S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 25.08.2020 um 10.30 UTC

Am Wochenende Trogannäherung mit kühlerer Luft, dabei wechselhaft, im Süden
länger andauernder und teils ergiebiger Regen.

Synoptische Entwicklung bis zum Dienstag, den 01.09.2020

Zu Beginn des mittelfristigen Prognosezeitraums am kommenden Freitag vollzieht
sich über dem nahen Ostatlantik respektive Westeuropa eine eindrucksvolle
Austrogung. Und wie das bei Austrogungen nun mal so ist, ist das
korrespondierende Bodentief nicht fern. Zur Mittagszeit befindet es sich mit
einem Kerndruck von etwas unter 1000 hPa (und damit um einiges höher als unser
morgiges Sturmtief KIRSTEN, das – allerdings schon heute früh – knapp westlich
Irlands mit knapp unter 980 hPa aufwartet) über der südwestlichen Nordsee. Die
zugehörige teilokkludierte Kaltfront hat zu diesem Zeitpunkt bereits den Westen
und Teile Norddeutschlands überquert, kommt auf ihrem weiteren Weg nach Südosten
unter der trogvorderseitigen südwestlichen Höhenströmung aber zunehmend ins
Schleifen. Folglich kann in den Süden sowie die östliche Mitte vorübergehend
eine kleine Portion mediterraner Warmluft angesaugt werden (T850 12 bis 16°C),
während sich postfrontal deutlich erwärmte, weil in weitem Bogen um den Tiefkern
herumgeholt, Meereskaltluft polaren Ursprungs ausbreitet (T850 10 bis 8°C).
Präfrontal können sich tagsüber im Süden und Südosten (vor allem im südlichen
Baden-Württemberg und in Bayern) teils kräftige Schauer und Gewitter entwickeln,
die in der Nacht zum Samstag mit Annäherung des Troges und nahezu zum Stillstand
kommender Front mehr und mehr in teils gewittrigen (Stark)Regen übergehen. Nach
heutigem Stand würden das Allgäu und Schwaben den Löwenanteil des Regens
abbekommen mit 25 bis 50 l/qm innert 12 h, allerdings sollte man sich auf dieses
Detail noch nicht zu stark verlassen.
Belastbarer ist da schon die Aussage, dass der Höhentrog unter weiterer
Amplifizierung im Laufe des Wochenendes immer dichter an den Vorhersageraum
heranrückt. Dabei behält er seine leicht positive, also nach Südwesten
zurückhängende Achsstellung bei. Am Sonntagmittag reicht die Hauptachse in 500
hPa etwa von Katalonien bis hoch nach Norwegen. Derweil vollzieht das Bodentief
einen Split: Während der ursprünglicher Kern in Richtung Skagerrak zieht,
verlagert sich der zweite von der südwestlichen Nordsee (Samstag, 06 UTC) nach
Norddeutschland (Sonntag 06 UTC), wo er sich im Laufe des Tages auf seinem
weiteren Kurs nach Osten auflöst bzw. nur noch als Bodentrog zu erkennen ist.
Mit Annäherung des Troges wird die zunächst im Süden noch präsente Bodenfront
langsam aber sicher nach Südosten abgedrängt, so dass sich die erwärmte
Meereskaltluft – nun auf direkterem Weg – im ganzen Land ausbreiten kann (T850
am Sonntagmittag nur noch 5 bis 9°C). Während sich im Trogbereich schauerartige
Regenfälle und einzelne (Kaltluft)Gewitter von Nordwesten her landeinwärts
ausbreiten, kommt es im Süden und Südosten (vornehmlich in Bayern) bis weit in
en Sonntag hinein zu weiteren, teils kräftigen Regenfällen. Ursache dafür sind
zum einen die nur langsam weichende und weiterhin schleifende Front sowie die
Tatsache, dass sich eine Gegenstromsituation einstellt (westliche bis
nordwestliche Winde in der unteren Troposphäre, Süd- bis Südwestwind darüber).
Zu Beginn der neuen Woche verkürzt der Trog deutlich seine Wellenlänge, was
einem blockierenden Rücken über Osteuropa sowie einem rückseitig von Westen
vorpreschenden Rücken geschuldet ist. Und so kommt es wie es kommen muss, der
Trog tropft ab und zwar im Doppelpack. Der südliche Cut-Off findet im Bereich
nördliche Adria/nördlicher Balkan, der nördliche über Südskandinavien statt.
Folgerichtig setzt bei uns langsamer Potenzialgewinn ein, der mit Druckanstieg
am Boden verbunden ist. Über Frankreich findet sich Montagmittag eine
abgeschlossene Hochparzelle mit etwas über 1020 hPa, von der aus ein Keil bis
nach Deutschland reicht. Allerdings kann dieser nicht verhindern, dass es
zunächst zwischen Hochrhein und Bayerischem Wald noch regnet (am meisten am
Alpenrand sowie im südlichen Vorland). Auch im Nordosten ist noch der eine oder
andere Schauer, vielleicht auch ein kurzes Gewitter unterwegs.
Im weiteren Verlauf der Woche zerbröselt der von Westen eingelaufene Höhenrücken
ziemlich rasch und es setzt sich erneut Trog- respektive Tiefdruckeinfluss
durch, möglicherweise in Form einer Großwetterlage TM (Tief Mitteleuropa).

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Die Basisfelder wurden in den vergangenen Läufen von IFS (ECMF) vergleichsweise
kongruent gerechnet, so dass summa summarum eine gute Konsistenz vorliegt. Dass
im Detail von Lauf zu Lauf gewisse Verrückungen zu verzeichnen sind, ist normal.
Das ändert aber nur wenig an der Grundausrichtung der offiziellen Vorhersage.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Ähnlich wie bei der IFS-internen Konsistenzbetrachtung zeigt auch der
internationale Modellvergleich eine breite Konsensbereitschaft mit leicht
unterschiedlichen Vorstellungen in den Details. Das für unseren Raum spannendste
Szenario bietet dabei GFS an, das uns am Wochenende und bedingt auch noch am
Montag eine lupenreine Vb-Lage mit einem von den Ostalpen via Tschechien gen
Polen ziehenden Tief aufdrücken will. Folgerichtig würde nicht nur im Süden,
sondern auch im Osten einiges an Regen runterkommen.

FAZIT: Auf Basis der deterministischen Modelle steht der Generalkurs. Auch wenn
„Vb“ in dieser Ausprägung lediglich von GFS simuliert wird, ganz ausgeschlossen
ist diese Variante auf der Vorderseite des weit nach Süden ausgreifenden
Höhentrogs nicht.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die Rauchfahnen verschiedener deutscher Städte von IFS- und GFS-EPS zeigen bis
nächsten Montag einen gut gebündelten Verlauf ohne echte Ausreißer. Haupt- und
Kontrolllauf befinden sich also in allerbester Gesellschaft. Erst danach begeben
sich die Kurven in die klassische Trichterform ohne klar erkennbaren Trend.
Die Clusterung von IFS-EPS startet von Freitag bis Samstag (T+72…96h) mit einem
einzigen Cluster, was auch den Erwartungen auf Basis der Kurvenverläufe
entspricht. Von Sonntag bis Dienstag (T+120…168h) steigt die Anzahl auf drei (19
Fälle + HL/KL, 16, 16), von denen sich CL1 und CL2 stark ähneln (Klimaregime
positive NAO). CL3 weicht insofern etwas ab, als dass über Nordeuropa eine
Blockierung simuliert wird. Außerdem wird in diesem Cluster die Vb-Lösung von
GFS genährt. Ab Mittwoch (T+192…240h) werden dann fünf Schubladen aufgemacht,
wobei nicht klar erkennbar ist, ob sich die GWL eher in Richtung zyklonal oder
antizyklonal tendiert. Zum Ende hin überwiegen auf alle Fälle Blockierungslagen,
einzig CL1 (15 Fälle) wartet mit NAO positiv auf.

FAZIT: Der Hauptlauf wird bis Montag gestützt, eine Vb-Lage am
Wochenende/-anfang ist aber noch nicht vom Tisch.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Am Freitag gibt es im Süden und Südosten in der vorübergehend angezapften
Mittelmeerluft eine leicht erhöhte Wahrscheinlichkeit für kräftige Gewitter, die
in der Nacht zum Samstag gebietsweise in teils gewittrigen, teils
nicht-gewittrigen Starkregen übergehen. Darüber hinaus sind auch im Westen und
Nordwesten mit Trogannäherung einzelne kurze Gewitter möglich.

Am Wochenende zeichnet sich in Teilen Süddeutschlands (vornehmlich südöstliches
BW, Süden und Osten Bayerns) länger andauernder und teils ergiebiger Regen ab
(schleifende Front, Gegenstrom). Wie viel dabei schlussendlich fällt, ist noch
nicht sicher. ECMF-EPS agiert immerhin mit Wahrscheinlichkeiten von 30 bis 60%
für Mengen zwischen 30 und 50 l/qm innert 24 h (vor allem am Samstag) und sogar
40 bis 80% für Mengen zwischen 40 und 50 l/qm innert 48 h (bis Montag Allgäu,
Alpenrand, südliches Vorland). Sollte sich eine Vb-Lage einstellen, was nicht
ausgeschlossen ist, könnten auch die östlichen Landesteile höhere
Niederschlagsmengen abbekommen. Noch ist die Unsicherheit aber zu groß, um
diesbezüglich prognostisch schon zu sehr in die Offensive zu gehen.
Unabhängig von der Entwicklung im Süden (und ggf. im Osten) entwickeln sich im
Norden und Westen einzelne kurze Gewitter (Troglage).

Zu Wochenbeginn deutet sich eine Wetterberuhigung an, was aber weiteren Regen am
Montag südlich der Donau sowie einzelne Gewitter in Ostseenähe nicht
ausschließt. Allerdings nehmen die Wahrscheinlichkeit (Gewitter) respektive die
Intensität (Regen) ab.

Der Wind sollte im Zusammenhang mit dem o.e. Tief trotz zeitweiligen
Auffrischens keine allzu prominente Rolle spielen.

Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-Mix mit IFS-EPS.

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann