S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 02.09.2020 um 10.30 UTC

Zunächst leicht wechselhaft bei auf mäßig-warmes Niveau zurückgehenden
Temperaturen. Im Wochenverlauf „Altweibersommer“ möglich, aber unsicher.

Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 09.09.2020

Liegen wir zum Beginn des Mittelfristzeitraums am kommenden Samstag noch unter
dem Einfluss eines Langwellentrogs, so wird diese Situation im Laufe der
kommenden Woche zunächst in eine antizyklonale Westlage (WA) und nachfolgend in
eine Rücken-Konstellation überführt. Damit einhergehend findet sich die
Frontalzone nördlich von uns wieder und Hochdruckeinfluss kann bei uns
dominieren.

Am Samstag jedoch müssen wir uns erst noch mit dem Langwellentrog beschäftigen,
der vom Nordmeer ausgehend einen Bereich bis zu den Britischen Inseln und bis
zur Biskaya sowie bis in die Mitte Frankreichs, bis nach Deutschland, Polen, dem
Baltikum und bis nach Skandinavien einnimmt. Das Hauptdrehzentrum ist über der
nördlichen Nordsee angesiedelt, die Hauptachse kann knapp nordwestlich der
Britischen Inseln festgemacht werden. Das korrespondierende Bodentief ist mit
Schwerpunkt leicht südlich des Höhentiefkerns gelegen. Ausläufer davon
erstrecken sich über Skandinavien und Mitteleuropa bis zum Atlantik. Sie liegen
auch diagonal über Deutschland und trennen warme Luft südlich davon mit T850 hPa
von 10 bis 16 Grad von kühlerer Meeresluft mit T850 hPa von 3 bis 8 Grad
nördlich davon.

Bis zum Montag amplifiziert der Trog unter Verkürzung seiner Wellenlänge und
hängt unter Abtropftendenzen im Süden nach. Dadurch bekommt er eine positive
Achsneigung, wobei die Achse am Montagabend über Nord-Norwegen und dem
Bottnischen Meerbusen hinweg in Richtung Polen, Süddeutschland und bis zu den
Balearischen Inseln gerichtet ist. Die Ausläufer des Nordseetiefs werden dadurch
nach Osten und Südosten geführt, wobei sich das Frontensystem einem Tief über
der Barentssee anschließt und das Nordseetief sich auffüllt. So kann die kühlere
Meeresluft mit T850 hPa von 2 bis 6 Grad von Nordwesten her bis nach
Süddeutschland vordringen. Mit dem Abzug des Frontensystems und der
durchgehenden Achse des Troges setzt am Montag Druckanstieg ein.

Am Dienstag zieht der Trog nach Osten ab und hinterlässt ein Höhentief über dem
westlichen Mittelmeer. Gleichzeitig wölbt sich vom Atlantik ein Rücken in
Richtung Britischen Inseln auf. Er stützt die vom Atlantik bis nach Mitteleuropa
reichende Hochdruckbrücke. Der Norden allerdings wird von einem Frontensystem
eines neuen Tiefs über dem Nordmeer gestreift. Im Zuge dessen macht sich wieder
deutlich mildere Luft mit T850 hPa von 8 bis 12 Grad bei uns breit.

Am Mittwoch spannt sich der Rücken unter langsamer Progression über Mitteleuropa
auf, sodass der Hochdruckeinfluss sich bei uns mehr und mehr durchsetzt. Die
milde Luft erwärmt sich dabei noch ein wenig, in T850 hPa sind dann 9 bis 16
Grad zu erwarten.

In der erweiterten Mittelfrist ab Donnerstag schwenkt der Rücken bereits nach
Osten durch und ein neuer Trog nähert sich vom Nordostatlantik. Das zugehörige
Frontensystem soll uns aber erst zum übernächsten Wochenende hin erreichen. Was
hier so deutlich nach Wetter der Marke „Altweibersommer“ duftet, steht indes
aufgrund einer ziemlich deutlichen Modelländerung im neusten Lauf noch auf sehr
wackeligen Füßen.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Eine gute Konsistenz des heutigen 0 UTC-Laufs des EZMW zu seinen beiden
gestrigen Vorläufen ist nur bis zum Montag gegeben. Am Dienstag zeigte sich in
den gestrigen Läufen ein neuer Trog über den Britischen Inseln, der am Mittwoch
über Deutschland hinweggeschwenkt wäre und das zyklonale Geschehen weiter am
Leben gehalten hätte. Davon ist im jüngsten Lauf nicht mehr viel zu sehen.
Vielmehr rückt ein neuer Rücken in den Fokus, womit der Hochdruckeinfluss
zunehmend dominiert und die Temperaturen 6 bis 8 Kelvin höher liegen als gestern
noch vorhergesagt. Darüber hinaus wäre auch die erweiterte Mittelfrist nach
gestriger Modellierung eher zyklonal und kühler ausgefallen als mit dem 0
UTC-Lauf von heute.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

ICON macht beim EZMW-Spiel nur bis zum Montag mit. Am Dienstag und Mittwoch
dringen die Ausläufer des Nordmeertiefs bis in den Süden vor, sodass statt WA
eher WZ simuliert wird. Neben dem zyklonaleren Touch liegen die Temperaturen
dadurch rund 4 Kelvin niedriger als beim EZMW.
GFS mag auch nur bis zum Dienstag beim EZMW mitspielen. Am Mittwoch hat es einen
Trog über der Nordsee im Programm, dessen korrespondierendes Tief seine
schwachen Ausläufer von Nordwesten her über Deutschland hinweg ziehen lässt.
Diese würden aus Nordwesten kühlere Luft zu uns lenken, der Unterschied beträgt
zum Teil über 10 Kelvin. Darüber hinaus würden in Süddeutschland vom eher im
zentralen statt im westlichen Mittelmeer gelegenen Höhentief ausgehend
Niederschläge aus den Alpen heraus übergreifen. Es sei außerdem erwähnt, dass
die GFS-Lösung in diesem Zeitraum nahe an den Lösungen der gestrigen EZMW-Läufe
ist. Ab Donnerstag schlägt GFS dann aber auf den EZMW-Kurs mit dem Rücken und
dem Hochdruckeinfluss ein, gleichwohl bleibt die Temperaturdifferenz nahezu
erhalten.
GEM folgt der EZMW-Linie in weite Teilen, einzig die Temperatur soll etwa 2 bis
4 Kelvin niedriger liegen.
NAVGEM bleibt bis zum Ende seines Vorhersagezeitraums nahe an der EZMW-Lösung.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die Rauchfahnen des EZMW-Ensembles für verschiedene deutsche Städte quer über
Deutschland dokumentieren, dass der Kurswechsel ab Dienstag/Mittwoch mit dem
neuesten Lauf durch sich öffnende Streuungen und daher deutlich nachlassender
Prognosegüte quittiert wird. Beim Geopot 500 hPa gibt es dann einige Ausreißer
nach unten, während sich bei den T850 hPa-Kurven eine ziemliche Streuung
zwischen 3 und 18 Grad einstellt, aus der keine größeren Aussagen ableitbar
sind.

Die Clusteranalyse bringt für Montag (0 UTC) bis Mittwoch (0 UTC) 4 Cluster
hervor. Diese sind für den uns relevanten Teil zunächst ähnlich, mit dem letzten
Termin zeigt sich aber eine gewisse Schwankungsbreite zwischen WA und WZ mit
sogar unterschiedlichen Regimen (alle außer negativer AO dabei). Zudem wird das
Höhentief über dem Mittelmeer häufiger in den zentralen statt dem westlichen
Teil gebracht. Dadurch könnte es noch von Bedeutung werden für Süddeutschland.
Von Donnerstag (0 UTC) bis Samstag (0 UTC) gibt es 5 Cluster, bei dem sogar alle
vier Regime vorkommen. Die großen Unterschiede in den Clustern zeugen von der
großen Vorhersage-Unsicherheit, die das Modell für diesen Zeitraum entwickelt.
Eine detaillierte Diskussion wäre an dieser Stelle müßig. Der deterministische
Lauf wird durch das Ensemble also nicht unterstützt.

FAZIT: Bis zum Montag bleibt zykonales Geschehen bei auf mäßig-warmes Niveau
zurückgehenden Temperaturen Trumpf. Den danach vom EZMW eingeschlagenen neue
Kurs in Richtung „Altweibersommer“ wollen längst nicht alle Modelle oder
Ensembles folgen. Allerdings wurde diese Lösung schon vor einigen Tagen von den
Modellen mal angedeutet, sodass diese Variante nicht unrealistisch erscheint.
Eine belastbare Vorhersage ist ab Dienstag allerdings kaum möglich.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

EFI liefert keine Hinweise auf signifikante Wettergefahren.

Am Samstag können aber im zentralen und östlichen Mittelgebirgsraum sowie an den
Alpen einzelne Gewitter mit Starkregen um 15 l/qm in kurzer Zeit auftreten.

Außerdem zeigen die Ensembles am Sonntag geringe Wahrscheinlichkeiten für
Dauerregen mit mehr als 30 l/qm in 24 Stunden an den östlichen Alpen.

Basis für Mittelfristvorhersage
EZMW, EZMW-EPS. Ab Dienstag aufgrund der Vorhersageunsicherheit eher MOSMIX als
„Goldener Mittelweg“.

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Simon Tippler