S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Montag, den 16.11.2020 um 10.30 UTC

Am Ende der Woche mäßiger Kaltlufteinbruch. Danach Tendenz zu Hoch Mitteleuropa
mit kurzen Unterbrechungen. Am Freitag bis in mittlere Lagen etwas Schnee, im
Norden anfangs windig bis stürmisch.

Synoptische Entwicklung bis zum Montag, den 23.11.2020

Betrachtet man die nordhemisphärische Zirkulation, so schwächt sich der bisher
recht kräftige Polarwirbel etwas ab, was eine etwas stärker mäandrierende
Strömung im Mittelfristzeitraum über dem Atlantik und Europa zur Folge hat. Ein
kräftiges Hoch hält sich weiterhin über Südrussland und Kasachstan, wobei an
seiner Nordflanke jegliche Kaltluft über Sibirien immer wieder ausgeräumt wird
und Europa somit von der Kaltluftzufuhr aus Nordosten abgeschnitten bleibt.

Zu Beginn des Mittelfristzeitraums am Donnerstag ist ein Langwellentrog über
Nordeuropa dominierend, dessen Achse um 12 UTC von Skandinavien über die Nordsee
bis nach Nordfrankreich reicht. Über dem Atlantik hat sich ein kräftiges
Azorenhoch etabliert, das vorderseitig eines weiteren Langwellentroges bei
Neufundland einen Keil Richtung Island schiebt. Stromabwärts entwickelt sich der
Skandinavientrog und kommt allmählich ostwärts voran, wobei eine im thermischen
Feld recht markante Kaltfront Deutschland von Nordwest nach Südost überquert.
Dabei wird die etwas gealterte subtropische Luftmasse (850-hPa-Temperatur ~ 7
°C) durch eine erwärmte Subpolarluftmasse ersetzt (850-hPa-Temperatur ~ -2 °C).
Im Norden nimmt der Gradient deutlich zu, sodass es dort verbreitet starke bis
stürmische Böen gibt.
In der Nacht zum Freitag schwenkt der Trog nach Deutschland herein. Dabei fließt
ein weiterer Schwall polarer Kaltluft ein, sodass die -5 °C Isotherme die Mitte
Deutschlands erreicht. Die Schauer im Trogbereich fallen zunächst nur in den
höheren Lagen der Mittelgebirge als Schnee.

Im Laufe des Freitags verlagert sich der Trog rasch ostwärts und läuft dann aber
über Osteuropa gegen das Südrusslandhoch an. Von Westen rückt gleichzeitig der
sich weiter aufwölbende Höhenkeil nach. Seine Achse erreicht Groß-Britannien.
Deutschland befindet sich rückseitig des Langwellentroges in einer nördlichen
Strömung in der eine arktische Luftmasse einfließt. Die 850-hPa-Temperatur sinkt
im Nordosten auf bis zu -9°C. Dabei wird der Nordosten von Höhenkaltluft (< -35
°C auf 500 hPa erfasst). Dort bilden sich im Tagesverlauf Schnee, Schneeregen
und Graupelschauer. An den Alpen setzt Nordstau ein, wobei dort die
Schneefallgrenze bis zum Abend bis in die Täler sinken sollte. Ansonsten bleiben
Schauer, abgesehen vom Nordrand der östlichen Mittelgebirge eher selten, da die
Luftmasse sehr trocken ist und von Westen her zunehmend Absinken einsetzt.

Am Samstag schwächt sich der Trog über Osteuropa ab und bildet einen Cut-Off im
Mittelmeer. Die Achse des Höhenkeils erreicht Mitteleuropa wird aber von einem
nachfolgenden Islandtief im Norden bereits wieder „abgehobelt“. Das Zentrum des
Bodenhochs liegt über den Alpen. Mit der dadurch zunehmenden westlichen Strömung
wird die eingeflossen Polarluft wieder ausgeräumt. Dafür sorgt eine Warmfront,
die im Tagesverlauf die Nordhälfte mit etwas Regen überquert.

Am Sonntag zieht das Tief von Island kommend über das Nordmeer weiter nach
Skandinavien. Währenddessen etabliert sich hoher Druck über der
Mittelmeerregion. Somit ergibt sich eine antizyklonale Westlage. Während im
Norden Deutschlands grönländische Polarluft einfließt (850-hPa-Temperatur um -2
°C, ist im Süden erwärmte Meeresluft mit 850-hPa-Temperaturen um 5 °C wirksam.

Am Montag baut sich vorderseitig eines neuen Atlantiktroges ein Keil über Groß
Britannien auf, der ins Nordmeer gerichtet ist. Über Mitteleuropa dreht die
Strömung somit auf Nordwest, wodurch die sich südostwärts ausbreitende subpolare
Luftmasse unter Hochdruckeinfluss gelangt.

Im weiteren Verlauf setzt sich ein blockierendes Hoch über Mitteleuropa fest,
dass einen Keil über das Nordmeer zu einem Hoch über dem sibirischen Polarmeer
schlägt.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Die Simulation des neuen ECMWF-Laufs ist bis zum Wochenende recht ähnlich zu den
Vorläufen und unterscheidet sich nur im zeitlichen Ablauf des Trog-Keil-Musters.
Zu Beginn der neuen Woche wird das neue blockierende Hoch in Stärke und Position
dann von den verschiedenen Läufen recht unterschiedlich gerechnet.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

GFS sieht die Lage recht ähnlich. Lässt jedoch die Warmfront am Wochenende erst
am Sonntag übergreifen. Auch ICON zeigt keinen wesentlichen Unterschied zu
ECMWF.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die Streuung in den ECMWF-Rauchfahnen ist bis Freitag recht gering, nimmt dann
aber am Freitag besonders im Süden etwas zu. Somit ist es noch etwas unsicher,
wie weit die arktische Kaltluft nach Süden vorstößt. Die anschließende Erwärmung
wird von allen ENS-Mitgliedern mit einer gewissen zeitlichen Verschiebung
einheitlich gezeigt.
Ab Montag nimmt die Streeung deutlich zu. Das nachfolgende Trog-Keil-Muster wird
im Geopotenzial einheitlich gezeigt, jedoch laufen die 850-hpa-temperaturen weit
auseinander.
Die Clusteranalysen zeigen in der erweiterten Mittelfrist zwei Lösungen mit fast
gleicher Population: Eine antizyklonale Westlage und eine blockierende Lage mit
Keil über Mitteleuropa.

Als Fazit lässt sich festhalten, dass ein mäßiger Kaltlufteinbruch mit etwas
Schnee im Bergland und am Alpenrand am Ende der Woche sicher ist. Noch unsicher
bleibt, wie weit die arktische Kaltluft nach Süden vorankommt. Die anschließendE
kurze Hochdruckphase mit nachfolgenden Warmfrontdurchgang am Wochenende scheint
auch relativ sicher. Unsicher ist jedoch der zeitliche Ablauf. Ab dann laufen
die Prognosen weit auseinander. Ob sich der nachfolgende Keil über Mitteleuropa
zu einem blockierenden Keil entwickelt, oder ob sich eine antizyklonale Westlage
durchsetzt, ist noch ungewiss.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Im Norden muss am Donnerstag mit stürmischen Böen gerechnet werden. Danach
sollten sich stürmische Böen allenfalls auf die Küste und das höhere Bergland
beschränken. Unsicher ist noch wie stark die Stauschneefälle am Freitag an den
Alpen ausfallen. Je nach Modellauf sind in Staulagen durchaus 10 – 20 cm
Neuschnee in 12 Stunden möglich.

Basis für Mittelfristvorhersage
ECMWF, ab Samstag ECMWF-ENS-Mittel; MOS-MIX

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Christian Herold