S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 28.10.2020 um 10.30 UTC

Zunächst, wechselhafte, milde und windige Südwestlage am Mittwoch wahrscheinlich
kühler. Im weiteren Verlauf Trend zu einer Hochdrucklage

Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 04.11.2020

Betrachtet man die nordhemispherische Zirkulation, so erkennt man einen sich
kräftigenden kompakten Polarwirbel, der nach Kanada verschoben ist. Eine
ungewöhnlich starke positive Temperaturanaomalie erstreckt sich über
Nordsibirien und von der Barentssee zur Ostsibirischen See. Ungewöhnlich ist
ebenfalls, dass diese Region zu dieser Jahreszeit noch fast völlig eisfrei ist.
Durch den kanadischen Polarwirbel wird die Tiefdruckaktivität über dem
Nordwestatlantik angefacht, sodass wir es im gesamten Mittelfristzeitrum mit
einem recht aktiven Atlantik zu tun haben.
So auch zu Beginn des Mittelfristzeitraums am Samstag, wo eine zonal
ausgerichtete Strömung über dem Atlantik vorherrscht. Das steuernde kräftige
Tief liegt dabei über dem Nordatlantik und hat sich die Reste des Ex-Hurrican
„Zeta“ einverleibt. Der Polarfrontjet biegt weiter westlich über England und der
Nordsee steil nach Norden ab. Denn vorderseitig des atlantischen
Tiefdruckkomplexes hat sich ein Höhenkeil aufgewölbt, dessen Achse sich über
Mitteleuropa bis nach Finnland erstreckt. Das zugehörige Bodenhoch hat sein
Zentrum über Polen und beeinflusst auch Deutschland. Vorderseitig des
Atlantiktiefs setzt kräftige Warmluftadvektion über Mitteleuropa ein, sodass
sich die 10 °C-isotherme auf 850 hPa über fast ganz Deutschland ausbreitet.
Im Nordosten Deutschlands liegt anfangs noch die Restbewölkung eines abgezogenen
Kurzwellentroges. Sonst erwartet uns abgesehen von Nebel- und Hochnebelgebieten
ein meist sonniger Samstag mit für die Jahreszeit zu hohen Temperaturen.

Verstärkt sich das Atlantiktief weiter und die Höhenströmung beginnt über dem
Atlantik an der Ostflanke eines sich aufwölbenden Hochs über dem Westatlantik
auszutrogen. Vorderseitig dieses ostwärts vorankommenden Langwellentroges dreht
die Strömung in Westeuropa und im westlichen Mitteleuropa auf Südwest, wobei
sich der Gradient deutlich verstärkt. Das Bodenhoch wird dabei weiter nach
Westrussland abgedrängt, sodass in Deutschland zunehmend zyklonaler Einfluss
wirksam wird. In der trogvorderseitig herangeführten subtropischen feuchten
Luftmasse kann es in der Nordwesthälfte zeitweise leichten Regen geben.

Am Montag kommt der Trog weiter ostwärts voran und verstärkt seine Amplitude
noch etwas, wodurch die Strömung über Mitteleuropa weiter austeilt. Das
steuernde Zentraltief liegt dabei mit seinem Zentrum über dem Nordmeer.
WDnJbgährend im Südosten noch der Höhenhochkeil wirksam ist, gelangt der
Nordwesten Deutschlands immer mehr unter Trogeinfluss. Wobei dort immer wieder
mit leichtem Regen zu rechnen ist. An den Alpen wird es föhnig. Auch in den
Hochlagen der westlichen Mittelgebirge muss mit stürmischen Böen gerechnet
werden.

Am Dienstag setzt sich die Entwicklung fort. Über dem Atlantik hat sich ein
ungewöhnlich kräftiges Hoch etabliert, dass einen Höhenkeil Richtung Island
schiebt. Der Langwellentrog kommt in der Folge weiter Ostwärts voran. Seine
Achse erstreckt sich vom Nordmeer Richtung Groß-Britannien. Deutschland
verbleibt auf der Trogvorderseite und wird aber mehr und mehr vom Jetbereich und
vom Trog erfasst. So überquert die Kaltfront des Nordmeertiefs bereits in der
Nacht zum Dienstag Deutschland. Dahinter fließt Subpolarluft ein, wodurch die
850-hPa-Temperatur im Westen unter 0 °C sinkt.

Am Mittwoch wird der Trog zwischen dem mittlerweile bis ins Nordmeer reichenden
Höhenkeil und einem Höhenhoch über Südosteuropa weiter deformiert und in die
Länge gestreckt. Dabei schwächt sich der Trog, dessen Achse nun von Skandinavien
über Dänemark und die Nordsee bis knapp nördlich der Iberischen Halbinsel
verläuft, weiter ab.
Rückseitig der Kaltfront, die über den Alpen ins schleifen gerät, setzt über
Deutschland Absinken ein, sodass sich eine schwache Hochdruckbrücke etabliert.
Bodennah bleibt die eingeflossene Subpolarluft wirksam. (850-hPa-Temperatur ~
0°C.
Im weiteren Verlauf berechnet ECMWF eine weitere Ausweitung der Hochdruckzone
bis über Mitteleuropa. Die eingeflossene Polarluft erwärmt sich dabei unter
Absinken. Die Frontalzone wird sehr weit nach Norden verdrängt.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Die Vorhersage des neuen Laufes ist weitestgehend ähnlich zu den Vorläufen.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Bis Montag sind die Simulationen aller Modelle ähnlich. GFS rechnet dann zu
Mitte der Woche mit einem Cut-Off über Groß-Britannien und westlich der
Iberischen Halbinsel. Deutschland würde demnach auf der Trogvorderseite
verbleiben und die Kaltfront würde nicht durchgehen. Im weiteren Verlauf
simuliert GFS eine Omegalage. GFS liegt dabei aber bezüglich der Temperatur am
oberen Rand der Ensembles. Auch die ICON-Berechnung ähnelt der GFS-Lösung.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Betracht man die ECMWF-ENS-Rauchfahnen, so erkennt man, dass die Vorhersagen
alle relativ dicht gedrängt sind. Selbst die Abkühlung am Mittwoch wird von fast
allen Mitgliedern getragen. Es gibt nur wenige Ausreißer, die die
GFS/ICON-Variante berechnen. Ab Mittwoch nimmt der Spread deutlich zu. Die
Mehrzahl der Mitglieder berechnet jedoch gegen Ende der nächsten Woche einen
erneuten Temperaturanstieg bei gleichzeitig steigendem Geopotenzial und
zurückgehenden Niederschlagssingnalen. So scheint nur die Position des Hochs
unsicher.
Der Spread in den GFS-ENS ist ab Mitte der Woche deutlich größer. Die Ensembles
sind im Mittel 4K wärmer als im ECMWF-ENS, sodass die Abkühlung in den meisten
GFS-Mitgliedern nur moderat ausfällt. Der Hauptlauf befindet sich dabei am
oberen Rand. Auch im weiteren Trend festigen sich in den GFS-ENS die Signale für
steigende Temperaturen und steigendes Geopotenzial.
Als Fazit lässt sich festhalten, dass die Entwicklung bis Montag relativ sicher
ist: Umbau zu einer Südwestwetterlage mit zeitweiligem Regen bevorzugt im
Nordwesten und relativ hohen Temperaturen. Der Kaltfrontdurchgang am Dienstag
ist jedoch unsicher. In der aktuellen Mittelfristprognose wird aber die
ECMWF-Variante bevorzugt, auf Grund der geringeren Streuung und der Persistenz
in den Ensemblesvorhersagen.
Ein weiterer Trend hin zu einer (höhen)warmen Hochdrucklage am Ende der neuen
Woche scheint sich zu festigen.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Abgesehen von zeitweiligen stürmischen Böen oder Sturmböen in den Kammlagen der
Mittelgebirge und an der Nordsee und einigen Sturmböen durch vergleichsweise
schwachen Föhn auf den Alpengipfeln am Montag bietet die Wetterlage kein
Potenzial für signifikante Wettererscheinungen.
Ob mit der potenziellen Kaltfrontpassage in der Nacht zum Dienst, die noch
unsicher ist, einzelne Gewitter mit Sturmböen auftreten, kann noch nicht
abgeschätzt werden.

Basis für Mittelfristvorhersage
ECMWF, MOS-MIX, ab Montag ECMWF-ENS

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Christian Herold