S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 08.10.2020 um 10.30 UTC

Herbstlich; zeit- und gebietsweise Regen, lokal kurze Gewitter und böig
auffrischender Wind.

Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 15.10.2020

Am Sonntag liegt Deutschland unter einem Langwellentrog, dessen Achse von
Skandinavien zum westlichen Mittelmeer verläuft. Der Trog kommt dabei nur sehr
zögerlich nach Osten voran, während seine Achse am Morgen etwa am Niederrhein
auszumachen ist, soll sie sich bis zum Montagmorgen nach Sachsen und Bayern
verlagert haben. Charakteristisch für den Trog ist seine große Amplitude bei nur
kleiner Wellenlänge, so dass die Konfiguration für einen Cut-Off-Prozess günstig
erscheint. Entsprechend bildet sich in der Nacht zum Montag über dem Alpenraum
zumindest vorübergehend ein abgeschlossenes kleinräumiges Höhentief, dem
allerdings keine lange Lebensdauer beschieden ist. Im Bodendruckfeld liegt über
Südskandinavien ein Tiefdruckgebiet, an das sich im Süden eine Nord-Süd
orientierte Tiefdruckrinne anschließt, die wie der Trog zögerlich nach Osten
wandert. Das Skandinavientief führt über die Nordsee hinweg erwärmte Luft
subpolaren Ursprungs zu uns. und Entsprechend steigen die 850er Temperaturen im
Tagesverlauf und in der Nacht geringfügig an, liegen sie zu Tagesbeginn noch
durchweg etwas unter null Grad, so sind die entsprechenden Werte ausgangs der
Nacht zum Montag zumindest in der Nordwesthälfte in den leicht positiven Bereich
gestiegen. Da der Gradient an der Südflanke des Tiefs etwas schärfer konturiert
ist, können im Norden steife, an der Küste auch stürmische Böen auftreten.
Begleitet werden diese vor allem an der Nordsee bei auflandigem Nordwest von
kräftigen Schauern, die dort infolge konvergenter Strömungsmuster an der Küste
auftreten. Ansonsten können insbesondere in Verbindung mit der Trogachse
einzelne Schauer von West nach Ost über das Vorhersagegebiet ziehen, und im
Alpenraum bringt insbesondere die Nacht leichte Niederschläge, wobei die
Schneefallgrenze um 1200m liegt.

Am Montag unternimmt der Trog einen weiteren – diesmal erfolgreichen – Versuch
abzutropfen. Zum Abend und in der Nacht wird er von einem Rücken, der sich von
Frankreich her in seine Westflanke bohrt, abgeschwächt und zum Morgen zeigt sich
dann ein kräftiges und relativ großräumiges Höhentief über Mittelitalien.
Während sich das nördliche Trogresiduum abschwächt und zum Baltikum bzw. nach
Nordwestrussland wandert, läuft über dem Nordmeer ein Kurzwellentrog ab, der mit
KLA den Skandinavientrog regeneriert und der sich insbesondere in der Nacht zu
einem neuen Langwellentrog mausert, dessen Achse anfangs von Ost nach West,
später eher von Nordost nach Südwest orientiert über der nördlichen Nordsee
liegt. Die Hebung auf seiner Vorderseite lässt den Druck über Westeuropa fallen,
so dass sich ein flaches Tief vor der Westküste Schottlands kräftigt. Es zieht
bis zum Abend an die britische Nordseeküste, am Dienstagmorgen erreicht es mit
einem Kerndruck von etwa 1005 hPa die südliche Nordsee. Zwar greift sein
okkludiertes Frontensystem noch nicht auf Deutschland über, wohl aber die mit
dem Frontensystem verbundenen Regenfälle, die bis zum Morgen den Nordwesten und
Westen erreichen. Das Temperaturniveau in 850 hPa ändert sich im Vergleich zum
Vortag kaum, allerdings zieht der Gradient im Westen mit Annäherung des Tiefs
etwas an, so dass die eine oder andere steife Böen in den windanfälligen
Regionen Westdeutschlands nicht ausgeschlossen ist.

Am Dienstag greift der Langwellentrog unter Vertiefung nach Süden aus. Sein Kern
überquert dabei am Tage Benelux und erreicht zum Abend das belgisch-französische
Grenzgebiet, wo er sich in der Nacht zwar kaum noch verlagert, dafür aber
kräftigt. Das zugehörige Bodentief wird derweil über den östlichen Ärmelkanal
und Nordfrankreich in den Großraum Paris gesteuert. Dabei dreht sich der
korrespondierende Frontenzug zunehmend ein, was exakte Vorhersagen der
Niederschlagsschwerpunkte knifflig macht. Letztendlich ist die Westhälfte
Deutschlands mehr oder weniger stark vom zugehörigen Regen betroffen. Gleiches
gilt für den Wind, der im Einflussbereich des Bodentiefs mitunter stark böig
weht. Das Cut-Off-Tief über Mittelitalien bewegt sich derweil nach Nordosten und
erreicht zum Mittwochmorgen den Westen Rumäniens. Auf seiner Vorderseite bewegt
sich ein Bodentief unter leichter Intensivierung ebenfalls nach Nordosten, die
Bewegung der beiden Systeme erinnert dabei an eine Vb-Lage. Ebenso wie bei einer
solchen kommt es zu großflächigem Aufgleiten und entsprechenden Regenfällen über
Osteuropa, wobei nach dem deterministischen Lauf von EZMW die Niederschläge den
Osten Deutschlands ganz knapp verfehlen sollen. In Anbetracht des
Prognosehorizonts kann aus heutiger Sicht etwas Regen an Oder und Neiße sowie im
Erzgebirge aber nicht ausgeschlossen werden. Zwischen den geschilderten
Niederschlagsfeldern im Westen und Osten deutet sich ein trockener Streifen an,
der etwa von der Ostsee bis nach Ostbayern verlaufen sollte. Die 850er
Temperaturen verharren derweil bei etwa null Grad.

Am Mittwoch und Donnerstag zeigt sich das Höhentief über Frankreich sehr
persistent. Anfangs bewegt es sich leicht rotierend über Frankreichs Norden, am
Donnerstag dann zieht es zögerlich zu den Seealpen. Um den beschriebenen
Höhentief-Kern werden mehr oder weniger kurzwellige Troganteile herumgeführt.
Sie sorgen gebietsweise für Regen, der schauerartig verstärkt sein kann,
eventuell ist auch mal ein kurzes Gewitter mit von der Partie. Kräftigere und
länger anhaltende Regenfälle können wohl nur an den Küsten auftreten. Dort wird
nach dem aktuellen EZMW-Hauptlauf von Osten her das Vb-Tief von Osteuropa
wetteraktiv, das in der Nacht zum Donnerstag und am Donnerstag von der Ost- zur
Nordsee ziehen soll. Im Vorfeld kann am Mittwoch an der Ostseeküste der Wind
etwas auffrischen, sonst präsentiert sich das Bodendruckfeld gradientschwach.
Das Temperaturniveau ändert sich weiterhin kaum.

In der erweiterten Mittelfrist am Freitag und Samstag bleibt tiefes Geopotential
wetterbestimmend. Dabei fällt gebietsweise Regen, die 850er Temperaturen
verharren um null Grad.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Die Konsistenz des aktuellen Laufs mit seinen Vorläufen kann allenfalls als
zufrieden stellend bezeichnet werden, und dies genau genommen auch nur in Bezug
auf den direkten Vorgänger (gestern 12 UTC). Der gestrigen 00-UTC-Lauf zeigte zu
Beginn der kommenden Woche (Montag 12 UTC) ein kräftiges Bodentief über
Dänemark. Dieses zeigen die beiden jüngsten Läufe nicht, bei diesen liegt der
tiefste Druck stattdessen über Skandinavien. Diese Unterschiede wiederholen sich
bei 500-hPa-Geopotential, bei dem der gestrige 00-UTC-Lauf ein Höhentief über
Norddeutschland simuliert hat, das die aktuellen Läufe allenfalls in Form eines
Langwellentroges aufgreifen.

Ab Dienstag laufen auch der aktuelle Lauf und sein unmittelbarer Vorläufer
auseinander. Bei letzterem ist um 12 UTC der Abtropfprozess des Langwellentroges
noch nicht abgeschlossen, im Gegensatz zum aktuellsten Lauf. Ferner zeigen die
verschiedenen Trogachsen und damit die Muster der Höhenströmung deutliche
Unterschiede. Da gleich gilt für das Bodendruckfeld. Das Tief über dem östlichen
Ärmelkanal findet im Vorlauf sein Gegenstück vor der Westküste Dänemarks. Sucht
man Gemeinsamkeiten, so sind dies die insgesamt gradientschwache
Druckverteilung, der tiefe Druck über Südosteuropa sowie das Temperaturniveau in
850 hPa.

Im Weiteren laufen die Geopotentialmuster nicht wieder zusammen, einheitlich
setzen der aktuelle Lauf und die Vorläufe aber auf niedriges Geopotential –
immerhin. Ferner kommt das Südosteuropa-Tief bei allen Modelläufen nach Norden
voran, bei der genauen Positionierung am Mittwochmittag ist aber von West- bis
Ostpolen alles dabei. In der Folge sind auch die mit diesen Tiefs verbundenen
Niederschlagsgebiete, insbesondere bezüglich der regionalen Verteilung, stark
unterschiedlich ausgeprägt.

Letztendlich ist der Witterungsverlauf bei den betrachteten Modellläufen im
Detail und auch regional sehr unterschiedlich. Klar scheint aber die Dominanz
von tiefem Druck und Geopotential bei herbstlichen Temperaturen und
gebietsweisen Regenfällen zu sein.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Im internationalen Vergleich herrscht am Montag weitgehend Einigkeit. Tiefen
Luftdruck über Südskandinavien, ein Bodenkeil über Süddeutschland und ein von
Nord nach Süd über Deutschland verlaufender Langwellentrog mit großer Amplitude
und kleiner Wellenlänge, das ist bei EZMW wie auch bei GFS oder ICON vorhanden.

Am Dienstag wird die Streuung insgesamt größer, ohne dass sich echte Ausreißer
zeigen würden. Die genannten Modelle simulieren alle tiefen Luftdruck über
Südosteuropa, wobei sie den Kern des Tiefs um 12 UTC auch einheitlich nach
Westrumänien legen – bemerkenswert. Das Tief über dem östlichen Ärmelkanal haben
auch alle im Programm, wenngleich räumlich leicht verschoben und bei GFS auch
über eine Tiefdruckrinne mit tiefem Luftdruck über dem Mittelmeerraum verbunden.
Weiterhin wird der Kerndruck recht unterschiedlich eingeschätzt. Während es bei
EZMW etwa 1000 hPa sein sollen, sagt ICON 1007 hPa und GFS 1013 hPa voraus.

Im weiteren Verlauf gilt das, was auch für die Konsistenz der EZMW-Hauptläufe
gilt: Es wird allgemein auf tiefes Geopotential und tiefen Luftdruck gesetzt.
Die Geopotentialmuster und in der Folge die Höhenströmung sind aber durchaus
unterschiedlich. Das Bodentief verlagert sich von Südosteuropa nach Polen, auch
hier verlangt die genaue Einschätzung der Zugbahn allerdings noch einige
klärende Modellberechnungen.

In Summe ergibt sich das gleiche Ergebnis wie bei der Konsistenz der
verschiedenen EZMW-Läufe: Tiefdruckeinfluss, gebietsweise Regen, überwiegend
windschwach und herbstlich temperiert.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Im Zeitraum +72 bis +96 Stunden wird das EZMW-Ensemble in 2 Cluster aufgeteilt,
wobei der Haupt- und Kontrolllauf im mit 34 membern größeren Cluster liegen.
Während dieser Cluster von der Kategorie „Blocking“ in die Kategorie
„Atlantischer Rücken“ wechselt, bleibt der zweite Cluster durchweg in der
Kategorie „Blocking“. Unabhängig von der Wetterlagenkategorie zeigen die
repräsentativen Felder einheitlich einen von Nord nach Süd orientierten
Langwellentrog, ähnlich dem aus dem EZMW-Hauptlauf.

Im Zeitfenster +120 bis +168 Stunden bleibt es bei zwei Clustern. Weiterhin
liegen der Haupt- und der Kontrolllauf in Cluster eins, der diesmal auf 31
member kommt. Während der erste Cluster von der Kategorie „Atlantischer Rücken“
wieder in die Blockierungslage zurück wechselt, steht der kleinere Cluster am
Ende bei der Kategorie „Negative NAO“. Wiederum zeigt sich aber für Mittel- und
Westeuropa ein recht einheitliches Bild mit einem großräumigen Höhentief, das
von der Nordsee nach Frankreich zieht und dann dort weitgehend ortsfest ist.

Im weiteren Verlauf deuten 5 Cluster schon die zunehmende Streuung der
Modelllösungen an. Insgesamt dominiert dabei weiterhin die Wetterkategorie
„Blocking“.

Die Rauchfahnen des EZMW zeigen im 850-hPa-Niveau ein sehr schwankungsarmes
Pendeln der 850er Temperaturen um die Null-Grad-Marke, wobei der erwartungsgemäß
erwartbare Anstieg der Streuung kaum erkennbar ist. Das Geopotential schwankt im
Mittelfristzeitraum um 550 gpdm und damit um ein recht niedriges Niveau.

Die Einschätzungen der EZMW-Ensembles werden ohne nennenswerte Einschränkungen
von den GFS-Ensembles geteilt.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

EFI zeigt Signale für signifikant erhöhte Regenmengen an der Nordseeküste am
Sonntag. Ferner zeigt EFI am Sonntag im Westen und ab Montag im Süden Signale
für unterdurchschnittliche Temperaturen.

COSMO-LEPS zeigt in der Südhälfte und in den Mittelgebirgen in den Nächten auf
Montag und Dienstag Wahrscheinlichkeiten um 20% (in Hochlagen mehr) für
Bodenfrost. Luftfrostgefahr sieht COSMO-LEPS dagegen nur am Alpenrand, dies
könnte aber zu optimistisch sein.

An/In den Alpen liefert COSMO-LEPS darüber hinaus in den Hochlagen Signale für
geringfügigen Neuschnee bzw. geringfügige Signale für mehr als 5 cm Neuschnee in
12 Stunden.

Insgesamt passen die COSMO-LEPS-Signale bezüglich der Temperatur aber zu denen
des EFI.

Basis für Mittelfristvorhersage
EZMW, EZMW-EPS, MOSMIX

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Martin Jonas