SXEU31 DWAV 111800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 11.10.2020 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
Zunächst recht ruhiges Herbstwetter, ab Dienstag von Osten Dauerregen und Sturm.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 12 UTC

Aktuell … driftet Deutschland vorübergehend in eine relativ ruhige
Witterungsphase. Direkt über Mitteleuropa amplifiziert sich ein Langwellentrog
ausgehend von Skandinavien bis in den westlichen Mittelmeerraum bzw.
Nordwestafrika und weist im Bereich des Golfes von Genua ein Drehzentrum aus.
Zwischen diesem Drehzentrum und dem steuernden Höhentief über Schweden zeichnet
sich genau über Deutschland eine Schwachstelle ab, die mit einem schwachen
Rücken einhergeht. Bodennah korrelieren die Höhentiefs über Schweden und dem
Golf von Genua dabei mit Tiefs etwa an gleicher Stelle. Wetteraktive Zonen in
Deutschland befinden sich zunächst noch im Norden und Nordosten sowie im
Südosten bzw. an den Alpen. Der Norden wird am Abend und in der Nacht zum Montag
noch vom Kurzwellentroge des Höhentiefs über Schweden beeinflusst. Während auf
der Vorderseite des Kurzwellentroges entsprechende Hebung die Schauertätigkeit
generiert, ist es rückseitig anfangs noch die Zufuhr feuchte, höhenkalte Luft,
welche die vertikalen Umlagerungen aufrecht hält. Der auflandige Wind kann dann
an der ostfriesischen Nordseeküste auch noch die eine oder andere steife Böen
zaubern. An den Alpen und im Südosten Bayerns sorgt dagegen das hochreichende
Tief im Golf von Genua für noch leicht unbeständige Aussichten. Auf der
Ostflanke des Tiefs wird dabei warme und feuchte Mittelmeerluft nordwärts bis
über die Alpen hinweg geschoben. WLA und PVA lassen entsprechend von den Alpen
bis zum Bayerischen Wald Niederschläge zu, die oberhalb von 1000 bis 1500 Meter
als Schnee fallen. Im restlichen Land sorgt Zwischenhocheinfluss für
Wetterberuhigung und Wolkenauflockerungen, sodass bei Temperaturen in 850 hPa -2
und +1 Grad vor allem in der Mitte der Bodenfrost, teils auch Luftfrost
zunehmend in den Fokus gelangt. Aber auch der Nebel spielt wieder eine Rolle und
kann je nach Dichte auch etwas Sprühregen abwerfen.
Montag … verlagert sich der Langwellentrog unter Verkürzung der Wellenlänge
leicht ostwärts, sodass die Trogachse etwa von Rügen bis nach Sizilien reicht
und dabei zwei Drehzentren über Österreich und im Tyrannische Meer aufweist.
Zudem deutet sich aber schon Hilfe für den Trog an, indem ein neuer
Kurzwellentrog von Island zu den Britischen Inseln vorstößt und so beginnt den
Langwellentrog wieder zu regenerieren bzw. aufzuspannen. Bodennah korreliert der
Kurzwellentrog über den Britischen Inseln mit einem Tief über dem Ärmelkanal.
Der Trog und das Bodentief selber haben aber noch keinen Einfluss auf das Wetter
hierzulande. Anders sieht es mit dem hochreichenden Tief über Österreich aus,
dass sich langsam Richtung Tschechien und die Slowakei verlagert. Vor allem
Ostsachsen und das südöstliche Brandenburg werden zunehmend von der WLA und
entsprechenden Aufgleitprozessen des Tief heimgesucht, was sich durch
einsetzende Regenfälle bemerkbar macht. Der Alpenraum sowie der Südosten Bayerns
liegen noch im Bereich der KLA. Bei schwachen Hebungsprozessen ist dort
ebenfalls noch mit schauerartigem Regen zu rechnen. Aber auch sonst ist es am
Montag und in der Nacht zu Dienstag nicht komplett trocken. Vor allem im Westen
und Nordwesten sorgt wohl ein in die Strömung eingelagerter kurzwelliger Anteil
für ausrechend Hebung, dass es gebietsweise zu schwachen Schauern kommt, die
nachts bei Stabilisierung der unteren Troposphäre rasch zusammenfallen. Die mit
Feuchte angereicherten unteren Luftschichten neigen dann aber zu teils dichtem
Nebel. Wo dieser Lücken hat und sich gleichzeitig auch die Wolkendecke
lückenhaft zeigt, bleibt der Bodenfrost ein Thema. Tagsüber bleibt es bei
Temperaturen in 850 hPa -1 und +2 Grad und Temperaturen in 2 m zwischen 8 und 15
Grad weiter recht kühl.
Dienstag … wird es gleich in zweierlei Hinsicht spannender. In der Höhe kann
sich über West- und Mitteleuropa ein kräftiger Höhentiefkomplex mit
Dipolstruktur ausbilden. Den westlichen Part übernimmt dabei das Höhentief,
welches sich aus dem Kurzwellentrog über den Britischen Inseln entwickelte.
Zusammen mit seinem kongenialen Partner im Bodenniveau über Nordwestfrankreich
macht es Westeuropa unsicher. Für das Wetter in Deutschland ist aber der
östliche Part der Dipolstruktur deutlich interessanter. Dort hat das Höhentief
samt Bodendepression Fahrt aufgenommen. Unter weiterer Intensivierung soll es
von Tschechien nach Polen wandern und Mittwochfrüh nach Leseart des ICON die
Oderregion erreichen. Einhergehend wirbelt das hochreichende Tief warme Luft
subtropischen Ursprungs herumgeholt von Osten nach Deutschland. Die kräftige WLA
erreicht die Oder am Dienstagnachmittag und breitet sich bis Mittwochmorgen über
die gesamte Nordosthälfte des Landes aus. Vor allem vom Harz und dem südlichen
Brandenburg bis zum Erzgebirge sorgen die Aufgleitprozesse für länger
anhaltenden und kräftigen, teils ergiebigen Dauerregen. Mit Annäherung und
Intensivierung des Tiefs nimmt auch der Gradient zu, sodass auch der Wind an
Kraft zulegen kann. Vor allem in der Nacht zum Mittwoch frischt dieser im Osten
stark böig auf. Zunächst kann es bei auflandigem Wind an der Ostsee sowie im
höheren Bergland der östlichen Mittelgebirge bei Sturmböen ruppig zugehen. Unter
den dicken Wolken hat aber zumindest der Frost oder der Bodenfrost im Osten und
Norden keine Chance mehr. Lediglich im Süden und Südwesten, wo kompensierenden
Absinken vorherrscht, kann die untere Troposphäre bei aufgelockerter Bewölkung
nochmals ordentlich bis den Frostbereich auskühlen.
Mittwoch … dreht sich die Dipolkugel gegen den Uhrzeigersinn weiter. Das
hochreichende Tief im Westen soll seinen Weg bis in den Golf von Genua
vorsetzen, während das Drehzentrum an der Oder kaum Verlagerungstendenzen
aufweist. Unter Abschwächung nimmt der östliche Part sogar wieder Kontakt zum
Trog über Skandinavien auf. Aus Wettersicht kann sich der teils kräftige Regen
gestützt von schwächelnder WLA weiter südostwärts über Deutschland ausbreiten.
Die größten Regenmengen werden vom deutschen ICON dabei vom Harz über Thüringer
Wald bis zum Bayerischen Wald simuliert. Aber auch sonst wird es bei kühlen
Temperaturen von 7 bis 13 Grad, böigem Wind und Regenfällen ungemütlich. Vor
allem im Osten erreicht der auffrischende Wind tagsüber den Höhepunkt. Im Osten
sind dann in tiefen Lagen starke bis stürmische Böen, an der See und im Bergland
Sturmböen oder schwere Sturmböen zu erwarten. Bei auflandigem Wind ist an der
Ostsee auch eine Sturmflut möglich. Beim Regenwetter außen vor bleibt der Süden.
Dort kann sich das kompensierende Absinken zwischen den beiden Dipoldrehzentren
auswirken und somit die Wetteraktivität einschränken. Während tagsüber sogar
etwas Sonne scheint, sorgt dort Aufklaren in der Nacht gebietsweise für
(Boden-)Frost und Nebel. In der Nacht profitiert zudem auch das Nordseeumfeld
von einem schwachen Rücken, der die Hebung zunehmend killt, sodass die
Niederschläge abklingen.

Modellvergleich und -einschätzung

Die führenden Globalmodelle zeigen alle eine vergleichbare großskalige
Entwicklung. Die Dipolstruktur wird von allen wiedergegeben. Allenfalls die
Intensitäten und die genaue Lage der Drehzentren weichen etwas voneinander ab.
Dies jedoch kann für Deutschland von größerer Bedeutung sein. Während das ICON
die kräftigsten Aufgleitniederschläge rascher und auch weiter nach Westen
vordringen lässt, bleiben sie beim IFS über dem Osten hängen. Somit zeigt das
IFS entgegen ICON und GFS nur von Vorpommer bis zum Erzgebirge
Dauerregensignale.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Lars Kirchhübel