vielerorts die Hochnebelfelder auflösen konnten
(lediglich im südlichen Alpenvorland sowie am Bodensee und Hochrhein und
stellenweise von der Pfalz bis ins Bergische Land blieb es trüb), gelangt in den
Osten und Nordosten des Landes am Westrand des Höhentiefs von Polen her eine
etwas hochreichend kältere und auch wolkenreiche Luftmasse, die Inversion
befindet sich dort meist zwischen 800 und 850 hPa. Somit bleibt es dort auch die
Nacht über meist stark bewölkt bis bedeckt und leichte Hebungsprozesse können
gebietsweise etwas Nieselregen bzw. (am ehesten wohl an Erzgebirge und Zittauer
Gebirge) auch Schneegriesel auslösen. Frost gibt es dort zwar nicht überall,
wenn er aber auftritt, muss mit Glätte gerechnet werden.
Ansonsten sinkt die Temperatur verbreitet in den Frostbereich, zumal die
alternde Luftmasse insgesamt etwas an Feuchte verloren hat, der Wind etwas
lebhafter aus Ost weht und es dauern wird, bis sich die Nebel- und
Hochnebelfelder wieder ausweiten bzw. verdichten. Gebietsweise, vor allem in
einigen Senken bzw. Mittelgebirgstälern in Südwest- und Süddeutschland, gibt es
auch mäßigen Frost. Glätte spielt kaum eine Rolle, ist aber aufgrund von Reif
bzw. gefrierendem Nebelnässen nie ganz ausgeschlossen.

Montag … wird eine Unterbrechung der ruhigen, antizyklonalen Wetterlage
eingeleitet. An der Nordostflanke des markanten und Höhenrückens über dem
mittleren Nordatlantik wird der Kurzwellentrog über dem Nordmeer nach Südosten
gesteuert und erreicht abends die norwegische Küste bzw. die Nordsee. Das
korrespondierende Bodentief zieht Richtung Bäreninsel, das zugehörige
Frontensystem erreicht unter fortschreitendem Okklusionsprozess abends die
Deutsche Bucht. Der vorgelagerte Höhenrücken wird nach Polen bzw. Tschechien,
die Hochdruckzone nach Süddeutschland abgedrängt und mit Annäherung des
Frontensystems verschärft sich der Druckgradient im Nordwesten des Landes.
Der meist süd- bis südöstliche Wind dreht dort auf Süd bis Südwest und frischt
deutlich auf. Für warnrelevante Böen (Bft 7) reicht es aber wohl auch im
Nordseeumfeld erst am späteren Nachmittag oder Abend, auf Helgoland und auf dem
Brocken kann es eventuell auch stürmische Böen (Bft 8) geben.
Dazu setzt im Laufe des späten Nachmittags und am Abend etwa vom Westmünsterland
bis nach Ostholstein leichter Regen ein.
Ansonsten ändert sich zunächst nur wenig. Im Osten und Nordosten bleibt es
überwiegend stark bewölkt, nur gebietsweise lockert die hochnebelartige
Bewölkung dort auf, da das Höhentief über Osteuropa an Einfluss verliert und die
Inversion etwas aufgeweicht wird. In der Mitte und im Süden halten sich in
einigen Regionen wieder ganztägig Nebel- und Hochnebel, eventuell auch wieder an
der Donau und in der Oberpfalz, wo sich heute mit auffrischendem Nordostwind der
Nebel verbreitet aufgelöst hat, der Wind mit Durchschwenken der Hochachse aber
eher auf Südost bis Süd zurückdreht. Außerhalb der Nebelgebiete scheint dort
aber wieder die Sonne, vor allem in höheren Lagen oberhalb von etwa 600 bis 1000
m.
Die Höchstwerte ändern sich gegenüber dem Vortag nur wenig und liegen meist
zwischen 0 und 4 Grad, im Nordseeumfeld auch darüber, in Regionen mit
beständigem Nebel gibt es leichten Dauerfrost.

In der Nacht zum Dienstag wird’s spannend und zum ersten Mal in dieser Saison
(man ist fast versucht, zu sagen, in diesem Jahr) stehen auch abseits der Alpen
winterliche Erscheinungen im Fokus der Warntätigkeit, die nicht nur mit
Grenzschichtphänomenen (also Reif, gefrierender Nebel, etc…) zusammenhängen.
Der Kurzwellentrog greift im Laufe der Nacht von der Nordsee her auf
Nordwestdeutschland über, wo ein Abtropfprozess eingeleitet wird, da sich vom
Rücken über dem mittleren Nordatlantik ein markanter und breit angelegter
Höhenkeil Richtung Nordmeer schiebt. Am Okklusionspunkt des Frontensystems im
Bodenfeld entwickelt sich bereits in den Abendstunden etwa im Bereich der
Südwestspitze Norwegens ein Tiefdruckgebiet und zieht bis Dienstagfrüh nach
Schleswig-Holstein. Das Frontensystem selbst kommt etwa bis in die mittleren und
südwestlichen Landesteile voran, die Niederschläge eilen etwas voraus, so dass
es morgens wohl nur noch vom südlichen Alpenvorland bis zum Bayerischen Wald
sowie vom Osterzgebirge bis zur Uckermark trocken bleibt.
Die Niederschlagsphase ist im Nordwesten und Norden, eigentlich in der gesamten
Norddeutschen Tiefebene unkritisch, da dort die Grundschicht noch nicht
sonderlich ausgekühlt ist, sich bereits abends rasch dichte Bewölkung
ausbreitet, die die Ausstrahlung verhindert und der für bessere Durchmischung
sorgende Südwestwind deutlich zulegt. Mit jedem Kilometer nach Süden wird es
aber spannender. Dabei kommt vor allem im Einflussbereich des anfangs nach
Westen zu noch vorhandenen mitteltroposphärischen Warmluftkörpers auch die
gefrierende Phase ins Spiel, je nach vorheriger Auskühlung der Grundschicht. Die
Prognosesoundings haben vor allem in Rheinland-Pfalz und im Saarland bis nach
Hessen und ins südliche NRW reichend mit einsetzenden Niederschlägen in der
ersten Nachthälfte noch recht ausgeprägte „warme Nasen“ auf der Agenda, so dass
in Regionen mit leichtem Frost oder Bodenfrost (am ehesten wohl in geschützten
Mittelgebirgstälern) vorübergehend auch gefrierender Regen auftreten kann. Im
weitere Verlauf führen Hebung und Verdunstungsabkühlung nieder- und
mitteltroposphärisch aber zu einem Temperaturrückgang, was sich auch gut in den
Prognosesoundings widerspiegelt, und es sollte meist die feste Phase dominieren
(T850 hPa um 06 UTC zwischen -1 und -4 Grad). Dann ist die entscheidende Frage:
Wo fällt Regen, wo Schnee? Die Übergangsregion befindet sich irgendwo in den
mittleren Landesteilen und lässt sich nach aktuellem Modellstand noch nicht im
Detail festmachen. Grob dürfte es in etwa südlich einer Linie Pfalz-Bergisches
Land (Mittelrheingraben eventuell ausgenommen)-Nordhessen-Leipziger Bucht bis in
tiefe Lagen schneien.
Vor allem vom Schwarzwald bis in den zentralen Mittelgebirgsraum werden in
einigen Staulagen mehr als 10 mm in 12 Stunden simuliert, womit dort dann das
Kriterium für markanten Schneefall (über 5 cm in 6 bzw. über 10 cm in 12
Stunden) erfüllt wäre. Auch in den Niederungen reicht es zumindest dort, wo es
vorher noch leichten Frost gab, vielerorts für 1 bis 5 cm Neuschnee.
Von Warnrelevanz ist auch der Wind. An der West- und Südflanke des Bodentiefs
baut sich ein recht veritabler Gradient auf. Im Nordseeumfeld dreht der Wind in
der zweiten Nachthälfte auf Nord bis Nordwest und vor allem im Bereich der
Ostfriesischen Inseln sowie auf Helgoland reicht es für stürmische Böen,
exponiert eventuell auch für Sturmböen (Bft 9). Weniger betroffen dürfte die
Küste Schleswig-Holsteins sein, da sie sich zu nahe am Tiefkern befindet.
Ansonsten reicht es wohl nur in den Kamm- und Gipfellagen der Mittelgebirge für
stürmische Böen bzw. Sturmböen aus Süd, später Südwest, im östlichen Bergland
aus Südost bis Süd, wobei es dort in einigen Tälern vorübergehend auch
Böhmischen Wind geben kann. In höheren Kammlagen der westlichen und zentralen
Mittelgebirge sind somit auch Schneeverwehungen möglich.
Frostfrei bleibt es generell im Nordwesten und Norden und wohl auch in den
Niederungen Westdeutschlands. Im Südosten kann es dagegen bei noch längerer Zeit
aufgelockerter Bewölkung mäßigen Frost geben.

Dienstag … vollzieht sich der Abtropfprozess über Westdeutschland, bis zum
Abend zieht das Cut-Off-Tief bereits zu den französischen Alpen. Das
korrespondierende Bodentief verlagert sich allmählich südwärts und befindet sich
abends nach Lesart des aktuellen ICON-EU in etwa im Bereich des Westerwaldes,
dabei füllt es sich allmählich auf.
Der Schwerpunkt der Niederschlagstätigkeit verlagert sich somit mehr und mehr
nach West- und Süddeutschland, wobei die intensivsten Niederschläge entlang der
Westflanke des Tiefs simuliert werden, und zwar – nach ICON, GEM und IFS (noch
von 00 UTC) recht übereinstimmend – mit mehr als 5 mm in 12 Stunden etwa von
Ostwestfalen über das südliche NRW, West- und Südhessen bis nach Baden bzw. zum
Schwarzwald. In den Staulagen der Mittelgebirge werden 10 bis 15 mm simuliert,
nach ICON-EU im östlichen Sauerland sogar bis nahe 20 mm. Drumherum, also auch
im Süden und Südosten sowie ganz im Westen, stehen meist 1 bis 5 mm auf der
Agenda (lediglich vom Bodensee über das Allgäu bis ins Schwäbische Alpenvorland
etwas mehr), im Norden und Osten bleibt es dagegen bereits vielerorts trocken.
Nach wie vor simuliert GFS eine im Vergleich zum ICON etwas westlichere Zugbahn
des Tiefs und hat vor allem in den zentralen Mittelgebirgen entsprechend
deutlich geringere Mengen auf der Agenda.
Während der Vormittag im Süden auch in den Niederungen durchaus noch winterliche
Züge haben dürfte, steigt die Schneefallgrenze ansonsten mit dem Tagesgang und
mit besserer Durchmischung zögernd an, bei 850 hPa-Temperaturen um 18 UTC
zwischen 0 Grad im Nordwesten und -4 Grad im Süden auf etwa 800 m im Westen und
300 bis 500 m im Süden. Vor allem im Hochschwarzwald können dabei durchaus mehr
als 10 cm Neuschnee fallen, überhaupt steht in vielen Mittelgebirgsregionen ein
durchaus winterlicher Tag ins Haus, in den Niederungen bleibt es dagegen meist
bei „Stundenmatsch“.
Mit Auffüllen des Tiefs beginnt der Gradient im Vormittagsverlauf wieder
aufzufächern und der Wind im Nordseeumfeld sowie in den Kammlagen der
Mittelgebirge flaut allmählich ab. Spätestens am Nachmittag dürfte er kaum mehr
warnrelevant sein.
Die Sonne zeigt sich so gut wie gar nicht, am ehesten vielleicht noch im
äußersten Nordwesten. Mit besserer Durchmischung wird es vor allem im Norden und
Westen milder als an den Vortagen mit Höchstwerten zwischen 4 und 9 Grad. Sonst
bleibt es mit 0 bis 4 Grad recht kalt, im höheren Bergland gibt es leichten
Dauerfrost.

In der Nacht zum Mittwoch verlagert sich das Cut-Off-Tief etwa in den Golf von
Genua. Der anfangs noch vom ihm ausgehende bis in den Norden des
Vorhersagegebietes reichende Höhentrog füllt sich auf, gleichzeitig wird der
ehemals über den Britischen Inseln bis ins Nordmeer gerichtete markante
Höhenrücken durch eine beginnende Austrogung über dem Seegebiet zwischen Island
und Schottland unter Verkürzung seiner Wellenlänge nach Süden abgedrängt.
Morgens erstreckt sich dessen Achse von den Britischen Inseln über die mittlere
Nordsee und Südschweden bis nach Finnland.
Dadurch dominiert auch über dem Vorhersagegebiet Absinken und das kleinräumige
Bodentief über Südwestdeutschland wird nach Ostfrankreich abgedrängt, wobei es
sich rasch auffüllt. Insgesamt stellen sich im Bereich einer sich aufbauenden
flachen Hochdruckbrücke erneut schwache Druckgegensätze ein.
Die Niederschläge klingen auch im Süden und Westen des Landes im Laufe der
ersten Nachthälfte ab, im Bergland fallen noch einige Zentimeter Neuschnee.
Ansonsten breiten sich wieder vielerorts Nebel- bzw. Hochnebelfelder aus und nur
gebietsweise können die Wolken auch mal stärker auflockern. Hier und da fällt
etwas Nieselregen oder Schneegriesel aus der Hochnebeldecke, am ehesten wohl
weiterhin im Westen und Süden. Im Norden und Westen bleibt es überwiegend
frostfrei, ansonsten gibt es stellenweise, nach Südosten zu auch wieder recht
verbreitet leichten Frost und Glätte durch Überfrieren.

Mittwoch … setzt sich die Austrogung über Nordwesteuropa weiter fort, abends
reicht der Langwellentrog mit Drehzentrum knapp nordöstlich von Island bis nach
Schottland bzw. zur nördlichen Nordsee. Mit dem damit einhergehenden
Geopotenzialverlust wird der Höhenrücken über der Nordsee nach Südosten unter
Verkürzung seiner Wellenlänge abgedrängt und von Norden her auch mehr und mehr
„abgehobelt“, abends erstreckt er sich über den Ärmelkanal und die Deutsche
Bucht noch bis zum Kattegat.
Im Bodenfeld verbleibt das Vorhersagegebiet im Einflussbereich der flachen
Hochdruckbrücke, wobei im Tagesverlauf im Nordwesten mit Übergreifen eines
Frontensystems auf die nördliche und mittlere Nordsee bereits Druckfall
einsetzt. Gegen Abend kann es im Vorfeld im Nordseeumfeld – am ehesten in
Nordfriesland – bei auffrischendem, aber wohl noch nicht warnrelevantem Süd- bis
Südwestwind eventuell etwas regnen.
Im übrigen Land dominiert der Einfluss der Hochdruckbrücke, wobei sich die
Absinkinversion in etwa 800 bis 850 hPa befindet und sich innerhalb der
feuchtkalten Grundschicht vielerorts eine hochnebelartige Bewölkung hält.
Chancen auf etwas Sonne bestehen am ehesten vielleicht noch am Alpenrand sowie
in den Gipfellagen der höchsten Mittelgebirge, vielleicht noch am
Erzgebirgsnordrand, wo die Grundschicht nicht ganz so dick ist. Hier und dort
fällt auch etwas Nieselregen aus dem Hochnebel. Die Höchstwerte liegen meist
zwischen 0 und 5 Grad, im äußersten Westen und im Nordwesten auch etwas darüber.

Modellvergleich und -einschätzung

Die vorliegenden Modelle fahren allesamt im Großen und Ganzen eine relativ
einheitliche Linie. Im Detail ergeben sich noch Differenzen, was die genaue
Zugbahn des Tiefs am Dienstag angeht. Diese wurden im Text bereits angesprochen
und könnten direkt Einfluss auf eventuelle Schneefallwarnungen haben.
Ansonsten sind die (meist marginalen) Unterschiede weder warn- noch großartig
prognoserelevant.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff