SXEU31 DWAV 311800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 31.08.2020 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
Heute Abend und auch am Dienstag in der Mitte und im Süden lästige
Kleinkonvektion bei lustlos anmutender, weil kaum Dynamik aufweisender
Großwetterlage (HTP => Höhentief Polen).

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 12 UTC

Aktuell … befindet sich Deutschland unter geopotenziellem Niemandsland
zyklonaler Art. Im Klartext heißt das nix anderes, als dass wir direkt unter dem
gradientschwachen Innenbereich eines Höhentroges liegen, der sich von
Fennoskandien bis hinunter nach Italien erstreckt. Eingelagert in den großen
Trog sind verschiedene kurzwelligere Anteile in Form von KW-Trögen oder kleinen
Höhentiefs. So reicht einer dieser KW-Tröge aktuell von der Ostsee bis nach
Nordostdeutschland, der sich aber in den nächsten Stunden gen Osten verlagert
und dabei über dem Westen Polens abtropft (=> kleines Höhentief). Derweil
umkurvt ein bereits deutlich zuvor über Frankreich abgetropftes Höhentief die
Alpen auf deren Südseite, um in den Frühstunden im Grenzbereich
Österreich/Ungarn aufzuschlagen. Dadurch wird am Boden ein flaches Tief vom
nördlichen Balkan nach Ungarn gelockt (NATASCHA), während das antizyklonale
Pendant in Form von Hoch HARALD seinen Schwerpunkt von Westeuropa ganz
allmählich nach Skandinavien verlagert.
Luftmassentechnisch bleibt uns bei kaum merklicher nördlicher Grundströmung die
erwärmte und vielerorts noch ziemlich feuchte Meereskaltluft polaren Ursprungs
(T850 7 bis 3°C, PPW mit Ausnahme des Nordwestens 20 bis 25 mm, stellenweise
etwas darüber) erhalten. Bedingt durch den Tagesgang verliert die pickelige
Konvektion vom Tage (viele kleine, unorganisierte Schauer oder Gewitter)
allmählich ihre Lust am Wirken, allerdings dauert das in der Mitte und im Süden
etwas länger als in den übrigen Regionen.
Apropos Süden, dort greifen von Österreich her stratiforme Regenfälle auf Teile
Bayerns über, die sich z.T. mit den Restschauern vom Tage vermengen. Am
östlichen Alpenrand sowie im angrenzenden Alpenvorland können dabei durchaus 10
bis 15 l/qm bis Dienstagfrüh zusammenkommen. Das Überschreiten von Warnschwellen
scheint aber nur wenig wahrscheinlich, auch wenn COSMO-LEPS und COSMO-D2-EPS
gewisse Signale für den unmittelbaren Alpenrand auf der Karte haben.
Ansonsten bleibt nur noch zu sagen, dass ab Mitternacht der meteorologische
Herbst beginnt, dass sich bei längerem Aufklaren das eine oder andere
(wahrscheinlich nicht warnwürdige) Nebelfeld bildet und dass die Temperatur
vornehmlich im Norden und Westen (abzüglich des unmittelbaren Küstensaums) die
10°C-Schwelle unterschreitet und sich punktuell sogar der 5°C-Marke nähert. Na
wenn das kein standesgemäßer Einstieg in den Herbst ist.

Dienstag … setzt sich die alles andere als dynamische Großwetterlage fort. Die
beiden o.e. Höhentiefs kommen sich über Polen noch etwas näher, wo sie den
gewagten Zusammenschluss zu einem dipolartigen Gebilde wagen. Zwar ist die
prognostische Positionierung der beiden Drehzentren derzeit noch schwierig und
modellübergreifend leicht uneinheitlich, das Hauptdrehzentrum zeichnet sich aber
über Polen ab. Das genügt, um bei uns eine zykonal konturierte, wenn auch nur
flaue Höhenströmung zu generieren, in der advektive Prozesse nicht auszumachen
sind. Einen Satz gilt es auch noch über den über der Nordsee befindlichen
Höhenrücken zu verlieren, der durch die Ausweitung des o.e. Dipols immer weiter
eingeengt wird, bis er sich am Ende über Mittelskandinavien abkoppelt. Das
wiederum kommt Bodenhoch HARALD zugute, der über Fennoskandien Muskelaufbau
betreibt und am Ende des Tages mit einer breiten 1025-hPa-Isobare aufwartet.
Derweil mogelt sich das Tief NATASCHA langsam von Ungarn her in Richtung Norden,
wobei ihr die externen Modelle etwas mehr Entwicklungspotenzial zutrauen als
ICON.
Wie auch immer, bei uns bleibt die luschige nördliche Grundströmung erhalten,
mit der kein nennenswerter Luftmassenwechsel zu bewerkstelligen ist (T850 3 bis
8°C). Immerhin ist mit Ausnahme Süddeutschlands ein gewisses Abtrocknen der
erwärmten maritimen Polarluft erkennbar, wovon insbesondere der Norden und
Nordwesten profitieren. Vor allem an den Küsten scheint für längere Zeit die
Sonne, aber auch im Binnenland muss man diesbezüglich nicht darben bei einer nur
geringen Schauerneigung.
Weit weniger strahlungsintensiv präsentiert sich der erste Herbsttag im Süden
und Südosten sowie in Teilen der Mitte, wo meist dichte, nur wenig zur
Lückenbildung geneigte Wolken das Himmelbild zieren. Aus diesen fällt zeitweise
Regen, der anfangs noch stratiforme Anteile aus der Nacht heraus aufbietet, mit
zunehmender Tageslänge aber immer konvektivere Züge annimmt. Zwar ist die
Luftmasse nicht exorbitant labil geschichtet, es reicht aber, um etwas CAPE zu
generieren, die auch tatsächlich in konvektive Umlagerungen umgesetzt werden
kann. Einmal mehr entstehen unorganisierte Schauer und Gewitter mit Hang zur
Verclusterung, wobei das Thema Starkregen (PPW 20 bis 25 mm, kaum Verlagerung)
ganz oben auf der Agenda potenzieller Begleiterscheinungen steht. Für Unwetter
sollte es trotz des niedrig angesetzten Kriteriums (25 l/qm innert 1 h) aber
nicht reichen, auch wenn man – gerade bei der Wettervorhersage – nie Nie sagen
soll.
Temperaturmäßig kommen wir morgen auf Maxima zwischen 16 und 21°C im Süden
stellenweise auch etwas darunter.

In der Nacht zum Mittwoch bleiben wir unter dem Höhentief mit Drehzentrum über
dem benachbarten Polen. Trotzdem nimmt die Niederschlagsneigung tagesgangbedingt
ab. Dabei ist man sich seitens der Modelle noch nicht ganz einig, ob die Schauer
und Gewitter fast oder sogar ganz zum Erliegen kommen – die Lesart der meisten
externen Modelle – oder ob sich die Regenfälle nach Bayern und BW zurückziehen
(ICON). Einigkeit hingegen herrscht dahingehend, dass mit Annäherung eines
Bodentroges von Tief NATASCHA nach Nordwestpolen einige Schauer von der Ostsee
insbesondere nach MV, evtl. auch noch bis ins nördliche BB angelockt werden.
Nicht ausgeschlossen, dass vereinzelt auch mal Blitz und Donner am Start sind.

Ansonsten gilt es noch zu konstatieren, dass die Nebelneigung bei längerem
Aufklaren zunimmt, was vor allem in der angefeuchteten Grundschicht in der Mitte
des Landes für gebietsweise dichten Nebel sorgen könnte. Außerdem geht die
Temperatur vielerorts in den einstelligen Bereich zurück.

Mittwoch … dümpelt die Wetterlage weiterhin mehr oder weniger uninspiriert vor
sich hin. Das Höhentief verbleibt wenig mobil über Polen, über der Nordsee
regeneriert sich der zuvor gestauchte Höhenrücken. Für uns bedeutet das eine
relativ schwache, leicht zyklonal bis glatt konturierte nördliche Höhenströmung,
aus der nach wie vor keine substanziellen Antriebe herauszuholen sind.
Auch bodennah bleiben die Strömungsverhältnisse flau. König HARALD verlagert
seinen Schwerpunkt unter weiterer Verstärkung auf über 1030 hPa ins westliche
Russland, von wo aus er via Südskandinavien, Nordsee und Benelux in Firm einer
schmalen Brücke Tuchfühlung zum etwas nach Osten verschobenen Azorenhoch hält.
Der Westen und Nordwesten des Vorhersageraums liegen so dicht an der Brücke
respektive am Rücken dran, dass man sich dort auf einen sonnenscheinreichen und
meist trockenen Frühherbst- oder Spätsommertag freuen kann, je nachdem wie man
mag.
Im großen Rest des Landes gilt es zwei Baustellen zu begutachten, eine im Süden,
eine im Nordosten. Im Süden befindet sich bei amorphen Druckverhältnissen noch
immer etwas feuchtere, leicht labil geschichtete Meeresluft alternder Prägung,
in der sich Schauer und vereinzelte Gewitter entwickeln. Der Nordosten verbleibt
weiterhin in der Peripherie des o.e. Bodentroges, dessen Haupttief – wir reden
immer noch von NATASCHA – im Tagesverlauf die polnische Küste erreicht. Bei
leicht auflebendem Nordwest- bis Nordwind kommt es zu schauerartigen Regenfällen
und wahrscheinlich nur wenigen oder gar keinen Gewittern. Sollte allerdings das
Tief etwas weiter westlich aufschlagen als derzeit simuliert, könnten die
Regenmengen etwas höher ausfallen, was aber noch viel Konjunktiv ist.
Die Tageshöchstwerte liegen bei T850 von 5 bis 8°C meist zwischen 17 und 22°C
mit den höheren Werten im – wen wundert´s – im sonnenscheinaffineren Westen.

In der Nacht zum Donnerstag sieht sich das Höhentief über Polen genötigt, in
Richtung Baltikum auszuweichen. Ursache ist das nassforsche Auftreten des
Höhenrückens, der es tatsächlich wagt, von der Nordsee im Uhrzeigersinn etwas
landeinwärts zu schwenken. Dadurch steigt nicht nur der Luftdruck, es kommt von
Westen her außerdem zu einer merklichen Stabilisierung der Luftmasse.
Entsprechend geht abendlichen Restschauern rasch die Puste aus bzw. ziehen diese
sich in die Alpen (Süden) oder auf die Ostsee (Nordosten) zurück. Darüber hinaus
lockern die Wolken vielerorts auf, was gebietsweise Nebel auf den Plan ruft.
Im Westen und Nordwesten wird der Rücken von WLA überlaufen, die die Annäherung
einer Warmfront ankündigt. Sie gehört zu einem fetten Sturmtiefkomplex um Island
herum, wird den Vorhersageraum bis zum Morgen aber noch nicht erreichen. Das
ändert aber nichts daran, dass nach Mitternacht erst hohe, gegen Morgen dann
auch schon mittelhohe Wolken von der Nordsee, Benelux und Ostfrankreich
hereindriften.

Donnerstag … wandert der Höhenrücken gemächlich über den Vorhersageraum nach
Osten, während das korrespondierende Hoch in Form eines breiten Azorenhochkeils
bis zum nahen Osteuropa reicht. Es sorgt im Süden und für längere Zeit auch im
Osten für heiteres, teils sonniges Wetter und trockenes Wetter, wobei sich die
Luftmasse zumindest im Süden auf bis zu 24°C erwärmen kann.
Die „Schwachstelle“ dieser Wetterlage liegt eindeutig im Nordwesten und Norden
des Landes, wo im Tagesverlauf von der Nordsee und den Niederlanden die
Warmfront mit stratiformen Regenfällen übergreift. Noch ist nicht ganz sicher,
wie Intensität und räumliche Ausdehnung des Niederschlags aussehen werden. ICON
fährt eine sehr offensive Variante, wonach sich der Regen bis nach Nordhessen
und Nordthüringen ausdehnen und im westlichen NDS über 10 l/qm innert 12 h
fallen sollen. Externe Modelle agieren räumlich und auch quantitativ
zurückhaltender.
Tatsache ist, dass der südliche bis südwestliche Wind insbesondere über und an
der Nordsee auffrischt mit Böen 7-8 Bft.

Modellvergleich und -einschätzung

Die Entwicklung wird ähnlich simuliert, trotzdem auftretende Unschärfen wurden
im Text angerissen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann