S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 19.06.2020 um 10.30 UTC

Aufkommende Hitzewelle und zunächst trocken. Ab Freitag langsam ansteigendes
Schauer- und Gewitterrisiko.

Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 26.06.2020

Nachdem der am morgigen Samstag (20. Juni 2020) endende Frühling Hitzewellen mit
mehreren Tagen mit Höchsttemperaturen über 30 Grad in Deutschland ausgelassen
hat, schickt sich der Sommer in der kommenden Woche an, ein Stelldichein in
Sachen Hitze zu geben. Die dafür erforderliche Umstellung der Großwetterlage
wird bereits an diesem Wochenende durch den nachlassenden Trogeinfluss
eingeleitet, um dann in der ab Montag beginnenden Mittelfrist mit dem Aufwölben
eines breiten Rücken bei uns vollendet zu werden.

So ragt am Montag dem aktuellen 0 UTC-Lauf des EZMW zufolge der Rücken mit
positiver Achsneigung bereits vom westlicher Mittelmeer und Nordwestafrika über
die Iberische Halbinsel bis nach Deutschland und Polen. Ihm steht ein Höhentief
im Seegebiet südwestlich von Island entgegen, aus dem ein kleines Höhentief
herausläuft, das abends über Südschweden zu finden ist. Am Boden wird durch den
Rücken ein Hoch mit Zentrum über Frankreich gestützt, es beeinflusst auch weite
Teile Deutschlands. Dabei fließt aus Südwesten zunehmend warme Luft mit T850 hPa
von 7 bis 11 Grad ein, was gebietsweise sommerliche Höchsttemperaturen von 25
Grad oder mehr (in 2 m) erwarten lässt.

Am Dienstag und Mittwoch verbleiben wir unter dem Rücken, der sich noch etwas
Richtung Skandinavien aufwölbt. Das Bodenhoch verlagert seinen Schwerpunkt
daraufhin über Deutschland in die Ostsee. Das kleine Höhentief zieht zunächst
nach Ostpolen, um dann auf einen südlichen Kurs einzuschwenken und am
Mittwochabend über dem Südwesten der Ukraine anzukommen. Einen Einfluss auf
Deutschland erlangt es dabei nicht. Die T850 hPa steigen bei weiterer Zufuhr
warmer bis heißer Luft aus dem Südwesten oder Süden auf 12 bis 17 Grad, womit am
Boden immer häufiger die 30 Grad überschritten werden und die Wärmebelastung
zunimmt.

Der Donnerstag macht seinem Namen wohl keine Ehre, weil Donner von Gewittern
wohl kaum zu hören sein werden. Vielmehr dominieren weiter der Rücken, das Hoch
nun mit Zentrum über der östlichen Ostsee und die warme bis teils heiße Luft mit
T850 hPa von 13 bis 19 Grad.

Am Freitag nähert sich vom Nordostatlantik ein Trog, der sich aus dem Höhentief
mithilfe eines Randtrogs gebildet hat. Er erreicht noch nicht Mitteleuropa,
drückt den Rücken aber langsam Richtung Südosten. So liegt die Achse abends auf
einer Linie Marokko – Ober-Italien – Polen – Baltikum. Das Hoch wird ebenfalls
etwas nach Südosten abgedrängt. So kann von Südwesten her die Luftmasse ein
wenig angefeuchtet werden, was die Labilität im Gegensatz zu den Vortagen leicht
erhöht. Bei T850 von 14 bis 19 Grad entstehen lokal kräftige Gewitter
vornehmlich aber bei orografischem Support.

In der erweiterten Mittelfrist ab Samstag verbleiben wir auf der Vorderseite des
Randtrogs, womit mit südwestlicher Strömung die Zufuhr warmer bis heißer und
teils feuchter Luft weiter gesichert ist. Im Norden Deutschlands macht sich aber
durch um den Trog herumlaufende zyklonale Anteile zeitweise leichter
Tiefdruckeinfluss bemerkbar. Dabei werden schwache Tiefausläufer in den Norden
Deutschlands geführt, sodass dort etwas kühlere Meeresluft mit T850 hPa von 5
bis 10 Grad einfließt.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Die Konsistenz des heutigen 0 UTC-Laufs der EZMW zu seinen beiden gestrigen
Vorläufen ist nur anfangs noch mäßig, danach schlecht. Bereits beim Höhentief,
das Anfang der Woche von Südschweden über Ostpolen zur Ukraine zieht, zeigen
sich Diskrepanzen. Der gestrige 0 UTC-Lauf hatte dieses gar nicht auf dem
Schirm, der gestrige 12 UTC-Lauf dafür stärker und westlicher. So hätte er dem
Osten und Südosten einige Schauer oder Gewitter bringen können, von denen nun
nichts mehr zu sehen. In der zweiten Wochenhälfte werden dann größere
Unterschiede in der Simulation des Trogs über dem Nordostatlantik bzw. dadurch
auch des Rückens ersichtlich. Während wir beim aktuellen 0 UTC-Lauf bis Freitag
auf der Vorderseite des Trogs verbleiben, schwenkte er nach dem gestrigen 0
UTC-Lauf bereits über Skandinavien nach Osten durch. Beim gestrigen 12 UTC-Lauf
dagegen bleibt er weiter westlich auf dem Nordatlantik als beim heutigen 0
UTC-Lauf. Allen gemeinsam ist, dass warme bis heiße Luft unser Land unter
Hochdruckeinfluss erreichen soll. Beim gestrigen 0 UTC-Lauf wäre es am längsten
trocken geblieben, weil der Trog zu weit nördlich durchzieht. Die beiden
jüngsten Läufe lassen das Schauer- und Gewitterrisiko am Freitag ansteigen. In
der erweiterten Mittelfrist sind die Differenzen bei den Läufen noch größer. Der
gestrige 12 UTC-Lauf stellte eine Abkühlung von Westen her in Aussicht, die mit
dem heutigen 0 UTC-Lauf nicht mehr simuliert wird. Dafür könnten im Norden die
Temperaturen leicht zurückgehen bei zunehmend wechselhaftem Wettercharakter.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

ICON simuliert im Vergleich zum EZMW sehr ähnlich. GFS macht dieses bis zum
Donnerstag auch, lässt danach aber den Trog weiter westlich auf dem Atlantik. Er
soll sich erst in der erweiterten Mittelfrist Europa annähern, womit Deutschland
unter Hochdruckeinfluss verbleiben würde und konvektive Signale weitgehend
unterdrückt würden. GEM und NAVGEM schließen sich dieser Meinung an.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die Rauchfahnen des EZMW-Ensembles sind für verschiedene deutsche Städte im
Prinzip mit Haupt- und Kontrolllauf im engen Median gut gebündelt. Allerdings
lassen einige wenige „kalte“ Ausreißer insbesondere die T850 hPa-Rauchfahnen ab
Montag stark gestreut aussehen. Die Mehrheit jedenfalls unterstützt die
Erwärmung bei steigendem Geopotenzial. In der erweiterten Mittelfrist wird das
wieder sinkende Geopotenzial durch die Trogannäherung ersichtlich und in den
Städten in Norddeutschland auch die sinkenden Temperaturen. Damit bestätigt das
Ensemble die Ergebnisse des deterministischen Laufs in großen Teilen. Passend
dazu sind ab Freitag wieder einige Niederschlagssignale zu erkennen, von den
Meteogrammen werden auch höhere Niederschlagsmengen ins Spiel gebracht. Diese
können als Hinweis für lokal starke Gewitter verstanden werden.

Die Clusteranalyse liefert bei nur jeweils einem Cluster von Mittwoch bis
Freitag und von Samstag bis Montag (beide Typ „Blocking“) keine zusätzlichen
Erkenntnisse, außer dass das Ensemble sich offenbar recht sicher ist.

FAZIT: Die schon seit geraumer Zeit für die kommende Woche angedachte Hitzewelle
unter Hochdruckeinfluss mit Temperaturen von gebietsweise über 30 Grad wird auch
durch die jüngsten Modellergebnisse gestützt. Fragezeichen tauchen dann vor
allem ab Freitag in Bezug auf das Schauer- und Gewitterrisiko auf. Zudem ist die
Abkühlung im Norden am übernächsten Wochenende keinesfalls sicher. Andererseits
scheint ein Durchgreifen der Tiefausläufer bis in den Süden oder von Westen her
möglich, was landesweit eine Abkühlung bringen würde. Die Mehrheit der Modell-
und Ensembleergebnisse tendiert in der Südhälfte aber zu einer Fortdauer der
teils schwülen Hitze mit lokal kräftigen Gewittern.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

EFI gibt ab Mittwoch mit Werten bis 1 jeden Tag Signale für überdurchschnittlich
hohe Temperaturen. Das betrifft auch die Minima in der Nacht, sodass vor allem
in größeren Städten Tropennächte (Tiefsttemperatur nicht unter 20 Grad)
vorkommen dürften. Ab der zweiten Wochenhälfte ist damit eine hohe
Wärmebelastung zu erwarten, die bei zunehmender Schwüle zum Wochenende hin noch
stärker werden könnte.

Ansonsten zeigt EFI keine Auffälligkeiten. Ab Freitag scheinen jedoch lokale
Hitzegewitter möglich, die angesichts der Luftmasse energiereich sein könnten
und entsprechend stark bzw. sogar unwetterartig ausfallen können.

Basis für Mittelfristvorhersage
EZMW, EZMW-ENS, MOSMIX

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Simon Trippler