SYNOPTISCHE UEBERSICHT MITTELFRIST
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 12.04.2020 um 10.30 UTC
Überwiegend hochdruckbestimmtes Wetter mit wenig oder überhaupt keinem Regen,
aber weiterhin Nachtfrostgefahr.
Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 19.04.2020
Schaut man sich am heutigen Ostersonntag, dem 12. April die bisherige monatliche
Niederschlagsbilanz sowie die kurz- und mittelfristige Niederschlagsprognose an,
so drängt sich einem unweigerlich der Gedanke auf, dass wir – wieder mal – auf
einen deutlich zu trockenen April zusteuern. Zugegeben, noch liegt über die
Hälfte des Monats vor uns und die letzte Dekade davon im Glaskugelbereich.
Trotzdem geben die nun schon seit Wochen andauernden Abläufe innerhalb der
Großwetterlage Anlass zum Grübeln. Man könnte fast auf die Idee kommen, dass aus
der typischen Westwetterlage, die über weite Strecken die zweite Hälfte des
ausgefallenen Winters bestimmt hat und fast bis Mitte März ging, inzwischen eine
atypische Westlage geworden ist. Während sich bei der typischen Westlage vom
Atlantik kommende Tiefdruckgebiete die Klinke in die Hand geben und dabei für
viel Wind und Regen auf vergleichsweise hohem Temperaturniveau sorgen, sind es
etwa seit Mitte März Hochdruckgebiete, die wiederholt vom Atlantik her den
europäischen Kontinent okkupieren. Angefangen hat es mit JÜRGEN, gefolgt von
KEYWAN, beides echte Alphatiere ihrer Zunft, die jeweils erst ihre kalte, dann
ihre warme Schulter gezeigt und dabei nur wenig Interesse an den Tag gelegt
haben, uns mit nennenswerten Niederschlägen zu versorgen. Inzwischen sind wir
nun schon bei NIKOLAS gelandet, der heute zwar noch zwischen Grönland und Island
rumturnt, morgen aber bereits UK/Irland erreicht, um – so viel sei hier schon
vorweggenommen – schon ab Dienstag auf dem Kontinent einzusteigen. Wenn es also
nach diesem Muster (wiederholt Hochdruckeinfluss, dazwischen nur kurze
Unterbrechungen mit wenig Niederschlag bringenden Störungen) noch eine Weile
weitergeht, dann „Gute Nacht Marie“, dann wird es ein verdammt trockener April.
Kommen wir zu den Fakten der mittelfristigen Wetterbetrachtung, die am kommenden
Mittwoch ihren Anfang nimmt. Wie oben bereits angedeutet, setzt sich nach der
Kaltfrontpassage am Ostermontag rasch wieder Hochdruckeinfluss durch. Das
großräumige Potenzialfeld weist dabei sogar eine Omegastruktur auf mit einem
veritablen Rücken über Westeuropa und flankierenden Trögen respektive Höhentiefs
über dem Ostatlantik bzw. vor der Iberischen Halbinsel sowie dem nahen
Osteuropa. Das zitierte Hoch NIKOLAS weitet sich von UK/Irland über weite Teile
Mitteleuropas bis zum Balkan aus. Bedingt durch starkes Absinken sowie kräftige
Einstrahlung kann sich die vor allem im Süden und Osten anfangs noch vorhandene
Kaltluft rasch und deutlich erwärmen (T850 um 00 UTC noch -5 bis 0°C, um 24 UTC
bereits um +9°C).
Am Donnerstag wandert der Rücken unter merklicher Abflachung und mit einem sehr
flachen KW-Trog im Schlepptau zügig nach Osten über den Vorhersageraum hinweg.
Dadurch kann nicht nur die Frontalzone von Nordeuropa her etwas dichter
heranrücken, auch der Luftdruck beginnt zu fallen. Trotzdem bleibt noch eine
leidliche Brücke übrig, die den sich etwas nach Nordwesten zurückziehenden
NIKOLAS mit einem Hoch über Südeuropa verbindet. Somit steht einem trockenen und
sonnenscheinreichen Donnerstag kaum etwas im Wege, wobei die Erwärmung der
gealterten Polarluft weitere Fortschritte macht.
Am Freitag kommt es über Polen zu einer Austrogung, während sich knapp westlich
von uns ein neuerlicher Rücken aufwölbt. Dazwischen stellt sich bei uns eine
nordwestliche Höhenströmung ein, mit der eine trockene Kaltfront auf
antizyklonaler Spur von Norden her übergreift (das zugehörige Tief befindet sich
weit weg über Nordwestrussland). Während rückseitig trockene Polarluft
insbesondere in den Norden und Osten gesteuert wird (Rückgang T850 auf 0 bis
-4°C), steigt präfrontal die Schauerneigung geringfügig, aber auch wirklich nur
geringfügig an.
Zum Wochenende verstärkt sich der Hochdruckeinfluss zunächst wieder, indem das
gen Norwegen wandernde Bodenhoch einen kräftigen Keil nach Süden bis zum Balkan
aufbaut. Deutschland profitiert davon, zumal auch der neue Rücken von Westen her
unter Intensivierung übergreift. Ob dann zum Sonntag hin schon eine von
Frankreich gegen den Keil anlaufende Rinne Wirkung zeigt (laut IFS tut sie es),
muss abgewartet werden. Bei zunehmender Baroklinität (Sonntag 12 UTC T850
zwischen -2°C in Vorpommern und +11°C am Alpenrand bzw. dem Hochrhein) werden
für den Süden und Westen Schauer und Gewitter angeboten.
Zum Schluss noch der übliche Ausblick in die erweiterte Mittelfrist, die
vorübergehend eine High-over-Low-Situation vorsieht. Demnach würde es im Bereich
einer quasistationären Luftmassengrenze am Montag und bedingst auch noch am
Dienstag im Süden längere Zeit und teils auch ergiebig regnen, was dort
wahrscheinlich gar nicht mal unwillkommen wäre. Im großen Rest des Landes würde
von Osten einströmende trockene, aber nicht allzu warme Luft das Geschehen
bestimmen.
Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Der aktuellste Lauf von IFS (ECMF) von 00 UTC weicht im Großen und Ganzen nur
wenig von seinen jüngsten Vorgängerversionen ab. Zwei Dinge fallen trotzdem ins
Auge, die sich vom gestrigen 00-UTC-Lauf unterscheiden. Zum einen wird nun (aber
auch schon im 12-UTC-Lauf) zum Freitag hin eine Portion trockener Kaltluft in
den Norden und Osten gesteuert, was dort bis mindestens Sonntag ein niedrigeres
Temperazurniveau zur Folge hätte. Gestern erfolgte der Kaltluftausbruch weiter
östlich fernab des Vorhersageraums.
Punkt 2 betrifft die o.e. Entwicklung am nächsten Sonntag, die heute im Westen
und Südwesten deutlich zyklonaler (Schauer und evtl. Gewitter) gesehen wird.
Vergleich mit anderen globalen Modellen
Im Großen und Ganzen haben die anderen bekannten Globalmodelle, auf die man für
gewöhnlich schaut, auch keine anderen Ideen. Der o.e. Kaltlufteinbruch wird vom
kanadischen GEM bereits für Donnerstag und auch etwas weiter nach Süden
ausgreifend simuliert. ICON und GFS sehen am Freitag eine etwas größere
Schauerneigung als IFS, ohne dass dabei aber große Mengen zusammenkommen würden.
Erst am Samstag simuliert GFS für die Südhälfte etwas mehr Regen (gebietsweise 5
bis 10 mm, lokal bis 15 mm innert 12 h), was aber von den weitgehend trockenen
Lösungen der anderen Modelle abweicht.
FAZIT: Im Grund steht der Kurs, erst zum kommenden Wochenende wird das Geschehen
unsicherer.
Bewertung der Ensemblevorhersagen
Die IFS-EPS-Rauchfahnen verschiedener deutscher Städte folgen über weite
Strecken dem deterministischen Lauf. Unsicherheiten ergeben sich in Bezug auf
die Abkühlung, die im Norden und Osten durchaus auch schon am Donnerstag
einsetzen kann. Ab Freitag nimmt die Streuung allgemein zu, wobei im Norden und
Osten (Referenz HH und LZ) die 850-hPa-Temperatur mehrheitlich um 0°C, im Süden
(UL) zwischen 5 und 10°C liegt. Essenziell ist aber vor allem die geringe
Signaldichte für Niederschlag, insbesondere im Norden und Osten. Der für Montag
apostrophierte Dauerregen im Süden stellt übrigens eine deutlich nach oben
abweichende Außenseiterlösung dar. Ähnliches gilt im GFS-Ensemble für den vom
Hauptlauf für Samstag gerechneten Regen.
Bei der Clusterung von IFS-EPS sind für T+120…168h (Freitag bis Sonntag) fünf
Cluster am Start, die alle dem Klimaregime „Blocking“ zugeordnet sind. Bei
genauerem Hinschauen sind die Unterschiede für unseren Raum nicht groß, in allen
fünf Fällen liegt das wetterbestimmende Hoch über Nordeuropa oder der Nordsee
(=> nördliche bis östliche Strömung). Dabei wird die von Frankreich bzw.
Südwesteuropa anklopfende Tiefdruckrinne/-zone mal weniger, meist aber mehr auf
Distanz gehalten.
Von Montag bis Mittwoch (T+192…240h) verringert sich die Anzahl der Cluster auf
zwei, die beide eine blockierende Wetterlage zeigen. Das mit 31 Fällen besetzte
CL1 ist für unseren Raum deutlich antizyklonaler aufgestellt als CL2 (20 Fälle +
HL/KL).
FAZIT: Auch wenn sicherlich noch ein paar Fragezeichen offenbleiben, zeichnet
sich auf Basis probabilistischer Vorhersagen ein relativ niederschlagsarmer
Wetterabschnitt ab. Dass dabei ab Donnerstag/Freitag mal wieder neue Kaltluft
vorbeischaut, scheint sicher. Timing, Intensität und räumliche Ausdehnung sind
aber noch unscharf.
Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
Die Wahrscheinlichkeit für signifikante Wettererscheinungen ist vor dem
Hintergrund der geschilderten Rahmenbedingungen gering. Am ehesten stehen somit
die andauernde Trockenheit und die Gefahr weiterer Nachtfröste (wenn nicht in
der Luft, dann zumindest am Boden) insbesondere im Norden und Osten auf der
Karte.
Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-Mix im Verbund mit IFS-EPS und Modellmix.
VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann