S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 27.09.2020 um 10.30 UTC

Zunächst Zwischenhoch, ab Donnerstag von Westen her Zunahme des zyklonalen
Charakters mit zeit- und gebietsweise auftretenden Regenfällen. Regional
begrenzt Stark- oder Dauerregen nicht ausgeschlossen. Am Samstag an den Alpen
Föhnlage.

Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 04.10.2020

Mittwoch … wird der über Südwestdeutschland befindliche, wenig amplifizierte
Rücken leicht abgebaut, die Achsenlage verändert sich aber kaum. Damit ist auch
die Brückensituation zwischen Südwesteuropa und der Ostsee weiterhin gegeben.
Bodennah positioniert sich ein Zwischenhoch über Süddeutschland, das zum
Mittagstermin einen Schwerpunktsdruck von etwas über 1015 hPa aufweist. Die
Luftmasse erwärmt sich im Vergleich zum Vortag etwas und weist im Norden in 850
hPa etwa 5 Grad auf, an den Alpen sind es knapp 10 Grad. Damit steht ein meist
ruhiger, wolkig bis stark bewölkter Tag ins Haus, wobei die Sonnenanteile an der
Ostsee sowie im äußersten Südwesten noch am höchsten sind. Gebietsweise kann es
auch noch etwas regnen, die Verbreitung des Niederschlags geht aber im Vergleich
zum Vortag deutlich zurück. In der Nacht zum Donnerstag weitet sich ein
markanter Trog über dem Nordostatlantik deutlich nach Süden in Richtung Bretagne
aus und die dazugehörende Kaltfront eines Tiefs über dem Europäischen Nordmeer
erreicht bereits Benelux. Im äußersten Westen sind daher erste Regentropfen
möglich, sonst verläuft die Nacht meist trocken und teils auch klar.
Gebietsweise bildet sich Nebel oder Hochnebel. Erwähnenswert sind außerdem aus
einer leichten Gradientverschärfung heraus resultierende starke Böen an der
Nordsee.

Donnerstag … verlagert sich die erwähnte Kaltfront mangels Progressivität des
Troges nur langsam ostwärts und erreicht daher erst in der Nacht zum Freitag die
östlichen Landesteile. Tagsüber beschränken sich leichte bis mäßige Regenfälle
auf den Westen und den Südwesten des Bundesgebiets. An den Alpen und im
angrenzenden Vorland sind aus den Temperaturfeldern heraus leichte
Überströmungseffekte erkennbar, für eine Föhnlage reicht es aufgrund des
fehlenden Druckgradienten aber nicht. Die Temperaturprognose zeigt ein paar
wenige Grad mehr als am Vortag, stellenweise sind auch um oder etwas über 20
Grad möglich (Leipziger Tieflandsbucht, Salzach). In der Nacht zum Freitag
schwächen sich zwar die frontal geprägten Regenfälle auf dem Weg nach Osten ab,
auf den Südwesten greift aber durch einen Randtrog induzierter Regen von
Frankreich her über. Ab diesem Zeitpunkt steigen die Modellunterschiede deutlich
an, denn ICON lässt die Strömung nun zunehmend auf Süd bis Südwest aufsteilen.
Die Überschreitung von Dauer- oder Starkregenwarnschwellen sind bis dahin
unwahrscheinlich. Auf den Bergen frischt der Wind generell etwas auf mit teils
stürmischen Böen aus Südwest.

Freitag … wird die im Südosten Bayerns lagernde Kaltfront durch den erwähnten
Randtrog wieder aktiviert, demzufolge sich die Niederschlagstätigkeit dort etwas
erhöht. Die postfrontalen Gebiete befinden sich im Randbereich des Troges über
den Britischen Inseln. Der wechselhafte Charakter des Tages wird außerdem durch
die der Jahreszeit entsprechenden Temperaturen (um 15 bis 19 Grad) abgerundet.
Auch der Wind bleibt zeit- und gebietsweise ein Thema, vor allem im Bergland
sowie an der Nordsee sind starke bis stürmische Böen wahrscheinlich. Am Abend
und der Nacht zum Samstag sollte der Blick aber in Richtung nahen Ostatlantik
und Frankreich gerichtet werden. Dort vertieft sich ein an einen weiteren
Randtrog des vorhin erwähnten Haupttroges über den Britischen Inseln gekoppeltes
Bodentief rasch (entwicklungsgünstige Umgebung) und erreicht zum
Mitternachtstermin über dem Ärmelkanal einen Kerndruck von unter 970 hPa. Die
Strömung über Deutschland dreht damit auf Süd bis Südwest, verbunden ist
außerdem kräftige WLA im Süden des Landes. Direkt an den Alpen kann bereits Föhn
einsetzen, wenngleich ein Föhndurchbruch in die Täler noch unwahrscheinlich ist.
Die Nacht verläuft in weiten Teilen des Landes trocken, nur der äußerste Westen
gelangt bereits in den zyklonalen Einflussbereich.

Samstag … wird die Ostverlagerung des Tiefs aufgrund des Abtropfens des
Haupttroges deutlich verlangsamt bzw. gestoppt. In weiterer Folge wird das
Bodentief um den Kern des Höhentiefs herumgeführt und erreicht zum Mittagstermin
die englischen Regionen. Aufgrund der fehlenden Ostverlagerung des Troges
verbleibt Deutschland in der Süd- bis Südwestströmung, wobei die Kaltfront des
Bodentiefs die westlichen Landesteile tangiert. In der Nacht zum Sonntag
erreicht die Kaltfront den Osten und Südosten, damit bricht der Föhn an den
Alpen zusammen. Der Wind spielt im Wesentlichen an der Küste mit starken, auf
den Mittelgebirgsgipfeln mit stürmischen Böen eine Rolle. Auf den Alpengipfeln
schwere Sturmböen, in den Tälern starke bis stürmische Böen.

Sonntag … greift der das fast vollständig abgetropfte, sehr umfangreiche
Höhentief vollständig auf West- und große Teile Mitteleuropas über. Die
präfrontal vorhandene sehr warme Luftmasse wird damit wieder durch deutlich
frischere Meeresluft ersetzt. Nach Abzug der frontal induzierten Niederschläge
im Osten und Südosten kommt es noch zu einzelnen Schauern, sonst gibt es einen
trockenen Wechsel aus vielen Wolken und etwas Sonne bei Temperaturen um 15 Grad.
Der Wind spielt weiterhin nur an der Nordsee und auf den Berggipfeln eine
erwähnenswerte Rolle.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Am Beginn des mittelfristigen Vorhersagezeitraums am Mittwoch manifestiert sich
der leichte Zwischenhocheinfluss bzw. die Brückensituation. Am Donnerstag zeigen
sich im zeitlichen Ablauf Änderungen, denn die Kaltfront erreicht nun in den
Vormittagsstunden erst die westlichsten Regionen Deutschlands (Vorläufe waren
deutlich progressiver). Die abnehmende Konsistenz an den Folgetagen basiert vor
allem auf dem zeitlichen Ablauf und der Stärke der Zyklogenese auf dem Atlantik
und dem Verhalten des Haupttroges bei den Britischen Inseln. Aus aktueller Sicht
verzögert sich die Tiefentwicklung etwas und die Zugbahn ist außerdem etwas
südlicher und die Ostverlagerung bereits über dem Ärmelkanal gestoppt – im
gestrigen Mittagslauf zog das Tief immerhin auf die Nordsee. Demzufolge ist die
Süd- bis Südwestlage für weite Teile des Landes wahrscheinlicher geworden.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Bis inklusive Donnerstag sind die großräumigen synoptischen Muster in den
zentralen Globalmodellen weitestgehend ähnlich wiederzufinden. Bei ICON wird
anschließend die Zyklogenese auf dem Atlantik deutlich früher gerechnet als bei
EZMW. In weiterer Folge zieht das Tief auch nicht in den Ärmelkanal, sondern
schwenkt schon über Cornwall in Richtung Norden (korrespondierend mit dem
Höhentief). Dies hätte für Deutschland eine deutlich schnellere Umstellung auf
Süd bis Südwest zur Folge, die auch länger anhalten könnte – der Frontdurchgang
würde ausbleiben. Ab Freitag steigen die Unsicherheiten damit deutlich an.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

EPS:
Die Unsicherheiten in der Konsistenzanalyse von EZMW spiegeln sich auch bei den
Analysen der Rauchfahnen wieder. Am Mittwoch und teilweise auch noch am
Donnerstag sind die Verläufe der Temperatur und des Geopotentials nur wenig
gestreut. Ab Freitag steigen dann die Unsicherheiten deutlich an. Herauszulesen
ist ein Auf und Ab der Temperatur und ein tendenziell abnehmendes Geopotential.
Die mit den Frontdurchgängen in Verbindung stehenden Niederschläge weisen
ebenfalls – vor allem in der Stärke – einen größeren Streuungsbereich auf.
Zusammengefasst wird es in der Mittelfrist im Süden an einigen Tagen relativ
warme Tage geben, im Norden bleibt es im Allgemeinen der Jahreszeit entsprechend
temperiert.

CLUSTER:
+120h … +168h: Es liegen fünf Cluster vor, wobei vier dem Strömungsmuster
„Negative NAO“ zugeordnet werden, eines weist zeitweise „Blocking“ auf. In allen
Cluster zeigt sich der markante und wetterbestimmende Trog bzw. das Höhentief
über Nordwesteuropa. Die Unsicherheiten sind vor allem in dessen Ausdehnung nach
Osten und der Orientierung der Achsen zu finden. Eine kurze, aber kräftige Süd-
bis Südweströmung erscheint wahrscheinlich, wobei dabei im Westen der zyklonale
Einfluss überwiegt.

+192h … +240h: Die Clusteranzahl reduziert sich auf eins (alle „negative
NAO“). Die Wetterlage Trog Westeuropa scheint sich zu etablieren, wobei im
Westen leicht zyklonaler Charakter erwartet wird. Der Südosten würden dagegen
durch die Überströmung der Alpen geprägt sein.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

DAUER-/STARKREGEN:
Aus der Probabilistik heraus ergibt sich wenig Potential für signifikante
Niederschlagsereignisse. In Kombination mit der Deterministik können am
Donnerstag dezente Hinweise auf 6-stündigen Starkregen im Westen und Nordwesten
abgeschätzt werden. Am Freitag ist im Südosten 12-stündiger Dauerregen nicht
ganz ausgeschlossen. Am Samstag verlagert sich das Dauerregenpotential in den
Südschwarzwald (mehr als 30 l/qm in 24 Stunden, gering wahrscheinlich).

WIND:
Am Donnerstag und Freitag in den Kammlagen der Mittelgebirge Sturmböen (Bft 9),
auf den Alpengipfeln in der Nacht zum Samstag zunehmend schwere Sturmböen (Bft
10). Am Samstag in den Hochlagen der Alpen weiterhin schwere Sturmböen (Bft 10),
in den Föhntälern starke bis stürmische Böen (Bft 7 bis 8).

Basis für Mittelfristvorhersage
EZMW-EPS, MOS-Mix

VBZ Offenbach / Mag.rer.nat. Florian Bilgeri