SXEU31 DWAV 251800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 25.09.2020 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
Im süddeutschen Bergland Dauerregen, im Allgäu und im Schwarzwald teils
unwetterartig, dort bis in den Montag hinein anhaltend. Im Erzgebirgsraum und in
der Lausitz am Samstag wahrscheinlich ebenfalls Dauerregen. In den Alpen
oberhalb 1500, in der Nacht zum Samstag und auch am Samstag oberhalb etwa 1000
bis 1200 m erste kräftige Schneefälle.
Im Südwesten und in Alpennähe in der Nacht zum Samstag in Berglagen aufkommend
stürmische Böen. Dort auch am Samstag windig mit Sturmböen Bft 8/9 auf höheren
Berggipfeln. Am Sonntag und in der Nacht zum Montag nur noch auf exponierten
Gipfeln Sturmböen Bft 8/9.
Am Montag dann im Südwesten wieder vermehrt Niederschläge, in Staulagen nur
Südwestdeutschlands mit geringer Wahrscheinlichkeit erneut Dauerregen. Außerdem
erneut auffrischender Wind, im westlichen und südwestdeutschen Bergland mit
Sturmböen Bft 8/9.

Synoptische Entwicklung bis Montag 12 UTC

Aktuell … liegt Deutschland unter der Vorderseite eines Langwellentroges, der
sich vom Raum Ostgrönland über die westliche Nordsee und die Benelux-Staaten bis
ins westliche Mittelmeer erstreckt und austropft. Das sich hierdurch südlich der
Alpen entwickelnde Tief bildet sich auch zusehends in höheren
Troposphärenschichten ab, so dass sich mit dem über Benelux liegenden Tief eine
dipolartige Struktur ergibt. Bedingt durch diese Struktur bleibt über dem
Vorhersagegebiet eine südliche, auf Südost drehende Strömung bestehen.
Das im Grenzbereich zur Subtropikluft liegende Bodentief wird von Südschweden
nordwestwärts gesteuert, so dass die rückseitig im Nordosten Deutschlands
auftretenden Niederschläge zur Ostsee abziehen.
Abgesehen davon lässt Hebung, die zum einen durch die Orografie und zum anderen
durch den über Südeuropa liegenden Kern des Höhentiefkomplexes bedingt ist, die
Dauerregensituation an den Alpen andauern. Bis in den Samstag hinein können in
Staulagen (Allgäu) aufsummiert seit Donnerstag mehr als 100 mm zusammenkommen.
Dabei setzt sich bis über die Alpen hinweg Polarluft durch, im 850 hPa-Niveau
sinkt die Temperatur auf nahe null Grad, was in der Nacht zum Samstag die
Schneefallgrenze in den Alpen auf Lagen zwischen 1200 und 1000 m absinken lässt.
Oberhalb davon sind 10 bis 20, in Staulagen auch um 40 cm Schnee zu erwarten.
Ansonsten macht sich das mit dem nördlichen Höhentiefkern korrespondierende
Bodentief bemerkbar. Hierdurch treten im Westen und Südwesten Deutschlands in
freien Lagen Windböen und im Bergland Sturmböen Bft 8/9 auf.
In der Nacht zum Samstag verlagert sich der nördliche Kern des Dipols in den
Westen Deutschlands und der südlichere Kern zur nördlichen Adria. Letzterer
bringt eine erneute Zyklogenese in Gang. Auch dieses im Grenzbereich zur
Subtropikluft liegende Tief wird nach Nord-Nordwest gesteuert, wobei dieses Tief
eine östlichere Zugbahn einschlägt als das vorherige Tief und über die Beskiden
hinweg nordwärts gesteuert wird. Daher sollten die Aufgleitniederschläge auf der
Rückseite dieses Tiefs den Osten Deutschlands erfassen, ohne vorerst
warnrelevant zu werden.
Das mit dem nördlichen Höhentiefkern korrespondierende Bodentief wird unter
beginnender Auffüllung vom Westen ein wenig südostwärts gesteuert. An dessen
West- und Südflanke bleibt ein kräftiger Gradient bestehen, so dass in freien
Lagen Südwestdeutschlands Windböen und im Bergland Sturmböen Bft 8/9 zustande
kommen.

Samstag … verlagert sich der nördliche Kern des Höhentiefkomplexes in den
Alpenraum und bezieht den südlich der Alpen liegenden Kern wieder in seine
Zirkulation mit ein. Die Folge ist eine komplizierte Struktur, bestehend aus
einem Höhentief, das von mehreren Trögen umlaufen wird und die bei jedem Modell
bzw. Modelllauf etwas anders aussieht. Das macht eine regional detaillierte
Prognose nahezu unmöglich.
Die zuvor beschriebene Doppelstruktur ist in unteren Troposphärenschichten noch
zu finden. Als gemeinsamer Nenner lässt sich bei aller Unsicherheit jedoch
herausarbeiten, dass das „neue“ Tief, das weiter östlich angesetzt hat, einen
Nordwestkurs einschlägt und damit bis Samstagabend auf den Nordosten
Deutschlands übergreift. An dessen Nordflanke, d.h. an der Küste, wird der Wind
in Form von Wind- und stürmischen Böen bis Bft 8 auch wieder warnrelevant. Zudem
hat dies in den nordöstlichen und vielleicht auch in den mittleren Landesteilen
kräftigere Niederschläge (ganz im Nordosten möglicherweise sogar mit
Warmlufteinschubgewittern) zur Folge. Ansonsten bleibt die Schichtung stabil, so
dass es sich um skalige Niederschläge handeln dürfte. In welcher Region dann die
Schwellenwerte für Dauerregen überschritten werden oder ob gar unwetterartige
Regenmengen zustande kommen, ist noch unsicher. Von Seiten der Probabilistik
können von warnrelevanten Niederschlagsmengen auch die mittleren Teile
Deutschlands betroffen sein. Aus synoptischen Überlegungen heraus wären
derartige Niederschlagssummen im Erzgebirgsraum und in der Lausitz am
wahrscheinlichsten, so dass für diese Gebiete eine Dauerregenwarnung angebracht
wäre.
Warnrelevante Niederschläge kommen ansonsten auch in den südwestdeutschen
Mittelgebirgen und an den Alpen zusammen, so dass die dort laufenden Warnungen
(teils Unwetterwarnungen) weiterhin Bestand haben. Die Schneefallgrenze an den
Alpen dürfte tagsüber kaum ansteigen. Zudem bleibt im Süden und ganz im Westen
ein kräftiger Gradient bestehen, so dass in diesen Gebieten in freien Lagen
weiterhin Windböen, im Bergland und in Alpennähe (Leitplankeneffekt) stürmische
Böen und exponiert Böen bis Sturmstärke auftreten.
Einige wenige Wolkenlücken zeichnen sich nur ganz im Nordwesten ab, ansonsten
hält sich geschlossene Bewölkung. Mit Tageshöchsttemperaturen zwischen 8 und 14
Grad bleibt es kühl. Nur im äußersten Nordwesten (bei Auflockerungen) und in
Küstennähe werden bis 16 Grad erreicht.
In der Nacht zum Sonntag verlagert sich der gesamte Höhentiefkomplex nur wenig
nach Süden. Das steuernde Tief liegt nach wie vor über dem südlichen Alpenraum
und wird von mehreren Tiefs, die in der oberen Troposphäre als Tröge in
Erscheinung treten, umrundet. Das nördlichere dieser Tiefs wird vom Nordosten
Deutschlands in den Nordwesten gesteuert und beschert den westlichen
Landesteilen Niederschläge. An den Alpen lassen dann wahrscheinlich die
Niederschläge weitgehend nach oder sind zumindest nicht mehr warnrelevant, so
dass (falls diese Entwicklung eintritt) die bestehenden Warnungen nicht weiter
verlängert werden müssen. Bedingt durch die Verlagerung dieses Tiefs in den
Nordwesten Deutschlands flaut der Wind an der Küste ab. In höheren Berglagen der
zentralen sowie der süd- und südwestdeutschen Mittelgebirge treten aber nach wie
vor stürmische und exponiert Sturmböen auf.
Der aus dem über dem Alpenraum liegenden Höhentiefkomplex ausgehende, nach Osten
gerichtete Trog generiert erneut ein Bodentief, das sich unter Einbeziehung der
weiter im Osten noch vorhandenen Subtropikluft über Ostpolen intensiviert.
Hierdurch greifen zunächst wahrscheinlich noch kaum erneute Niederschläge auf
den Osten Deutschlands über. Auch der nach Südwesten reichende Trog bringt eine
Zyklogenese zustande, die über dem Golf von Genua erfolgt, die aber für unser
Wettergeschehen ohne Bedeutung ist.

Sonntag … hält sich der mit Kern knapp südlich der Zentralalpen liegende
Höhentiefkomplex und setzt seine zyklonale Rotationsbewegung fort. Während das
Bodentief vom Nordwesten Deutschlands dann zu den Benelux-Staaten gesteuert
wird, ist die Verlagerung des von Polen westwärts ziehenden Bodentiefs noch
unsicher. Während ICON eine Verlagerung nach Mecklenburg-Vorpommern (als
Tiefdruckrinne) annimmt, was Niederschläge im Norden und Nordosten Deutschlands
ergeben würde, lassen EZMW und auch GFS dieses Tief (und damit auch die
einhergehenden Niederschläge) nicht so rasch nach Osten vorankommen. Neben dem
Niederschlag ist von der Zugbahn dieses Tiefs auch die Windentwicklung abhängig.
An der Ostsee würden sich dann auch wieder Wind- und stürmische Böen ergeben.
Nach wie vor hält sich nahezu überall eine weitgehend geschlossene Wolkendecke.
Ein paar Auflockerungen kommen lediglich im Südosten zustande. Da um diesen
Höhentiefkomplex herum Warmluft nach Westen geführt wird, erfolgt im Norden und
Nordwesten ein Temperaturanstieg bis 18 Grad. Ansonsten bewegen sich die
Temperaturen zwischen 10 und 16 Grad. Bei länger andauerndem Regen vor allem im
Bergland werden kaum mehr als 8 Grad erreicht.
In der Nacht zum Montag verlagert sich der gesamte Höhentiefkomplex ein wenig
nach Osten. Nach wie vor ergibt sich eine sehr unsymmetrische Struktur. Für
unser Wettergeschehen relevant ist hierbei der von diesem Höhentiefkomplex
ausgehende, nach Polen reichende Trog. Das mit diesem Trog korrespondierende
Bodentief wird nach Südwesten gesteuert und erreicht nach ICON bis Montagfrüh
die „nördliche Mitte“, nach EZMW die Altmark und nach GFS den Berliner Raum.
Entsprechend weiten sich die Niederschläge, wahrscheinlich ohne warnrelevant zu
werden, mehr oder weniger rasch vom Nordosten Deutschlands über Sachsen-Anhalt,
das südliche Niedersachsen und NRW bis in den Westen Deutschlands aus.
Übereinstimmend weitgehend niederschlagsfrei bleibt es dagegen im Nordwesten und
im Küstenbereich sowie im Südosten Deutschlands.
An der Südwest- und Südflanke des Bodentiefs frischt der Wind auch wieder auf.
Warnrelevante Böen sind wahrscheinlich auf höhere Berglagen in Form von
Sturmböen Bft 8/9 beschränkt.

Montag … verlagert sich der Höhentiefkomplex, der zusehends eine senkrechte
Achsenneigung annimmt, allmählich in den Raum Riesengebirge bzw.
Altvatergebirge. Hieraus ergibt sich über dem Vorhersagegebiet eine nördliche
zyklonale Strömung. Das korrespondierende Bodentief beginnt sich über dem Norden
Deutschlands aufzufüllen, was relativ rasch (nach ICON) und eher verzögert und
weiter im Nordosten (nach EZMW bzw. GFS) vonstattengeht. Mit diesem Tief lässt
ICON zwar im Südwesten noch einmal kräftige Niederschläge in Form von Dauerregen
(im südwestdeutschen Bergland sogar bis in den Unwetterbereich hinein)
aufkommen, andere Modelle sind hier zurückhaltender und belassen die
Niederschläge (die vom zentralen Mittelgebirgsraum auf weite Teile West- und
Süddeutschlands übergreifen sollen) deutlich unterhalb der Warnschwelle.
Abgesehen von ICON-EU EPS werden warnrelevante Niederschlagssummen auch von der
Probabilistik nicht gestützt.
An der West- und Südflanke dieses Tiefs frischt der Wind erneut auf, so dass in
freien Lagen im Westen und Südwesten sowie bedingt durch den Leitplankeneffekt
auch am Alpenrand Windböen und im Bergland Sturmböen Bft 8/9 aufkommen.
Auflockerungen sind im Küstenbereich sowie im Osten und Südosten am
wahrscheinlichsten. Über dem weitaus größten Teil Deutschlands zeichnen sich
kaum Wolkenlücken ab. Mit Tageshöchsttemperaturen zwischen 12 und 18 Grad ist es
dabei nicht mehr ganz so kühl wie am Wochenende.

Modellvergleich und -einschätzung

Die vorliegenden Modelle stützen nur zu Beginn des Vorhersagezeitraumes
weitgehend die oben beschriebene Entwicklung. Danach ergeben sich teils größere
und bis Montag weiter zunehmende Unterschiede, auf die bereits weiter oben
hingewiesen wurde.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann