S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 29.10.2020 um 10.30 UTC

Zunächst wechselhaft, später Übergang zu einer Hochdrucklage. Vorübergehend
ungewöhnlich mild bei teils starkem bis stürmischem Südwestwind.

Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 05.11.2020

Zu Beginn der Mittelfrist am Sonntag zeigt sich über weiten Teilen des
Nordatlantiks eine stark ausgeprägte zonale Höhenströmung. Dabei befindet sich
ein steuernder Tiefdruckkomplex mit mehreren Tiefkernen über dem Nordostatlantik
und der Norwegischen See. Davon ausgehend greift bereits in der Nacht zum
Sonntag ein erstes Frontensystem von Nordwesten auf Deutschland über, dem im
Tagesverlauf ein weiterer Ausläufer eines Tiefs mit Kern nördlich von Schottland
folgt. Mit Annäherung dieses Tiefs verschärft sich der Druckgradient über
Mitteleuropa etwas, wobei sich starke bis stürmische Böen zunächst auf den
äußersten Nordwesten sowie die Nordseeküste und das höhere Bergland beschränken.
Dabei sorgt der Südwestwind für einen milden Start in den November, wobei die
Temperatur in 850 hPa zwischen 5 und 11 Grad liegt.

Am Montag beginnt die Höhenströmung über dem Ostatlantik auszutrogen.
Vorderseitig des Troges befindet sich im Bodendruckfeld ein Randtief, das sich
auf seiner Zugbahn über Nordirland und Schottland hinweg Richtung Nordsee weiter
vertieft und schließlich Montagmittag mit einem Kerndruck unter 970 hPa vor
Svinoy zu finden ist. Die Warmfront streift uns nur am Rande, allerdings gelangt
mit der zunehmenden Südwestströmung ungewöhnlich milde Luft zu uns mit
850-hPa-Temperaturen zwischen 9 und 12 Grad. Diese sehr milde Phase ist aber nur
von kurzer Dauer, denn bereits am Nachmittag greift die Kaltfront des weiter
Richtung Finnland ziehenden Tiefs von Nordwesten auf Deutschland über und
erreicht Dienstagvormittag den Süden des Landes. Rückseitig fließt Subpolarluft
ein, wobei die Temperatur in 850 hpa postfrontal auf Werte um 0 Grad absinkt.
Währenddessen kommt der Höhentrog unter weiterer Verstärkung seiner Amplitude
weiter ostwärts voran und erstreckt sich schließlich am Dienstagmittag von der
Norwegischen See über Großbritannien hinweg bis nach Portugal. Deutschland
verbleibt auf dessen Vorderseite.

Weiter stromaufwärts hat sich am Mittwoch ein kräftiger Höhenrücken etabliert,
von dem aus ein Keil Richtung Nordmeer gerichtet ist. Dadurch gestützt wird ein
kräftiges Hochdruckgebiet über dem Ostatlantik, von dem aus sich ein Keil
Richtung Deutschland schiebt und für weitgehend ruhiges Wetter sorgt.
Wechselhaft bleibt es im Nordwesten Deutschlands in Trognähe und auch im
äußersten Süden Deutschlands sorgen die Reste der Kaltfront für weiteren Regen.

Am Donnerstag nimmt schließlich der weiter Richtung Mitteleuropa vorstoßende
Höhenkeil Verbindung mit einem weiteren Höhenhoch über Südosteuropa auf, wodurch
der Höhentrog abgeschnürt wird und es zu einem Cut-Off vor der Iberischen
Halbinsel kommt. Im Bodendruckfeld verschiebt das Hoch seinen Schwerpunkt über
die Britischen Inseln hinweg Richtung Norddeutschland, sodass es insgesamt zu
einer Wetterberuhigung kommt. Dabei kann sich die eingeflossene Subpolarluft
unter Absinken wieder leicht erwärmen. Auch in der erweiterten Mittelfrist
scheint uns der Einfluss des Hochs zunächst erhalten zu bleiben.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Die im mittelfristigen Vorhersagezeitraum über Europa vorherrschende
Großwetterlage wird vom EZMW Modell weitgehend konsistent prognostiziert. Zwar
wird die Lage und Intensität des steuernden Tiefs über der norwegischen See bzw.
dem Nordostatlantik in den letzten Modellläufen unterschiedlich vorhergesagt,
dies ändert aber an dem für Mitteleuropa zu erwartenden Wettercharakter wenig.
Die sich ab Mittwoch aufbauende Hochdrucklage wurde auch in den gestrigen Läufen
bereits gezeigt.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Ähnlich wie bei der Konsistenzbetrachtung zeigt auch der Modellvergleich
Unterschiede bei der Prognose der Tiefkerne und deren Intensität innerhalb des
Tiefkomplexes. Dies äußert sich auch bei der Niederschlagsprognose, insbesondere
im Hinblick auf die Ausbreitung und Intensität der Niederschläge am Sonntag,
wobei ICON und GFS deutlich zurückhaltender sind als EZMW. Größere Unterschiede
gibt es auch für Mittwoch. Auf Basis des GFS gelangt Deutschland vermehrt unter
den Einfluss des Höhentroges, sodass sich die Wetterberuhigung verzögert. Die im
Süden länger anhaltenden Niederschläge im Bereich der Kaltfront werden
übereinstimmend gezeigt.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Bei Betrachtung der Rauchfahne für Offenbach zeigt sich nahezu über den gesamten
Vorhersagezeitraum hinweg ein relativ geringer Spread. Auch die Temperaturspitze
am Montag sowie der nachfolgende Temperaturrückgang werden von allen Membern des
Ensembles gestützt. Vermehrte Niederschlagssignale von Sonntag bis Dienstag
bestätigen den prognostizierten wechselhaften Wettercharakter, wobei Haupt- und
Kontrolllauf am Sonntag höhere Niederschlagsmengen zeigen als die Mehrheit der
Member. Am Mittwoch sind für Offenbach quasi keine, auch für andere Städte kaum
Niederschlagssignale vorhanden, sodass die GFS Lösung vernachlässigt wird.
Ebenfalls durch die Ensemblevorhersage des EZMW gestützt wird der Übergang zu
einer trockenen Witterung bei steigendem Geopotential ab Donnerstag.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Am Sonntag sind an der Nordseeküste sowie im höheren Bergland stürmische Böen
Bft 8 und einzelne Sturmböen Bft 9 aus Südwest wahrscheinlich. Auf dem Brocken
treten schwere Sturmböen Bft 10, später orkanartige Böen Bft 11 auf.

Am Montag gibt es im Bergland sowie an der Nordseeküste weiterhin stürmische
Böen oder Sturmböen Bft 8 bis 9 aus Südwest. Auch in Ostfriesland und im
nördlichen Schleswig-Holstein sind stürmische Böen wahrscheinlich. Auf dem
Brocken gibt es weiterhin orkanartige Böen Bft 11.

Ab Dienstag lässt der Wind deutlich nach. In exponierten Höhenlagen sowie in
Nordfriesland sind noch einzelne stürmische Böen Bft 8 zu erwarten.

Sonst gibt es keine signifikanten Wettererscheinungen.

Basis für Mittelfristvorhersage
EZMW, EZMW-EPS, MOS-Mix

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Johanna Anger