SYNOPTISCHE UEBERSICHT MITTELFRIST
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 10.04.2020 um 10.30 UTC
Am Montag Kaltfrontpassage mit Wind, Schauern und einzelnen Gewittern, Schnee in
einigen Hochlagen sowie Nachtfrost. Danach wieder Übergang zu ruhigem
Hochdruckwetter mit ansteigenden Temperaturen.
Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 17.04.2020
Am Montag liegt Deutschland im Bereich eines Langwellentroges mit Kern über
Skandinavien der sich allmählich nach Osten verlagert und am Dienstagmorgen
Finnland erreicht. Die Achse des Troges verläuft, in südwestlicher Richtung
orientiert, über die Deutsche Bucht nach Frankreich. Westlich der Biskaya liegt
ein abgeschlossenes zweites Höhentief, dass sich im Tagesverlauf nach Süden
zunehmend vom Vorhersageraum entfernt. Auf der Westflanke der genannten
Tiefkomplexe und damit auf dem zentralen Nordatlantik wölbt sich ein Rücken in
Richtung Island auf, dessen nördlicher Teil sich abschnürt und dann als
abgeschlossenes Höhenhoch in Richtung Irland zieht. Dieser stützt ein kräftiges
Hoch, das im Tagesverlauf und in der Nacht vom Nordatlantik nach Südosten
vorankommt und in der Nacht England erreicht. Auf der Ostflanke des Hochs wird
die thermisch sehr markante Kaltfront eines Tiefs über Nordskandinavien von der
Mitte, wo sie zum Morgen liegen soll, in den Süden und in der Nacht dann auch
über die Alpen gedrückt. Damit sinken auch die 850er Temperaturen über der Mitte
und dem Süden markant. Während diese im Norden durchweg um -7 Grad erwartet
werden, fallen sie in der Südhälfte von +5 bis +8 Grad am Morgen auf Werte um -8
Grad in der Nacht zum Dienstag. Mit der Front sind leichte bis mäßige, teils
auch schauerartig verstärkte und eventuell sogar gewittrige Niederschläge
verbunden. Nicht gänzlich ausgeschlossen ist bei PPW-Werten um 20 mm auch
lokaler Starkregen. Weil mit der Front ein Schwall polarer Kaltluft nach
Deutschland strömt, sinkt die Schneefallgrenze deutlich ab und die Niederschläge
gehen in höheren Lagen von Regen in Schnee über. Bis zum Abend können
insbesondere in den östlichen Mittelgebirgen oberhalb von etwa 600 bis 800m
einige cm Neuschnee zusammenkommen. In der Nacht sinkt dort die Schneefallgrenze
weiter ab, allerdings lassen gleichzeitig die Niederschläge rasch nach. Dann
verlagert sich der Regen-Schnee-Übergang in die südlichen Mittelgebirge und in
die Alpen, wo bis zum Morgen oberhalb von etwa 600m um 5cm, in Staulagen auch um
10cm Schnee zusammenkommen. Aus dem Gradienten heraus weht der Wind lebhaft. Die
Konvektion an der Front mischt immer wieder steife Böen Bft 7 und hin und wieder
auch eine stürmische Böe Bft 8 bis zum Boden herunter, auch an den Küsten treten
stürmische Böen der Stärke 8 auf. In der polaren Kaltluft steigen die
Temperaturen im Norden, wo sich unterhalb einer Inversion in 750 hPa einige
Cumuli bilden, nur noch auf Maxima um 10 Grad. Im Süden werden dagegen Werte um
18 Grad erreicht. In der Nacht gibt es verbreitet leichten Frost.
Am Dienstag wandert das Höhenhoch vom Seegebiet westlich Irlands bis nach
Nordengland. Das Bodenhoch greift nach Südosten und damit auch nach Deutschland
(und darüber hinaus) aus, wobei es eine langgestreckte Struktur annimmt und sich
in der Nacht zum Mittwoch von England bis zum Balkan erstreckt. Dabei verläuft
seine Divergenzachse etwa von der Irischen See bis nach Südostbayern. Mit der
Verlagerung des Hochs zieht der Gradient deutlich auseinander und der Wind lässt
nach. Da sich Deutschland komplett postfrontal in der eingeflossenen kalten,
trockenen und durch mitteltroposphärische WLA insgesamt recht stabil
geschichteten Polarluft befindet, bleibt es von einzelnen Schauern in den
östlichen Mittelgebirgen, wo die Spitze des Nordeuropatroges noch für etwas
Labilität sorgt, trocken. Von Westen setzt eine allmähliche Erwärmung ein. Die
zu Tagesbeginn durchweg um -8 Grad liegenden 850er Temperaturen steigen bis zum
Mittwochmorgen im Nordwesten und Südwesten schon wieder auf 4 Grad an. Nur im
Südosten verharren sie noch im negativen Bereich. Meist ist es freundlich, in
den Nordwesten driften von der Nordsee her unterhalb von etwa 850 hPa ein paar
flache Wolkenfelder, die dort den Wettercharakter etwas wechselhafter erscheinen
lassen. Ansonsten ist es oft freundlich. Dabei liegen die Höchstwerte nur noch
bei 10 bis 15 Grad, nachts werden Minima um null Grad erwartet.
Am Mittwoch bleibt es durchweg bei Hochdruckeinfluss. Das anfangs abgeschlossene
Höhenhoch geht eine Verbindung mit hohem Geopotential über Nordafrika ein, so
dass dann wieder von einem Höhenrücken gesprochen werden kann. Dieser Rücken
überdeckt Deutschland vollständig, während das korrespondierende Bodenhoch
seinen Schwerpunkt gemächlich nach Südosten schiebt, dabei aber weiterhin das
Wetter in Deutschland maßgeblich beeinflusst. Entsprechend ist es verbreitet
sonnig, im Südwesten sogar sehr sonnig. Mit der Verlagerung des Hochs dreht die
niedertroposphärische Strömung (nicht die bodennahe, die bleibt eine östliche)
verbreitet auf Südost bis Süd, so dass wärmere Luft zu uns gesteuert wird.
Entsprechend steigen die 850er Temperaturen bis zum Donnerstagmorgen auf Werte
um 8 Grad, was Höchstwerte meist zwischen 12 und 20 Grad und eine weitgehend
frostfreie Nacht erwarten lässt.
Am Donnerstag und Freitag sind weiterhin hohes Geopotential und hoher Luftdruck
das Maß der Dinge. Das am Donnerstag zögerlich nach Südosten auswandernde Hoch
wird laut des deterministischen Laufs von IFS am Freitag von einem neuen Hoch
über der Ostsee abgelöst, und auch der Rücken wird regeneriert. Damit bleibt es
bei frühlingshaften Temperaturen sonnig, trocken und windschwach.
In der erweiterten Mittelfrist keine durchgreifende Änderung.
Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Der aktuelle Lauf zeigt eine sehr gute Übereinstimmung mit seinen Vorläufen. Am
kniffligsten ist natürlich die Simulation der Kaltfrontpassage am Montag, die
der aktuelle Lauf und seine Vorläufe aber sehr ähnlich einschätzen. Erkennbar
ist dies z.B. an der sehr geringen (also wirklich SEHR geringen)
Phasenverschiebung des Bodentrogs, in den die Front eingelagert ist, aber auch
an dem sehr ähnlich vorhergesagten postfrontalen Rückgang der 850er
Temperaturen. Wer weitere Ähnlichkeiten zwischen den Modellen sucht, könnte auf
den Bodenkeil des Nordatlantikhochs schauen, bei dem die Divergenzachsen in den
verschiedenen Modellläufen quasi deckungsgleich sind.
Im Weiteren bleibt es bei sehr ähnlichen Mustern. Die langgestreckte, von
England bis zum Balkan orientierte Hochdruckzone am Mittwoch, das Höhenhoch, das
mit hohem Geopotential über Afrika fusioniert und so wieder einen klassischen
Rücken bildet – alles Lösungen, bei denen der aktuelle Lauf die Urheberrechte
nicht für sich reklamieren kann. Da waren andere früher dran.
Insbesondere ergeben sich keine warnrelevanten Unterschiede.
Vergleich mit anderen globalen Modellen
Bei der Kaltfrontpassage am Montag erweist sich IFS als das Modell, welches den
Ablauf am zügigsten vorhersagt. Dies ist z.B. an der recht weit südlich
liegenden Trogachse, dem raschen Rückgang der 850er Temperaturen über
Mitteleuropa oder auch dem Feuchtemaximum in 700hPa zu erkennen. Am
zögerlichsten Bezüglich der Frontverlagerung erweist sich LFPW (grob geschätzt 6
Stunden hinter IFS), GFS oder auch ICON liegen zwischen den Extremlösungen.
Danach setzen die Modelle unisono wieder auf Hochdruck. Detailunterschiede wie
die bei GFS im Vergleich zu ICON oder IFS etwas weiter nördlich liegende
Divergenzachse oder das bei GFS insgesamt doch deutlich höher liegende
Temperaturniveau in 850 hPa haben natürlich Einfluss auf das Wetter, weniger
jedoch auf die Warnlage. Einigkeit herrscht u.a. bei der Andauer der
hochdruckgeprägten Situation (bis in die zweite Wochenhälfte) und dem
Temperaturanstieg auf frühlingshafte Werte bei weitestgehend trockenen
Verhältnissen.
Bewertung der Ensemblevorhersagen
Die Rauchfahnen der IFS-Ensembles zeigen für das Geopotential wie auch für die
850er Temperatur, ausgehend von einem hohen Niveau am Samstag (ca. 572 gpdm, ca.
6 Grad) einen deutlichen Rückgang der Werte, wobei sowohl das
Geopotentialminimum mit etwa 550 gpdm also auch das Temperaturminimum mit etwa
-8 Grad in der Nacht zum Dienstag erwartet werden. Danach steigen Geopotential
und Temperatur rasch wieder an, in der zweiten Wochenhälfte jeweils wieder auf
das Niveau vor dem Kaltlufteinbruch. Da Ganze läuft bei nur geringer Streuung
der Ensemblemitglieder ab, was für die Verlässlichkeit der Prognosen spricht.
Die Rauchfahnen des GFS-Ensembles stützen qualitativ die Aussagen des
IFS-Ensembles. Im Unterschied zu letzterem liegen die 850er Temperaturen vor dem
Kaltlufteibruch aber geringfügig niedriger als danach.
Die Cluster des IFS verteilen sich zwar im Zeitraum +72 bis +96 Stunden auf 6(!)
Cluster, diese liegen aber alle durchweg in der Wetterkategorie Atlantischer
Rücken und zeigen entsprechend alle über dem Nordostatlantik einen kräftigen
Rücken, aber auch über Skandinavien einen Langwellentrog. Dieser sorgt, zusammen
mit einem kräftigen Tief über Nordostskandinavien/Nordwestrussland, das auch in
allen Clustern auftaucht, für die Kaltfrontpassage am Montag, über die somit,
auch über die Clustergrenzen hinaus, weitgehend Einigkeit herrscht.
Im Weiteren reduziert sich die Zahl der Cluster auf 3 (Zeitraum +120 bis +168
Stunden), wobei sich der mit 22 Mitgliedern größte durchweg in der Kategorie
Blockierungslage bewegt. Die beiden mit 15 und 14 Mitgliedern kleineren Cluster
wechseln von der Lage Atlantischer Rücken in die Blockierungslage oder liegen
durchweg in Letzterer. Uneinigkeit herrscht auch zwischen Haupt- und
Kontrolllauf, denn während ersterer in Cluster 1 liegt, ist letzterer in Cluster
3 zu finden. Die unterschiedliche Kategorisierung der Cluster zu verschiedenen
Zeiten kann aber nicht vernebeln, dass über Deutschland zumeist hoher Luftdruck
wetterbestimmend ist. Im letzten Cluster deuten die repräsentativen Muster zum
Ende des Zeitraumes an, dass eventuell der Norden von Trögen bzw. Tiefausläufern
gestreift werden könnte.
Im weiteren (+192 bis +240 Stunden) dominiert in 4 Clustern immer die
Blockierungslage, der entsprechende Rücken fällt nur zeitweise etwas schwächer
aus.
Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
TEMPERATUR:
EFI liefert am Samstag und Sonntag Signale für signifikant über dem Klimamittel
liegende Temperaturen, am Dienstag nach Kaltfrontpassage dagegen Signale für
signifikant unter dem Klimamittel liegende Werte.
Ansonsten liefert EFI keine Hinweise auf signifikante Wetterereignisse.
WIND:
COSMO-LEPS liefert am Montag sehr flächendeckend Hinweise auf Windböen, die
entsprechenden Wahrscheinlichkeiten liegen, z.B. am Erzgebirge oder an der
Nordsee, bei bis zu 100%. Die entsprechenden Wahrscheinlichkeiten für stürmische
Böen liegen an der Küste und im Erzgebirge bei bis zu 50%, in den Hochlagen der
Mittelgebirge sonst um 30%.
FROST:
Die Wahrscheinlichkeiten für Frost in der Nacht zum Dienstag sieht COSMO-LEPS
nur im Rheingraben, an der unteren Donau und an den Küsten bei 0%. Für den
Nordosten werden sie um 30% angesetzt, von Schleswig-Holstein bis nach
Westfalen, Nordhessen und Thüringen, aber auch in vielen Mittelgebirgslagen und
im Süden sogar um 50%, in den Hochlagen sogar mit bis zu 100%.
In der Nacht zum Mittwoch liegen die entsprechenden Wahrscheinlichkeiten nur im
Nordwesten und entlang des Rheins bei 0%. In den Hochlagen des Ostens und Südens
werden um 60% angesetzt, in den tieferen Lagen dort meist 0-40%.
SCHNEE:
Am Montag im Tagesverlauf liegen die Wahrscheinlichkeiten für mehr als 1cm
Neuschnee 12 Stunden in den Hochlagen laut COSMO-LEPS um 10%. Diese steigen in
der Nacht zum Dienstag auf mehr als 40% in den Alpen und in den Hochlagen
Ostbayerns. Am Dienstag tagsüber liegen sie an den Alpen nochmals um 20%.
Nennenswerte Wahrscheinlichkeiten für mehr als 5cm Neuschnee in 12 Stunden
ergeben sich nur in der Nacht zum Dienstag und nur an den Alpen und im
Alpenvorland mit Wahrscheinlichkeiten um 30%.
Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-ENS, MOSMIX
VBZ Offenbach / Dipl. Met. Martin Jonas