SXEU31 DWAV SYNOPTISCHE UEBERSICHT KURZFRIST
SXEU31 DWAV 141800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 14.04.2020 um 18 UTC
Markante Wettererscheinungen:
Nachtfrostgefahr, andauernde Trockenheit und an der See etwas Wind – Hoch
NIKOLAS lässt grüßen.
Synoptische Entwicklung bis Freitag 12 UTC
Aktuell … befindet sich Deutschland zum wiederholten Mal in den vergangenen
Wochen unter Hochdruckeinfluss. Trotzdem war es heute ein ziemlich kühler Tag,
an dem die Temperatur insbesondere im Südosten, aber auch in Teilen
Norddeutschlands mehr oder weniger deutlich an der 10°C-Marke gescheitert ist.
So ist das eben, wenn relativ trockene Kaltluft aus polaren Breiten straight
ahead und ohne über Los zu gehen einströmt (wie am gestrigen Ostermontag
geschehen) und danach zur Ruhe kommt. Da braucht es etwas, bis sich die Luft
erwärmen kann und wieder ein einigermaßen frühlingstaugliches Niveau erreicht.
Zunächst mal zeigt der Kurs des Thermometers aber nach unten, schließlich steht
ja die Nacht vor der Tür. Dabei verschiebt sich der Schwerpunkt des
wetterbestimmenden Hochs NIKOLAS von England her via Nordsee nach Mitteleuropa.
Unterstützt wird der gute NIKOLAS von einem breiten Höhenrücken mit
abgeschlossener Isohypse (eigenständige Höhenantizyklone), der seine Fühler
ebenso wie das Bodenhoch vom Ostatlantik bzw. UK/Irland langsam aber erkennbar
Richtung Kontinent ausstreckt und dabei den knapp östlich von uns positionierten
Trog mehr und mehr von uns wegdrückt.
Aufgrund absterbender Thermik sowie mit „subsidenzieller“ Hilfe löst sich die
CU- respektive SC-Bewölkung, die sich tagsüber mal mehr, mal weniger an der
zwischen 800 und 750 hPa liegenden Absinkinversion ausgebreitet hat, weitgehend
auf. Lediglich im Norden, auf der Nord-Nordostflanke des Hochs, ist schwache WLA
wirksam, die von Nordwesten her für neue Bewölkung sorgt, welche zwar keinen
Regen, dafür aber eine weitgehend frostfreie Nacht bringt. Zur Mitte hin und im
Süden sind in der trockenen Luft bei gleichzeitiger Windstille beste
Ausstrahlungsbedingungen gegeben, was die Temperatur in den leichten bis mäßigen
Frostbereich sinken lässt. In Erdbodennähe kühlt es im Süden stellenweise sogar
auf rund -10°C ab, was der Vegetation alles andere als zuträglich ist. Da wartet
man den ganzen Winter auf Žne anständige Frostnacht, und jetzt Mitte April, wo
es keiner mehr gebrauchen kann, gibt sich eine solche die Ehre.
Noch mal zurück in den Norden, wo der auf West rückdrehende Wind nach einer
abendlichen Kunstpause wieder zulegt und besonders von den Nordfriesischen
Inseln über Fehmarn bis hinüber zur vorpommerschen Küste häufiger Böen der
Stärke 7 Bft auftreten. Gegen Morgen sollte man sich auf dem Darß sowie auf
Rügen sogar über stürmische Böen 8 Bft nicht wundern, aber mal ehrlich, wen
wundert Windstärke 8 auf einer der deutschen Küsten vorgelagerten Insel.
Mittwoch … weitet sich die relativ schmale, diagonal über Deutschland
verlaufende Hochdruckzone sowohl nach Nordwesten als auch nach Südosten aus. Am
Ende des Tages erstreckt sie sich von der Irminger See bis in die Türkei, was
ausdehnungsmäßig nicht von schlechten Eltern ist. Gestützt wird ein Großteil des
Hochs weiterhin vom o.e. Höhenrücken, der allerdings nicht so weit nach Südosten
reicht, sondern zum zentralen Mittelmeer hin „abbiegt“.
Uns hier in Deutschland kann das relativ schnuppe sein, sitzt doch der Herr
NIKOLAS weiterhin fest im Sattel. Andauernde Subsidenz sorgt für reichlich
Sonnenschein (im Süden und Südwesten teils ohne Wolke, im Nordosten dafür
anfangs noch mit WLA-getriggerter Bewölkung), lässt die Inversion sinken (bis
auf 900 hPa, teils sogar noch etwas darunter) und die 850-hPa-Temperatur
steigen. Stehen heute Abend deutschlandweit noch negative Werte auf der Karte,
reicht die Spanne morgen Mittag bereits von +2°C an der deutsch-tschechischen
Grenze bis zu +9°C zwischen Wesel und Trier. Das bleibt natürlich nicht ohne
Folgen für die 2m-Temperatur, die mit Hilfe der Sonne gegenüber heute einen
deutlichen Satz nach oben macht. So werden am Rhein und seinen diversen
Nebenflüssen bereits wieder 17 bis 20°C angepeilt, aber auch sonst sind 13 bis
18°C durchaus als thermischer Fortschritt zu bezeichnen. Lediglich ganz im
Norden, vor allem dort, wo der westliche Wind auflandig agiert, bleibt es
frischer.
Apropos „Wind“ und „frisch“, frischer und böiger westlicher Wind breitet sich
tagsüber (Tagesgang) von der See her landeinwärts aus, was den Bewohnern (Gäste
gibtŽs derzeit ja keine) von Nordfriesland und Dithmarschen bis hinüber nach
Vorpommern bzw. Nordbrandenburg für einige Stunden manch steife Böe 7 Bft
beschert. Insbesondere an der Ostsee sind an exponierten Stellen (solche gibt es
z.B. auf Rügen) auch stürmische Böen 8 Bft am Start. Zum Abend hin nimmt der
Wind zumindest im Binnenland rasch wieder ab.
In der Nacht zum Donnerstag ändert sich nicht allzu viel an der Großwetterlage.
Am erwähnenswertesten scheint ein kleines, leeinduziertes Tief (ULRIKE) zu sein,
das am Mittag als Welle knapp östlich vom Skanden lag, um Mitternacht aber
bereits kurz vor Tallin steht. ULRIKE verfügt über eine „trockene“ Kaltfront,
die von Südskandinavien her langsam südwärts schwenkt. In ihrem Vorfeld soll
nach Lesart der meisten Modelle – einzig GFS und seine Anschlüsse sträuben sich
noch – weitgehend geschlossene tiefe Bewölkung (Stratus) auf Norddeutschland
übergreifen. Darunter bleibt es sowohl in der Luft als auch am Boden frostfrei.
Vor allem an der Ostsee dauert der flotte westliche Wind mit Böen 7 Bft, an der
vorpommerschen Küste exponiert 8 Bft an.
Im großen Rest des Landes glänzt die Nacht einmal mehr durch akute Wind- und
Wolkenarmut. Aufgrund der fortgeschrittenen Tageserwärmung sowie zunehmender
Feuchte fällt die Abkühlung aber nicht mehr so krass aus wie die Nacht zuvor.
Trotzdem, für eine dünne bodennahe Kaltluftschicht wird es allemal reichen, in
der Luftfrost aber nur punktuell, im Süden vielleicht gebietsweise auftritt. In
Erdbodennähe hingegen muss weiterhin mit leichtem bis mäßigem Frost gerechnet
werden.
Donnerstag … lassen die Bodenhochdruckzone sowie der stützende Rücken ein paar
Federn, was der Frontalzone die Gelegenheit gibt, von Norden her etwas dichter
an den Vorhersageraum heranzurücken. Der große Wurf ist damit aber nicht
verbunden, lediglich im Norden schafft es die o.e. Kaltfront, ganz allmählich
deutsches Terrain zu erobern (laut dem eher defensiv ausgerichteten GFS gelingt
das allerdings erst in der Nacht zum Freitag). Damit verbunden ist eine
niedertroposphärische Abkühlung bis zum Abend auf +2 bis 0°C in 850 hPa sowie
zumindest zeitweise geschlossene Bewölkung, aus der aber kein Regen fällt und
die zum Nachmittag hin erkennbare Perforationstendenzen zeigt. Mit dem Druckfall
fächert der Gradient auch im Nordosten kontinuierlich auf, so dass dort der
westliche Wind immer weiter abnimmt. Gerade am Morgen reicht es an der
vorpommerschen Küste aber noch für die eine oder andere steife Böe 7 Bft.
Im großen Rest der Republik scheint auch am Donnerstag wieder häufig die Sonne.
Allerdings wird das Terrain anfälliger für Wolkenfelder, die mit einer langsam
auf Südwest drehenden Höhenströmung vorderseitig eines Höhentiefs westlich
Iberiens hereindriften. Damit einher geht auch eine schleichende Labilisierung
der gealterten Polarluft sowie eine Anfeuchtung der Grundschicht. Ob das alles
schon ausreicht, der gesamtheitlich weiterhin trockenen Luftmasse ein paar
schlappe Schauer abzutrotzen, ist sehr fraglich. Die Numerik hält sich
diesbezüglich sehr in Grenzen, was auch absolut nachvollziehbar ist.
Imposant erscheint einmal mehr die Temperaturverteilung im Lande. So erwärmt
sich die Luft im Süden und in der Mitte verbreitet auf 20°C oder mehr; am
Oberrhein wird sogar die klimatologisch bedeutende 25°C-Marke (Sommertag
ja/nein) anvisiert. Davon ist man in Norddeutschland meilenweit entfernt. Schon
vor der Kaltfront dürften 20°C reine Utopie sein, und ganz im Norden – also etwa
von Ostfriesland bis zum Oderhaff sowie nördlich davon – wird es wohl nicht mal
für 15°C reichen.
In der Nacht zum Freitag kommt die Kaltfront noch etwas landeinwärts voran,
wobei sie sich in ihrem Westteil durch überlagerten Druckanstieg zusehends
auflöst. Auslösen tut sich zum großen Teil auch die frontale (tiefe) Bewölkung,
allerdings droht im Nordwesten von der Nordsee her neuer Stratus oder
Stratocumulus. Dort, wo diese Wolken nicht aufschlagen, kann die Temperatur im
norddeutschen Binnenland auf 0°C, vereinzelt auch etwas darunter zurückgehen.
Darüber hinaus besteht im Norden und Osten die Gefahr von leichtem Frost in
Bodennähe.
In der Südwesthälfte, wo die Luftmasse wärmer und feuchter ist, braucht man
Frost weder in der Luft noch am Boden zu fürchten. Zum Teil liegen die
Tiefstwerte sogar im zweistelligen Bereich. Zeitweise ziehen mal mehr, mal
weniger dichte Wolkenfelder durch, aus denen hier und da ein paar wenige Tropfen
Regen fallen können.
Freitag … verstärkt sich ein Hoch über der nördlichen Nordsee, von wo aus eine
schwache Brücke über Deutschland hinweg zum hohen Druck (relativ gesehen) über
dem zentralen Mittelmeerraum geschlagen wird. Während dabei – ganz vereinfacht –
der Norden und Osten in den „Genuss“ (wie immer Ansichtssache) eher kühlerer und
trockenerer Luftmassen gelangen, überwiegt nach Süden und Westen hin wärmere und
feuchtere Luft. Deutlich wird das u.a. an der Temperaturverteilung: in 850 hPa
liegen die Werte im Norden und Osten zwischen -3 und +3°C, im Süden und Westen
(getrennt vom Nordosten durch eine Übergangszone) zwischen +7 und +11°C. Vor
diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass auch die für uns Menschen fühlbaren
Temperaturen in den bodennahen Luftschichten große Unterschiede aufweisen. In 2
m Höhe bedeutet das ganz im Norden 10 bis 15°C, bei auflandigem Wind vielleicht
noch 1-2 Grad weniger. Bis zur östlichen Mitte schafft es die Temperatur dann
immerhin auf 15 bis 22 Grad, bevor im Süden und Südwesten die absoluten
Spitzenreiter mit 22 bis 25, im südlichen Oberrheingraben möglicherweise sogar
26°C in den Charts erscheinen.
Wettermäßig gibt es dazu viel „heiter bis wolkig“, im Norden und Nordosten auch
vermehrt „sonnig“. Beim Niederschlag sollte man die Erwartungen nicht zu hoch
schrauben; am offensivsten zeigt sich noch GFS (das Modell mit dem chronisch
positiven Feuchtebias) mit einigen Schauern in der Mitte und im Südwesten.
Modellvergleich und -einschätzung
Die grundsätzliche, oben beschriebene Ausrichtung wird von den externen Modellen
nicht bezweifelt. Gleichwohl – und das ist hundsgewöhnliches Tagesgeschäft –
offenbaren sich kleine Unterschiede wie z.B. beim Timing der Kaltfront am
Donnerstag oder der Niederschlagssimulation am Freitag.
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann