S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 22.10.2020 um 10.30 UTC

Wechselhaft aber insgesamt ohne größere markante Wettergefahren. Dabei
vornehmlich milde Luftmasse. Zum Ende möglicher Aufbau einer Blockierungslage.

Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 29.10.2020

Am Sonntag befindet sich ein umfangreiches Trogsystem über Westeuropa. Darin
eingelagert sind mehrere kurzwellige Troganteile. Deutschland befindet sich
vorderseitig des Troges in einer vor allem nach Nordwesten strammen
südwestlichen Höhenströmung. Das steuernde Tiefdruckgebiet mit einem Kerndruck
unter 970 hPa liegt zwischen Schottland und Island. Das davon ausgehende
Frontensystem greift in Form einer Kaltfront im Tagesverlauf von Nordwesten auf
Deutschland über.
So gestaltet sich der Tag in der Südosthälfte noch länger freundlich, während
die Nordwesthälfte zunehmend von dichteren Wolkenfeldern und nachfolgend auch
ersten Niederschlägen beeinflusst wird. In der Nacht auf Montag kommen die
Niederschläge dann bis zur Mitte voran. Dazu wird es in den Sonnengebieten
nochmal sehr mild (bis 20 Grad). Allerdings kann sich in den gradientschwachen
Regionen im Südosten, in den dafür bekannten Gebieten, längere Zeit dichter
Nebel halten. Im Westen und Nordwesten frischt der Südwestwind im Tagesverlauf
hingegen auf, mit Böen an der Nordsee und im Bergland.

Am Montag verlagert sich das stark amplifizierte Trogsystem weiter nach
Mitteleuropa, wobei die Troachse bis zum Abend den äußersten Westen Deutschlands
erreicht. Gleichzeitig weist der Trog gewisse Abtropfungstendenzen in den
westlichen Mittelmeerraum auf, sodass über Norditalien Zyklogenese ausgelöst
wird.
Das Frontensystem, des mittlerweile vor die Norwegische Küste gezogenen
Bodentiefs, erreicht, dem Trog vorgelagert, allmählich den Osten Deutschlands.
Dieser Prozess geht allerdings nur sehr schleppend voran, sodass die Gebiete in
Richtung Neiße und Oder wohl erst in der Nacht auf Dienstag erfasst werden. Auch
so verliert die Front zunehmend an Kontur sodass die Niederschläge insgesamt
schwächer werden. Das liegt wohl nicht zuletzt auch an der Zyklogenese über
Norditalien. Diese führt immerhin dazu, dass die Niederschläge südlich der Donau
und insbesondere in Alpennähe etwas ergiebiger ausfallen. Die Schneefallgrenze
sinkt in der Nacht auf Dienstag in den Alpen bis 1200 m. In der Nacht auf
Dienstag können die verstärkten Niederschläge auch auf die Regionen nördlich des
Erzgebirges ausgreifen.
Interessant ist die Umwandlung von Hurrikan „Epsilon“ in ein außertropisches
Tief. Dabei wird es am Südrand eines kräftigen Sturmtiefs in dessen Zirkulation
mit einbezogen. Das im weiteren Verlauf sehr kräftig vorhergesagt Tief ist dabei
eigentlich das Sturmtief, dass durch den Input der tropischen Luftmassen
intensiviert wird und nicht „Ex-Epsilon“ selbst. Dies aber nur am Rande, da es
keinen direkten Einfluss auf unser Wettergeschehen hat.

Am Dienstag liegt die Achse des stark amplifizierten Höhentroges direkt über
Deutschland, wobei sich der Südteil über dem Tyrrhenischen Meer abgeschnürt hat
und das Trogresiduum im Tagesverlauf langsam in den Osten Deutschlands wandert.
Gleichzeitig schiebt von Westen kommend ein Höhenrücken nach, der nachfolgend
für Absinken sorgt.
Damit startet der Tag vielfach grau, ehe in der zweiten Tageshälfte im
Nordwesten und Westen sich auch immer mal wieder die Sonne zeigen kann. Im Osten
kann es auch am Nachmittag noch ein wenig regnen.
In der Nacht auf Mittwoch greift von Westen schließlich eine Okklusion mit
Niederschlägen auf den Westen über. Diese gehört zu dem Orkantief (mit Anteilen
von Ex-Epsilon), das zwischenzeitlich einen Kerndruck unter 940 hPa aufweisen
soll.

Am Mittwoch und Donnerstag setzt sich das wechselhafte Wetter fort. Dabei sind
am Mittwoch zunächst das Frontensystem und der nachfolgende Trog
wetterbestimmend, ehe zum Donnerstag ein kurzwelliger Rücken übergreift. Dieser
kann durch die vorhandene Restfeuchte aber nur bedingt seine Wirksamkeit
entfalten. Dabei bleibt es insgesamt recht mild.

In der erweiterten Mittelfrist bleibt die Westdrift mit unbeständigem aber recht
mildem Wetter bestehen. Erst zum Ende des Vorhersagezeitraums wird die
Amplifizierung eines kräftigeren Rückens über West- und Mitteleuropa angedeutet.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Die Mittelfrist startet ziemlich konsistent und es lassen sich nur geringe
Unterschiede zwischen den einzelnen Modellläufen des ECMWF finden. Erst zum
Dienstag werden Unterschiede etwas klarer. So wird der Abtropfprozess ins
westliche Mittelmeer unterschiedlich vorhergesagt. Im gestrigen 00 UTC Lauf
wurde ein abgeschlossenes Höhentief über den Tyrrhenischen Meer prognostiziert.
Der heutige 00 UTC Laufe deutet den Abtropfprozess auch an, aber nicht so
ausgeprägt und ohne Kernisohypse. Das wirkt sich auch auf die Stärke des
Trogresiduums und damit auch direkt auf die Stärke und genaue Lage der Feuchte-
und Niederschlagsfelder aus.

Die grundlegende Entwicklung und das unbeständige Wetter werden dann auch in der
erweiterten Mittelfrist einheitlich prognostiziert. Allerdings nehmen die
zeitliche Unschärfe und auch die Unsicherheiten in Bezug auf die zu erwartenden
Niederschlagsschwerpunkte zu. Das liegt an der unterschiedlich vorhergesagte
Trogstruktur (ab Mi kommender Woche). Z.B. unterschiedlich stark amplifiziert,
eine oder mehrere Trogachsen. Insgesamt ist die Konsistenz aber weiterhin als
recht gut einzuordnen. Erst zum Ende der kommenden Woche (ab etwa Freitag)
laufen die Prognosen dann deutlich auseinander.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Die groben Strukturen lassen sich in allen Globalmodellen wiedererkennen. Es
zeigen sich allerdings schon zu Beginn der kommenden Woche erste
Detailunterschiede. So berechnet das GFS einen Kurzwelltrog über Tschechien, mit
einem entsprechenden Bodentief an der Grenze zu Deutschland. Damit wird das
ostwärtige Vorankommen der Front deutlich langsamer vorhergesagt, als bei ECMWF.
Das ICON Modell ist mit einem besser konturierten Trog hingegen deutlich
rascher, sodass am Dienstag das Feuchtefeld bereits ostwärts abgezogen wäre.
Auch danach gibt es weitere Unterschiede. GFS zeigte einen stärkeren
Abtropfprozess. Gleichzeitig sollen die resultierenden Feuchtefelder stärker an
seine Nordflanke herumgeholt werden und den Süden des Landes beeinflussen. Das
wiederum hätte länger andauernde und auch ergiebiger Niederschläge für die
Gebiete südlich der Donau zur Folge (Dienstag und Nacht auf Mittwoch), als das
ECMWF prognostiziert.
Ab Mittwoch ergibt sich dann wieder eine gewisse Annäherung der Globalmodelle.
So wird von allen Modellen die Trogpassage simuliert, wenngleich mit
unterschiedlich starker Ausprägung und Amplifizierung.

Zum Ende der Mittelfrist deutet auch das GFS einen kräftigeren Rücken an,
allerdings mit anderer Ausrichtung und damit weniger gewinnbringend in Sachen
Absinken und Nachhaltigkeit, mit Blick auf Deutschland.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die Rauchfahnen des ECMWF zeigen einen gut gebündelten Verlauf des Ensembles,
wobei sich Haupt- und Kontrolllauf nahe beieinander im Bereich des Median aller
Modelllösungen bewegen. Einzelne Modellösungen beginnen bereits ab Mitte
kommender Woche stärker vom Median abzuweichen. Der Spread nimmt so richtig aber
erst ab Donnerstag/Freitag zu. Dann bewegen sich Haupt- und Kontrolllauf am
Oberrand der Lösungen für das Geopotential und die Temperatur in 850 hPa. Bei
Betrachtung des gesamten Ensembles deutet sich aber dennoch eine am Ende der
erweiterten Mittelfrist sich entwickelnde, antizyklonal geprägte und
(höhen)warme Großwetterlage an.

Das Clustering des ECMWF zeigt im Zeitraum +120 h (Di 00 UTC) bis +168 h (Do 00
UTC) drei Lösungsmöglichkeiten. Die Unterschiede lassen sich unter anderem an
dem unterschiedlich stark ausgeprägten Abtropfprozess ins westliche Mittelmeer
sowie die stromaufwärtige Entwicklung der Höhenströmung rückseitig des
Orkantiefs, festmachen. Mit Blick auf Mitteleuropa und Deutschland sind die
Cluster, ausgenommen von gewissen Unschärfen, aber ziemlich ähnlich.
Im Zeitraum +192 h (Fr 00 UTC) bis +240 h (So 00 UTC) gibt es vier Szenarien.
Alle zeigen einen starken Geopotentialgegensatz in der Höhe mit einem kräftigen,
weit nach Norden reichenden und blockierenden Höhenrücken über dem Kontinent und
einem stark amplifizierten Trog westlich davon. Die Unterschiede liegen darin,
wo genau sich die beiden Geopotentialanomalien befinden. Die Mehrzahl der
Cluster (drei von vier) zeigt eine stark positive Geopotentialanomalie über
West- und Mitteleuropa, während das vierte Cluster den Trog nicht über dem
Atlantik, sondern über Westeuropa sieht. Gleich ist aber allen Lösungen, dass
ein Kaltluftvorstoß nicht zu erwarten und die bestimmende Luftmasse weiterhin
mild ist … wenngleich, je nach Lage, vielleicht auch nur höhenmild.

Das Ensemble des GFS zeigt ebenfalls eine gute Einheitlichkeit im
Mittelfristzeitraum, wobei ein erhöhter Spread zum Montag kommender Woche nicht
von der Hand zu weisen ist. Dies hängt mit dem Abtropfprozess und dem
Vorankommen des Frontensystems über Deutschland zusammen (siehe Abschnitt
Modellvergleich). Anschließend wird der Spread wieder enger, ehe zum Freitag
dies Unsicherheiten deutlich ansteigen. Dabei bewegt sich der Hauptlauf (wie
beim ECMWF) am Oberrand des Ensembles der Temperatur in 850 hPa.

Fazit: Insgesamt lässt sich die Mittelfrist bis Mitte kommender Woche (~ +7Tage)
ziemlich gut vorhersagen, wenngleich es noch gewisse Unsicherheiten in der
konkreten Niederschlagsverteilung zu Wochenbeginn gibt. Am Freitag lässt sich
keine Aussage mehr über die weitere Entwicklung treffen. Dieser Tag stellt den
Knackpunkt in der weiteren Entwicklung dar. Allerdings deuten das Clustering und
die beiden Ensembles (GFS + ECMWF) ein Trend zu einem stärker antizyklonal
geprägten und (höhen)milden Witterungsabschnitt an.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Es lassen sich im gesamten Mittelfristzeitraum kaum markante Wettergefahren
ausmachen.

Zum Montag besteht an den Alpen ein gewisses Potential für das Überschreiten
markanter Dauerregenschwellen, vornehmlich im Allgäu.

Die Windentwicklung zeigt ein Maximum am Sonntag bzw. in der Nacht auf Montag.
Dann sind auf den Berggipfeln und auf den Nordseeinseln einzelne markante Böen
möglich. Zudem gibt es auf den Alpengipfeln vorübergehend Föhnsturm.

Anschließend steigt das Potential für markante Böen im Laufe des Dienstages und
vor allem am Mittwoch. Allerdings sind davon vornehmlich die höheren Berglagen
und die Nordseeinseln betroffen. Im Tiefland sind aus heutiger Sicht keine
markanten Entwicklungen zu erwarten.

Auch darüber hinaus bleibt es warntechnisch ruhig.

Auch EFI zeigt keinerlei Andeutungen für zu erwartende markante Wettergefahren,
wenn man mal von leicht erhöhten Werten beim Niederschlag zum Montag am
Alpenrand absieht.

Basis für Mittelfristvorhersage
ECMWF, ECMWF-EPS, MOS-Mix

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Marcus Beyer