S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 08.11.2020 um 10.30 UTC

Ruhiges Herbstwetter mit zeitweiligen Niederschlägen.

Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 15.11.2020

Am Mittwoch, zu Beginn des mittelfristigen Prognosezeitraumes, erstreckt sich
die Achse eines breiten Höhenrückens über das östliche Mittel- und nahe
Osteuropa bis nach Svalbard. Dieser Höhenrücken wird flankiert von Trögen über
dem Ural und über dem Atlantik (Seegebiet südlich Islands und westlich Irlands).
Bereits in der Nacht zum Mittwoch läuft ein kurzwelliger Trog in den Höhenrücken
hinein und beeinflusst zunächst die westlichen Landesteile. Er überquert im
Tagesverlauf weite Teile des Landes und bringt zeit- und gebietsweise Regen.
Viel ist das allerdings nicht, vor allem noch in der Nacht zum Mittwoch und in
der ersten Tageshälfte können punktuell auch mal fünf Liter fallen. Südlich der
Donau bleibt es hingegen trocken, dort profitiert man vom Keil eines Hochs mit
Schwerpunkt über Belarus. Das 850 hPa-Temperaturniveau liegt bei etwa 3 bis 6
°C. Der atlantische Trog vergrößert im Tagesverlauf zunehmend seine Amplitude
und tropft in der Nacht zum Donnerstag schließlich über der Irischen See ab.

Am Donnerstag nimmt das abgetropfte Höhentiefs Kurs über Nordengland und die
Nordsee in Richtung der Kimbrischen Halbinsel. Mit ihm korrespondiert ein
Bodentief, dessen Kaltfront in den Morgenstunden auf dem Westen übergreift und
im Tagesverlauf weite Teile des Landes überquert. Rückseitig fließt ein Schwall
etwas kühlerer Meeresluft ein (T850 0 bis 3 °C). An der Donau wird die Front
rückläufig, sodass dort die Luftmasse erhalten bleibt (T850 um 5 °C). Während
die Front selbst kaum Regen bringt, ist der schauerartige Regen im Norden im
unmittelbaren Umfeld des Höhentiefs mit Mengen um die 5 mm/6 h zumindest
erwähnenswert. Bei einem vertikalen Temperaturunterschied von ungefähr 28 K
(T850-T500) sind kurze Kaltluftgewitter nicht ausgeschlossen. Bliebe noch der
Wind, der im Westen und Nordwesten zeitweise mit steifen Böen daherkommt, da
sich mit Annäherung des Bodentiefs der Gradient etwas verschärft.

Am Freitag ziehen das Höhentief und die mit ihm einhergehenden schauertigen und
vereinzelt gewittrigen Niederschläge über den Nordosten Deutschlands allmählich
nach Polen ab. Auch an der Luftmassengrenze regnet es vor allem in der ersten
Tageshälfte im Umfeld der Donau. Zunächst ist das Temperaturniveau ähnlich wie
am
Vortag. Zum Abend kommt mit der dann als Warmfront zu bezeichnenden
Luftmassengrenze in den westlichen Landesteilen die mildere Luft wieder nach
Norden voran, sodass dort die T850 auf 5 bis 8 °C ansteigt. An Wetteraktivität
mangelt es dieser Front, da sich genau dort auf der Rückseite des Höhentiefs ein
Rücken aufwölbt.

Am Samstag erreicht die Achse des Rückens um die Mittagszeit die östlichen
Landesteile. Zunächst liegen weite Teile Deutschlands im Warmsektor des
Frontensystems, dessen Okklusionspunkt nach Lesart des IFS mittags in etwa am
Kap Lindesnes liegen soll, wobei die Okklusion schließlich zum Tief
nordnordöstlich Islands führt. Die T850 liegt verbreitet um 6 °C. In der zweiten
Tageshälfte greift die Kaltfront auf den Westen und Nordwesten über und bringt
dort gebietsweise etwas Regen. Da sie aber in die Warmfront des nächsten, zu
einem Tief südlich von Island gehörenden Frontensystem übergeht, kommt sie nicht
wirklich voran. Dadurch erreicht allenfalls den äußersten Nordwesten etwas
kühlere Luft (T850 um 4 °C).

Am Sonntag tut sich wenig in der Wetterküche. Auf dem Atlantik nähert sich ein
Trog, dessen eine Spitze abends die nördliche Nordsee erreicht und dort für eine
Verstärkung der frontalen Niederschläge sorgt. Hierzulande gibt es im
Warmsektor, in dem die 850 hPa-Temperatur Werte zwischen 5 und 9 °C erreicht,
nur vereinzelt etwas Regen, häufig bleibt es jedoch trocken.

Nach Lesart des aktuellen IFS-Laufes soll in der erweiterten Mittelfrist der
kurzwellige Troganteil von der Nordsee in Richtung Skandinavien schwenken. Die
Höhenströmung dreht dabei auf Südwest, wobei sich ein breite Höhenrücken
etabliert, dessen Achse von den Balearen bis zum Baltikum bzw. vom Löwengolf bis
nach Westrussland weist. Auch am Boden steigt der Druck kräftig an. In der Folge
kommt es zu einer kräftigen Erwärmung, die teilweise 850 hPa-Temperaturen von
über 10 °C zur Folge hätte. Tiefausläufer den Norden streifen allenfalls den
Norden.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Besonders ab Donnerstag/Freitag nehmen die Inkonsistenzen nach „Durchzug“ des
Höhentiefs zu, wobei der neueste Lauf vor allem im Nordosten tendenziell etwas
kühler ist. Ging der gestrige 00-UTC-Lauf für den Samstag noch von einem noch
kräftigeren Höhenrücken aus, war dieser im 12-UTC-Lauf fast vollständig
weggebügelt, um nun wieder im Ansatz vorhanden zu sein. Das reicht aber, um den
zyklonalen Strukturen zumindest im Westen/Nordwesten eine Chance zu geben, was
im gestrigen Frühlauf noch nicht so war. Die Auswirkungen sind aber insgesamt
eher von akademischem Interesse.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Während das Setup bei IFS und GFS am Mittwoch recht ähnlich ist, zeigt ICON den
Trog weiter westlich und bis in den westlichen Mittelmeerraum ausgreifend. Er
erreicht Deutschland erst mit einiger Zeitverzögerung. Während das Höhentief
beim IFS schon am Donnerstag eine abgeschlossene Isohypse besitzt, wird dieses
beim GFS und vor allem beim ICON als Trog gerechnet. Beim GFS findet die
„Transformation“ in der Nacht zum Freitag statt, wobei das Tief etwas nördlicher
als beim IFS zieht. Immerhin lässt sich beim ICON ein abgeschlossenes
thermisches Höhentief erkennen, das von Nordrhein-Westfalen zur Pommerschen
Bucht ziehen soll. Am Boden soll sich beim GFS über der Nordsee ein
abgeschlossenes Tief ausbilden, beim ICON ist davon nichts zu sehen. IFS bildet
mit seiner „Bodentrogtief“-Lösung den Mittelweg, ebenso wie bei der 850
hPa-Temperatur, die bei GFS im Nordwesten bis auf -2 °C bei ICON nur auf 2 °C
zurückgeht. In weiterer Folge ähneln sich IFS und GFS, während ICON zunächst
eine ziemlich glatte westliche Strömung zeigt. Zum Sonntag nähern sich die
Modelle noch etwas stärker an.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die Rauchfahnen für eine repräsentative Auswahl deutscher Städte zeigt im Norden
bis Mittwochmittag, sonst bis Donnerstag früh einen gebündelten Verlauf der
Kurvenschar. Danach divergieren die Lösungen vor allem hinsichtlich der T850
sehr stark. Haupt- und Kontrolllauf liegen dabei zunächst eher am unteren Ende,
bewegen sich aber im weiteren Verlauf zunehmend in den Bereich bzw. in die
Richtung der wahrscheinlichsten Lösung. Vor allem in der Nordhälfte liegt der
Kontrolllauf jedoch mitunter deutlich unter dem Hauptlauf. Insgesamt ist aber
ein ansteigender Trend zu erkennen.
Beim 500 hPa-Geopotenzial zeigen sich vor allem im Norden am Donnerstag und
Freitag größere Unsicherheiten. Das zeigt, dass noch nicht ganz klar ist, ob das
Höhentief tatsächlich in dieser Form in Erscheinung treten wird. In der Mitte
und im Süden merkt man davon kaum etwas.
Zeitweilige Niederschlagssignale werden nicht nur durch Haupt- und Kontrolllauf,
sondern auch durch weitere Ensemble-Member gezeigt.

Beim Clustering gibt es für den Zeitraum Mittwoch bis Donnerstag (T+72…96h)
fünf Cluster, die mit 15, zwölf, zehn, neun und fünf Membern relativ gleich
stark besetzt sind. Haupt- und Kontrolllauf korrespondieren mit dem ersten
Cluster. Für Mitteleuropa ergeben sich zunächst noch keine signifikanten
Unterschiede, jedoch sieht man bei den Britischen Inseln schon unterschiedliche
Simulationen hinsichtlich des Höhentiefs.
Für den Zeitraum von Freitag bis Sonntag gibt es drei Cluster, die mit 23, 15
und 13 Membern erneut relativ ausgeglichen besetzt sind. Während der
deterministische Lauf mit dem zweiten Cluster korrespondiert, lässt sich der
Kontrolllauf dem ersten Cluster zuordnen. Cluster I zeigt am Freitag eine
ähnliche Troglösung wie GFS, ist aber in der Folge ähnlich wie Cluster II.
Cluster III hat zunächst eine ähnliche Lösung wie ICON, jedoch etabliert sich
bei Cluster III bereits am Sonntag ein abgeschlossenes Höhenhoch über
Mitteleuropa.

Kurzum: Es ist noch alles offen.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Die Wetterlage gibt hinsichtlich signifikanter Wettererscheinungen nicht viel
her. Am Donnerstag muss im Westen und Nordwesten vorübergehend mit steifen Böen
gerechnet werden, Böen der Stärke 8 sind aber unwahrscheinlich. Auch die am
Donnerstag im Norden bzw. am Freitag im Nordosten evtl. auftretenden
Kaltluftgewitter dürften sehr wahrscheinlich nur „gelber“ Intensität sein.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, MOSMix

VBZ Offenbach / M.Sc. Met. Stefan Bach