S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 06.10.2020 um 10.30 UTC

Wechselhaft. Anfangs noch mild, ab dem Wochenende Temperaturrückgang.

Synoptische Entwicklung bis zum Dienstag, den 13.10.2020

Am Freitag befindet sich Deutschland unter der Vorderseite eines auf die
Britischen Inseln übergreifenden Troges und somit unter einer zyklonalen
südwestlichen Strömung. Ein darin eingelagertes Frontensystem liegt schleifend
über der Mitte Deutschlands und sorgt für zeitweise Niederschläge. Präfrontal,
d.h. im Süden Deutschlands, sind noch einmal Temperaturmaxima über 20 Grad
möglich. An dieser Front kommt eine Welle zustande, die nach Nordosten gesteuert
wird. Hierdurch ergibt sich ein breites, vom Westen Deutschlands in den
Nordosten gerichtetes Niederschlagsband.
Am Samstag greift der Trog auf Frankreich über und weitet sich dabei zu den
Pyrenäen aus. Die zyklonale Südwestströmung steilt hierdurch über Mitteleuropa
noch etwas auf. Die diesem Trog vorgelagerte Kaltfront greift schleifend
ostwärts über und überquert das Vorhersagegebiet. Die meisten Niederschläge sind
daher im Südosten und im Osten Deutschlands zu erwarten. Rückseitig stellt sich
eine Schauerlage ein mit Auflockerungen zwischen den Schauern ein.
Deutschlandweit erfolgt ein merklicher Temperaturrückgang.
Im Laufe des Sonntags greift der nunmehr austropfende Trog auf den Westen
Deutschlands über, wodurch dort die Schauertätigkeit (bis hin zu kurzen
Gewittern) sich noch verstärkt. Im Osten und Südosten sind dann aufgrund der
nach wie vor über dem östlichen Mitteleuropa schleifenden Kaltfront weitere
zeitweise Niederschläge zu erwarten.
Im Laufe des Montags verlagert sich das aus dem Austropfprozess resultierende
Tief nach Südfrankreich. Ein von diesem Tief ausgehender, nach
Nordostdeutschland schwenkender Trog induziert eine Zyklogenese, wodurch sich
ein Tief auf Vb-artiger Zugbahn von den Ostalpen über Tschechien hinweg unter
leichter Intensivierung in den Nordosten Deutschlands verlagert. Dieses Tief
bezieht feuchtwarme Luft von der Adria in seine Zirkulation ein, so dass sich im
Nordosten und zum Teil auch in den mittleren Gebieten länger andauernde
Niederschläge abzeichnen. Sehr wahrscheinlich ergeben sich Niederschlagssummen
oberhalb der Warnschwellen für Dauerregen; in Staulagen sind unwetterartige
Regenmengen nicht auszuschließen.
Am Dienstag wird dieses Tief über die Ostsee hinweg rasch in Richtung
Südschweden gesteuert und füllt sich auf, wodurch die Niederschläge dann
nordostwärts abziehen und schwächer werden. Gleichzeitig verlagert sich das
Cut-Off-Tief ins westliche Mittelmeer, wodurch sich das Niederschlagsgeschehen
dann auf diese Gebiete konzentriert und sich nur ein sehr abgeschwächtes
Übergreifen auf die Alpennordseite abzeichnet. Dazwischen bringt kompensierendes
Absinken ein paar Auflockerungen zustande.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum verlagert sich von der Nordsee
her ein weiteres Cut-Off-Tief südwärts, wird von dem Tief über dem westlichen
Mittelmeer eingefangen und ergibt mit diesem einen Dipol. Das resultierende
System bewegt sich dann etwas nordwärts, wobei sich der Drehpunkt über dem
Alpenraum abzeichnet. An dessen Nordflanke wölbt sich ein breiter Keil auf, der
über Skandinavien hinweg bis ins Nordmeer reicht. Durch diesen wird die
Entwicklung eines kräftigen Hochs (mit mehr als 1040 hPa) gestützt. Diese
Situation dürfte sich als relativ stabil erweisen. Aufgrund der Nähe zum
Höhentief dauert der wechselhafte Wettercharakter, wenn auch mit abnehmender
Niederschlagstendenz, an.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Bereits ab Freitag ergeben sich Unterschiede zwischen den einzelnen
Modellläufen. Die Schleifzone, die nach dem aktuellsten Lauf über der Mitte
Deutschland liegen soll, wurde von den beiden gestrigen Modellläufen über der
Nordsee simuliert. Auch beim Übergreifen der Kaltfront nach Osten zeigt der
aktuellste Lauf die „schnellste“ Version, so dass bereits am Samstag von einem
landesweiten Temperaturrückgang auszugehen ist. Eine Sturmlage, wie sie in der
Nacht zum Sonntag noch der gestrige 00 UTC-Lauf für den Nordwesten und Norden
Deutschlands im Programm habe, ist nun nicht mehr erkennbar. Dagegen ist die
Vb-ähnliche Situation, wie die der aktuellste Modelllauf für Montag zeigt, bei
weiter zurückliegenden Modellrechnungen nicht zu finden. Ansonsten ergibt sich
hinsichtlich der synoptischen Strukturen ein weitgehend ähnliches Bild.
Von einer Konsistenz kann ab Dienstag keine Rede mehr sein. Jeder Modelllauf
zeigt ein anderes Szenario, so dass sich auch und erst recht für den erweiterten
mittelfristigen Vorhersagezeitraum kein klares Bild ergibt. Dort, wo sich nach
dem aktuellsten Lauf ein Keil aufwölbt, lag sich nach dem gestrigen 00 UTC-Lauf
ein langgestreckter Trog. Letzterer hatte den Keil wesentlich schmaler und mehr
als 1000 km weiter westlich zustande gebracht.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Bis einschließlich Samstag folgen die verfügbaren Modelle weitgehend dem oben
beschriebenen Szenario. Prognoserelevante Unterschiede lassen sich bis dahin
nicht ableiten. In der Nacht zum Sonntag ergibt sich nach ICON im Nordwesten
Deutschlands eine Sturmlage. Dieses Szenario ist mit dem des gestrigen 00
UTC-Laufes des EZMW vergleichbar. Die anderen Modelle stützen diese Version
nicht.
Am Sonntag folgt ICON der Version des EZMW (mit dem austropfenden Trog), wogegen
sich nach GFS und nach dem Modell des kanadischen Wetterdienstes kein
Austropfprozess abzeichnet. Durchweg kommt südlich der Alpen erneut eine heftige
Zyklogenese in Gang, was heftige Niederschläge im westlichen Mittelmeerraum und
auf der Alpensüdseite zur Folge haben dürfte.
Hinsichtlich der Vb-ähnlichen Situation am Montag zeigen sich wieder größere
Unterschiede. Von ICON wird eine derartige Lage nur angedeutet, GFS und auch das
kanadische Modell lassen dieses Tief über Ostpolen nach Norden ziehen, so dass
Deutschland von den Aufgleitniederschlägen an der Westflanke dieses Tiefs nicht
tangiert wäre.
Am Dienstag lassen ICON, das kanadische Model und auch GFS das Höhentief über
der Nordsee (das nach ICON ebenfalls eine dipolartige Struktur aufweist) rascher
nach Süden vorstoßen als EZMW.
Ein komplett unterschiedliches Bild ergibt sich für den erweiterten
mittelfristigen Vorhersagezeitraum. Im Gegensatz zur oben beschriebenen
Entwicklung lassen die beiden amerikanischen Modelle einen breiten Trog von
Mitteleuropa ostwärts bis in den westlichen Schwarzmeerraum hinein übergreifen.
Nachfolgend wölbt sich ein Rücken auf, der ein ausgedehntes Bodenhoch mit
Schwerpunkt über dem südöstlichen Mitteleuropa stützt. Demnach würde sich von
Südwesten und Westen her ein allmählicher Temperaturanstieg abzeichnen.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Das EPS des GFS stützt eher die oben beschriebene Version des EZMW als den
hauseigenen deterministischen Lauf. Anhand des EPS-Mittels zeichnet sich über
Nordeuropa eine positive Anomalie des Geopotentials 500 hPa ab, wodurch die
Bildung eines Bodenhochs über Nordeuropa angedeutet wird. Hinsichtlich der
850-er Temperaturen ergibt sich über Mitteleuropa eine negative Anomalie. Der
Spread des Ensembles ist relativ gering. Erst zum Ende des erweiterten
mittelfristigen Vorhersagezeitraumes hin divergieren die Einzelläufe.
Das EPS des EZMW folgt in der übergroßen Mehrzahl seiner Lösungen dem
deterministischen Lauf. Anhand der Clusterung lässt sich keine Struktur finden,
die die Version der amerikanischen Modelle stützt. Mehr als zwei Drittel der
Einzellösungen zeigen Signale für das Zustandekommen einer Blockierung über
Fennoskandien. Dabei ist der Spread bis weit in den erweiterten mittelfristigen
Vorhersagezeitraum hinein nur gering. Ein Temperaturanstieg, der erwähnenswert
wäre, zeichnet sich erst weit in der zweiten Wochenhälfte der kommenden Woche
ab.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Am Freitag werden schwache Signale für Dauerregen gezeigt, der am ehesten in den
Staulagen der Mittelgebirge vorstellbar ist. Am Samstag erfolgt eine
Gradientzunahme, aber für markant zu bewarnende Böen sollte es nur an der
Nordsee sowie auf höheren Berggipfeln reichen. Mit der Annäherung des Troges
können sich im Nordwesten und Westen einzelne kurze Gewitter entwickeln. Diese
dürften am Sonntag auch auf Teile der Mitte übergreifen.
Am Montag besteht im Verbindung mit der oben beschriebenen Vb-artigen
Entwicklung im Nordosten und in Teilen der Mitte gebietsweise die Gefahr von
Dauerregen. In Staulagen können unwetterartige Niederschlagssummen nicht
ausgeschlossen werden. Außerdem können auf exponierten Berggipfeln Böen bis
Sturmstärke auftreten.

Basis für Mittelfristvorhersage
EPS(EZMW)

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Thomas Schumann