SXEU31 DWAV 081800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 08.10.2020 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
Zyklonale Westlage Übergang zu Trog Mitteleuropa, zeitweise stark Böiger Wind
mit Sturmböen im höheren Bergland und an der Küste

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC

Aktuell … liegt ein steuerndes Tief über dem Nordmeer, das einem kräftigen
Hoch über Russland gegenübersteht. Hohes geopotenzial liegt über dem Mittelmeer.
Somit hat sich über west und Mitteleuropa eine kräftige zonale Strömung
eingestellt (zyklonale Westlage). Der Polarfrontjet verläuft dabei von
Groß-Britannien über Norddeutschland ostwärts. Ein schwacher Höhenkeil zieht
gerade ostwärts ab. Er beeinflusst aktuell noch den Südosten Deutschland.
Abgesehen von aufziehender Cirrusbewölkung ist es dort noch aufgelockert. Von
Westen rückt ein Wellentief nach, dass sich von der Nordsee nach Dänemark und im
weiteren Verlauf unter Abschwächung ins Baltikum zieht. Die Warmfront hat den
Norden Deutschlands mit stratiformen Regen erfasst. Im Warmsektor zieht über die
Nordhälfte Deutschlands ein markanter Low-Level Jet mit bis zu 55 kt auf
850-hPa. Der vertikale Impulstransport wird durch die stabile Schichtung im
Warmsektor stark gehemmt, sodass im Tiefland nur Windböen um 55 km/h auftreten.
An der See und im Bergland muss mit stürmischen Böen auf exponierten Berggipfeln
mit schweren Sturmböen gerechnet werden. Entsprechende Windwarnungen laufen.
Am Abend greift dann die Kaltfront auf den Nordwesten über. In ihrem Bereich
werden ein paar J/kg Low-Level-CAPE simuliert. Die Labilität ist allerdings
nicht sehr hochreichend, da die Kaltluft vergleichsweise flach einfließt und von
Absinken überlagert wird. Somit bildet sich eine Sperrschicht auf 700 hPa,
wodurch Gewitter an der Front ausgeschlossen sind. Während COSMO-D2 und ICON-D2
den meisten Niederschlag präfrontal berechnenden, zeigt Super-HD ein schmales
schauerartig verstärktes Regenband an der Kaltfront, das sich aktuell in den
Radarbildern über der Nordsee formieren scheint. Je nach Ausprägung können somit
an der Front und kurz vorher durch die labilere Grenzschicht einzelne stürmische
Böen bis in tiefe Lagen herunter gemischt werden. Sollten diese verbreiteter
auftreten, werden die Windwarnungen zeitnah im Nowcasting auf die Warnstufe
Ocker erhöht. Die COSMO-D2 EPS-Wahrscheinlichkeiten für Stürmische Böen sind
relativ gering. Limitierend wirkt auch, dass das Jetmaximum vollständig im
Warmsektor liegt und im Frontbereich der Höhenwind bereits etwas abnimmt.

In der Nacht zum Freitag wird das Tief vom Trog überlaufen und daher unter
beginnender Auffüllung rasch über Südschweden hinweg in den Raum Stockholm
gesteuert. Stromaufwärts erfolgt bereits wieder eine Austrogung, was die
vorübergehend westliche zyklonale Strömung alsbald rückdrehen lässt. In dieser
Strömung beginnt die Kaltfront des sich auffüllenden Tiefs über der Mitte
Deutschlands zu schleifen, so dass es in diesen Gebieten, wenn auch nicht
intensiv, so doch mal längere Zeit regnen kann.
Zunächst bleibt der Gradient an der Südflanke erhalten, sodass es noch
stürmische Böen andere Ostsee und im Bergland gibt. Später fächert der Gradient
auf Grund des sich abschwächenden Tiefs und des nachfolgenden Bodentroges
deutlich auf, wodurch der Wind im Laufe der Nacht rasch nachlässt.
Rückseitig der Kaltfront fließt subpolare Meeresluft in den Nordwesten ein
(850-hPa-Temperatur ~ 1 °C). Durch leichtes Absinken lockert die Wolkendecke
dort zeitweise auf.
Freitag … stößt vorderseitig eines Troges bei Neufundland ein kräftiger
Höhenkeil Richtung Grönland vor. Stromabwärts entwickelt sich nun der
Nordmeertrog und stößt weiter Südwärts nach Groß-Britannien und Westeuropa vor.
Die Kaltfront des nach Osten abgezogenen, sich aufgelösten Tiefs liegt nun über
der Mitte Deutschlands, wobei durch den nachfolgenden Bodentrog eine flache
Wellenbildung einsetzt. Über der Mitte Deutschlands kommt es in einem breiten
Streifen von Rheinland-Pfalz und vom Nordschwarzwald bis zur Neiße dadurch zu
länger anhaltenden, aber meist nur leichten Regenfällen, die teils schwach
konvektiv durchsetzt sind. Warnrelevante Niederschlagsmengen werden dabei selbst
in Staulagen nicht erreicht. In den anderen Gebieten bleibt es weitgehend
trocken. Erst am Abend kommen im Nordwesten von der Nordsee her Schauer auf, die
mit dem von den Britischen Inseln herannahenden Höhentrog in Verbindung zu
bringen sind.
In der Nacht zum Samstag meridionalisiert sich die Strömung weiter. Das
mittlerweile blockierende Atlantikhoch, lässt den vorgelagerten Trog über
Westeuropa weiter amplifizieren und ostwärts voran kommen wobei dessen
Höhenkaltluft auf den Nordwesten Deutschlands übergreift. Dabei wird die
Kaltfront nach Südosten beschleunigt. Durch den rückwärtig einlaufenden Trog
verstärken sich der Temperaturgradient und die Hebung im frontal Bereich,
wodurch sich der frontale Regen verstärkt.
Der Nordwesten wird derweil von den Trogschauern erfasst. Da die
500-hPa-Temperatur in Küstennähe auf unter -30 °C sinkt, sollte dort ausreichend
Labilität für kurze Gewitter vorhanden sein

Samstag … setzt sich die Austrogung Richtung Mitteleuropa fort. Die Trogachse
erstreckt sich am Samstagmittag von Westdänemark über Benelux. Der Höhentrog
liegt dabei fast in Phase mit einem Trog im Bodendruckfeld. Die eingeflossene
Höhenkaltluft mit 500hPa-Temperaturen unter -30°C überdeckt den gesamten
Nordwesten. Bodennah ist subpolare Meeresluft eingeflossene, (850-hPa-Temperatur
~ -1 °C). In der somit labil geschichteten Luft kommt es Nordwesten zu kräftigen
Schauern und kurzen Graupelgewittern. Im Bereich des Bodentroges nimmt der
Gradient dort wieder zu, sodass besonders in Schauernähe im Nordwesten mit
starken Windböen gerechnet werden muss. Im höheren Bergland gibt es dabei erneut
Sturmböen.
Die Kaltfront erstreckt sich derweil vom Schwarzwald bis zum Erzgebirge und wird
erst am Nachmittag nach Südostbayern beschleunigt. In ihrem Bereich fällt
weiterhin länger anhaltender Regen. Eine geringe Wahrscheinlichkeit für das
Erreichen von warnschwellen besteht dabei nur in den Staulagen des
Nordschwarzwaldes.
Rückseitig der Kaltfront bildet sich eine etwas stärker ausgeprägte
Subsidenzzone, in der ein schmaler Bodenkeil vorstößt. Dadurch lockern dort die
Wolken teilweise auf und es bleibt überwiegend trocken. Mit Sonnenunterstützung
kann die Temperatur dort auf Werte über 15 °C steigen. Ansonsten bleibt es
kälter.

In der Nacht zum Sonntag zieht die Front allmählich südostwärts ab. Letzte
Regenfälle konzentrieren sich auf die Alpen. Die Schneefallgrenze sinkt dabei
auf 1200 m. Ansonsten lassen abgesehen vom äußersten Nordwesten die Schauer auf
Grund der Stabilisierung durch Auskühlung der Grenzschicht nach und die
Wolkendecke bleibt im Norden und im Süden gebietsweise stärker aufgelockert,
sodass dort in Niederungen und Senken gebietsweise Nachtfrost ein Thema wird.
Auf Grund der hohen Feuchtigkeit lässt sich lokale Glättebildung nicht
ausschließen.

Sonntag … liegt der Trog weiterhin über Mitteleuropa. Seine Achse befindet
sich dabei über Deutschland. Das zugehörige Bodentief hat dabei sein Zentrum
über Südschweden und beeinflusst den Norden. In der Höhenkaltluft bilden sich
dort erneut Schauer und kurze Gewitter. Dabei kann in kräftigen Schauer durchaus
wieder Graupel dabei sein. Weiter südlich sorgt ein schwacher Bodenhochkeil für
leichtes Absinken und Stabilisierung, sodass sich dort Schauer in Grenzen
halten. Bei wechselnder Bewölkung steigt in der polaren Meeresluft die
Temperatur dort auf etwa 15 °C.
Am Alpenrand kommt es zu leichten Stauniederschlägen, die oberhalb von etwa 1200
m als Schnee fallen.
In der Nacht zum Montag bleibt es im Südosten meist stark bewölkt, mit weiteren
Niederschlägen am östlichen Alpenrand (oberhalb von etwa 1000 m als Schnee.)
Ansonsten gibt es nur noch im Norden einzelne Schauer und die Bewölkung lockert
wieder vermehrt auf, wodurch es wieder zu Nachtfrost kommen kann.

Modellvergleich und -einschätzung

Die Modellsimulationen sind ziemlich ähnlich.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Christian Herold