SXEU31 DWAV 211800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 21.10.2020 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
Heute im westlichen und zentralen Bergland stürmische Böen, exponiert Sturmböen,
Brocken darüber. In der Nacht zum Mittwoch zunächst an der Nordsee und später an
der Ostsee Windzunahme, Sturmböen Bft 8/9. Ganz im Norden auch im Binnenland
stürmische Böen. Auf höheren Berggipfeln Sturm- und schwere Sturmböen (Brocken
orkanartige Böen).
Am Donnerstag nur an einigen Küstenabschnitten und im höheren Bergland
stürmische Böen, auf exponierten Gipfeln Sturmböen Bft 9. In der Nacht zum
Freitag nur mit geringer Wahrscheinlichkeit an der See Böen Bft 8. Danach erst
wieder am Samstag auffrischender Wind mit Sturmböen Bft 8/9 in höheren Berglagen
und in der zweiten Tageshälfte dann auch an der Nordsee.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 12 UTC

Aktuell … liegt Deutschland an der Nordostflanke eines Höhenrückens, der von
Tunesien zum östlichen Mitteleuropa gerichtet ist. Dieser Rücken wird von einem
Trog flankiert, der vom Nordmeer über Irland hinweg bis ins Seegebiet vor der
Iberischen Halbinsel reicht. Somit ergibt sich eine südwestliche, nur wenig
mäandrierende Strömung, mit welcher Subtropikluft aus dem westlichen
Mittelmeerraum herangeführt wird. Mit dieser Strömung wird eine Welle über die
Nordsee und das Kattegat hinweg nach Nordosten gesteuert, die jedoch kaum
entwicklungsfähig ist. Die über dem Norden Deutschlands schleifende Kaltfront
dieser Welle wird von Kaltluftadvektion überlaufen und ist daher nur wenig
wetterwirksam. Dennoch reicht die durch diese Welle zustande gekommene
Gradientzunahme für Windböen im Nordwesten, Westen und in Teilen der Mitte,
stürmische Böen im westlichen Bergland und auf exponierten Berggipfeln für
Sturmböen. Die steile südwestliche Strömung hat an den Alpen Föhn zur Folge,
wobei auf exponierten Berggipfeln mit geringer Wahrscheinlichkeit einzelne
Sturmböen und Windböen bis in die Täler hinein auftreten.

Mit der Passage der Welle über das Kattegat hinweg frischt ab dem Abend an der
Nordsee der Wind mit Böen Bft 8 und an der Ostsee mit Böen Bft 7
auf, noch in der ersten Nachthälfte kommen an der Nordsee Sturmböen bis Bft 9
und im nördlichen Schleswig-Holstein auch im Binnenland stürmische Böen auf. An
der Ostseeküste wird dann in Böen Bft 8, in der zweiten Nachthälfte in
exponierten Küstenlagen Bft 9 erreicht, wobei dann von der Nordsee her der Wind
zumindest vorübergehend abzuflauen beginnt. Ausgangs der Nacht treten an der
Küste nur noch Wind- und exponiert stürmische Böen auf. Ansonsten beschränken
sich warnrelevante Böen auf höhere Berggipfel (bis Bft 9, Brocken zeitweise
orkanartig). Abgesehen vom Südosten, wo die Gradientzunahme noch nicht
durchgreifen kann, bleibt die Nebelneigung gering.

Donnerstag … schwenkt der Rücken in seinem Nordteil ein wenig nach Osten. Der
Nordteil des o.g. Troges wird von der Frontalzone rasch ostwärts geführt und
erreicht den Skagerrak, wogegen dessen südlicher Teil kaum nach Osten
vorankommt. Somit bleibt die südwestliche, leicht antizyklonal gekrümmte
Strömung bestehen.
Der nördliche Teiltrog aktiviert die über dem Norden und Nordwesten Deutschlands
schleifende Front etwas, wodurch auf diese Gebiete vermehrt Niederschläge
übergreifen. Da präfrontal labil geschichtete Luft einbezogen wird, können
einzelne Gewitter, die in den Niederschlag eingelagert sind, nicht ganz
ausgeschlossen werden.
Mit der weiteren Ostverlagerung des einstigen Wellentiefs in den Finnischen
Meerbusen und der gleichzeitigen Abschwächung des über Südosteuropa liegenden
Bodenhochs wird der Gradient auseinandergezogen. Im Küstenbereich, in einigen
Leelagen der Mittelgebirge und im Bergland treten aber noch Windböen, vor allem
an der Nordfriesischen Küste wie auch auf höheren Berggipfeln stürmische Böen
auf, wobei der Wind zum Abend hin im Binnenland abseits der Gebirge abflaut.
Auflockerungen zeichnen sich postfrontal im Küstennähe sowie im Nordwesten wie
auch präfrontal, d.h. im Osten und Südosten Deutschlands, ab. Mit
Tageshöchsttemperaturen zwischen 17 und 22 Grad wird es noch einmal sehr mild.

In der Nacht zum Freitag greift der nördliche Teil des Troges auf die Ostsee
über. Nachfolgend erreicht ein schwacher Keil die Nordsee. Mit dem
korrespondierenden Bodenkeil wird der Gradient weiter auseinandergezogen, so
dass warnrelevante Böen ausgangs der Nacht auf einige Küstenabschnitte und
exponierte Berggipfel (dort bis Bft 8) beschränkt sind. Da es kaum aufklart und
noch etwas Gradient bestehen bleibt, sollte warnrelevanter Nebel kaum zustande
kommen.
Der südliche Teil des einst zusammenhängenden Troges rückt bis zur Bretagne und
Galizien vor. Unterm Strich bleibt jedoch die südwestliche Strömung bestehen.
Durch den nachfolgenden schwachen Keil wird die über der Mitte Deutschlands
schleifende Front ein wenig nach Süden gedrückt. Antizyklonaler Einfluss dämpft
jedoch deren Wetterwirksamkeit, ohnehin sind die Niederschläge fernab von
jeglicher Warnrelevanz.

Freitag … arbeitet sich der nachfolgende, in der Frontalzone eingelagerte Trog
bis in die Nordsee vor. Vorderseitig steilt die Strömung ein wenig auf, was die
zunächst knapp südlich der Mittelgebirge schleifende Front rückläufig werden
lässt. Zudem aktiviert dieser Trog die Front, so dass sich die Niederschläge
verstärken, ohne dass aber Warnschwellen erreicht werden. Immerhin ist aber ein
erneuter Einschub feuchtlabiler Warmluft vorstellbar, so dass vom Südwesten auf
den zentralen Mittelgebirgsraum übergreifend und mit geringerer
Wahrscheinlichkeit auch in den östlichen Mittelgebirgen sowie an den Alpen in
den Niederschlag einzelne Gewitter eingelagert sein können.
Mit der Annäherung der Kaltfront zieht der Gradient ein wenig an. Warnrelevante
Böen sollten jedoch auf exponierte Berggipfel beschränkt bleiben.
Auflockerungen kommen allenfalls in Küstennähe und ganz im Nordosten sowie
anfangs auch noch am östlichen Alpenrand zustande. Ansonsten hält sich meist
mehrschichtige und geschlossene Bewölkung. Mit Höchsttemperaturen zwischen 14
und 19 Grad wird es nicht mehr ganz so mild wie bisher.

In der Nacht zum Samstag überquert der zusehends abflachende Trog das
Vorhersagegebiet, wodurch die vorgelagerte Kaltfront rasch ostwärts gedrückt
wird. Nachfolgend weitet sich, gestützt durch Kaltluftadvektion, ein schwacher
Zwischenhochkeil von Frankreich her bis nach Süddeutschland aus. Da dieser Trog
faktisch Bestandteil der Frontalzone ist, legt mit dem Übergreifen des Keils der
Gradient eher ein wenig zu. Daher bleibt die Nebelneigung gering. Warnrelevante
Böen sollten auf einige Küstenabschnitte sowie auf höhere Berggipfel (dort
Sturmböen Bft 8/9) beschränkt bleiben.

Samstag … entwickelt sich über dem mittleren Nordatlantik ein Zentraltief, das
sich im Seegebiet südlich von Island etabliert. Kräftige Warmluftadvektion an
dessen Vorderseite führt stromab zu Geopotentialgewinn, wodurch sich ein Keil
aufwölbt, der sich vom westlichen Alpenraum bis in die Norwegische See
ausweitet. Durch diesen Keil wird ein Bodenhoch über den Zentral- und Ostalpen
gestützt.
Mit Annäherung der Warmfront des Zentraltiefs zieht von Westen her bereits der
Gradient wieder an, was für Durchmischung sorgt. In Nordseenähe, im westlichen
und zentralen Bergland kommen Windböen bis Bft 7 und in Gipfel- und Kammlagen
stürmische Böen auf. Zum Abend hin sind an der Nordfriesischen Küste stürmische
Böen möglich; auf exponierten Gipfeln der nördlichen und westlichen
Mittelgebirge muss mit Sturmböen bis Bft 9 gerechnet werden. Zudem kann gegen
Abend ganz im Westen etwas Niederschlag einsetzen. Großräumiges Absinken lässt
verbreitet Auflockerungen zustande kommen. Da in der Nacht zuvor die
Nebelneigung gering war, dürften auch größere Auflockerungen wahrscheinlicher
sein als es sonst für die Luftmasse und Jahreszeit üblich wäre. Somit besteht
die Chance einer leichten Erwärmung. Aufgrund des zuvor erfolgten
Luftmassenwechsels (in der Nacht zuvor erfolgte die Passage einer Kaltfront)
sind Tageshöchsttemperaturen zwischen 13 und 18 Grad zu erwarten.

Modellvergleich und -einschätzung

Die vorliegenden Modelle stützen weitgehend die oben beschriebene Entwicklung.
Anhand der synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten
Unterschiede ableiten.
Auch hinsichtlich der aufgrund der schleifenden Front abzeichnenden
Niederschläge ergeben sich keine signifikanten Modelldifferenzen. Die
wahrscheinlichste Erstreckung der Schleifzone wäre dann von der Eifel über das
Hochsauerland bis in den südlichen Berliner Raum hinein. Signale für die
Überschreitung von Warnschwellen in Bezug auf Dauerregen werden dabei weder von
deterministischen Modellen noch von der Probabilistik geboten.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann