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S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 23.11.2020 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
Meist ruhiges, zu Nebel oder Hochnebel neigendes Herbstwetter.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 12 UTC

Aktuell … macht der November mit seinen typischen Wettererscheinungen ernst
und auch die Temperaturen pendeln sich nun endlich mal auf jahreszeitlich
normale Werte ein. Bisher ging November ja eigentlich untypisch viel zu sonnig
und deutlich zu mild über die Bühne. Zwar wird auch in den nächsten Tagen die
bestimmende Wetterlage ein kleines a für antizyklonal enthalten, was wiederum
Hochdruckeinfluss und Absinken kennzeichnet, doch die eingeflossene kühle und
feuchte Luft kann nicht mehr so rasch und verbreitet ausgeräumt werden. Die
Folge sind Nebel und Hochnebel sowie Nachtfrost. Windig wird es allenfalls
zeitweise an der See. Der graue Novemberblues kommt, aber bleibt er auch? Dafür
gehen wir nun ins Detail:

Am heutigen Abend und in der Nacht zum Dienstag wird das Wetter zunehmend von
einem Rücken dominiert, der unter weiterer Amplifizierung von den Britischen
Inseln ostwärts schwenkt und dessen Achse am Morgen etwa von Südschweden über
Dänemark und Westdeutschland südwestwärts verläuft. Gestützt wird der Rücken
sowie seine Amplifizierung von einem markanten Langwellentrog über dem Atlantik,
der seinerseits ebenfalls an Amplitude zulegt und einen Abschnürungsprozess
startet. Im Bodenniveau herrscht über weiter Teile Süd, West- und Mitteleuropa
hoher Luftdruck, der mit dem Rücken in der Höhe korreliert und sich entsprechend
weiter verstärkt. Nachfolgend setzt hierzulande in der Mitte und im Süden
Absinken ein. Einhergehend wird der schwächelnden Kaltfront südlich der Donau
auch die letzte Kraft geraubt. Die vorherrschenden Wetterphänomene sind dann
Nebel und Hochnebel sowie bei längerem Aufklaren Frost. Einzig der Norden will
noch nicht bei der Grenzschichtlotterie mitspielen und geht seinen eigenen Weg.
Denn mit der südwestlichen bis westlichen Grundströmung wird eine Warmfront
sowie vorgelagert kräftige WLA von den Niederlanden und der Nordsee her ins Land
geführt und schließlich ostwärts verlagert. Im Gepäck hat die Warmfront dichte
Wolkenfelder, die bevorzugt in Schleswig-Holstein auch etwas Regen bringen. Die
Regenwolken schützen dann aber die bodennahen Schichten vor dem Auskühlen. Da
aber der Gradient etwas stärker daherkommt, weht vor allem an der Nordsee ein
auffrischender Wind, sodass in Nordfriesland sowie einigen anderen vorgelagerten
Inseln starke bis stürmische Böen auftreten können. Immerhin hat dort zunächst
der Nebel keine Chance.
Dienstag … und in der Nacht zum Mittwoch ändert sich beim Wetter in
Mitteleuropa nur wenig. Gestützt von dem weiter voranschreitenden
Abschnürungsprozess des Troges über dem Atlantik, gewinnt der Rücken weiter an
Geopotential. Nachfolgend kann er sich breiter aufstellen und noch etwas weiter
nach Norden aufbäumen. Der Schwerpunkt des Höhenhochs verlagert sich allerdings
ins Dreiländereck Deutschland-Tschechien-Österreich, sodass das Land zunehmend
auf die potentiell mildere Westflanke gelangt. Analog zu der Verlagerung in der
Höhe verschiebt auch das korrelierende Bodenhoch sein Zentrum ostwärts nach
Ungarn. Die mit einer südwestlichen Grundströmung einfließende Luft macht sich
aber bevorzugt in höheren Lagen bemerkbar. In den Gebieten von Nebel und
Hochnebel verhindert, bei weiter hochreichend antizyklonalen Verhältnissen, eine
mehr oder wenige starke Inversion die Durchmischung. Die besten Chancen bei
einer derartigen Grenzschichtpartie haben die Hoch- sowie Lee-Lagen der Berge.
Anders als am Vortag profitiert, nach Abzug der Warmfront samt WLA nach Osten,
nun auch der Norden zunehmend vom Absinken, sodass der Wind einschläft und das
Nebel- und Hochnebelpotential steigt. Einhergehend dreht sich auch das
Temperaturprofil durch eine Inversion etwa zwischen 850 und 950 hPa um
vielerorts. Vor allem auf den Bergen in Süddeutschlands und Teilen der Mitte
wird es milder als in den Tallagen.
Mittwoch … ist ruhiges Herbstwetter weiter Trumpf. In der Höhe verlagert sich
der Schwerpunkt des Rückens sowie dessen Achse zwar weiter nach Osten und
befindet sich nun über Ungarn. Da über dem Atlantik die Abschnürung des Troges
sich nun in den letzten Zügen befindet, kann sich an der Sollbruchstelle
ausgehend von Frankreich in nordwestliche Richtung ein neuer Rücken aufbäumen.
Gleichzeitig schiebt aber das Trogresiduum leicht nach Osten, was schließlich
das hohe Geopotential über Norddeutschland abhobelt. Während demnach die Mitte
und der Süden weiter unbeeindruckt von dem Geschehen über Nordwest- und
Nordeuropa eine ruhige Kugel schieben und die Grenzschichtlotterie mit Nebel und
Hochnebel sowie Nachfrost genießen, muss sich der Norden wieder auf etwas
ruppiger Zeiten einstellen. Denn bodennah ist der Höhentrog, dessen Achse sich
von Finnland bis nach Südengland erstreckt mit einem Bodentrog inklusive
Kaltfront verknüpft, die nicht vor Deutschland halt macht und in der Nacht zum
Donnerstag auf den Nordwesten übergreift. Entsprechend kommen dichte Wolken mit
schauerartigen Niederschlägen auf, die sich ausgangs der Nacht vom Niederrhein
und Emsland bis nach Vorpommern ausdehnen. Im Umfeld kann dann auch der Wind
wieder etwas zulegen und stark böig daherkommen. Am Mittwoch lohnt sich aber
auch nochmal ein Blick gen Süden und Osten. Denn durch die südliche Strömung und
geringfügig zunehmender Labilisierung sowie sanfter Durchmischung können sich
die sonnigen Regionen im Lee der Berge weiter nordwärts vergrößern. Im Osten
stehen die Chancen gut, dass vom Erzgebirge bis nach Berlin und der Harzregion
die Sonne länger scheint und auch im Südwesten bewirken Alb und Schwarzwald
Sonnenschein teils bis zum Odenwald und Spessart. In abgeschwächter Form gibt es
auch im Lee vom Rothaargebirge und der Eifel entsprechendes Sonnenpotential. Je
nach Sonnenschein verteilen sich auch die Temperaturen. Im Dauergrau werden nur
wenig über 0 Grad erreicht, während bei längerem Sonnenschein 7 bis 12 Grad
möglich sind.
Donnerstag … kommt der Trog unter Verkürzung der Wellenlänge und allmählichen
Auflösungserscheinungen langsam südostwärts voran, wobei er durch die ostwärtige
Verlagerung des Höhentief von Finnland nach Nordwestrussland vor allem über dem
östlichen Mitteleuropa etwas an Schub nach Süden zulegt. Nachfolgend zonalisiert
dessen Ausrichtung, sodass sich die Achse in der Nacht zum Freitag vom Baltikum
über Norddeutschland hinweg bis in die Bretagne erstreckt. Die Prozesse reichen
aber aus, die Höhenverteilung über Deutschland zyklonal zu gestalten und das
hohe Geopotential langsam abzubauen. Bodennah korreliert das Höhentief weiter
mit einem Bodentief, dessen Frontenzug sich hierzulande in die Mitte vorarbeiten
kann. Allerdings ist am Boden zwischen dem Tief über Nordosteuropa und dem
Cut-Off, der vor der Iberischen Halbinsel wirbelt, eine schwache Hochdruckbrücke
von Südosteuropa bis zu den Britischen Inseln wirksam. Nachfolgend verliert die
Kaltfront an Wetteraktivität. Mit leichten Niederschlägen muss aber in einem
Streifen über die Mitte hinweg auch in der Nacht zum Freitag noch gerechnet
werden. Mit Vorankommen der Front sind die Sonnenchancen bis auf Regionen im
Südschwarzwald und an den Alpen erstmal dahin. Nicht nur das die frontale Hebung
Regenwolken generiert, auch die Anreichung der Feuchte in der unteren
Troposphäre gibt bei nur schwachen Winden erneut Nebel und Hochnebel freie
Fahrt. Der Frost in der Nacht beschränkt sich dann nur noch auf die Regionen im
Südosten, wo vor der Front der Himmel teilweise noch Aufklaren kann bzw. der Weg
von den Höchstwerten zum Frostbereich nur sehr gering ist. Hinter der Front
kommt dann in der Höhe kühlere Luft nach Deutschland. Die Temperaturen in 850
hPa sinken von 0 bis 6 Grad vor der Front auf Werte zwischen 0 und -4 Grad
hinter der Front ab.

Modellvergleich und -einschätzung

Die Globalmodelle führender Wetterdienste (ICON, IFS, GFS, UKMO) simulieren die
großskaligen Geopotential- und Luftdruckverteilung im Kurzfristbereich bis auf
geringe Abweichungen, die keinen Einfluss auf das Wetter in Deutschland haben,
vergleichbar. Allenfalls das GFS deutet zum Donnerstag einen leicht abweichenden
Weg an, indem es den Trog schwächer und die Bodenhochdruckbrücke stärker
simuliert. Entsprechend kommt der Trog auch nicht nach Deutschland voran.
Gelichermaßen greift auch die bodennahe Kaltfront nicht auf das Land über und
schwächelt stattdessen nach einem Streifschuss über der Nordsee.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Lars Kirchhübel