SXEU31 DWAV SYNOPTISCHE UEBERSICHT KURZFRIST
SXEU31 DWAV 241800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 24.09.2020 um 18 UTC
Markante Wettererscheinungen:
Von Südwesten in der Nacht bis in die Mitte danach auf den Nordosten
übergreifend Gewitter, in teils gewittrigen Starkregen übergehend. In Alpennähe
und im Schwarzwald einsetzender, teils ergiebiger Dauerregen (Unwetter), im
Bayerischen Wald ebenfalls Dauerregen. Ansonsten auf höheren Berggipfeln und
anfangs auch an der Nordsee Sturmböen Bft 8/9.
Am Freitag im Nordosten und ganz im Osten mit Gewittern durchsetzter Starkregen.
In Alpennähe, im Bayerischen Wald und im Schwarzwald weiterhin Dauerregen, in
Staulagen teils unwetterartig und bis in den Samstag hinein andauernd. In den
Alpen oberhalb 1500, in der Nacht zum Samstag oberhalb etwa 1200 m erste
kräftige Schneefälle.
Im Südwesten und Westen in Berglagen aufkommend stürmische Böen. Dort auch am
Samstag und Sonntag zeitweise windig mit Sturmböen Bft 8/9 auf höheren
Berggipfeln und zusätzlich am Alpenrand einsetzend.
Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC
Aktuell … liegt Deutschland unter der Vorderseite eines langgestreckten, von
Ostgrönland über die Britischen Inseln hinweg bis zur Iberischen Halbinsel
reichenden Troges. Dieser tropft bis Freitagfrüh aus, wobei das Cut-Off-Tief
über dem Ostausgang des Ärmelkanals zu liegen kommt. Mit einer steilen
südwestlichen Strömung gelangt in die östlichen und südlichen Landesteile noch
Subtropikluft, wogegen ansonsten bereits mäßig warme Meeresluft eingeflossen
ist. Die Kaltfront, die beide Luftmassen trennt, ist derzeit inaktiv. In den
wetterbestimmenden Trog sind zwei Tief eingelagert. Das nördlichere verlagert
sich entlang der norwegischen Küste nach Nordosten, das zweite Tief wird über
die Britischen Inseln hinweg unter leichter Intensivierung in die westliche
Nordsee gesteuert. Zwischen beiden Tiefs dämpft kompensierendes Absinken die
Wetterwirksamkeit der diagonal über Deutschland liegenden Kaltfront.
Bedingt durch die aufsteilende Strömung erfolgte an der Kaltfront über
Ostfrankreich die Bildung einer Welle. Ein Kurzwellentrog, der das Cut-Off-Tief
umläuft und den Westen Deutschlands streift, aktiviert die durch die Welle
rückläufig werdende Kaltfront. Zudem wird im Laufe der Nacht durch diesen
Kurzwellentrog eine schwache Zyklogenese induziert. Hierdurch löst sich vom
östlichen Alpennordrand ein flaches Tief und wird bis Freitagfrüh in die Lausitz
gesteuert. Dieses Tief steuert die entsprechende Hebung bei.
Von Südwesten her setzt durch diese Welle von Gewittern durchsetzter Regen ein;
auch Starkregen ist nicht auszuschließen, wobei dann das 6-std. Kriterium zum
Tragen käme. In der ersten Nachthälfte erfassen diese Niederschläge die
mittleren Landesteile, bis Freitagfrüh dann auch den Nordosten und Osten, wobei
weiterhin die Gefahr von Starkregen besteht. Die Schichtung ist bis Freitagfrüh
hinreichend labil, so dass diese Niederschläge vor allem an der warmen Seite des
Niederschlagsbandes von Gewittern begleitet sein können. Aufgrund der
niedertroposphärisch vorhandenen Scherung können auch organisiertere Strukturen
hochreichender Konvektion auftreten.
Auf der Rückseite des sich vom östlichen Alpenrand lösenden Tiefs setzt an den
Alpen und auch im Schwarzwald Dauerregen ein, der bis in den Samstag hinein
anhält und in Staulagen unwetterartige Niederschlagsmengen ergeben wird.
Zwischen den beiden, oben beschriebenen Tiefs ist es recht gradientschwach, so
dass warnrelevante Böen vorerst auf exponierte Berggipfel beschränkt bleiben.
Freitag … weitet sich der Trog, der von dem sich zu den Benelux-Staaten
verlagernden Cut-Off-Tief ausgeht, bis ins westliche Mittelmeer aus und
induziert südlich der Alpen eine Zyklogenese. Das sich dort entwickelnde Tief
bildet sich auch zusehends in höheren Troposphärenschichten ab, so dass sich mit
dem über Benelux liegenden Tief eine dipolartige Struktur ergibt. Bedingt durch
diese Struktur bleibt über dem Vorhersagegebiet eine südliche, leicht auf Südost
drehende Strömung bestehen.
Das im Grenzbereich zur Subtropikluft liegende Bodentief wird von der Lausitz
entlang der Oder nach Nord-Nordwest gesteuert und gelangt bis zum Abend unter
weiterer Intensivierung (bedingt durch die noch relativ warme Ostsee) nach
Südschweden. Mit diesem Tief verlagern sich die mit Gewittern durchsetzten
(Stark)niederschläge über den Nordosten Deutschlands hinweg in die Ostsee. Dabei
lassen sich sogar schwache Signale bis in den Unwetterbereich finden, was
aufgrund der synoptischen Situation durchaus plausibel ist.
Abgesehen davon lässt Hebung, die zum einen durch die Orografie und zum anderen
durch den über Südeuropa liegenden Kern des Höhentiefkomplexes bedingt ist, die
Dauerregensituation an den Alpen an. Bis in den Samstag hinein können in
Staulagen durchaus mehr als 100 mm zusammenkommen. Dabei setzt sich bis über die
Alpen hinweg Polarluft durch, im 850 hPa-Niveau sinkt die Temperatur auf nahe
null Grad, was die Schneefallgrenze in den Alpen auf Lagen um 1500 m absinken
lässt.
Im Laufe des Freitags macht sich das mit dem nördlicheren Höhentiefkern
korrespondierende Bodentief bemerkbar. Auch wenn dessen Verlagerung noch
unsicher ist, so kann doch im Westen und Südwesten Deutschlands von einer
Gradientzunahme ausgegangen werden, so dass dort in freien Lagen im Tagesverlauf
Windböen und im Bergland Sturmböen Bft 8/9 aufkommen.
Auflockerungen kommen am ehesten im Westen zustande, bedingt durch die Nähe zum
Trog ergibt sich dort eine leichte Durchmischung. Ansonsten hält sich
mehrschichtige und vielfach geschlossene Bewölkung. Die Höchsttemperaturen
erreichen nur noch 12 bis 17, in Gebieten mit länger andauerndem Regen kaum 10
Grad.
In der Nacht zum Samstag verlagert sich der nördliche Kern des Dipols in den
Westen Deutschlands und der südlichere Kern nach Kärnten. Letzterer bringt eine
erneute Zyklogenese in Gang. Auch dieses im Grenzbereich zur Subtropikluft
liegende Tief wird nach Nord-Nordwest gesteuert, wobei dieses Tief allerdings
eine ca. 250 km weiter östlich liegende Zugbahn einschlägt. Daher sollten die
Aufgleitniederschläge auf der Rückseite dieses Tiefs den Osten Deutschlands nur
noch streifen, wahrscheinlich aber ohne warnrelevant zu werden. Aufgrund der
dort stabilen Schichtung sind konvektive Umlagerungen unwahrscheinlich.
Das mit dem nördlichen Höhentiefkern korrespondierende Bodentief wird unter
beginnender Auffüllung vom Westen über das Rhein-Main-Gebiet südostwärts
gesteuert. An dessen West- und Südflanke bleibt ein kräftiger Gradient bestehen,
so dass in freien Lagen Südwestdeutschlands Windböen und im Bergland Sturmböen
Bft 8/9 zustande kommen. Mit den bis auf null Grad absinkenden Temperaturen
dürfte an den Alpen der Niederschlag bis in Lagen um etwa 1200 m in Schnee
übergehen. Da am Alpenrand, bedingt durch das schwache, über das
Rhein-Main-Gebiet südostwärts ziehende Tief ein kräftiger Gradient bestehen
bleibt, kommt in der unteren Troposphäre keine Isothermie zustande. Sonst würde
die Schneefallgrenze bis in Lagen um 1000 m absinken.
Samstag … verlagert sich der nördlichere, kräftigere Kern des
Höhentiefkomplexes in die Mitte Deutschlands und bezieht den südlich der Alpen
liegenden Kern wieder in seine Zirkulation mit ein. Die zuvor beschriebene
Doppelstruktur ist nur noch in unteren Troposphärenschichten zu finden, wogegen
im 300 hPa-Niveau ein Kern über dem zentralen Alpenraum zu finden ist, der von
mehreren Trögen umlaufen wird. Diese komplizierte Struktur, die bei jedem Modell
bzw. Modelllauf etwas anders aussieht, macht eine regional detaillierte Prognose
nahezu unmöglich. Als gemeinsamer Nenner lässt sich jedoch herausarbeiten, dass
das „neue“ Tief, das ca. 250 km weiter östlich angesetzt hat, einen Nordwestkurs
einschlägt und damit bis Samstagabend auf den Nordosten Deutschlands übergreift.
An dessen Nordflanke, d.h. an der Küste, wird der Wind in Form von Wind- und
stürmischen Böen bis Bft 8 auch wieder warnrelevant. Zudem hat dies in den
nordöstlichen und vielleicht auch in den mittleren Landesteilen dann wieder
kräftigere Niederschläge (ganz im Nordosten möglicherweise sogar mit
Warmlufteinschubgewittern) zur Folge. Ansonsten bleibt die Schichtung stabil, so
dass es sich um skalige Niederschläge handeln dürfte. In welcher Region dann die
Schwellenwerte für Dauerregen überschritten werden oder ob gar unwetterartige
Regenmengen zustande kommen, ist noch unsicher. Von Seiten der Probabilistik
können von warnrelevanten Niederschlagsmengen auch die mittleren Teile
Deutschlands betroffen sein. Warnrelevante Niederschläge kommen unabhängig davon
auch in den südwestdeutschen Mittelgebirgen und an den Alpen zusammen, so dass
die dort laufenden Warnungen (teils Unwetterwarnungen) weiterhin Bestand haben.
Zudem bleibt im Süden und ganz im Westen ein kräftiger Gradient bestehen, so
dass in diesen Gebieten in freien Lagen weiterhin Windböen, im Bergland und in
Alpennähe (Leitplankeneffekt) stürmische Böen und exponiert Böen bis Sturmstärke
auftreten.
Einige wenige Wolkenlücken zeichnen sich nur ganz im Westen ab, ansonsten hält
sich geschlossene Bewölkung. Mit Tageshöchsttemperaturen zwischen 8 und 14 Grad
bleibt es kühl. Nur ganz im Westen (bei Auflockerungen) und in Küstennähe werden
bis 16 Grad erreicht.
In der Nacht zum Sonntag verlagert sich der gesamte Höhentiefkomplex, der
bereits zuvor ein Eigenleben begonnen hat, nur wenig nach Süden. Das steuernde
Tief liegt nach wie vor über dem südlichen Alpenraum und wird von mehreren
Tiefs, die in der oberen Troposphäre als Tröge in Erscheinung treten, umrundet.
Das nördlichere dieser Tiefs wird vom Nordosten Deutschlands in den Nordwesten
gesteuert und beschert den westlichen Landesteilen Niederschläge, die vor allem
in Staulagen auch warnrelevant werden können. An den Alpen lassen dann
wahrscheinlich die Niederschläge weitgehend nach oder sind zumindest nicht mehr
warnrelevant so dass (falls diese Entwicklung eintritt) die bestehenden
Warnungen nicht weiter verlängert werden müssen. Bedingt durch die Verlagerung
dieses Tiefs in den Nordwesten Deutschlands flaut der Wind an der Küste ab. In
höheren Berglagen der zentralen sowie der süd- und südwestdeutschen
Mittelgebirge treten aber nach wie vor stürmische und exponiert Sturmböen auf.
Der aus dem über dem Alpenraum liegende, nach Osten gerichtete Trog generiert
erneut ein Bodentief, das sich unter Einbeziehung der weiter im Osten noch
vorhandenen Subtropikluft über Polen intensiviert. Ob hierdurch erneut
Niederschläge auf den Osten Deutschlands übergreifen, ist noch unsicher. Auch
der nach Südwesten reichende Trog bringt eine Zyklogenese zustande, die über dem
Golf von Genua erfolgt, die aber für unser Wettergeschehen vorerst noch ohne
Bedeutung ist.
Sonntag … hält sich der über Mitteleuropa liegende Höhentiefkomplex und setzt
seine zyklonale Rotationsbewegung fort. Während das Bodentief vom Nordwesten
Deutschlands dann nach Ostfrankreich gesteuert wird und hierdurch die
Niederschläge vermehrt den Südwesten Deutschlands erfassen, ist die Verlagerung
des von Polen westwärts ziehenden Bodentiefs noch unsicher. Während ICON eine
Verlagerung knapp nördlich an Rügen vorbei nach Nordfriesland annimmt (was
Niederschläge im Norden Deutschlands ergeben würde), lassen EZMW und auch GFS
dieses Tief in Richtung Niederlausitz ziehen. Hierdurch würden Niederschläge
etwa von der Neiße auf die mittleren Regionen Deutschlands und später auf den
Westen übergreifen. Neben dem Niederschlag ist von der Zugbahn dieses Tiefs auch
die Windentwicklung abhängig. Nach EZMW würden sich demnach an der Ostsee Wind-
und stürmische Böen ergeben, nach ICON wären an der See die Böen nicht
warnrelevant. Übereinstimmend ist aber der weiterhin relativ kräftige Gradient
im Südwesten und im Süden Deutschlands, wonach dort in freien Lagen Windböen und
im Bergland Sturmböen Bft 8/9 zustande kommen.
Nach wie vor hält sich nahezu überall eine weitgehend geschlossene Wolkendecke.
Ein paar Auflockerungen kommen lediglich im Küstenbereich zustande. Da um diesen
Höhentiefkomplex herum Warmluft nach Westen geführt wird, erfolgt im Norden und
Nordwesten ein Temperaturanstieg auf Werte um 18, in Falle von Auflockerungen
bis 20 Grad. Ansonsten bewegen sich die Temperaturen zwischen 10 und 16 Grad.
Bei länger andauerndem Regen vor allem im Bergland werden kaum mehr als 8 Grad
erreicht.
Modellvergleich und -einschätzung
Die Vorhersagen sind für das Wochenende sehr unsicher, eine Regionalisierung
lässt sich für diesen Zeitraum kaum vornehmen. Auf die Besonderheiten der
einzelnen Modellprognosen ist bereits weiter oben hingewiesen worden.
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann