S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 16.04.2020 um 10.30 UTC

Im Südwesten anfangs noch teils gewittrige Schauer, ansonsten unter
Hochdruckeinfluss Andauer und bei auffrischendem Ostwind sogar noch Verschärfung
der Trockenheit

Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 23.04.2020

Im Mittelfristzeitraum steht eine markante Wetterumstellung ins Haus: Nämlich
der Übergang von der Großwetterlage HNa zur Lage HNFa und am Ende eventuell
wieder zurück zur HNa(bitte genau hinschauen!).
Zynismusmodus aus: Tatsächlich wird man im weitaus größten Teil des
Vorhersagegebietes wohl bis auf Weiteres auf nennenswerte Niederschläge warten
müssen. Im Gegenteil: Mit der zu Beginn sich verstärkenden Advektion
kontinentaler Polarluft (sehr niedrige Taupunkte) und dem vor allem in
Süddeutschland kräftig auffrischende Ostwind verschärft sich die Trockenheit
weiter.
Doch der Reihe nach: Am Sonntag, zu Beginn des Mittelfristzeitraumes, reicht ein
markanter und breit angelegter Höhenrücken von der Großen Syrte über das
westliche Mitteleuropa und die Nordsee hinweg bis zum Nordmeer. Er wird
flankiert von Höhentrögen über dem mittleren Nordatlantik und über Nordost- bzw.
Osteuropa: Eine quasistationäre Rossby-Welle und daraus resultierend eine
typische Omegakonstellation, die sich in der Regel als außerordentlich stabil
erweist.
Das mit dem Rücken korrespondierende Bodenhoch über der Norwegischen See kann
sich bis Montag, 00 UTC noch etwas intensivieren, wobei sich dessen Schwerpunkt
ganz allmählich Richtung Norwegische Küste verlagert. Dem Hoch gegenüber steht
ein flacher Tiefdruckkomplex über Südwesteuropa bzw. Nordwestafrika. Von diesem
ausgehend, reicht am Sonntag noch eine flache Tiefdruckrinne – angefüllt mit
einer potenziell instabilen und etwas feuchteren Luftmasse – bis nach Südwest-
bzw. Süddeutschland, so dass es dort einzelne Schauer und Gewitter gibt, lokal
eng begrenzt besteht dabei durchaus Starkregenpotenzial.
In die Nordhälfte und zunehmend auch in die mittleren Landesteile gelangt
dagegen am Südrand des Hochs von Osten her eine trockene Luftmasse polaren
Ursprungs, mit der markanten Austrogung über Osteuropa macht sich sogar
modifizierte Arktikluft auf den Weg gen Westen und erreicht auch den äußersten
Nordosten Deutschlands. So stellt sich ein scharfer Gradient der 850
hPa-Temperatur ein: Am Sonntag um 12 UTC -4 Grad im Nordosten und +10 Grad im
Südwesten.
Am Montag und Dienstag weitet sich der Höhentrog über dem mittleren Nordatlantik
unter Konturverlust Richtung Iberische Halbinsel aus und tropft dort später aus.
Der Höhentrog über Nordosteuropa tropft in etwa über der Ukraine ab. Der
dazwischenliegende Höhenrücken verstärkt sich weiter, wobei sich bis Dienstag
eine eigenständige Höhenantizyklone mit Schwerpunkt über der nördlichen Nordsee
etablieren kann. Davon ausgehend, erstrecken sich Höhenrücken in den
isländisch-grönländischen Raum und über Mittelskandinavien hinweg nach
Nordwestrussland. Weiter nördlich weitet sich ein Trog über dem Nordpolarmeer
bis Mittwoch, 00 UTC nach Nordskandinavien aus.
Das Bodenhoch verlagert seinen Schwerpunkt nach Skandinavien und verstärkt sich
zunächst, schwächt sich dann am Dienstag vorübergehend ab, wobei dann ein neues
kräftiges Hochdruckgebiet seinen Schwerpunkt von der Dänemarkstraße bis
Mittwoch, 00 UTC mit einer beachtenswerten Kernisobare von 1045 hPa zum Nordmeer
verlagert.
Die am Sonntag noch bis nach Südwestdeutschland reichende Tiefdruckrinne wird
bereits in der Nacht zum, spätestens aber am Montag nach Südwesten
zurückgedrängt und somit kann sich im gesamten Vorhersagegebiet die trockene
Kontinentalluftmasse durchsetzen; egal, ob nun vom Ursprung her polar oder
arktisch, sie zeichnet sich durch (mal abgesehen von den Küsten und dem
angrenzenden Binnenland) verbreitet negative Taupunkte aus, was zu einer nicht
unerheblichen Verschärfung der Trockenheit beiträgt. An der Südflanke der
Hochdruckzone verschärft sich in der Mitte und vor allem im Süden des Landes
zudem noch der Gradient deutlich und der Wind frischt aus östlichen Richtungen
auf. Außer im Norden und Nordosten gibt es wohl zumindest tagsüber recht
verbreitet starke bis steife Böen (Bft 6 bis 7), in freien Lagen Süddeutschlands
(z.B. Alpenvorland) sowie in den Kamm- und Gipfellagen der süddeutschen
Mittelgebirge auch stürmische Böen (Bft 8). Nachts nimmt der Wind mit der
Abkopplung der Grundschicht in den Niederungen ab, während es in einigen
Gipfellagen durch Low Level Jets dann Sturmböen (Bft 9) geben kann.
Insgesamt wird von Osten her auch nach und nach niedertroposphärisch etwas
kältere Luft ins Vorhersagegebiet advehiert. Am Montagmittag liegen die 850
hPa-Temperaturen zwischen -4 Grad an der Oder und +10 Grad am Hochrhein, am
Dienstag zwischen-5 und +6 Grad. Dazu scheint meist die Sonne, lediglich im
Südwesten und im äußersten Süden ist es zeitweise locker bewölkt. Vor allem in
der Nacht zum Montag gibt es im Nordosten etwas verbreiteter Frost, danach tritt
er wohl nur noch in windschwachen Senken und Tälern auf. Tagsüber reicht es im
Westen und Südwesten gebietsweise für Höchstwerte um oder knapp über 20 Grad, im
Nordosten werden dagegen wohl nur wenig über 10 Grad erreicht.
Am Mittwoch und Donnerstag überquert der Höhentrog Nordskandinavien südostwärts
Richtung Nordwestrussland und weitet sich weiter nach Süden aus. Das Höhenhoch
wird dadurch allmählich nach Südwesten zurückgedrängt und verliert an Kontur,
übrig bleibt ein immer noch breit angelegter Höhenrücken, der sich am Freitag,
00 UTC über die Britischen Inseln zur Nordsee erstreckt, wobei ein Teil auch
nordwärts bis zur Dänemarkstraße reicht. Somit dreht die Höhenströmung über dem
Vorhersagegebiet von Nordost allmählich auf Nord, wobei ein flacher Randtrog am
Donnerstag vor allem die östlichen Landesteile streift.
Das Bodenhoch über dem Nordmeer schwächt sich allmählich ab und verlagert seinen
Schwerpunkt bis Freitag, 00 UTC zu den Britischen Inseln, wobei nach wie vor ein
Keil zur Nordsee und nach Nordwestdeutschland gerichtet bleibt. Korrespondierend
zum schwachen Randtrog überquert am Donnerstag eine Kaltfront die Osthälfte
Deutschlands südwärts, bringt aber kaum nennenswerte Niederschläge, im
Erzgebirge und an den Alpen vielleicht aber ein paar Schneeflocken. Insgesamt
werden von Nordosten her noch etwas kühlere Luftmassen ins Vorhersagegebiet
advehiert. Bis Freitag, 00 UTFC sinkt die 850 hPa-Temperatur nach Lesart des IFS
(schon mal vorweg: Die kälteste Variante) auf Werte zwischen -5 Grad in der
Lausitz und 0 Grad im Nordwesten bzw. Südwesten, was in etwa auf Höchstwerte
zwischen 10 und 16 Grad hinauslaufen dürfte und aufgrund sich abschwächenden
Windes (der warntechnisch dann wohl nur noch auf den Bergen eine Rolle spielt)
auch auf etwas verbreiteter auftretenden Nachtfrost.

Die erweiterte Mittelfrist bietet zumindest laut IFS kaum Abwechslung: Hohes
Geopotenzial über West- und Nordwesteuropa, Tröge über Osteuropa, daraus
resultierend eine mehr oder minder antizyklonal konturierte nördliche
Höhenströmung über Mitteleuropa, mit der recht kühle und weitgehend trockene
Luftmassen ins Vorhersagegebiet advehiert werden.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Bis einschließlich Dienstag kann dem aktuellen IFS-Lauf eine gute Konsistenz zu
seinen Vorgängern bescheinigt werden.
Ab Mittwoch ergeben sich kleinere Unterschiede vor allem zum gestrigen 12
UTC-Lauf: Der simuliert das allmählich nach Osten abgedrängte Höhenhoch nämlich
zunächst noch weiter westlich als die 00 UTC-Läufe von gestern und heute und
daraus resultierend einen recht markanten, über Norddeutschland und Polen hinweg
ostwärts bis zur Ukraine reichenden Höhenrücken. Dieser wird am Donnerstag zwar
allmählich nach Süden abgedrängt, verhindert aber den vom aktuellen Lauf
apostrophierten Durchgang eines Randtroges über der Osthälfte Deutschlands. Im
gestrigen 00 UTC-Lauf wurde der Randtrog dagegen sogar noch etwas markanter und
somit wetterwirksamer simuliert als im aktuellen Lauf. Wie auch immer – während
der gestrige 12 UTC-Lauf am Donnerstag keine Niederschläge simuliert, sind auch
die in den beiden 00 UTC-Läufen simulierten geringen Mengen weniger als der
berühmte Tropfen auf den „heißen“ Stein (zumal der Stein auch gar nicht mal
sonderlich heiß ist).

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Am Sonntag und Montag sind keine prognoserelevanten Unterschiede zwischen den
vorliegenden Globalmodellen auszumachen.
Den Abtropfprozess am Dienstag über der Ukraine haben GFS, ICON und GEM nicht
wirklich auf der Agenda und somit ist das IFS das einzige vorliegende Modell,
welches im Zuge dieses Prozesses dort auch eine kräftige Bodenzyklogenese
simuliert, an deren Nordwestflanke von Osten her modifizierte Arktikluft weit
nach Westen transportiert werden kann, die auch den Nordosten des
Vorhersagegebietes streift. Während IFS an Oder und Neiße am Mittwoch, 00 UTC
850 hPa-Temperaturen um -5 Grad auf der Agenda hat, kühlt es nach ICON auf etwa
-2, nach GFS auf 0 und nach GEM sogar nur auf etwa +2 Grad ab. Vom Wetterablauf
unterschieden sich die Modelle bis Mittwochmittag allerdings kaum.
Die Austrogung über Nord- und Nordost- bzw. Osteuropa am Mittwoch und Donnerstag
findet nach Lesart aller vorliegenden Modelle weiter östlich statt als nach IFS.
Sowohl GFS als auch ICON simulieren den Schwerpunkt des Höhenhochs am
Donnerstag, 12 UTC in etwa über den südlichen Nordsee, GEM über dem Süden der
Britischen Inseln. Somit würde das trockene und überwiegend sonnige
Hochdruckwetter auch über die Wochenmitte hinaus andauern, bei im Gegensatz zum
IFS allmählich steigenden 850 hPa-Temperaturen (zum Vergleich am Donnerstag, 12
UTC: IFS: -5 bis +1 Grad, ICON: 0 bis 5 Grad, GFS: 1 bis 6 Grad, GEM: 3 bis 8
Grad).

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die 6 Cluster zum Ende des Kurzfristzeitraumes (T+72-96 h) unterschieden sich
für Mittel- und Nordeuropa kaum, alle haben den markanten Höhenrücken auf der
Agenda.
Im nächstfolgenden Zeitraum (T+120-168 h) verteilen sich die 49 Einzelmember,
Haupt- und Kontrolllauf auf vier Cluster. Alle haben das markante Blocking über
dem west-/nordwesteuropäischen Raum auf der Agenda. Unterschiede ergeben sich
bzgl. der Austrogung über Nord- bzw. Osteuropa. Dabei zeigen Cluster 1 und 2
(mit jeweils 18 bzw. 12 Membern) den Abtropfprozess über der Ukraine ähnlich wie
im Hauptlauf, an dessen Nordwestflanke kühle Luft recht weit nach Westen
advehiert werden kann. Nach Cluster 3 und 4 (jeweils 11 und 10 Member) fällt die
Bodentiefentwicklung dagegen schwächer aus, die Variante ähnelt der der
deterministischen Läufe von ICON und GFS.
Den nächste Trogvorstoß von Norden her gen Osteuropa zum Donnerstag hin haben
Cluster 3 und 4 dagegen weiter westlich auf der Agenda als Cluster 1 und 2. Vor
allem Cluster 3 ähnelt der Variante des deterministischen IFS-Laufes, obwohl
sich selbiger erstaunlicherweise in Cluster 4 befindet.
Für die erweiterte Mittelfrist (T+192-240 h) wird dagegen nur noch ein Cluster
generiert. Nach dessen Szenario verschiebt sich der blockierende Rücken mehr und
mehr Richtung Nordwesteuropa, während sich der Trog über Nordost- und Osteuropa
Richtung Mitteleuropa ausweitet. Diese Konstellation würde den Übergang von HNa
zu HNz darstellen.
Die Kurvenschar der 850 hPa-Temperatur der Rauchfahnen im Vorhersagegebiet zeigt
auf einem von Nordost nach Südwest ansteigendem Temperaturniveau für
verschiedene Gitterpunkte einen ähnlichen Verlauf: Der Hauptlauf ist von
Dienstag bis Freitag eher im unteren Bereich angesiedelt, d.h. beide
Trogvorstöße nach Osteuropa hat der Hauptlauf noch mit am weitesten westlich auf
der Agenda. Das Groß der Member bewegt sich sogar im oberen Bereich der
Rauchfahne und zeigt im Laufe der Woche nur einen moderaten Temperaturrückgang.
Erst zum Ende der Woche hin, also zu Beginn der erweiterten Mittelfrist,
„stürzen“ mehrere Member ab, während der Hauptlauf eher steigende Tendenz zeigt.

Nennenswerte Niederschlagssignale sind insgesamt nur rar gesät und am ehesten
noch zu Beginn der erweiterten Mittelfrist, also zum Ende kommender Woche hin
auszumachen, wenn sich der Trogeinfluss allmählich von Ost- auf Mitteleuropa
ausweiten soll.
Die GFS-Ensemble zeigen ein ähnliches Bild, wobei sich der Hauptlauf dort in
etwa im Median befindet. Auch dort zeigen gar nicht mal so wenig Member zum
übernächsten Wochenende deutlich absteigende Tendenz bzgl. der 850
hPa-Temperatur.

Fazit: Kein Ende der Trockenheit in Sicht! Selbst die niederschlagsträchtigsten
Einzelmember des IFS am kommenden Donnerstag dürften keine nennenswerten Mengen
zustande bringen. Die deterministischen Läufe von GFS, GEM und ICON tendieren
sogar bis Ende kommender Woche zu überwiegend sonnigem Wetter.
Die Temperaturen gehen im Laufe der Woche vor allem im Süden und Westen
vorübergehend etwas zurück, nachts kann es in ungünstigen Lagen auch leichten
Frost geben.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Am Sonntag kann es im Südwesten noch einzelne Gewitter geben, der
Flüssigwassergehalt der Luftmasse und die geringe Zuggeschwindigkeit lassen
lokal eng begrenzt Starkregen zu, auch kleiner Hagel und stürmische Böen können
nicht ausgeschlossen werden.
Am Montag und Dienstag tritt der Wind als markantes Ereignis in den Vordergrund.
Selbst der EFI hat für Süddeutschland schwache Signale auf der Agenda. Zumindest
tagsüber kann es in freien Lagen, insbesondere im Alpenvorland, neben
verbreiteten steifen auch einzelne stürmische Böen (Bft 7 bis 8) aus Ost geben.
In den Kamm- und Gipfellagen der Mittelgebirge gibt es häufiger stürmische Böen,
in den Nächten mit Abkopplung der Grundschicht auch Sturmböen (Bft 9).

Markant bleibt auch die Trockenheit, die durch niedrige Taupunkte und der daraus
resultierenden hohen Verdunstungsraten und dem lebhaften Wind vor allem zu
Wochenbeginn noch verschärft wird. Dabei steigt auch das Potenzial für lokal eng
begrenzte Sand- bzw. Staubstürme.

Basis für Mittelfristvorhersage
EZMW-EPS, MODELMIX, MOSMIX

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Winninghoff