SXEU31 DWAV 131800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 13.10.2020 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
In der Nacht im Osten gebietsweise einsetzender Dauerregen, am Mittwoch
anhaltend. An der Ostsee zunehmend steife bis stürmische Böen, am Mittwoch auf
den Norden und Osten ausweitend. Im Südwesten leichter Frost, im höheren
Bayerwald leichter Schneefall.
Synoptische Entwicklung bis Freitag 12 UTC

Aktuell … überdeckt ein etwas zergliederter, umfassender Höhentiefkomplex
weite Teile Europas. Über West- und Mitteleuropa zeigen zwei daran beteiligte
Höhentiefs außerdem eine Dipolstruktur, wobei die Kerne am Abend über der
Bretagne und Westungarn zu finden sind. In weiterer Folge wird der westliche
Kern nach Süden in Richtung Südfrankreich und der östliche nach Südpolen
gelenkt. Während der westliche Teil des Dipols nur peripher auf das Wetter in
Deutschland Einfluss nimmt, sind die Auswirkungen des Ostteils deutlich
markanter. Daran gekoppelt ist ein Bodentief, das zum Ausgabezeitpunkt mit
seinem Kern über die westliche Ukraine nach Nordwesten zieht (Kerndruck etwa 996
hPa). Ausgangs der Nacht erreicht dieses schließlich unter ganz leichter
Vertiefung Zentralpolen. WLA und PVA-induzierte Hebungsprozesse greifen damit
auf die östlichen Landesteile über und lösen länger anhaltende, meist mäßige
Regenfälle aus. In der Nacht sind davon zunächst die Regionen von Thüringen über
Sachsen bis ins südlichen Brandenburg sowie der östliche und nördliche
Mittelgebirgsraum Bayerns betroffen. Der Hauptteil der Niederschläge fokussiert
sich dabei zunächst auf Ostsachsen und das Osterzgebirge (20 bis 25 l/qm in 12
Stunden). In den Hochlagen des Bayerischen Waldes und des Erzgebirges sinkt
außerdem bei einer T 850hPa um 0 Grad und einem recht niedrigen Geopotential die
Schneefallgrenze auf etwa 1000 m ab, wobei ein paar cm Neuschnee in den
Kammlagen hinzukommen dürften. Nicht vernachlässigt darf auch die
Windentwicklung werden, denn der Gradient zwischen dem Tief über Polen und dem
Bodenkeil eines Hochs über dem Nordmeer nimmt vor allem entlang der Ostseeküste
deutlich zu. Bereits in der Nacht kommt es dort zu starken bis stürmischen Böen
aus Nordost (Stichwort Fetch, später mehr dazu), im angrenzenden Binnenland sind
erste starke Böen zu erwarten. Auch in den Kammlagen der östlichen Mittelgebirge
stehen stürmische Böen oder Sturmböen auf der Karte. Damit der Chronistenpflicht
genüge getan ist, sollte auch der leichte Luftfrost im Bergland des Südwestens
sowie in Schwaben und den alpennahen Gebieten Oberbayerns (bis -2 Grad) nicht
unerwähnt bleiben. Ursächlich dafür ist mit leichtem Absinken in Verbindung
stehendes Aufklaren und das recht niedrige Ausgangsniveau der Lufttemperatur
(außerdem Taupunkt nahe 0 Grad). In den nicht erwähnten Gebieten verläuft die
Nacht dagegen warnfrei mit einem Wechsel aus Wolken und klaren Abschnitten, im
Südwesten und Süden des Landes jedoch mit gebietsweise auftretendem Frost in
Bodennähe. Außerdem kommt es dort stellenweise zu Nebelfeldern, die aber nicht
zwangsweise warnwürdig sind.

Mittwoch … setzen sich die meridionalen Verlagerungen der Höhentiefzentren
fort, allerdings mit nur geringen Geschwindigkeiten. Die westliche Hälfte
überdeckt dabei weiterhin große Teile Südfrankreichs, der östliche Kern erreicht
das Grenzgebiet zwischen Tschechien, Slowakei und Polen. Das Bodentief
(Kerndruck bis dahin kaum verändert, etwas unter 1000 hPa) dreht sich dabei um
das steuernde Höhentief ein und verändert dabei seine Position über dem
südwestlichen Polen kaum. In der zweiten Tageshälfte setzen dabei
Auffülltendenzen sein, sodass am Abend der Kerndruck etwas über 1000 hPa
analysiert werden wird. Da sich die thermischen- und Hebungsrandbedingungen
damit über den östlichen Landesteilen zunächst kaum verändern, setzt sich der
mäßige bis starke stratiforme Regen fort und weitet sich bis nach Hessen, in den
Norden Baden-Württembergs und bis ins nördliche Alpenvorland aus. Im Fokus der
Warnrelevanz bezüglich Dauerregen bleiben aber die bereits in der Nacht
genannten Regionen des Ostens und Teile der Mitte. Unter Berücksichtigung der
Abschwächungstendenzen in der Nacht zum Donnerstag dient dabei der 24 bis
36-stündige Zeitraum bis dahin als Basis. In den jeweiligen Akkumulationen sind
sich die Modelle weitgehend einig und reichen von Thüringen über Sachsen bis ins
südlichen Brandenburg sowie im Harzvorland von 40 bis 50 l/qm, in den Staulagen
des Erzgebirges und des Harzes sind unwetterartige Mengen von mehr als 50 l/qm
möglich. Diese deterministischen Aussagen werden durch die Probabilistik
gestützt. COMSO-LEPS legt den Schwerpunkt ins Erzgebirge sowie dessen
sächsisches Vorland (90 bis 100% für mehr als 40 l/qm/48h, im Stau etwa 30 bis
40% für mehr als 60 l/qm), EZ-EPS und ICON-EU-EPS sind etwas defensiver
aufgestellt. Außerhalb der genannte Gebiete ist die Überschreitung der
Warnschwellen unwahrscheinlich. Bezüglich der Schneefallgrenze bleibt zu sagen,
dass diese im Bayerischen Wald weiterhin um etwa 1000 m pendelt, im Erzgebirge
durch WLA etwas ansteigt und wahrscheinlich in den höchsten Kammlagen zu liegen
kommt. Im höchsten Bayerwald akkumulieren sich damit in 24 Stunden etwa 10 bis
15 cm Neuschnee. Weiterhin im Fokus bleibt auch der Wind, denn die
gradientinduzierten Böen weiten sich am Mittwoch tagsüber von den Küstenregionen
auf den Norden und Osten des Bundesgebiets aus, wobei sich die Stärke zwischen 7
und 8 Bft einpendeln wird. Die höchste Wahrscheinlichkeit für stürmische Böen
(Bft 8) bestehen dabei in Mecklenburg-Vorpommern, im nördlichen Brandenburg
sowie in den Küstenregionen der Nordsee. An der Ostsee findet der Nordost- bis
Nordwind weiterhin einen guten Fetch vor, daher stehen dort Sturmböen und
schwere Sturmböen auf der Karte. Einzelne orkanartige Böen (Bft 11) können in
exponierten Lagen nicht ausgeschlossen werden. In den Kammlagen der östlichen
Mittelgebirge sind durchwegs Sturmböen wahrscheinlich. Mit Auffüllen des Tiefs
fächert der Gradient am Abend etwas auf und die Wahrscheinlichkeit für
warnwürdige Böen zieht sich in der Nacht zum Donnerstag auf die Küstenregionen
(Bft 8) und den Nordosten (Bft 7) zurück. Der äußerste Westen und Süden des
Landes verbleiben dagegen unter schwachem antizyklonalen Einfluss zwischen den
beiden Dipol-Geopotentialschwerpunkten. Wind und Regen sind damit kein größeres
Thema, der leichte bis mäßige Regen zwischen dem Nordosten und später dem
Südwesten bleibt ohne Warnrelevanz. Die Wahrscheinlichkeiten für Frost und Nebel
sind ebenfalls gering.

Donnerstag … verändert das Geopotentialhoch über dem Europäischen Nordmeer
kaum sein Lage, das Höhentief verlagert sich von Südfrankreich zunehmend in den
Löwengolf. Außerdem verliert das tiefe Geopotential über Mitteleuropa zunehmend
seine Dipolstruktur, da sein östlicher Part über Polen sich zunehmend
verabschiedet bzw. abschwächt und sich eine Geopotentialbrücke zwischen dem
Nordmeer und Osteuropa andeutet. Am Boden füllt sich das Tief über Polen weiter
auf und verliert in zyklolytischem Umfeld schließlich im Laufe des Nachmittags
vollständig seine Strukturen. Der Blick richtet sich daher auf den
südeuropäischen Raum, denn die im Tyrrhenischen Meer bereits im Vorfeld
vollzogenen Zyklogenese beeinflusst zunehmend den süddeutschen Raum. Zum
Mittagstermin ist zwischen dem Golf von Genua und der oberen Adria ein
gesplittetes Tief zu finden, das in Kombination mit dem Höhentief südlich der
Donau für leichten bis mäßigen Regen sorgt. Auch die Mitte des Landes bleibt
nicht ganz trocken, das Höhentief umlaufende Randtröge stellen dafür die
notwendigen Hebungsimpulse zur Verfügung (PVA). In Nordwestdeutschland wirkt
dagegen der antizyklonale Einfluss des Nordmeerhochs. Damit ist der Tag dort
zunehmend trocken und die Sonne kommt zwischen dem Niederrhein und
Schleswig-Holstein zeitweise zum Vorschein. Die Temperaturen bleiben aber
aufgrund der unverändert vorhandenen kühlen Meeresluft auf leicht
unterdurchschnittlichem Niveau. Bezüglich Warnrelevanz zu erwähnen sind zunächst
noch mögliche starke bis stürmische Böen bei auflandigem Nordostwind an der
Ostsee, ansonsten verläuft der Tag sowie der Nacht zum Freitag mit Ausnahme von
vereinzelten Nebelfeldern im Nordwesten meist warnfrei.

Freitag … befindet sich Deutschland zwischen der Antizyklone mit Schwerpunkt
zwischen Island und Südnorwegen und der sowohl in der Höhe als auch am Boden
vorhandenen Tiefdruckzonen vom westlichen Mittelmeerraum bis nach Ost- und
Südosteuropa. Dabei wird weiterhin kühle Meeresluft advehiert, daher ändert sich
am Temperaturniveau nur wenig (Maxima zwischen 8 und 13 Grad). Aufgrund dieser
Konstellation fällt im zyklonal geprägten Süden Deutschlands weiterhin
gebietsweise leichter bis mäßiger Regen, in den mittleren und höheren Lagen der
Alpen kommt weiterer Neuschnee hinzu (aber keine großen Mengen). Im Norden ist
es dagegen meist trocken und zeitweise scheint neben vielen Wolken auch die
Sonne.

Modellvergleich und -einschätzung

Die Unterschiede bei den Regenmengen wurden im Text ausführlich angesprochen,
die Warnungen orientieren sich außerdem auch an den probabilistischen
Grundlagen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Mag.rer.nat. Florian Bilgeri