S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Montag, den 31.08.2020 um 10.30 UTC

An den Küsten und auf dem Brocken zeitweise stark böiger Wind. Am Wochenende
über der Mitte und dem Süden einzelne Gewitter möglich.

Synoptische Entwicklung bis zum Montag, den 07.09.2020

Am Donnerstag schiebt sich von Westen her ein Höhenkeil nach Mitteleuropa, seine
Achse greift am Abend auf den Nordwesten über, in der Nacht überquert die Achse
den Norden des Vorhersageraums, während sie im Süden zurückhängt. Damit ergibt
sich eine Lage, die etwa vom Bodensee bis nach Litauen reicht. Über dem Norden
Deutschlands glättet die Höhenströmung rückseitig der Rückenachse recht schnell
durch, um in der Nacht dann sogar zunehmend eine zyklonale Kontur anzunehmen,
was einem flachen Trog geschuldet ist, der vom Nordmeer bis zur Nordsee reicht.
Der flache Trog gehört zu einem Komplex tiefen Geopotentials, wobei das zu
gehörige Höhentief wie auch sein Mitspieler, das zugehörige Bodentief, südlich
von Island von West nach Ost bzw. von West-Südwest nach Ost-Nordostziehen. Die
sich dadurch insgesamt einstellende flotte Westströmung über dem nahen
Ostatlantik und Westeuropa drückt ein Frontensystem nach Deutschland hinein,
dessen Warmfront am Abend die Ems erreicht. Schon im Vorfeld beginnt es am
Nachmittag im Nordwesten zu regnen, der Regen erreicht bis zum Morgen im Osten
die Oder, nach Süden greifen die Regenfälle bis etwa zur Mittelgebirgsschwelle
in die nördlichen Mittelgebirge aus. Im Süden bleibt es im Bereich einer
langgestreckten Hochdruckzone, die sich von der nördlichen Biskaya bis in die
Slowakei erstreckt (und natürlich unter dem Einfluss des Rückens), trocken und
südlich des Mains oft auch gering bewölkt. Mit dem Übergreifen des
Frontensystems lebt der Wind im Norden auf, dazu wird deutlich wärmere Luft
herangeführt. So kommt es ab dem Nachmittag an der Nordsee, in der Nacht dann
auch an der Ostsee zu steifen Südwestböen Bft 7, an der Nordsee kann auch mal
eine Bö Bft 8 dabei sein. Die 850er Temperaturen steigen bis zum Morgen
verbreitet auf Werte um 10°C. Nur an der Nordsee, Rückseitig der kaum nach Süden
vorankommenden und über Westeuropa rasch als Warmfront rückläufig werdenden
Kaltfront verharren diese um 6 Grad. Die oft wolkenarmen Verhältnisse über dem
Süden lassen die Temperaturen dort in der Nacht kräftig zurückgehen, so dass
sich dort Nebel bilden kann.

Am Freitag erreicht die Kaltfront bis zum Nachmittag den nördlichen
Mittelgebirgsraum, wo sie dann, von West nach Ost orientiert, weitgehend
Ortsfest bis in die Nacht zum Samstag liegenbleibt. Sie trennt kühle Luft mit
850er Temperaturen um 6°C im Norden von milderer (T850 zwischen 10°C und 15 °C
im Süden. Dort ist weiterhin hohes Geopotential wetterwirksam, wobei im
Bodendruckfeld eine langgestreckte Hochdruckzone, vom Ostatlantik kommend, über
den Süden Deutschlands hinweg nach Osteuropa verläuft. Dem Gegenüber verbleibt
der Norden einerseits unter tiefem Luftdruck (er befindet sich an der Südflanke
eines großräumigen skandinavischen Tiefs), andererseits wird er auch von einen
flachen Randtrog des skandinavisch-nordatlantischen Höhentiefs überquert. Somit
kann es über dem Norden und der Mitte lokale Schauer geben, wobei der Wind im
Norden mäßig, an der Küste auch frisch weht. An exponierten Küstenlagen und im
Harz sind steife oder stürmische Böen möglich. im Süden bleibt es dagegen meist
trocken und windschwach.

Am Samstag kräftigt sich ein Langwellentrog über dem Nordatlantik, der in der
Nacht zum Sonntag auf Großbritannien übergreift. Am Sonntag wächst seine
Amplitude weiter an, so dass er dann bis zur Iberischen Halbinsel ausgreift.
Dabei verlagert er sich aber nur zögerlich nach Osten bzw. Südosten, so das
Deutschland bis zum Montag auf seiner Vorderseite verbleibt. Durch die
trogvorderseitige Hebung sinkt der Druck, ein am Samstag über Frankreich
liegendes kleinräumiges Tief plustert sich im weiteren Verlauf auf, so dass am
Sonntag die Südhälfte Deutschlands unter einer flachen, vom Zentralmassiv bis
nach Südpolen verlaufenden Tiefdruckrinne liegt. In dieser Rinne ist auch die
quer über Deutschland liegende Front zu finden, die durch den Trog wieder
aktiviert wird. Sie kippt dabei laut des EZMW-Hauptlaufs etwas, so dass sie am
Sonntag von Nordbaden und der Pfalz nach Ostsachsen verläuft. Das Aufgleiten der
wärmeren, südlich der Front gelegenen Luftmassen auf die kältere Luft nördlich
der Front sorgt nördlich der Front für Regenfälle, die bis in die Norddeutsche
Tiefebene ausgreifen. Am Samstag bleibt es dagegen im Norden und Süden meist
trocken, für den Norden gilt das auch am Sonntag, während der Süden dann auch
ein paar Schauer abbekommen kann. Am Temperaturniveau ändert sich dabei wenig,
die 850er Temperaturen liegen an der dänischen Grenze um 3 Grad, an den Alpen
dagegen um 16 Grad.

Am Montag tropft der südliche Teil des Langwellentroges nach Frankreich ab,
wobei das Einschnüren des Troges über der Nordsee und über Deutschland von
statten geht. Dadurch schiebt sich ein Bodenkeil von Großbritannien her zur
Ostsee und zum Baltikum. Der entsprechende Druckanstieg, der auch den Norden
Deutschlands erfasst, drückt die Frontalzone etwas nach Süden, in der Nacht ist
sie etwa im Bereich der Donau zu finden. Das nunmehr abgeschlossene Höhentief
über Frankreich sorgt an der Front über dem Südwesten für Hebung, womit dort
verbreiteter Regen einsetzt. Weil mit der südwärtigen Verlagerung der Front auch
die Warmluft nach Süden abgedrängt wird, sinkt das Temperaturniveau etwas und
liegt in 850hPa in der Nacht zum Dienstag zwischen 13°C und 2°C.

Am Dienstag und Mittwoch wandert das abgetropfte Höhentief nach Oberitalien. Es
beeinflusst den Süden weiterhin mit Hebungsgebieten und in der Folge mit Regen,
der Norden und die Mitte bleiben meist trocken.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Am Donnerstag zeigen der aktuelle Lauf und auch die Vorläufe den von Westen
hereinschwenkende Rücken und den nach Osten auswandernden Trog bzw. das
Höhentief. Der Bodenkeil wird von den jüngeren Läufen tendenziell kräftiger
eingeschätzt als von den älteren Läufen.

Am Freitag ist der Rücken beim aktuellen Lauf und beim gestrigen 12-UTC-Lauf
kräftiger gezeichnet als beim gestrigen 00-UTC-Lauf. In der Folge kommt das
Frontensystem am Freitag nach aktuellem Stand deutlich weiter nördlich
hereingezogen als die noch im gestrigen 00-UTC-Lauf vorgesehen war. Damit war
nach dem letztgenannten Lauf auch ein deutlich niedrigeres Temperaturniveau
angesetzt als nach dem aktuellen. Damit geht über dem Süden jetzt auch ein
deutlich höheres Druckniveau einher als dies noch vor 24 Stunden avisiert war.

Ab dem Samstag laufen die Modelle dann deutlicher auseinander. Der neue, sich
von Westen nähernde Trog hängt nach dem aktuellen Lauf am weitesten zurück (um
12 UTC noch westlich der Biskaya), laut dem gestrigen 12-UTC-Lauf sollte die
Achse aber schon Frankreich erreicht haben, laut dem gestrigen 00-UTC-Lauf sogar
schon auf den Westen Deutschlands übergreifen. Damit gehen auch Unterschiede im
Bodendruckfeld einher, die sich auch auf die Lage der Front auswirken.

Insgesamt ist ab dem Samstag eine deutliche Zunahme der Modellunsicherheit zu
erkennen.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Am Donnerstag um 12 UTC zeigen die betrachteten Globalmodelle (ICON, GFS, EZMW,
LFPW, UKMO) ein sehr homogenes Bild mit dem Höhenrücken über der Nordsee und dem
nach Osten auswandernden Höhentief. Bei den 850er Temperaturen wird auch der
Warmsektor des sich nähernden Frontensystems sehr ähnlich vorhergesagt.

Am Freitag nehmen dann die Modellunterschiede zu. GFS, UKMO und ICON zeigen um
12 UTC über Westeuropa einen kräftigen Langwellentrog, während dieser bei EZMW
deutlich flacher geführt wird. In der Folge ist auch die Stoßrichtung des
Frontensystems eine andere, Laut ICON oder GFS zieht es weiter nördlich als dies
bei EZMW der Fall ist. Dies ist u.a. aus den 850er Temperaturen abzuleiten, da
bei den beiden erstgenannten Modellen die 10-Grad-Isotherme nach Norden bis zur
Ostsee ausgreift, während sie es bei EZMW nur bis zur Lausitz schafft. Damit
sinkt bei ICON oder GFS über Westeuropa auch der Druck stärker, die
Hochdruckbrücke, die EZMW vom Nordatlantik bis nach (Süd-)Osteuropa verlaufen
lässt, ist über Westeuropa bei GFS oder ICON nicht zu erkennen.

Im Weitern gleichen sich die Modelle insofern wieder an, als dass sich über dem
nahen Atlantik ein Langwellentrog kräftigt. Da weiterhin von den Modellen
unisono ein Bodenkeil oder sogar eine Brücke simuliert wird, die von der
Bretagne und der Biskaya nach Osten reicht, stellt sich nördlich der
Bodenhochdruckzone und vorderseitig des Langwellentroges eine stramme westliche
Strömung ein. In der schleift die Kaltfront des Frontensystems, über ihre genaue
Lage am Wochenende sind sich die Modelle aber noch nicht einig.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Im Zeitfenster +72 bis +96 Stunden zeigen sich zwei Cluster, beide durchweg in
der Kategorie „Blocking“ und beide mit 29 bzw. 22 Mitgliedern etwa gleich groß.
Dabei liegt der Hauptlauf in Cluster zwei, der Kontrolllauf dagegen in Cluster
eins. Insgesamt zeichnet sich der erste Cluster durch einen etwas kräftigeren
Rücken über Westeuropa aus, als dies bei Cluster zwei der Fall ist.

Im Zeitfenster +120 bis +168 Stunden springt die Zahl der Cluster auf 6. In der
Gesamtschau zeichnet sich eine Tendenz ab, dass die Wetterlage von „Positiver
NAO“ (Anfangslage bei den Clustern 1, 2, 3, 5 und 6) in die Lage „Atlantischer
Rücken (Endzustand bei den Clustern 1, 2, 3, 4 und 5) wechselt. Dabei stehen die
Cluster 1, 2, 3 und 5, die den besagten Anfangs und Endzustand haben, für 40 und
damit für die überwältigende Mehrheit der Ensemblemember. Letztendlich spiegelt
dies auch die Idee des Hauptlaufs wieder, wonach im Anschluss an eine Westlage
am Samstag und Sonntag am Montag erneut ein Langwellentrog auf unser Gebiet
übergreifen soll. Dies gilt auch dann, wenn der Hauptlauf in Cluster 4 liegt und
bei diesem der Anfangszustand der einer (schwachen) Blockierungslage ist.

Im weiteren Verlauf (+192 bis +240 Stunden) dominiert bei insgesamt 6 Clustern
die Blockierungslage, die von 4 Clustern mit insgesamt 38 Ensemblemembern, und
auch vom Haupt- und Kontrolllauf, durchgängig beibehalten wird.

Die Rauchfahnen für Offenbach zeigen ab Donnerstag und bis in den Samstag, unter
einer leichten Zunahme der Streuung, einen Anstieg der 850er Temperatur, die auf
das Übergreifen des Warmsektors des o.e. Frontensystems zurückzuführen ist. Bis
zu diesem Zeitpunkt sind der Haupt- und Kontrolllauf noch recht gut in der Mitte
der Verteilung verdrahtet. Ab Samstag wird die Streuung deutlich höher, einige
wenige Lösungen mit anhaltend hohen 850er Temperaturen stehen einer Mehrheit
gegenüber, die ab Samstag oder Sonntag (so wie der Haupt- und Kontrolllauf) auf
einen erneuten Temperaturrückgang setzen.

Die geschilderten Abläufe bei den EZMW-Rauchfahnen finden sich auch bei den
GFS-Rauchfahnen wieder. Unterschied: Ab Samstag den 5ten September ist keine
Mehrheit der Ensemblemitglieder auf der Seite des Temperaturrückgangs
auszumachen. Vielmehr hält sich die Zahl der Ensemblemitglieder mit
gleichbleibend hohen (oder sogar noch ansteigenden) wie mit sinkenden 850er
Temperaturen etwa die Waage.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Der EFI zeigt keine Hinweise auf signifikante Wettererscheinungen.

Laut COSMO-LEPS liefert am Donnerstag an der Nordsee Wahrscheinlichkeiten bis
etwa 70% für steife Böen an der Nordsee. Im weiteren Verlauf gibt es bis in den
Samstag hinein geringe Wahrscheinlichkeiten für steife Böen an der Küste.

Basis für Mittelfristvorhersage
EZMW, EZMW-EPS, MOSMIX

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Martin Jonas